Hardware gekonnt im Tonstudio einbinden
Es ist schon ein interessanter Fakt. Obwohl wir in aktuellen DAWs mit Mastering-Software aller Art zugekleistert werden, dass es nur so kracht, findet man in den High-End Mastering-Studios weltweit immer noch vorwiegend Hardware-Prozessoren aller Art, die verwaltet werden wollen. Ich werde den Teufel tun und hier einen neuen Thread Hardware gegen Software lostreten, aber tief drinnen wissen wir doch alle, im High-End-Bereich klingt Hardware einfach besser, wir benutzen die Software-Lösungen doch alle nur aus Bequemlichkeit und Budget-Gründen.
Inwieweit das der Konsument hört oder gar zu schätzen weiß, steht auf einem ganz anderen Blatt. Deutschlands Nr. 1 in Sachen Pro-Hardware, die Firma SPL, hat sich schon vor einiger Zeit aufgemacht, sein Mastering-Schlachtschiff MasterBay in einer anwenderfreundlichen Variante unter dem Namen SPL MasterBay S auf den Markt zu bringen. Hier nun der längst fällige Testbericht.
Das Konzept des SPL MasterBay S
Wie wir alle wissen, stellt bei der Einbindung von Hardware-Prozessoren das altbekannte Patchbay die zentrale Schnittstelle in jedem ambitionierten Tonstudio dar. Arbeitet man projektbezogen, konfiguriert man sein aktuelles Setup einmal ordentlich durch, schließt das Projekt ab und fängt das nächste mit einem entsprechend variierten Setup an. So weit, so gut, was aber, wenn man in einem A/B-Vergleich verschiedene Prozessoren miteinander vergleichen will? Allein das persönliche Abspeichern des letzten Klangeindrucks geht während des manuellen Patch-Vorgangs sehr schnell verloren, vom Lautheitsunterschied wollen wir gar nicht reden.
Was hier Not tut, ist ein schaltbares Patchbay, das vornehmlich im Mixdown oder aber auch als ambitionierte AUX-Erweiterung im Pultbetrieb verschiedene Hardware-Prozessoren als Standalone oder auch im Mehrfach-Schleifen-Betrieb schaltet und sich dabei auf einen möglichst neutralen Klang konzentriert und eventuelle Pegelunterschiede ausgleicht. Eben hier tritt das SPL MasterBay S auf den Plan, wobei der Buchstabe „S“ in diesem Fall für „Small“ steht. Im Gegensatz zum Schlachtschiff MMC2 passt sich SPL hier dem Budget-Bereich an und bietet einen sehr umfangreichen Loop-Betrieb für bis zu vier Schleifen an, bei dem einzelne Prozessoren oder ganze Effektketten betrieben werden können.
Die einzelnen Sektionen des SPL MasterBay S
Fangen wir zunächst auf der Rückseite mit den entsprechenden Anschlüssen an. Gemäß einem Pro-Gerät sind natürlich alle Verbindungen stereo symmetrisch in XLR aufgebaut. Der Einfachheit halber hier eine Auflistung in Tabellenform.
Main In: Haupteingang, maximaler Eingangspegel +23 dbu
Rec Out: Ausgang des bearbeiteten Signals, üblicherweise findet hier ein Interface oder ein Wandler seinen Platz
Monitor Out: Anschluss für den Abhör-Controller
DAW Return: Rückführung des Signals zur DAW
Insert Send und Return 1-4: Hier werden die Prozessoren eingeschleift
Metering: In TRS ausgeführt kann man ein VU- oder PPM-Meter anschließen, um die Pegelwerte im Aufnahmesignal zu überwachen
Die Frontseite des SPL MasterBay S ist nicht weniger beeindruckend, beinhaltet aber zusätzlich ein paar sehr interessante Features, die den Praxiswert des Geräts nochmals mächtig erhöhen.
Fangen wir zunächst mit dem Trim-Poti an, das von -6 bis +6 db geht. Es kommt ein RK27 von ALPS, Spitzname „Big Blue“, das bekanntermaßen hohe Übersteuerungsfestigkeit und hohen Kammergleichlauf aufweist, zum Einsatz. Über dem darüberliegenden Trim-Schalter kann das Poti auch komplett aus dem Signalweg genommen werden.
