13. Februar 2017
FET mit Sahnehäubchen
Wes Audio ist eines von mehreren relativ jungen polnischen Unternehmen, die hochwertige Studiohardware herstellen. Nachdem Timbre und LC-EQP sich auf dem Prüfstand bewähren konnten, haben wir diesmal den Wes Audio Beta 76 im Test, einen auf dem UREI 1176 aufbauenden Kompressor mit erweitertem Funktionsumfang. Dabei handelt es sich übrigens schon um das zweite derartige Gerät des Herstellers – der Vorgänger war noch ein waschechter Klon des Originals.
Der 1176 Kompressor
Wahrscheinlich hat kaum ein Kompressor die Bezeichnung „Studiostandard“ mehr verdient als der UREI 1176 Peak Limiter. Seit seiner Markteinführung im Jahr 1967 durchlief er diverse Revisionen, das mittels eines Feldeffekttransistors realisierte Kompressionsverhalten blieb aber im Wesentlichen stets unverändert. Die Markenrechte hält heute der kalifornische Hersteller Universal Audio, der neben dem Hardwaregerät im Rahmen seiner UAD-DSP-Karten auch Plug-in-Varianten vertreibt.
Unzählige Studios verfügen heute, fast 50 Jahre nach der Markteinführung, über mindestens einen 1176. Bei Toningenieuren erfreut er sich aufgrund seiner Flexibilität, äußerst kurzer minimaler Attack- und Releasezeiten sowie seines charakteristischen Klangs andauernder Beliebtheit. Auf passenden Spuren – insbesondere Stimmen, Drums und Bass aber auch Gitarren – kann er das Signal gleichzeitig homogenisieren und ihm zusätzlichen Druck und Definition verleihen. Einer oder einige 1176 an der richtigen Stelle im Mix können diesen enorm bereichern.
Die neueren Revisionen des 1176 bekamen übrigens ein „LN“ für „low noise“ hinten angestellt. Im Vergleich stimmt dies zwar, aber wirklich rauscharm ist auch diese Version nicht, hier setzen die Eigenschaften des FET (Feldeffekttransistor) eine physikalische Grenze.
Erster Kontakt
Im braunen Wes Audio Karton befindet sich außer dem Gerät noch ein Kaltgerätekabel. Die optische Gestaltung des 2 HE Geräts weist sehr große Ähnlichkeiten zum „Blackface“ UREI 1176 auf. Insbesondere Anordnung und Farben von Frontpanel und sonstigen Elementen bis hin zu Formen, wie etwa von Knöpfen und VU-Meter, sehen nahezu identisch aus. Abgesehen von anderen Schriftzügen und den zwei zusätzlichen Bedienelementen ist er dem Original zum Verwechseln ähnlich.
Von links nach rechts sind zunächst „Input“- und „Output“-Regler zu finden, dann kommen übereinander Attack und Release, wobei die kürzesten Werte entgegen der Konvention bei Rechtsanschlag vorliegen.
In der Mitte oben gibt es die erste Besonderheit des Wes Audio Beta 76, den Input-Mode-Knopf. In den älteren UREI 1176 Revisionen kamen sowohl ein Eingangs- als auch ein Ausgangsübertrager zum Einsatz. Bei jüngeren Revisionen, einschließlich des aktuellen Modells von Universal Audio, wurde der Eingangsübertrager durch eine elektronische Schaltung ersetzt. Wes Audio ermöglicht es dem Benutzer nun, über den Input-Mode-Schalter zwischen den beiden Varianten („Modern“ oder „Vintage“) zu wählen. Wie das klingt, wird weiter unten verraten.
Ich muss gestehen, dass ich sogar die Vintage-Varianten der Audios für überkomprimiert empfinde. Nichts für mich.