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The Jimi Hendrix Book (8) – Die Live Alben

Jimi on Sunday 08: More Music! Die Jimi-Hendrix-Live-Alben

6. November 2022

Ein paar Singles und sein Debüt-Album .Are You Experienced‘ machten Jimi Hendrix zum Popstar. Dafür hatte dieser Ausnahmekünstler aber auch live eine Menge gearbeitet um seine Fans von der Bühne aus zu überzeugen – und das oft mit einer ganz eigenen Interpretation seiner Musik. Amazona.de-Autor Lothar Trampert stellt einige wichtige Live-Alben der Jimi Hendrix Experience und der Band Of Gypsys vor.

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Im Fall von Jimi Hendrix ist der Live-Einstieg in sein Gesamtwerk ganz einfach: Zuerst die Klassiker! Das heißt, chronologisch korrekt reinhören mit ,Jimi Plays Monterey‘ (1967), ,Woodstock‘ (1969), ,Band Of Gypsys‘ und ,Isle Of Wight‘ (1970) – denn diese Mitschnitte sind durch die Bank großartig und waren überwiegend auch noch vom Künstler autorisiert. Besonders schön ist, dass es alle genannten Konzerte inzwischen auch als Video auf DVD bzw. Blu-ray gibt.

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Jimi Plays Monterey

Hier geht es um den ersten, legendären Mitschnitt vom Monterey International Pop Music Festival, das vom 16. bis zum 18. Juni 1967 stattfand. Mehr als 200.000 Besucher waren vor Ort, und damit war Monterey wohl das erste Mega-Rock-Festival, zwei Jahre vor Woodstock, mit Acts wie The Who, Big Brother and the Holding Company (mit Sängerin Janis Joplin), der Steve Miller Band, The Electric Flag, The Butterfield Blues Band, Canned Heat, Eric Burdon & The Animals, Jefferson Airplane, The Byrds und Ravi Shankar. Das Festival gilt auch als erste große Veranstaltung der Flower-Power-Love-&-Peace-Generation Kaliforniens, und als Meilenstein der Hippie-Kultur.
Aus dem o.g. Mitschnitt wurde allerdings erst einmal kein echtes Hendrix-Album, sondern eine sogenannte Split-LP: Auf ,Historic Performances Recorded At The Monterey International Pop Festival‘ waren auf Seite A vier Live-Songs der damals in den USA noch relativ unbekannten Jimi Hendrix Experience zu hören, auf Seite B gab es fünf Songs des afroamerikanischen Soul-Superstars Otis Redding, der hier mit Booker T. Jones (org), Steve Cropper (g), Donald Duck Dunn (b) u.a. auftrat.

The Jimi Hendrix Book (8)

The Jimi Hendrix Book (8)

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Schaut man sich Hendrix‘ LP-Tracks an, könnte man vermuten, dass da jemand (Künstler und/oder Management) auf Nummer-Sicher gehen wollte: ,Like A Rolling Stone‘ war ein Bob-Dylan-Hit, ,Rock Me Baby‘ ein B.B.-King-Klassiker und ,Wild Thing‘ (eine Komposition des US-Amerikaners Chip Taylor, das die britische Band The Troggs 1966 zum Hit coverten), ebenfalls eine angesagte Nummer. Das mit 2:30 Minuten kürzeste Stück des gesamten Albums war ein Hendrix-Original: ,Can You See Me‘. Die anderen fünf Tracks seines Auftritts (,Killing Floor‘, ,Foxey Lady‘, ,Hey Joe‘, ,The Wind Cries Mary‘ und ,Purple Haze‘), von denen wiederum zwei Cover-Versionen waren, sollten erst sehr viel später auf LP/CD erscheinen.
Hendrix‘ Auftritt in Monterey fand am letzten Festival-Abend (am 18. Juni 1967) statt. Brian Jones, damals Gitarrist der Rolling Stones, sagte The Jimi Hendrix Experience an diesem Abend an. Nur wenige Zuhörer kannten diese neue Band aus England. Der aus beruflichen Gründen anwesende The-Who-Gitarrist Pete Townshend kannte die Experience von diversen Club-Auftritten allerdings sehr gut, und aus dem Grund soll er alles versucht haben, damit seine Band nicht direkt nach Hendrix auf die Monterey-Bühne musste. Diesen schwierigen Job erledigten an dem Abend Scott McKenzie und The Mamas and the Papas …

