Die Eimerkette ist zurück!
u-he Colour Copy ist ein neues Effekt-Plugin, das sich an der Garde der Bucket Brigade Delays (BBD) orientiert. Dabei handelt es sich um jene Technologie, die es seit Jahrzehnten ermöglicht, Echo- und Modulationseffekte zu generieren – mit analoger Schaltungstechnik. Colour Copy ist eine Weiterentwicklung der Effekteinheit „Lyrebird“, die im hauseigenen Produkt Repro-1 zu finden ist.
Moderne Delay-Einheiten verwenden Sampling und erzeugen Kopien des Eingangssignals. Beim Ändern der Delay-Zeit wird normalerweise die Größe des Zwischenspeichers angepasst. Hierbei entstehen unschöne Artefakte, ein digitales Delay lädt somit weniger zum Rumspielen an den Parametern ein. Ein BBD hingegen erzeugt musikalisch sinnvoll einsetzbare Artefakte. Dies ist in der Musikgeschichte der vergangenen Jahrzehnte hinreichend belegt (siehe z. B. Reggae, Dub oder Psychedelic Rock).
Der Klang eines BBD hat aufgrund der verwendeten Technologie eine stark gefärbte Charakteristik. u-he Colour Copy emuliert diese Charakteristiken dabei auf vielfältige Weise, mit einigen netten Zusatzfunktionen.
Das Userinterface entspricht dem typische u-he Design. Wem das geläufig ist, der findet sich auf der Oberfläche sofort zurecht. Unabhängig davon ist die Bedienung der Grundfunktionen übersichtlich und weitestgehend selbsterklärend. Schön ist die Undo/Redo-Funktion, so was fehlt den meisten Plugins.
Die Regler für die Standard-Parameter des Delays sind im „Analog-Style“ ausgeführt. Im zentralen Display werden die Wellenformen des Echos abgebildet und die Echo-Tabs können hier für den linken und rechten Kanal individuell eingestellt werden. Dadurch entstehen unterschiedliche rhythmische Muster und Stereoeffekte. Zudem wird hier das Routing vom Eingangssignal und Feedback definiert.
Ein Panic (!) Taster hilft, falls einem die Feedbacks mal um die Ohren fliegen. Der Taster stellt das Plugin umgehend stumm. Im unteren Drittel des UI befinden sich die Besonderheiten dieser BBD-Variante.
Ducking Kompressor des u-he Colour Copy
Ein Ducking Kompressor „drückt“ das Signal stark zusammen, sodass ein (hinreichend in den letzten Jahren der Dancemusic gehörter Effekt) Pumpen entsteht. In Colour Copy kann der Nutzer auswählen, ob das gesamte Signal oder lediglich der Feedback-Anteil, sprich – das Echo – gepumpt werden soll.
Das ist ein gelungenes Feature. Beeinflussen lässt sich der Threshold-Level des Eingangssignals und die Trägheit des Pumpens.
Feedback Colouration
Diese Sektion gab dem u-he Colour Copy Plugin seinen Namen. Mittels der Colour-Funktion wird der eigentliche Klangcharakter mit all seinen Finessen in Colour Copy eingestellt. Die Färbungen klingen zunächst nur subtil unterschiedlich, resultieren jedoch im Klangcharakter und auch im Mix in unterschiedlichen Ergebnissen. Mittels eines Brightness- und eines Saturation-Reglers können die Feedbacks weiter im Sounddesign angepasst werden. Durch diese Sektion entstehen etliche unterschiedliche BBD-Charaktere und machen u-he Colour Copy klanglich sehr flexibel.
BBDs rauschen prinzipiell mehr oder weniger stark. Über den Floor-Schalter kann ein Rauschen künstlich hinzugefügt werden.
Modulation beim u-he Colour Copy
Auf der rechten Seite befindet sich ein LFO, der wahlweise die Delay-Rate, die Position der Tabs oder die Delay-Lautstärke moduliert. Dank seiner Hilfe können mit Colour Copy Modulationseffekte wie Chorus, Vibrato oder Tremolo simuliert werden.
Die Parameter LFO Frequency und LFO Depth können mit Hilfe eines Envelope Followers zusätzlich moduliert werden.
Weitere Funktionen
Eine Freeze-Funktion friert den aktuellen Delay-Sound ein und lässt ihn unendlich weiterklingen, was spannende Klangschichtungen erlaubt. Ein am Eingang anliegendes Signal wird in diesem Fall trocken durchgeschleust und nicht dazu gemischt.
Ein Feature namens MIDI Key Control erlaubt es, u-he Colour Copy über ein angeschlossenes MIDI-Keyboard zu „spielen“. Per Tonhöhe wird die Delay-Rate bestimmt. Pro Oktave wird diese verdoppelt.
Presets können via MIDI-Program-Change-Messages umgeschaltet werden, das ist praktisch.
Im Preset-Browser können eigene Kreationen nicht nur gespeichert, sondern auch umfangreich mit Tags versehen werden. So lassen sich nach definierten Attributen innerhalb des Browsers passende Presets suchen und finden.