Mit den folgenden Insert-Schaltern 1- 4 werden die entsprechenden Loops geschaltet. Es empfiehlt sich, im Insert 1 Prozessoren zur Fehlerkorrektur wie z. B. De-Esser, De-Clicker oder De-Noiser zu platzieren. Insert 2 und 3 werden zumeist für den Bereich EQ und Kompressoren verwendet, wobei der SPL MasterBay S hier ein besonderes Feature ermöglicht. Über den SWAP 3:2 Schalter lassen sich die Insert 2 und 3 in ihrer Reihenfolge umkehren. Warum das? Nun, im Normalfall würde man den Kompressor vor dem EQ platzieren, möchte man jedoch beispielsweise Frequenzen vor dem Kompressor hervorheben, kann man über diesen Schalter die Reihenfolge umkehren, ohne neu zu verkabeln. Insert 4 würde wahrscheinlich mit einem Limiter o. ä. belegt. Über den Schalter All-Inserts-Bypass werden alle Loops auf einmal aktiviert oder deaktiviert.
Als nächstes liegen die Potis Trim L und R an, die auf die Loops 1 – 3 wirken. Insert 4 wurde bewusst ausgenommen, da die letzte Bearbeitungsstufe nicht durch einen Trim-Regler verändert werden soll. Auch hier können die Regler über einen entsprechenden Bypass-Schalter komplett aus dem Signalweg entfernt werden.
Sehr interessant ist auch der Parallel-Mix-Regler, der das stufenlose Zumischen des Anteils der Inserts 1-3 ermöglicht. Im Linksanschlag hört man nur das Direktsignal, das identisch mit der Schalterstellung All-Inserts-Bypass ist. Im Rechtsanschlag liegt der Effektanteil bei 100 %. Über diese Regelung kann man einen sehr musikalischen Mix generieren, beispielsweise indem man den Bearbeitungsprozess kräftig ausreizt und das Effektsignal dann zum Originalsignal hinzumischt. Auch hier, ein Mix-Schalter nimmt besagte Funktion bei Bedarf aus dem Signalweg.
Über den stattlichen Master-Fader-Regler regelt man den Ausgangspegel, der am Rec-Out anliegt, bzw. den Ausgangspegel am Monitor-Out, wenn der I/O-Compare-Schalter rechts außen auf der Frontblende gedrückt und DAW-Return nicht aktiviert ist. Der Regelbereich reicht von -80 bis +7 dB. Auch hier kommt wieder ein RK27 von ALPS als Poti zum Einsatz und wie immer, per Druckschalter kann man den Fader aus dem Signalweg nehmen.
Kommen wir zu einem der Höhepunkte des SPL MasterBay S, der Loudness-Compensation-Funktion. Hier kann gewährleistet werden, dass Lautheitsunterschiede zwischen dem bearbeiteten und unbearbeiteten Signal ausgeglichen werden, so dass z. B. das bearbeitete Signal lediglich nach seinem Klang und nicht nach seiner Lautheit beurteilt wird. Natürlich greift der Regler nur im Abhörweg und nicht im ausgegebenen Signalweg.
Schließt man auf der Rückseite eine Pegelanzeige an, kann man über den Meter-Follows-Schalter die herkömmliche Pegelanzeige auf die Werteanzeige einschließlich der Reduktion, die ggf. mit Compensation-Level eingestellt wurde, umschalten. Somit kann man den genauen Wert der Reduktion ermitteln, die man zuvor eingestellt hat.
Zum Schluss gibt es noch die auch von anderen SPL Produkten bekannte Auto-Bypass-Schaltung, die eine auf den ersten Blick trivial erscheinende Funktion erfüllt, die bei intensiver Betrachtung jedoch einiges für sich hat. Über einen Bypass-Period-Schalter, der von 1 – 12 Sekunden einstellbar ist, schaltet das Gerät in besagtem Zeitintervall auf Bypass und zurück. Somit kann man sich von dem Effekt trennen, dass sich bei einer haptischen Aktivität auch der Klang ändert. Da das Produkt den Effekt aktiviert, muss man sich zu 100 % auf seine Ohren verlassen und kann so viel unvoreingenommener an die Signalverarbeitung herangehen.
Der SPL MasterBay S in der Praxis
Selten kann man einen Praxisteil so knapp auf den Punkt bringen wie in diesem Fall. Es funktioniert wirklich alles genau so, wie man es sich vorstellt. Wer vom klassischen Patchbay kommt, wird gerade bei übersichtlichen Mastering-Aktionen die Schaltung im SPL MasterBay S zu schätzen wissen. Natürlich kann man das Produkt auch dazu nutzen, AUX-Wege zusammenzuführen, auf eine Stereospur zu summieren und in die DAW zurückzuführen. Alles immer unter der Voraussetzung, dass die Hardware-Prozessoren die persönlichen Digital-Plugins der DAW klanglich überholen.