The Jimi Hendrix Book (8)

Der Monterey-Auftritt der Jimi Hendrix Experience war eine Naturgewalt, ein langer Sturm mit kurzen Atempausen, ein einziger Energieschub. Man spürt, dass die drei Musiker alles gaben und einfach angstfrei ihr Ding machten, wo andere auf Sicherheit gespielt hätten, wären sie in der Situation des fast unbekannten Newcomers gewesen. Mit so viel Authentizität und Energie war ein Teil des Publikums sichtlich überfordert – man sieht im ,Live At Monterey‘-Video auch etwas ratlose Gesichter. Kein Wunder: Diese Band war laut, rau, spielte Songs und Geräusche, Rock, Soul und Blues, und der gut aussehende bunte Herr am Mikrofon war auch noch ein sympathischer, cooler und choreografisch unberechenbarer Bühnendarsteller. Nie vergessen: Es war eine andere Zeit – und Jimi Hendrix kam schon damals aus einer noch ganz anderen Zeit.
Und dann ,Wild Thing‘, eine für diese Zeit schon fast punkige Hymne: Eine coole Ansage – Hendrix droht grinsend damit, die englische und amerikanische Nationalhymnen zu kombinieren – ein paar knarzende Geräusch von seiner Gitarre, die er zu einem Feedback-gesteuerten, instrumentalen oder eher geräuschlastigen Intro ausbaut. Und dann diese unverkennbaren drei Heavy-Rock-Akkorde. Beim eigentlichen Song hält er sich nicht allzu lange auf und zitiert im Gitarrensolo ,Strangers In The Night‘ – den Nummer-1-Hit von Frank Sinatra, der hier mal, wie Hendrix selbst, wirklich als Wesen aus einer ganz anderen Welt erscheint. Dass Hendrix diese Melodie nur mit seiner Greifhand mit Hammer-On/Pull-Off-Technik intoniert, könnte man als cooles Statement in Richtung der eher biederen Sinatra-Schlagerwelt begreifen. Das machte er doch mit einer Hand! Es folgen ein paar Turnübungen mit krachender Gitarre, dann geht’s weiter im Song und beim nächsten Refrain hängt die Gitarre dann hinter seinem Rücken, und er spielt einfach weiter.
Kurz danach bewegt er sich in Richtung Marshall-Box, und man versteht, warum diese an der rechten Seite nur noch aus rohem Holz besteht: Hendrix springt mit der Gitarre gegen die Box, reibt die Saiten und den Gitarrenhals an ihr entlang, wobei das Marshall-Stack, begleitet von krachenden Sounds und Feedbacks, fast nach hinten umkippt.
Irgendwann liegt seine bunt bemalte Stratocaster auf dem Bühnenboden, Hendrix schlägt kurz auf sie ein, die Feedbacks dröhnen und pfeifen weiter, während er den Vibratohebel exzessiv bis zum Anschlag drückt. Dann steht er kurz auf, geht ein paar Schritte zurück und hat plötzlich eine Flasche mit Feuerzeugbenzin in der Hand, das er auf seine Gitarre spritzt. Dann küsst er sie und zündet sie an. Kurz danach reißt er das immer noch schreiende Instrument hoch und schlägt es mit voller Wucht auf den Boden der Bühne – nach dem sechsten oder siebten Aufprall reißt der Korpus vom Gitarrenhals ab. Die Überbleibsel des Instruments, zuerst den Hals seiner bunt bemalten Strat, wirft Hendrix dagegen fast vorsichtig, anscheinend mit vorherigem Blickkontakt, zu jemandem ins Publikum.

In der Doku sieht man später die Gesichter zweier anscheinend verstörten jungen Frauen. Und Michelle Phillips von The Mamas And The Papas meinte nur: „Ich war im Publikum. Und ich war schockiert. So etwas hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen.“
Als ich mir das Monterey-Live-Album zum ersten Mal anhörte, war schon alleine dieses Klangerlebnis einzigartig. Ja: So etwas hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht gehört. Und wer später versuchte, Jimi Hendrix auf etwas WahWah und brennende Gitarren zu reduzieren, hatte diese Klanggewalt nicht gefühlt. Denn ohne Frage hatte diese ganze eben beschriebene Show-Einlage eine ebenso intensive akustische, musikalische Relevanz. Hendrix spielte ,Wild Thing‘ so, wie dieses unbekannte wilde Wesen vielleicht war, bevor der Amerikaner Chip Taylor den Song über ihn/sie/es schrieb und die britische Band The Troggs ihn 1966 zum Hit machte.

