Soundcraft für Einsteiger
Das königsblaue Soundcraft Notepad-12FX ist das Größte der neuen Notepad-Reihe des bekannten Mischpultherstellers, wobei „Größte“ sehr relativ ist, denn mit seinen ca. 27 x 22 x 6,5 cm ist es nun wahrlich kein Riese.
Äußere und innere Werte
Das Soundcraft Notepad-12FX sieht auf den Websites interessanterweise mehr nach buntem Spielzeug aus, als es dann tatsächlich auf dem Tisch rüberkommt, es macht nämlich rundherum einen soliden und vertrauenerweckenden Eindruck: solides Metallgehäuse, griffige Knöpfe, Neutrik Buchsen, vernünftig große Druckschalter. Die farbigen Drehregler wirken weit weniger poppig als im Prospekt und ermöglichen eine gute Übersicht.
Insgesamt bietet das Pult 4 kombinierte Mikrofon/Line-Eingänge und 4 Stereokanäle, einer davon dient zur Rückführung eines USB-Stereobusses, kann aber bei Bedarf zusammen mit einem Cinch-Anschluss betrieben werden. Alle Mikrofoneingänge besitzen ein Lowcut-Filter bei 100 Hz, Kanal 1 und 3 können für den Anschluss von E-Gitarren/E-Bässe auf Hi-Z (hohe Impedanz) umgeschaltet werden.
Ein symmetrischer Aux-Ausgang (Post-Fade) kann zur Ansteuerung eines separaten Effektgerätes verwendet oder aber zu einem zweiten Kopfhörerausgang umgeschaltet werden. Interessante Idee.
Auch ein nettes Detail: Auf der Rückseite befindet sich eine Schlaufendurchführung, an der sich mit Hilfe eines Klettbandes oder Kabelbinders die Kabel fixieren lassen.
Das USB-Interface …
arbeitet maximal mit 24 Bit, 48 kHz und nimmt 4 separate Einzelspuren auf und gibt auch 4 Spuren (um genau zu sein, hier sind es 2 Stereospuren) wieder. Das genügt für vieles, logisch nicht für alles. Die Aufnahme einer Rockband ist damit schon eine mühselige Angelegenheit, für das Akustikduo reicht es dicke.
Leider ist das Routing ausgerechnet für den Mac nicht sehr flexibel. Die Mikrofonkanäle 1 und 2 sind fest den USB-Eingängen 1 und 2 zugewiesen, USB-Eingänge 3 und 4 greifen stets das Summensignal ab. Zwar braucht es beim Apfelrechner keinen extra Treiber, da „class compliant“, aber diese starre Zuweisung ist hinderlich. Anders bei der Windows-Fraktion, hier gibt es einen eigenen Treiber, der die Zuweisung der Recording-Eingänge 3 und 4 sehr flexibel macht. So kann man diesen folgende Kanäle des Soundcraft Notepad-12FX zuweisen: Entweder Mic Input 3+4, Stereo Input 5+6, Stereo Input 7+8 oder auch die Stereosumme. Echtes 4 Spur-Recording also nur für Windows, das bleibt den Mac-Freunden schlicht und einfach verwehrt. Sehr schade und auch unverständlich.
Die Effektabteilung mit Aufschrift „Lexicon“ …
besteht aus einer Hallsektion, einem Chorus sowie einem Delay mit eingebundener Tap-Funktion. In jeder Sektion lässt sich über einen Parameterregler ein bzw. zwei miteinander verkoppelte Parameter einstellen, beim Chorus sind dies z.B. die Chorusrate sowie die Tiefe. Wählt man zwei Effekte gleichzeitig an, dann gibt es teilweise eine feste Vorgabe für einen der Effekte. Drückt man alle drei Schalter gleichzeitig, gibt es einen sog. „Karaoke“-Effekt, den man aber nun wirklich mögen muss. Vielleicht als Party-Gag brauchbar.
