Doppelt veredelter Spitzensound
Von den sonnigen Küsten Kaliforniens direkt zu uns ins Testlabor gespült, dürfen wir uns heute auf eine echte Leckerei aus dem Hause Strymon freuen. Die Mädels und Jungs von Damage Control Engeneering bauen unter diesem Namen seit etwa neun Jahren feinste Boutiquepedale für Gitarristen und Tastenmusiker und haben es in der kurzen Zeit, man rechnet im Gitarrenbusiness ja meist in eher geologischen Zeiträumen, schon zu einer gewissen Bekanntheit und einem generell sehr guten Image gebracht. Wen wundert es, handelt es sich doch um in den USA von Hand gebaute kleine Meisterwerke, designt und gelötet von Leuten, die ihre Augen und Ohren direkt bei den Künstlern haben. So dürfen wir uns also überraschen lassen, was das Strymon Sunset Dual Overdrive alles zu bieten hat.
Facts & Features
Wie es sich für ein Oberklassenpedal gehört, ist das Gehäuse des Strymon Sunset Dual Overdrive komplett aus Aluminium gefertigt und die Oberfläche in einem sehr knalligen, aber hochwertig wirkendem Rot anodisiert, was im Gegensatz zur Lackierung die Struktur des Metalls noch sichtbar lässt. Der Name des Pedals sowie der Marke stehen prominent im unteren Mittelfeld der Oberseite und werden von zwei Fußschaltern flankiert. Wie der Name schon vermuten lässt, stecken im Strymon Sunset nämlich gleich zwei Overdrive-Pedale und da benötigt es zumindest auch zwei Schalter.
Die Bedienelemente des Strymon Sunset Dual Overdrive
Auf der oberen Seite befinden sich zwei identische Sets von jeweils drei Potis für die Steuerung der Effektparameter. Neben den obligatorischen Level- und Drive-Schaltern befindet sich hier noch jeweils ein Tone-Regler für die Klangeinfärbung und Frequenzkontrolle. Mittig oben wurden noch zwei Kippschalter angebracht, mit denen man zwischen „Ge“, „Texas“ und „Treble“ oder auch zwischen „2 Stage“ „Hard“ und „JFET“ wählen kann. Was die kleine Schalter genau machen, wollen wir im Verlauf des Tests noch näher erkunden, aber die Aufschriften sind schon mal vielversprechend. Über den Fußschaltern befinden sich noch zwei LEDs, um die Aktivität der beiden Overdrive-Pedale anzuzeigen. Zu guter Letzt sind auf der Rückseite des Gerätes noch zwei Schiebeschalter mit der Bezeichnung Bright und A+B untergebracht.
Die Anschlüsse des des Strymon Sunset Dual Overdrive
Im selben Bereich sind auch sämtliche Anschlüsse des Sunset Dual Overdrive untergebracht. Zur Stromversorgung dient ein altbekannter 9-Volt-Gleichstromanschluss mit dem Minuspol in der Mitte. Das passende Netzteil wird natürlich mitgeliefert. Soweit nichts Neues. Auch über eine Eingangsbuchse im Klinkenformat und eine dazugehörige Ausgangsbuchse verfügt das Sunset natürlich. Etwas ungewöhnlicher wird es dann bei dem Expressionpedal-Anschluss, der zusätzlich auf der Rückseite verbaut ist und den man bei nicht gerade vielen Overdrive Pedalen findet. Des Weiteren ist ein weiterer Anschluss mit der Beschriftung FAV zu sehen, der zum Anschluss eines Miniswitch dient und mit dem man zwei verschiedene Presets des Sunset per Fußtritt abrufen kann.