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Das Album ,Jimi Plays Monterey‘, mit allen Songs der Show, erschien erst im Februar 1986. Ein großartiges, posthumes, Jimi-Hendrix-Live-Meisterwerk, wie gesagt mit fulminantem Cover-Song-Anteil. Apropos Cover: Auf demselben war eine brennende Fender Stratocaster zu sehen, eine andere als die, die Hendrix im trashigen Finale von ,Wild Thing‘ mit Feuerzeugbenzin übergossen, dann angezündet hatte und später kurz und klein schlug. Das Klischee als schlecht designte Verpackung. Wie gut, dass der legendäre Filmemacher D.A. Pennebaker vor Ort war, und fast den gesamten Auftritt dokumentierte; nur ,Can You See Me‘ fehlt, da musste er wohl den Film wechseln. Seine Aufnahmen erschienen ebenfalls 1986 zum ersten Mal als VHS-Video. Und dieser fast zwanzig Jahre vorher in Kalifornien entstandene Konzertmitschnitt gehört nicht nur zu den Highlights im Gesamtwerk der Jimi Hendrix Experience, sondern er setzte auch noch einmal musikalische und audiovisuelle Maßstäbe für jedes Rock-, Blues-, Crossover-Trio das folgte.

1992 wurde übrigens eine feine 4CD-Box mit 88-seitigem Booklet veröffentlicht, die das gesamte Festival sehr schön dokumentiert. Alle Hendrix-Tracks sind hier vertreten. Im selben Jahr erschien auch beim zeitweise grenzwertig bis kriminell agierenden Wuppertaler Label ITM die CD ,Jimi Hendrix Live At Monterey Pop Festival‘, für die man die neun bekannten Songs einfach nur in eine neue Reihenfolge gebracht hatte. Diese „inoffizielle Hendrix-CD“ war (wie auch ein Woodstock-Mitschnitt aus dem ITM-Katalog) damals in Deutschland ganz normal im Handel. Was das offizielle Hendrix-Label Polydor nicht weiter interessierte … Damals boomte die Branche noch.
2007 erschienen die Aufnahmen als ,The Jimi Hendrix Experience: Live At Monterey‘ erneut auf CD, mit neuem, von Hendrix-Produzent Eddie Kramer erstelltem Stereo-Mix, und außerdem auch als DVD in wirklich guter Bild- und Ton-Qualität. Die DVD enthält neben den bekannten Bild- und Tonaufnahmen einen überarbeiteten Stereo-Mix, neue Kamera-Perspektiven, Backstage-Material etc.
Jimi & Monterey bleibt ein Phänomen: Ein beeindruckendes Set von Sänger/Gitarrist/Performer Hendrix, Mitch Mitchell (dr) und Noel Redding (b) ist hier nachzuerleben. Und dieser Festival-Gig war ohne Frage ein wichtiger Schritt in Richtung Weltkarriere. Und dass The Jimi Hendrix Experience überhaupt hier auftreten durften, hatte die im Oktober 1966 formierte und bis dahin nur in England und Europa erfolgreiche Band Paul McCartney und Brian Jones zu verdanken, die beide im künstlerischen Beirat des Monterey-Festivals saßen. Freunde und Fans sind eben eine feine Sache!