Klang des u-he Colour Copy
u-he Colour Copy emuliert das Verhalten und den Klang analoger Bucket Brigade Delays. Ich habe in meinem Musikerleben diverse Geräte dieser Zunft spielen und hören dürfen. Colour Copy schafft es, dieses Klangbild in einer charakterlichen Vielfalt wiederzugeben. Dabei klingt es für mich immer eine Spur schöner und weicher als die mir bekannten BBDs. Dies ist kein Nachteil, im Gegenteil. Musikalisch integriert sich das Ausgangssignal von Colour Copy sehr gut und es findet sich für meinen Geschmack immer ein passender Delay-Sound.
Technisches
u-he Colour Copy ist für Mac und Windows Welten erhältlich und läuft in den Formaten Audio Units (au), vst2, vst3, aax (Pro Tools 10.3.7 or later) in 32 Bit und 64 Bit Versionen.
Zusätzlich ist es zum NKS-Format von Native Instruments kompatibel.
Eine Demoversion ist erhältlich, diese lässt sich durch Eingabe einer gültigen Seriennummer zur Vollversion freischalten.
Können wir uns im Zusammenhang auf BBDs bitte endlich darauf verständigen, das ein BBD zeitdiskret ist und das resultierende Signal ebenso. Darüberhinaus gilt Shannon Nyquist et al. Sonst habe ich nix zu meckern. :)
@TobyB Jup, BBDs sind zeitdiskret aber nicht amplitudendiskret und daher werden sie als analog bezeichnet.
psv-dsv, jetzt entäusch mich nicht, wenn eine Amplitude zeitdiskret abgetastet wird, erhalten wir eine stetige analoge Funktion der Amplitude oder sehen wir die Anzahl der Speicherstufen als Amplitudenwerte des BBD als Funktion in einem Intervall?
Kann jeder beliebige Spannungswert innerhalb eines Intervalles erreicht werden? Wenn das Signal analog ist, warum muss ich mit einem Tiefpass Antialiasing betreiben? Warum kommen Shannon Nyquist und Shannon Whitaker zur Anwendung?
@TobyB Es kann jeder beliebige Spannungswert, hier analog zum Amplitudenwert der analogen audio Aufnahme, innerhalb des Zeitintervalles erreicht werden. Nyquist etc. greift aufgrund der diskreten zeitlichen Auflösung. Die Infomation liegt nicht in digitaler Form vor, dazu müsste ja auch die Amplitude diskret aufgelöst werden. Genau hier liegt ja das Problem von BBDs. Die schaltungsbedingte Ungenauigkeit bei der Weitergabe der Ladungen (Amplitudeninformation) von Bucket zu Bucket erzeugt den problematischen Rauschabstand. Aliasing ist bei BBDs daher auch eher ein nachrangiges Problem.
https://www.researchgate.net/publication/2979549_Practical_considerations_for_analog_operation_of_bucket-brigade_circuits
…oder um es etwas bildlicher darzustellen: Ein analoger Sequencer (übrigens prinzipiell dem BBD nicht unähnlich) ist ja nicht digital zu nennen, nur weil er die CVs in diskreten zeitlichen Intervallen ausgibt.
Wenn man ganz genau ist müsste man BBDs hybrid nennen aber der Sprachgebrauch analog ist historisch gesehen korrekt und die Bezeichnung digital wäre eher irreführend.
Yep, das Signal wird gesampled aber nicht quantisiert. Es liegt nicht in Binärform vor. Ob Aliasing eine Rolle spielt, ist eine Frage des (Filter)-Designs. Wer nicht korrekt die Bandbreite limitiert, bekommt seine Aliasing-Ohrfeige.
Bei einem typischen BBD-Delay ist die Clockrate analog justierbar, was in einem DSP oder auch x86 dann nur via Interpolation machbar ist.
Das u-he Colour Copy ist in meinen Ohren ein netter Versuch, der aber leider das BBD-Original nicht ersetzen kann.
Wird es hier noch Klangbeispiele geben?
@swissdoc Hallo Doc,
Okay, wir sampeln 512,1024, 2048, 4096 mal in einem festen Intervall, repräsentiert das daraus resultierende Ausgangssignal jenes komplette analoge Eingangsignal oder eben nur 512,1024, 2048, 4096 Samples? Der BBD wandelt das analoge Signal in zeitdiskretes, wertekontinuierliches Signal. Wobei wertekontinuierlich hier direkt von den Intervallen und Anzahl der BBDs abhängt. Siehe auch Quantisisierung und Quantisierungstheorem. Womit wir wieder bei Shannon Nyquist Theorem und dem Shannon Whitaker Tiefpass sind.
Hallo psv-ddv,
die Funktion und das Signal was wir erhalten ist diskret, es kann nur der Anzahl der Eimerketten entsprechende Werte annehmen. Der Sprachgebrauch analog ist falsch, weil dies eine zeitlich kontinuierliche Aufzeichnung ist und in einem Intervall jeder beliebige Amplitudenwert eingenommen werden kann. Das macht aber ein BBD nicht. Egal ob das BBD 512.1024, 2048, 4096 Eimer hat.