Wer einmal mit einem analogen Summierer gearbeitet hat, weiß wovon ich rede. Findet die Wandlung auf höchstem Niveau statt, gibt es klanglich kaum ein Argument, was gegen die Verwendung von Hardware-Prozessoren spricht. Natürlich hat SPL erneut die Pro-User im Visier und manch ein Tonstudiobetreiber wird bei einem Ladenpreis von 1.799,- Euro gleich zweimal den Taschenrechner ansetzen, ob sich die Investition lohnt.
In der direkten Abrechnung bei den Verkaufszahlen wahrscheinlich nicht, wer aber auf höchstem Niveau mit Hardware-Prozessoren arbeiten möchte, wird die extrem flexible Handhabung zu schätzen wissen. Verarbeitung, Bauteile und Konzept befinden sich einmal mehr bei SPL auf dem maximal Machbaren, was sich bei deutscher Fertigung zwangsweise auch im Preis widerspiegelt.
Gerade mit dem Hinweis auf DAW-User wäre noch der Tegeler Konnektor erwähnenswert gewesen. Acht Stereo-Inserts und M/S-Matrix, das ganze kontrolliert über VST. Doppelte Anzahl Prozessoren, freies Routing und DAW-Kontrolle für ein paar Hunderter mehr – da stinkt das SPL-Teil auf einmal ganz schön ab. Der Tegeler bietet dafür keinerlei haptisches Erlebnis.
@swellkoerper „für ein paar hunderter mehr…“ Wir sprechen von satten 700,-€. Dann doch lieber echte Hardware die auch ohne Daw funktioniert. Ausserdem muss das flexible Routing von Audiosignalen unweigerlich auch Klangverluste mit sich bringen.
@Rob.D.N. Warum muss das mit einem Qualitätsverlust verbunden sein? Erschließt sich mir nicht.
Anbei die Meinung eine Masteringengineers zum Konnektor, sein Kritikpunkt sind die D-Sub Buchsen, was ich nach vollziehen kann, aber keineswegs die Quali:
https://www.youtube.com/watch?v=ubiRTtEe5SE
Bei der Kiste ist besonders dämlich, dass der Parallel Mix immer nur komplett auf die ersten drei Inserts geht. Wer sich sowas unnützes ausgedacht hat, bleibt mir ein Rätsel.
@borg029un03 Erst denken dann reden. Wenn auf der 4 der Limiter hängt, macht das wenig Sinn, die 4 auch in den Parallelmix zu integrieren. Es ist also nicht grundsätzlich „dämlich“, sondern evtl. nur in deinem Setup.
@Rob.D.N. Auf alle 4 wäre ja noch bescheuerter. Sinnig ist an der Stelle die Funktion nur auf einem Insert zuzulassen oder dediziert für jeden Insert eine separate Dry Wet Reglung. Was nützt mir das wenn ich meinen Kompressor Parallel schalten will und dann meinen EQ und Deesser gleich mit dazu Parallel bekomme? Dafür bitte ne Sinnvolle Anwendung.
Ich hatte mich ja schon gewundert, dass das Teil praktisch übersehen wird… ;-)
Seit +5 Jahren habe ich die Masterbay S und bin rundum zufrieden damit! Für den Preis war (ist?) es ausser Konkurrenz. Der Auslöser war für mich (neben dem Preis) die Lautstärke-Kompensation.
Die Swap Funktion vertauscht zwar nur die Inserts 2+3, verschiebt aber dadurch auch den Parallel-Mix (also 1, 3, Parallelmix in 2, 4). Diese „Fehleinschätzung“ zur Umschaltung besteht seit der Markteinführung. Komisch, dass SPL nicht stärker bemüht ist, das zu „beheben“. Hier ist eine Skizze, wie die Schaltungen sind:
https://bohnes.de/images/spl_inserts.png
Die Masterbay S war für mich eine enorme Verbesserung des Workflows. Dadurch dass ich den Neve MBP angeschlossen habe, habe ich einen zweiten Parallel-Mix und Width-Control. Das Einzige, was (mir, bzw. evtl.) „fehlt“ ist M/S (und der alte SPL M/S-Processor hat mich nicht überzeugt) – das ist aber auch lösbar. Ich benutze die Masterbay S auch gern in meiner Studer-Konsole, um den den FX-Bus zum schaltbaren Masterbus zu machen. Ich würde die volle Punktzahl vergeben.
Hier habe ich ein bisschen drüber geschrieben:
https://bohnes.de/hardware.html#spl
Bietet das nicht auch der SPL Mixdream? OK, hat nur einen Insert. Wenn ich die Geräte aber in Reihe schalte und einfach nur je nach Bedarf zuschalte und ansonsten durchschleife, habe ich doch die gleichen Möglichkeiten ?