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Band Of Gypsys

Nachdem Hendrix sich drei Alben lang, alle technischen Möglichkeiten nutzend, kontinuierlich künstlerisch und klangtechnisch weiterentwickelt hatte, mit den ,Smash Hits‘ zwei in UK und USA leicht unterschiedlich kompilierte Best-Of-Verwertungen am Start hatte, war es wohl an der Zeit für eine Veränderung. Nach dem Woodstock-Experiment mit einer größeren Besetzung wollte er aber anscheinend wirklich wieder zurück zum Trio. Bassist Billy Cox hatte zwischenzeitlich Noel Redding abgelöst, und jetzt war plötzlich mit Buddy Miles ein Drummer am Start, der primär trocken, hart und funky spielte, ganz im Gegensatz zum ebenso genialen Experience-Drummer Mitch Mitchell, der eher pulsierte, swingte und wild rumwirbelte. Buddy Miles war auch schon bei ,Electric Ladyland‘ in zwei Nummern zu hören gewesen, aber jetzt wurde ganz neu angesetzt: „The Band Of Gypsys“ hieß dieses neue Trio, das in der Silvesternacht und an Neujahr 1969/70 insgesamt vier Shows im Fillmore East, New York spielte. Aus den Mitschnitten aller Shows landeten schließlich sechs Songs auf Jimis erstem eigenen Live-Album, das wie die Band hieß. Kein ,Hey Joe‘, kein ,Purple Haze‘, kein ,Foxey Lady‘, kein ,All Along The Watchtower‘ – von all diesen großen Hits war auf dieser LP nichts zu hören.

Das Album startete mit dem hypnotischen ,Who Knows‘, einem treibenden Groove-Monster, das auf einem einzigen bluesigen Unisono-Riff basiert. Wesentlich eingängiger wirken das von Buddy Miles gesungene ,Changes‘ und ,We Gotta Live Together‘ – beide sehr cool und sehr funky.
„Das aggressive ,Machine Gun‘ ist die zentrale Nummer des Albums, die auf über zwölf Minuten ausgedehnt wird. Richtig scharf kommen immer wieder die abgedämpften Staccato-Einwürfe, mit denen Hendrix die Salven eines Maschinengewehrs imitiert. In den Solo-Parts beeindrucken Gitarren-Feedbacks, die mit expressiv-brutalen Vibratohebel-Attacken kombiniert werden, ähnlich packend wie die Dive-Bombs in ,Star-Spangled Banner‘ vom Woodstock-Festival. Im Kontrast dazu standen die eher ruhigen Strophen-Parts, deren bluesige Vibes an die Hendrix-Nummer ,Voodoo Chile‘ erinnern“, schrob der Musikjournalist Arnd Müller 2017 über das Album. Und weiter: „Durch die neuen Songs zog sich eine düstere Härte, die man so von Hendrix noch nicht gehört hatte. Vielleicht spiegelt sich darin wider, dass ,Band Of Gypsys‘ in einer schwierigen Phase entstanden war. Um Vertragsauflagen gegenüber seinem Ex-Manager Ed Chalpin zu erfüllen, war Hendrix gezwungen für Capitol-Records noch ein letztes Album abzuliefern – eigentlich schlechte Voraussetzungen um kreativ zu sein.“

Doch trotz widriger Umstände ging Hendrix mit diesem Album erneut einen künstlerischen Schritt nach vorne – oder vielleicht doch nur in eine andere Richtung? Hendrix hatte viel Musik gespielt, erlebt, durch Freunde kennengelernt, und er probierte alles aus, was ihm in den Kopf kam. Nach den wegweisenden Studio-Experimenten auf ,Electric Ladyland‘ standen auf der Bühne nun Groove und Improvisation im Vordergrund. Die Modernität der Songs ist nicht zu überhören, gleichzeitig aber auch nicht ihre Verwurzelung im Blues. ,Machine Gun‘ ist vom Feeling her ein alter Field-Holler-Blues, den er elektrifizierte. Und die Verschmelzung von Rock- und Funk-Elementen verweist in Richtung von viel später erfolgreichen Bands wie Red Hot Chili Peppers, Living Colour oder auch Rage Against The Machine. Ganz sicher hat dieses Album auch Allround-Talenten wie Prince und Lenny Kravitz musikalische Perspektiven aufgezeigt.

