Bändchenmikrofon für vielfältige Anwendungsbereiche
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Bändchenmikrofone stehen wieder hoch im Kurs und manch ein Vintage-Exemplar reißt ein sehr tiefes Loch in die Geldbörse. Doch auch modernere Varianten können bisweilen recht kostspielig sein, sodass die günstigen Modelle aus asiatischer Fertigung, die man bei vielen Online-Händlern findet, sich großer Beliebtheit bei Homerecordlern und Podcastern erfreuen. Umso größer wird das Interesse an unserem heutigen Testkandidaten, dem Superlux R102 Bändchenmikrofon sein, das in einem Bundle samt Halterung und Kabel zu einem unschlagbaren Preis im Handel erhältlich ist.
Der Hersteller Superlux
Gegründet im Jahr 1987 als Tenlux in Taipei, wuchs das Unternehmen aus Taiwan kontinuierlich zu einem Global Player und führt unter dem Namen Superlux nun die drei Marken Superlux, Tenlux und W&H. Superlux besitzt vier Niederlassungen in Taipei, Shenzhen, Shanghai und Lianyungang und ist damit in allen wichtigen Industriezentren der Volksrepublik China und in Taiwan vertreten. 1996 wurde das Team des R&D Departements durch Pan Zheng Yuan erweitert, der auf eine lange Tradition im Mikrofonbau zurückblicken konnte und die Mikrofonsparte von Superlux zum Erfolg führen sollte. Die Fabriken erfüllen den ISO 9001 Qualitätsstandard und in der Tat sagt man den Produkten des Herstellers eine sehr gute Verarbeitungsqualität nach. Auch die Audioqualitäten von Superlux sind gemessen am Preis als sehr gut zu bewerten.
Blick auf das Superlux R102
Zum Test stand uns das Superlux R102 als Bundle mit einem Mikrofonkabel mit XLR-Winkelstecker und einer Mikrofonhalterung zur Verfügung. Geliefert wird das Bundle in einem sehr stabilen Plastikkoffer. Die sehr stabile und schwere Halterung besteht aus zwei Teilen, einem Bügel und einem schwenkbaren Korb, in den das Mikrofon eingesetzt und unten verschraubt wird. So ist auch eine Über-Kopf-Montage möglich, ohne dass das Mikrofon aus der Halterung rutscht. Der schwenkbare Korb besitzt an den Seiten Aufnahmen für die Gummis einer Mikrofonspinne. Eine solche Spinne liegt der Variante Superlux R102 MK2 bei. Die Halterung ist bei beiden Modellen identisch. Dem R102 MK2 Bundle liegt außerdem noch ein Reduziergewinde bei, das dem hier vorgestellten Superlux R012 Bundle leider fehlt. Auf die weiteren Unterschiede gehe ich später noch ein.
Aktives Bändchenmikrofon
Beim Superlux R102 handelt es sich um ein sogenanntes aktives Bändchenmikrofon. Das Mikrofon enthält also bereits Elektronik für einen Verstärker und nicht nur einen passiven Transformator, so wie die meisten anderen Bändchenmikrofone, wie zum Beispiel das Beyerdynamic M130. Im Gegensatz zu anderen Bändchenmikrofonen benötigt das R102 also Phantomspeisung, sonst funktioniert es nicht.
Technische Daten des Superlux R102
Das aktive Bändchenmikrofon besitzt einen Frequenzgang von 25 Hz bis 15 kHz. Hier ist allerdings zu beachten, dass der Hersteller bei der Angabe nicht den sonst üblichen Toleranzschlauch von ±3 dB angelegt hat, sondern der Rolloff laut Frequenzdiagramm von 5 kHz an ungefähr 6 dB/Oktave beträgt. Bei 15 kHz sind bereits 10 dB Pegelabfall zu beobachten. Anders ist das bei der Superlux R102 MK2 Variante, die einen sehr sanften Rolloff ab 5 kHz besitzt. Hier ist der Pegel bei 15 kHz gerade einmal um ungefähr 5 dB gefallen. Der Hersteller weist hier einen Frequenzgang von 20 Hz bis rauf zu 18 kHz aus. Wer auf den erweiterten Frequenzgang viel Wert legt, sollte deshalb besser zur MK2 Variante greifen.
Die Signal-to-Noise Ratio ist mit 76 dB angegeben, der maximal zulässige Schalldruckpegel mit sehr hohen 138 dB SPL. Somit kann das Superlux R102 Bändchenmikrofon auch sehr gut vor lauten Schallquellen verwendet werden. Der Dynamikbereich beträgt 120 dB. Bei der Richtcharakteristik handelt es sich um eine Achtercharakteristik, wie für die meisten Bändchenmikrofone üblich.
Das Mikrofon ist übrigens mit 500 g sehr schwer. Hinzu kommt noch die schwere Halterung, sodass ein stabiles und schweres Stativ Pflicht ist.
Vorgeschlagene Anwendungsbereiche
Das Superlux R102 Bändchenmikrofon kommt nicht ohne Grund im Design eines typischen Broadcast-Mikrofons daher. Superlux sehen darin einen Anwendungsbereich. Außerdem lässt sich das Mikrofon natürlich für die Abnahme von Instrumenten und die Aufnahme von Gesang verwenden. Vorgeschlagen wird es für die Aufnahme von Bläsern, Piano, E-Gitarren, Akustikgitarren und Schlagzeug.
Praxiseinsatz des Bändchenmikrofons
Getestet habe ich das Mikrofon vorwiegend mit Instrumenten, insbesondere mit einer Taylor Akustikgitarre und vor meinem Bradley Roadrunner 100 Gitarrenverstärker samt Fender USA Telecaster.