@TobyB Hi,
also wann der Begriff ,analog’ verwendet werden sollte und wann nicht weiß ich nicht.
Richtig ist zeitlich diskret und werte kontinuierlich. Der zweite Teil hilft uns aber nicht da Quantisierung vor allem Rauschen erzeugen würde und das schaffen BBDs dank ihrer Architektur such so.
Ansonsten gilt das selbe Prinzip wie bei A/D D/A Wandlern. Was vor der Abtastung nicht weg gefiltert würde, kommt als aliasing zurück. Da nach BBDs aber meist noch ein Filter liegt, die das Zeit diskret Signal dann wieder rekonstruiert, haben wir danach wieder ein analoges aber bandlimitiertes Signal.diskret ist ein Signal nur, wenn es uns auch nur in abgetasteter Form vorliegt.
Und: es ist definitiv nicht digital, sondern analog. Es ist aber auch teilweise diskret und nicht (kontinuierlich) analog: der Begriff hat halt mehrere Bedeutungen.
Hallo WRodewald,
das Wort analog streichen, Werte kontinuierlich heisst, das du gemäß Intervall und Anzahl der Speicherstufen von Werten eine Probe nehmen kannst. Und nicht jeden Wert kontinuierlich aufnimmst. Anders gesagt, ohne Tiefpässe hätte der Sinus Treppenstufen.
@TobyB Das musst du mir nochmal genauer erklären. Treppenstufen hättest du sowohl bei ner zeitlichen Abtastung als auch bei ner Quantisierung. (Diskrete Werte)
Ich mal mal ein Bild :-)
Hallo,
https://bit.ly/2yeXjlp
Die Anzahl der gemessenen Werte entspricht der Anzahl der vertikalen gestrichelten Linien. Quasi den BBD Eimern.
Also prinzipiell sind wir hier der selben Meinung, es wird ein Signal abgetastet und wir müssen mit den üblichen Problemen wie Aliasing kämpfen. Das resultierende Signal ist aber trotzdem nicht diskret. Ein D/A Wandler spuckt ja auch kein diskretes Signal aus. Es ist halt bandlimitiert, oder beinhaltet Aliasing, aber es ist nach der Rekonstruktion trotzdem wieder kontinuierlich.
Was „Analogtechnik“ angeht, ist es wohl Frage der Interpretation. Ein rein diskretes (digitales) System hat ja Samples, die den Wert für einen bestimmten Zeitpunkt bestimmen. Was zwischen zwei Samples passiert können wir ohne Rekonstruktion nicht herausfinden.
Bei einem BBD gibts aber, technisch gesehen, trotzdem für jeden Zeitpunkt eine bestimmte Spannung die man an einem der Kondensatoren messen könnte. Es ist halt eigentlich analoges Sample&Hold.
Aber das ist Haarspalterei. Manchmal philosophiere ich halt gerne über Begrifflichkeiten. ;)
Hallo WRodewald,
digital und diskret sind noch mal zwei Paar Schuhe. Hier hast du ein diskretes Signal, welches entsprechend der Anzahl der Stufen definiert wird. Und entsprechend eine Probe gespeichert wird. Z.b. 512 mal in einem Intervall. Die Mimik mit den Tiefpässen vor dem Eingang und am Ausgang machst du aus Gründen, am Eingang Bandbreite begrenzen, weil Shannon Nyquist, am Ausgang Shannon Whitaker, weil die Treppen sonst „singen“ würden und du mit dem Tiefpass auch Kanten glätten kannst. Tatsächlich gibt es analoge Verzögerungsleitungen. Diese sind aber in Form von magnetischen Spulen aufgebaut.
@TobyB Moin Toby, war ’ne Weile anderweitig beschäftigt, daher die späte Antwort:
Ohne Dir zu nahe zu treten zu wollen, ich glaube, Du hast Dich da ein wenig in eine Idee verrannt. Die Amplitude ist im BBD zu keinem Zeitpunkt diskret sondern kann im Rahmen der konstruktionsbedingten Grenzen der analogen Schaltung jeden beliebigen Wert annehmen. Es gibt keine Quantisierung. …oder man könnte etwas schludrig ausgedrückt sagen die Quantisierungstiefe ist unendlich.
Wie oben schon geschrieben liegst Du ja nicht gänzlich falsch, da das BBD Signal in der zeitlichen Ebene einen der AD-DA Wandlug sehr ähnlichen Prozess durchläuft. Aber eben nur ähnlich und nur in der Zeitebene. Man kann den Signaldurchlauf einer BBD Schaltung zu keinem Zeitpunkt digital verarbeiten. Daher bleibt die ganze Schaltung letztendlich analog. Das ergibt sich übrigens auch aus dem historischen Kontext. BBDs gab es bereits vor der Erfindung von AD Wandlern.
Spannendes Thema! Beste Grüße :)
Ich finde den Colour Copy zusammen mit dem D16 Sigmund schon recht komplett. Dazu ein einfaches Delay aus Cubase und fertig. Uhe hat m.M.n. mit dem Uhbik-P auch den besten Phaser! Ubik ist auch ein Roman von Philip K. Dick. Ob Urs das weiss??