The Jimi Hendrix Book (8)

,Band Of Gypsys‘ war, abgesehen von der Monterey-Split-LP, das letzte zu seinen Lebzeiten erschienene Hendrix-Album. Und es zeigte, wie eigentlich fast jeder zweite Song dieses Künstlers, einen neuen Weg. Daher gehe ich davon aus, dass es nicht sein neuer Weg für alle Zeiten geworden wäre, hätte er das Jahr 1970 überlebt. Außerdem zeigt eine der bislang letzten Hendrix-Veröffentlichungen, dass Jimi sich auch im Fillmore durchaus nicht komplett von der Vergangenheit verabschieden wollte: ,Songs For Groovy Children: The Fillmore East Concerts‘ ist auf einer schönen kleinen Papp-Box zu lesen, die fünf CDs und ein 40-seitiges Booklet beinhaltet – und es geht um genau die insgesamt vier Live-Konzerte der Band Of Gypsys vom Nachmittag und Abend des 31.12.1969 bzw. 01.01.1970, bei denen Jimi Hendrix mit Bassist Billy Cox und dem Drummer & Sänger Buddy Miles im New Yorker Fillmore East auftrat. Die Aufnahmen liegen nun angeblich erstmals in korrekter Reihenfolge und von Eddie Kramer neu abgemischt vor. Allerdings doch nicht ganz komplett, wie sich herausstellte: So sollen von der zweiten Show vom 31.12.1969 ganze fünf Stücke fehlen (,Burning Desire‘, ,Stepping Stone‘, ,Power Of Soul‘ und die Zugaben ,Voodoo Child‘ und ,Purple Haze‘), bemängelte Rezensent Cadish aus Deutschland am 24. November 2019 auf der Amazon-Website. Und die beiden angeblich neu entdeckten Versionen von ,Steal Away‘ und ,Lover Man‘ von der zweiten Show des Neujahrstags sollen in Wahrheit Soundcheck-Mitschnitte sein. Rund die Hälfte der 43 Tracks war bisher offiziell unveröffentlicht, und dürfte zumindest in der hier gebotenen Klangqualität noch nicht zu haben gewesen sein. Was aber auch heißt, dass man im vergangenen halben Jahrhundert eine Menge Band-Of-Gypsys-Material irgendwo untergemischt hat. Interessant sind die wechselnden Setlists der Konzerte dieses extrem groovenden Trios, das schon sehr funky und jazzig zur Sache gehen konnte und bei Improvisationen nicht auf die Uhr schaute. Ende Januar 1970 hatte sich das geniale Power-Trio allerdings auch schon wieder getrennt.

Was uns bleibt ist immerhin noch ein weiterer, echter Live-Meilenstein der Rock-Historie, der neben den 1970 erstveröffentlichten, sechs sehr homogenen Tracks, die das Bild dieser Band geprägt haben – ,Who Knows‘, ,Machine Gun‘, ,Changes‘, ,Power To Love‘, ,Message Of Love‘, ,We Gotta Live Together‘ – jetzt aber auch andere Schlüsse ermöglicht. Denn bei Betrachtung der Setlists der vier Shows wird schnell klar: Eigentlich war es eher so, dass man einem mehr oder weniger klassischen Hendrix-Experience-Programm eine Handvoll Band-Of-Gypsys-Tracks beigemischt hatte. Denn an den beiden Abenden wurden auch Songs wie ,Lover Man‘, ,Hear My Train a Comin’‘, ,Bleeding Heart‘, ,Earth Blues‘, ,Burning Desire‘, ,Fire‘, ,Stone Free‘, ,Foxey Lady‘, ,Voodoo Child (Slight Return)‘, ,Wild Thing‘, ,Hey Joe‘, ,Purple Haze‘, ,Izabella‘, und ,Ezy Ryder‘ gespielt. Also Blues, Klassiker und Neues aus dem Hendrix-Repertoire. Aber es klang anders: Hört man ,Stone Free‘ vom 2nd-Set der Neujahrs-Show, groovt die ganze Nummer auf eine bisher ungehörte Art, die Backing-Vocals sind souliger. Ich finde das Schlagzeugspiel von Buddy Miles hier nicht besser, als das von Mitch Mitchell auf älteren Aufnahmen. Er interpretierte die Rolle des Drummers im Trio eben nur komplett anders, auf seine eigene Art. Im Jazz wäre das keine große Erkenntnis, im Rock & Pop ist aber die produzierte Hit-Single oft das Maß aller Dinge und jede neue, individuelle Interpretation ein Ereignis. Natürlich arbeitete Hendrix bei diesem Projekt Band Of Gypsys mit der Individualität seiner Mitmusiker. Er hatte den Song komponiert, er hatte die Band komponiert und jetzt wurden neue Erkenntnisse und Produkte geerntet. Der für seine kreative Personalpolitik bekanntere Jazz-Trompeter & Bandleader Miles Davis hat genau dieses Modell Jahrzehnte lang noch wesentlich exzessiver betrieben.