Innenleben
Richtig interessant wird es allerdings erst, wenn wir uns das Innenleben des Strymon Sunset etwas näher ansehen. Hier steckt nämlich nicht nur altbewährte analoge Verzerrertechnik in dem schicken Gehäuse. Strymon nutzt zusätzlich noch digitale Effektschaltkreise, um das Maximum an Sound aus dem Sunset herauszuholen und eine möglichst breite Palette an Klängen zu ermöglichen. In dem Dual-Overdrive genannten Pedal stecken in Wirklichkeit sechs Overdrivesounds, da jeder Kanal über drei eigene Schaltkreise verfügt. Die Verzerrerstufe ist dabei für alle Sounds die gleiche, voll analoge JFET-Stufe, die dann das Signal an fünf weitere digitale oder analoge Schaltkreise weiterleitet, die das richtige Voicing dafür liefern. Der sechste Kanal arbeitet als einfacher und cleaner Booster, der alleine durch die analoge JFET-Stufe zustande kommt. Aber alles der Reihe nach.
Angefangen bei den drei Optionen des A-Channels steuert der kleine Kippschalter oben auf der Bedienoberfläche in der obersten Stellung einen analogen Germaniumtransistor an, der etwas weicher in der Ansprache ist als die oft verwendeten Siliziumtransistoren und eigenen sich laut Strymon besonders gut für das Andicken von Singlecoils, machen aber auch bei Humbuckern keine schlechte Figur und geben einen etwas wärmeren und warmen Sound von sich.
Texas Ist ebenfalls ein wenig weicher gestaltet und soll einen vollen und durch Hinzunahme eines Filter auch einen etwas runderen Overdrive- oder Mittenboost liefern, der sich, wie der Name vermuten lässt, für Blues und Bluesrock eignet.
Auch bei der Bezeichnung Treble braucht man in der Regel nicht viel zu raten und wie sich die meisten denken können, handelt es sich hierbei um einen Treble-Booster, der sich über den Ton-Regler steuern lässt und den Sound wahlweise ein wenig aufklart oder ihm mehr Durchsetzungskraft verleiht.
2-Stage, der erste Schaltkreis des B-Channel, kombiniert das weiche Clipping des JFET mit einem harten Clipping in einer zweiten Verzerrerstufe und schafft so ein einen vollen und etwas komplexeren Gainsound, sofern man der Beschreibung vertrauen darf.
Zu guter Letzt liefert die Hard Option noch einen etwas aggressiver geclippten Sound mit etwas mehr Power und Distortion und soll bei maximalen Einstellungen schon in den Fuzz-Bereich vordringen. Hier verspricht Strymon maximalen Gain mit vielen Obertönen und Nachdruck.
Zusätzlich lässt sich noch die Kombination der beiden Verzerrer-Channels mithilfe des A/B-Schalters auf der Rückseite einstellen, indem man einen Kanal hinter den anderen legt oder beide parallel laufen lässt, um sie sich nicht in die Quere kommen zu lassen. Alles in allem bieten sich hier also großzügig gerechnet achtzehn verschiedene Zerrsounds in einem Pedal an, die sich alle noch in Nuancen über die sechs Potis variieren lassen. Nicht schlecht für so ein kleines Pedal.
Praxis und Klang mit dem Strymon Sunset Dual Overdrive
Wie es sich für ein Oberklassepedal gehört, verfügt das Strymon Sunset Dual Overdrive natürlich über einen True-Bypass, der die gesamten Schaltkreise, digital wie analog, im deaktivierten Zustand komplett umgeht. Wenn sie aktiviert sind, wird jedoch auch nicht gespart und der gesamte Signalweg wird von den digitalen Bauteilen in 24 Bit und 96 kHz, also in bester Studioqualität gehandelt. Bei der Aktivierung einer der beiden oder der beiden Kanäle gleichzeitig ist auch kaum ein Rauschen ein anderes Klangartefakt auszumachen.
Angefangen bei dem Kanal A bietet der Ge Modus einen sehr subtilen und zurückhaltenden Sound, der bei geringem Gain und neutraler Mittelstellung sehr kompakt und diszipliniert daher kommt und sich vor allem auf die Mitten konzentriert. Diese lassen sich sehr dynamisch durch etwas härteres Strumming ansteuern und anzerren. Der Gain-Regler bietet zusätzlich noch genug Reserven für einen etwas volleren Sound.