Für so eine minimalistische Effektsektion finde ich die möglichen Variationen durchaus gelungen, die Effektqualität ist gut, nichts rauscht, aber wir befinden uns hier nicht auf der Qualitätsstufe eines Lexicon MX 300. Solide Standardklasse eben. Erwähnen möchte ich den praxisgerechten Hall, der nichts effekthaschend zukleistert, sondern sinnvoll würzt. Gleiches gilt für den Chorus, der nichts Übertriebenes darstellt, sondern gut dosierbar Gitarren etc. „anschwebt“.
Wie klingt das Soundcraft Notepad-12FX?
Über alles macht das kleine Mischpult einen sehr guten Job: Die Mikrofoneingänge rauschen nur bei sehr hoher Verstärkung und dann gering, die EQs klingen so in etwa wie bei meinem früheren Soundcraft EPM 6 (also gut und schön smooth), das Summensignal überzeugt.
Man muss stets den Preis im Auge behalten: Gerade einmal 200 Mäuse sind nicht so irre viel und dafür klingt das Pult schon sehr ordentlich. In meinen Ohren kratzt es durchaus schon an der Eingangstür zum professionellen Sound.
Auch nicht unwichtig: Der eingebaute Kopfhörerverstärker hat Kraft und rauscht wenig.
Was besonders aufgefallen ist
Die Bedienungsanleitung ist bis auf eine Ausnahme (siehe unten) sehr schön geschrieben, alles wird mit vielen Bildern anschaulich erklärt. Auf Deutsch gibt es sie leider nicht und man muss sie sich auch zuerst von der Website von Soundcraft (oder dem deutschen Vertrieb Audio Pro) herunterladen.
Was gibt es zu meckern?
Die starre USB-Anbindung für den Mac wird in der Bedienungsanleitung nirgendwo erklärt, ich musste mir zunächst mühselig durch Ausprobieren den Signalfluss des USB-Interfaces klarmachen. Auch steht nirgendwo, mit welcher Wortbreite das USB-Interface arbeitet. Durch Ausprobieren weiß ich es jetzt: wahlweise 16 oder 24 Bit. Die maximale Samplingrate ist 48 kHz.
Fehlende Hauptschalter werden mir niemals gefallen, lieber Harman Konzern (oder sollte ich mittlerweile besser „Samsung“ sagen?). Auch ein kleines Mischpult braucht einen Hauptschalter. Punkt.
Besonders deshalb, weil Meckerpunkt 3 dies besonders empfehlen würde: Die Sparfüchse (oder soll ich lieber Sparschweine sagen …?) von besagtem Konzern haben der Phantomspeisung keinen Schalter spendiert. So liegt also ständig an allen vier Mikrofoneingängen die Phantomspeisung an und ich ertappe mich bei dem Gedanken, wie geil das dann knallt, wenn beim Live-Einsatz in der üblichen Auftrittshektik das Pult schon eingeschaltet, die Mikrofone bei aufgedrehter Verstärkung aber noch nicht eingesteckt sind. Schließt man dann ein Kondensatormikrofon an und der Hauptlautstärkeregler zur PA ist offen …
Grundsätzlich stelle ich mir die Frage, wohin es führen soll, wenn seit Jahrzehnten bewährte Funktionen wie ein Schalter für die Phantomspeisung und/oder ein Netzschalter aus Kostengründen wegrationalisiert werden. Was wird demnächst noch alles weggelassen? Die Potikappen? Auch wenn der Klang schlussendlich das wichtigste Kaufargument bleibt, sollte doch bitteschön auf bewährte und sinnvolle Funktionen nicht grundlos verzichtet werden. Platz wäre auf dem Gehäuse des Gerätes noch genug gewesen. Harman höre: Streicht nicht alles zusammen, verlangt’s dann halt lieber einen 20er mehr, Herrschaftszeiten noamoi …
Für wen ist das Soundcraft Notepad-12FX das richtige Gerät?
Für Einsteiger ins Recording ist er ideal, da sehr leicht zu verstehen. Auch für kleine Bühnenauftritte passt er gut, denn er ist durch den übersichtlichen Aufbau sicher zu bedienen. Der Klang passt, das Rauschen ist sehr gering, auch ein Live-Mitschnitt ist ohne großen Aufwand machbar. Durch die starre USB-Anbindung beim Mac wird die Windows-Fraktion beim Mehrspur-Recording mehr Freude haben.