Hendrix ging mit dieser Band einen neuen Weg – ganz sicher nicht unberührt von den abgedrehten Miles-Davis- und Lifetime-Aufnahmen der endenden 60er-Jahre, vielleicht sogar auch ein bisschen von nicht endenden Soli John Coltranes in seiner späten Phase. Was er hier aus ,Stone Free‘ macht, ist ein Trip in eine ganz andere Richtung: raus aus den Pop-Charts, aus dem Blues-Rock, wirklich etwas in Richtung Jazz-Rock à la ,A Tribute To Jack Johnson‘. Da dieses Miles-Davis-Album damals aber noch überhaupt nicht eingespielt war und auch erst am 24. Februar 1971 erschien, könnte man vermuten, dass vielleicht auch der Mann mit dem Horn hier genau zugehört hatte und am 18. Februar 1970 seinen Gitarristen John McLaughlin und vor allem Sonny Sharrock gesagt haben könnte, wo es langgeht. Natürlich wäre es spannend gewesen, Hendrix in der Band von Miles Davis zu hören, aber das hätte nicht funktionieren müssen. Die Jams von Jimi mit John McLaughlin sind beispielsweise belanglos, obwohl hier die Weltspitze miteinander Musik machte.

Wieviel Jazz war Jimi? Wo wollte er hin? Was ist wahr, was ist Legende? Wirklich definitiv wahr ist, das sind die Handvoll Original-Alben, die wir von Hendrix haben, und da kann man schon eine Menge raushören und auch was das Thema „Jazz“ angeht. Wenn man überlegt, dass schon beim ersten Album ,Are You Experienced?‘, das Ende 1966 aufgenommen wurde, mit ,Third Stone From The Sun‘ eigentlich eine sehr coole jazzige Nummer zu hören war – auf dem Debüt-Album eines jungen Musikers, der bis dahin zwei Singles veröffentlicht hatte und der zum Popstar gemacht werden sollte – dann ist das schon bemerkenswert. Es ist aber auch ein Indiz für die Offenheit dieser Zeit zwischen 1965 und 1975.

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Wenn man diese Live-Aufnahmen von ,The Fillmore East Concerts‘ anhört, hat Hendrix eigentlich an vielen Stellen wie ein Jazz-Musiker gespielt. Er hat schon früher meist nach dem klassischen Prinzip Thema-Improvisation-Thema agiert, und in seiner späteren Phase haben die Improvisationen immer mehr Raum eingenommen. Es gibt Jimi-Momente, die sind irgendwie auch  John-Coltrane-Momente. Man weiß ja, dass Hendrix ein sehr interessierter Musiker war, dass er auch über sein Umfeld sehr viel unterschiedliche Musik kennenlernte. Und das wird ihn inspiriert haben. Ich denke, Zeitgeist, Karriereverlauf und künstlerische Genialität haben sich da zum richtigen Zeitpunkt getroffen. Und der Freigeist traf auf Menschen, die das Business-Handwerk kannten und beherrschten.

Hendrix war mehr als ein bisschen WahWah und Feedback – Hendrix kreierte eine neue Welt des Gitarrenspiels. Und er hat gute Songs geschrieben: Kompositionen, die auch ohne Texte funktionieren, die aber – was die musikalischen Themen angeht – eigentlich nicht so spektakulär waren wie seine Umsetzung dieses eigenen Materials. Und das ist wiederum ein guter Ansatz, wenn andere Künstler sich dieser Musik annähern. Dann kommt das Kronos Quartet und sagt: „Wir machen’s jetzt auch mal!“ und interpretiert ,Purple Haze‘. Das ist im Grunde genommen eine Art der Annäherung, die viel von Hendrix hat. Dylans ,Like A Rolling Stone‘ aus Monterey ist ein gutes Beispiel. Er hat den Song zu seiner eigenen Musik gemacht.