Ähnlich verhält sich auch der Texas Modus, wobei dieser noch etwas muffiger und breiter klingt als der Germanium-Transistor. Auch hier zeigt sich der Tone-Regler sehr effektiv und man bekommt von einem cremigen Bluessound alle Nuancen in sehr feinen Abstufungen zur Verfügung gestellt. Auch hier kann das Strymon Sunset Dual Overdrive vor allem durch eine sehr gute Dynamik überzeugen, die sehr gut auf den Input der Gitarre durch Spieltechnik oder die Auswahl der Pickups reagiert.
Der Treble-Boost fällt insgesamt leider etwas dünn aus und man muss ihn schon in allen Parametern sehr weit aufdrehen, um einen wirklichen Boost-Effekt zu erzielen. Dieser ist dann aber sehr clean und verzerrt die Gitarre kaum. Durch den Tone-Regler lassen sich dann sehr gut dosierbar die Mitten und mittleren Tiefen wieder in den Sound holen, allerdings hätte der Boost etwas lauter sein können, vergleicht man ihn mit dem Lautstärkeniveau der anderen Sounds im Strymon Sunset Dual Overdrive.
Im Kanal B geht es erwartungsgemäß etwas rauer zur Sache. Der 2 Stage Modus bietet ja schon einen zweistufigen Verzerrer an, der ein möglichst volles Klangbild geben soll und das kann er auch erfüllen. Hier bekommt der Hörer eine wirkliche Soundwand vor die Nase gestellt, die ebenfalls sehr effektiv über den Tone-Regler angepasst werden kann und eine sehr beeindruckende Dynamik aufweist. Zusätzlich sind auch reichlich Gain-Reserven vorhanden, sodass hier sicherlich kein Sound verhungert und immer ein wenig mehr Kraft dahinter gepackt werden kann. Dies gilt auch für den Hard Modus, der sehr viel Gain und Power bietet und tatsächlich mit aufgedrehtem Drive-Regler stark in Richtung Fuzz geht.
Zusätzlich bietet das Strymon Sunset Dual Overdrive ja auch noch die Kombination der Sounds aus Kanal A und B. Ob man jetzt den Gain noch höher schrauben will oder durch die Kombination neue Klangfarben sucht, hier findet man so ziemlich alles, was man braucht. Auch die Abfolgeeinstellung über den Kippschalter auf der Rückseite hat noch einmal eine große Bandbreite an möglichen Sounds und Anpassungen und so lädt das Strymon Sunset immer wieder zum Experimentieren ein.
Ach du liebe Zeit was ist denn hier los ?
Die Klangbeispiele sind grauenhaft !!
Danke für den Test. Der Sound der Beispiele wird dem Pedal leider nicht gerecht. Auf dem Strymon-Youtube-Kanal kann man hören, wie das Ding wirklich klingt und wie flexibel es ist. Ich hoffe, dass der Boutique-Hype mit völlig überteuerten Analogpedalen bald ein Ende hat. Und „handgemacht“ ist das Ding garantiert nicht – höchstens von Hand zusammengebaut. Außerdem hat es nur einen analogen FET-Schaltkreis zum Verstärken des Gitarrensignals. Dahinter geht es ausschließlich digital weiter. Kein Germanium aus der Frühzeit der Transistortechnik :-)
Finden wir uns damit ab: analog is OUT!
Hahaha….. jau, hört sich an, wie im Proberaum mal eben schnell reingerotzt und zackig auf’m Stick gezogen.
Aber hey, zumindest ist das authentisch….und nicht unsympathisch
Völlig überteuert das Teil.
Mein 30 Jahre altes Boss ME-5 hat echt analoge Verzerrer, die besser klingen, 64 Presets und ein komplettes MultiFX drumrum
Hat 50€ gekostet. Wo ist der Fortschritt?