„…und ich ertappe mich bei dem Gedanken, wie geil das dann knallt, wenn beim Live-Einsatz in der üblichen Auftrittshektik das Pult schon eingeschaltet, die Mikrofone bei aufgedrehter Verstärkung aber noch nicht eingesteckt sind.“
Kurz vo dem Auftritt glimmen die Ribbon-Mikrofone publikumswirksam ein letztes Mal auf.
Harman an sich war schon problematisch, aber immerhin wurden in schwierigen Zeiten Synergien innerhalb der Gruppe geschöpft.
Unter Samsung wird nun zu Tode maximiert. Am Ende wundert man sich dann über das eigenartige Verhalten der Kunden im ProAudio-Segment, welches offenbar nicht zum Kerngeschäft gepasst hat.
So’n Quatsch macht Behringer nicht. Hoffentlich…
@falconi wobei Samsung wohl mehr Interesse an den Automotive Bereich hatte.
Ja, Harman Becker, JBL usw., aber auch zu sehen andernorts: Bose, B&O, Burmester, …
Im ProAudio-Segment wird noch ein Squeeze Out mit den Big Brandnames vergangener Tage veranstaltet: „Sound powered by Infinity“, „Earplugs powered by AKG“, „Dynamics powered by DBX“, „Reverb powered by Lexicon“. Wer war nochmal Lexicon?
Es ist nicht verboten, mit CarHifi Geld zu verdienen! Zwischendurch muss aber noch ein frischgebackener „Product Manager Compact Mixers“ bei Soundcraft (Ingenieur, Musiker, träumt von einem langen, erfolgreichen Berufsweg an der Schnittstelle von Technik und Rock’n’Roll) mit seinem Projektteam den Ein-/Aus-Schalter für die Phantom Power aus der Bill Of Material streichen, um die Target Rentability zu erreichen. Nach dieser Glanztat gehen dann alle entspannt ins Wochenende…
Da gebe ich Onkel Sigi recht, ein fehlender Ein/Aus Schalter geht ja gar nicht, ebenso der fehlende Schalter für die Phantomspeisung.
Da haben’s bei Soundcraft nur von Mittag bis 12:00Uhr gedacht und danach das Hirn ausgeschalten!!! :-)
Wie passend, dass direkt unter diesem Testbericht gleich der Artikel zum Mackie Mix12FX verlinkt ist. Da kann man dann gleich nachlesen, wie es richtig gemacht wird…
@Everpure @everpure: Mackie wäre eine gute Wahl, wenn wenigstens die CR Ausgänge mit einem Wahlschalter bedient werden könnten, früher hiess der mMn. Mute/AltOut. Hat er aber nicht und USB hat er auch nicht. Ist also nicht wirklich eine Alternative. OK, das mit dem nicht schaltbaren Phantom ist nicht lobenswert, aber erstens gibt es kaum Bändchen Mikro Besitzer, davon trifft es ausserdem nur einen Teil und die wissen das, wenn nicht, lernen sie es und vergessen es nicht mehr.
@Tai Ist klar. Ich wollte auch eigentlich nur etwas überspitzt formulieren, dass ich finde, dass dieser Soundcraft Mixer meiner Meinung nach nicht richtig zuende gedacht ist. Da ist alles mögliche mit in die Featureliste gekommen, aber nichts so richtig überzeugend. Da gefallen mir Produkte besser, die sich auf ein, zwei Funktionen beschränken, die dann aber richtig gut machen. Natürlich muss man sich als Kunde dann entscheiden, ob man mit oder ohne dem einen oder anderen Feature leben will. Wenn man das nicht will, dann nimmt man eben das kann-alles-ein-bisschen-aber-nichts-richtig-gut Teil.
Das bedeutet: will ich 4 Kanal Aufnahmen auf dem iPad oder Mac machen, verbinde ich Kanal 1, 2, 3 und 4 und ziehe bei 1 und 2 die Lautstärke auf Null. Ich hoffe, der greift PreFader ab für die Aufnahme. Damit könnte in der Studiosituation noch leben, live geht das selbstverständlich nicht.