In einem Interview mit Markus Setzer (erschienen im Musiker-Fachmagazin Gitarre & Bass, 10/2005) erzählte Band-Of-Gypsys-Bassist Billy Cox von der Zusammenarbeit mit Hendrix. „Jimi und ich haben ja nicht nur viel zusammen gespielt. Wir haben uns auch einfach sehr gut verstanden. Wir waren Freunde, Seelenverwandte. Wir waren den ganzen Tag zusammen und haben wahnsinnig viel Zeit miteinander verbracht. Es ist ja nicht so, dass die Musik unser Job war. Sie war das, was wir zu allererst und immer machen wollten. Unser Lebensinhalt .… Kennengelernt hatten wir uns schon früh, das war Ende 1961. Wir waren beide in der Army, bei der 101 Luftlandetruppe in Fort Campbell, Kentucky. Ich bin in der Kaserne an einem Fenster vorbeigelaufen und hörte jemanden Gitarre spielen. Ich hörte gleich, dass etwas ganz Besonderes von ihm ausging. Das Spiel war zwar noch sehr unreif und roh, aber es ging eine fesselnde Energie davon aus. Ich bin zu ihm rein, stellte mich vor und sagte, dass ich Bass spielen würde. Und ich fragte, ob wir nicht mal jammen sollten? Als wir gespielt hatten, befand er mich für gut und wir gründeten eine Band: The King Casuals. Wir haben einfach gejammt und drauflos gespielt. Manchmal sind wir bei einem Riff hängen geblieben. Jimi nahm es auf und spielte unisono mit, er verarbeitete es. Dann solierte er und kam zurück. So sind unsere Songs entstanden …“

So gesehen waren die sechs Tracks der originalen LP-Veröffentlichung von ,Band Of Gypsys’ gleichermaßen ein Schritt vor und ein Trip in die eigene Vergangenheit. Die Army-Band lag erst acht Jahre zurück, von denen jedes Hendrix‘ Leben sehr verändert hat: Der Weg zurück ins zivile Leben, in die Professionalität, in zahlreiche Jobs als Tour-Musiker und dann Ende ’66 nach London, wo die drei schnellsten Jahre seines Lebens ansetzten und an ihm vorbeirauschten. In der Neujahrsnacht mit der Band Of Gypsys begann sein letztes, kurzes Lebensjahr.

Noch mehr Jimi-Hendrix-Live-Alben

Auf Monterey und die Fillmore-Konzerte mit der Band Of Gypsys wurde ausführlich eingegangen – diese Mitschnitte erschienen zumindest teilweise, als Jimi Hendrix noch lebte. Hier noch ein paar weitere Live-Tipps für Alben, die nach Hendrix‘ Tod auf den Markt kamen. Es handelt sich durchweg um empfehlenswerte Aufnahmen in genießbarer bis sehr guter Klangqualität.
Noch ein Hinweis: Wer Woodstock vermisst kann sich auf ein demnächst erscheinendes eigenes Kapitel zu diesem ikonischen Festival freuen.

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The Jimi Hendrix Experience: BBC Sessions

Diese wirklich hörenswerten Aufnahmen aus den Jahren 1967 und drei Tracks aus der Lulu-Show von ‘69 zeigen Jimi und Band pur, straight und live im Rundfunkstudio. Es handelt sich hierbei um die berühmten BBC-Tapes, die, klanglich überarbeitet, einen interessanten Einblick in die frühe Arbeit der Experience bieten. Ein Teil dieser Mitschnitte wurde 1989 schon mal als ,Jimi Hendrix Experience: Radio One‘ veröffentlicht.
Der Gesang wurde sehr gut aufgenommen und abgemischt, die Qualität der Gitarrenspur schwankt etwas. Man hat tatsächlich den Eindruck, dass die BBC-Techniker hier mit dem gewollt verzerrten Signal überfordert waren, oft stimmen auch die Lautstärke-Relationen zwischen Begleitung und Soli nicht so ganz. Oft scheint es so, die Techniker hätten manche verzerrte Soli leiser gedreht. Ebenfalls interessant: Einige Gitarrensoli sind hier mit Hall zu hören. Ob das Signal hier technisch verfremdet wurde (mit Hallplatten) oder man ein zweites Mikrofon im Treppenhaus stehen hatte (so hört es sich teilweise an) bleibt ungeklärt. Bei der hier zu hörenden Version von ,Fire‘ hat man dann insgesamt nicht mit Reverb gespart.
Diese Veröffentlichung von 2010 enthält zwei Audio-CDs mit insgesamt 35 Titeln (plus Ansagen von Alexis Korner und Lulu), dazu gibt es ein sehr schönes Foto-Booklet mit detaillierten Angaben zur Musik plus eine DVD mit diversen Interviews (u. a. mit Bassist Noel Redding und Autor David Sinclair) und dem Hendrix-Auftritt in der Lulu-Show. Erstklassiges Live-Material ohne Publikum.