Zunächst einmal muss das Mikrofon in die Halterung gesetzt werden. Dazu löst man die Rändelmutter unten an der XLR-Buchse, setzt das Mikrofon in die Halterung und schraubt die Mutter wieder auf. Das Mikrofon sitzt nun bombenfest in der Halterung und kann nicht mehr aus dieser herausrutschen. Sitzt das Mikrofon senkrecht in der Halterung und wird nicht darin gedreht, ist es nicht möglich, einen normalen geraden XLR-Stecker ins Mikrofon zu stecken. Der Platz reicht schlicht nicht aus. Sobald man das Mikrofon kippt, funktioniert das natürlich. Aus diesem Grund liegt dem Bundle ein Kabel mit XLR-Winkelstecker bei. Dieses lässt sich bei Bedarf auch zum Verlängern eines Mikrofonkabels verwenden.
Die Mikrofonhalterung besitzt eine seitliche Kabelführung, in die man das Kabel einhängt und eine Zugentlastung schafft. Leider liegt dem Bundle kein Reduziergewinde bei. Dieses sollte man am besten gleich mitbestellen. Ebenfalls direkt mitbestellen sollte man ein schweres Mikrofonstativ. Bei den leichten und gerne im Beschallungsalltag eingesetzten K&M-Stativen, die ich üblicherweise verwende, ist äußerste Vorsicht angebracht, da das hohe Gewicht von Mikrofon und Halterung ein Stativ schnell kippen lassen. Hier ist in jedem Fall eine gute Ausrichtung des Galgens und des dreibeinigen Standfußes erforderlich. Besser sind schwere Studiostative mit Gegengewicht. Wie gut das Mikrofon in einem typischen Broadcast-Schwenkarm hält, kann ich mangels Schwenkarm nicht sagen. Doch auch hier sollte man lieber auf Qualität setzen.
Das Superlux R102 Bändchenmikrofon wurde mir parallel zu einem Beyerdynamic M130 Bändchen zum Testen geschickt, sodass ich die Gelegenheit beim Schopf gepackt habe: Beide Mikrofone wurden von mir miteinander verglichen. So kann sich der Bändchenliebhaber ein Urteil über die Qualität des Bändchenmikrofons im Vergleich zum mehrere hundert Euro teureren Beyerdynamic M130 bilden.
Zunächst einmal muss nach dem Verkabeln die Phantomspeisung eingeschaltet werden. Ohne die läuft nichts, denn der integrierte Verstärker benötigt Strom. Der Vorteil des aktiven Bändchens ist der etwas höhere Output und demzufolge eine nur geringe notwendige Verstärkung am Mic-Preamp des Mischpults oder Audiointerface.
Wie schon beim Beyerdynamic M130 habe ich das Mikrofon für die Akustikgitarrenaufnahme auf den Übergangsbereich zwischen Schalloch und Griffbrett ausgerichtet. Durch den identischen Abstand lassen sich beide Aufnahmen gut vergleichen. Auch dei Aufnahme des R102 habe ich ohne EQ und ohne Effekte gemacht. Angeglichen wurde später in der DAW nur der Pegel, sodass beide Aufnahmen einen identischen Pegel besitzen.
Im Vergleich zum M130 fällt auf, dass das R102 im Bereich zwischen 100 und 300 Hz etwas schlanker arbeitet. Es besitzt trotz des auf dem Papier tieferreichenden Frequenzgangs weniger Bässe. Das hatte ich eigentlich aufgrund der technischen Daten nicht erwartet. Das bedeutet allerdings nicht, dass das Superlux R102 schlecht klingt, ganz im Gegenteil. Der Klang wirkt recht durchsichtig und aufgeräumt, hat aber auch nicht ganz so viel Charakter wie der des Beyerdynamic M130.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der E-Gitarren Aufnahme. Der aggressive Distortion-Sound des Bradley Roadrunner 100 ist auf der Aufnahme mit dem R102 deutlicher auszumachen als auf der des M130. Dass es sich trotz dieser Unterschiede zwischen den beiden Bändchenmikrofonen dennoch um ein ebensolches handelt, zeigt die Vergleichsaufnahme mit dem Shure SM57. Nun fällt auch die kräftigere Basswiedergabe auf und der im Vergleich zum Tauchspulenmikrofon bedecktere Höhenbereich.
Zum Schluss noch ein Vergleich mit Sprache, schließlich empfehlen Superlux das Mikrofon für das Broadcasting. Da ich das Beyerdynamic M130 noch parat habe, kommt es auch hier zu einem Vergleich. Es ist zu vermuten, dass mittels des integrierten Verstärkers auch der Klang des Superlux R102 Bändchenmikrofons schon mehr in Richtung Sprache getrimmt wurde. Muss man beim Beyerdynamic M130 den EQ bemühen, um den Sound einer Moderation etwas frischer und durchsichtiger zu gestalten, setzt sich die Sprache beim Superlux R102 Bändchenmikrofon auffallend gut auch ohne weitere Maßnahmen durch. Dennoch merkt man dem M130 den typischen Bändchencharakter etwas deutlicher an als dem R102. In Sachen Sprache klingen beide in einem etwas größeren Besprechungsabstand deutlich angenehmer und besser, weil der starke Nahbesprechungseffekt in den Hintergrund rutscht. Ihr hört beide Aufnahmen ohne weiteren EQ oder Effekte:
Klingt in meinen Ohren im direkten Vergleich überraschend gut, Chapeau!