The Jimi Hendrix Experience: Live 1968 Paris / Ottawa

Aufnahmen aus dem L’Olympia Theatre in Paris vom 29. Januar 1968, und aus dem Capitol Theatre in Ottawa, vom 19. März 1968. Mit drei bis dato unbekannten Mitschnitten.

The Jimi Hendrix Experience: Miami Pop Festival

Ein Konzertmitschnitt vom 18. Mai 1968, in der originalen Experience-Besetzung mit Mitch Mitchell (dr) und Noel Redding (b). Und keine Frage, diese Live-Aufnahmen von ,Hear My Train A Comin’‘, ,Tax Free‘, ,Fire‘ und eine unglaublich scharf, arrangierte Version von ,Hey Joe‘ – das alles zeigt einmal mehr die Weltklasse des Live-Musikers Hendrix, auch wenn sein Gesang an diesem Abend nicht immer optimal war.

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The Jimi Hendrix Experience: Live At Winterland

Aufnahmen aus der Winterland Arena in San Francisco; eine Auswahl aus über sieben Stunden Material, die auch als Bootlegs vorliegen. Nach einer einzelnen LP, einer CD und einer DoCD erschien 2011 die große, schwere Pappbox aus dickem Karton mit einem Foto-Booklet im Album-Format und acht LPs (in 180g-Vinyl-Qualität) mit 15 Seiten Musik; auf der B-Seite von LP 8 findet man ein Interview mit Jimi Hendrix, vom 16.11.1968. Die 35 Songs, die man auf den restlichen LPs hören kann, stammen von den legendären Hendrix-Konzerten vom 10.-12. Oktober 1968 im Winterland, San Francisco. Mit Hendrix auf der Bühne stand die klassische Experience-Besetzung – Noel Redding (b), Mitch Mitchell (dr) – und auch das Repertoire bietet die bekannten Standards, plus Verneigungen vor Cream, Dylan und dem Blues. Zu diesen qualitativ sehr gelungenen Mitschnitten vom Front-Mixer gehört auch eine frühe Version von ,Star Spangled Banner‘. Eddie Kramers Remastering lässt sich wirklich hören, ein paar zumindest offiziell noch nicht veröffentlichte Tracks sind auch dabei, und wer diese Musik auf Vinyl genießen möchte, kommt an diesem schönen, gewichtigen Paket nicht vorbei. Klasse gemacht!
Natürlich gab’s das Ganze auch noch für Vinyl-Allergiker, in einem ebenfalls wertig gemachten, hochformatigen Buch, das vier CDs in wirklich guter Tonqualität enthält. Insbesondere das dritte Winterland-Konzert ist umwerfend, vor allem die Version von Dylans ,Like A Rolling Stone‘. Auf CD 4 finden sich weitere Tracks aus diesen Shows, plus ein Interview mit Hendrix. Einige gekürzte bzw. sinnlos beschnittene Tracks wurden von Hardcore-Hendrixianern bemängelt; so etwas ist natürlich angesichts komplett vorhandener Mitschnitte hirnfrei. Alles in allem trotzdem ein grandioses Must-Have!

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Jimi Hendrix: Stockholm Concert

Die DoCD liefert einen überwiegend gut klingenden Mitschnitt des Trios Jimi Hendrix/Mitch Mitchell/Noel Redding, aufgezeichnet am 09. Januar 1969 im Konserthuset in Stockholm. Vielen Jimi-Fans ist diese Aufnahme schon lange von zahlreichen Bootlegs bekannt: Hendrix widmete in seiner Begrüßung das Konzert der amerikanischen Deserteur-Vereinigung – Applaus! – es war die Zeit des Vietnam-Kriegs. Zu hören sind Songs wie ,Killing Floor‘, Spanish Castle Magic‘, Hey Joe‘, ,Fire‘, ,Voodoo Chile‘, Red House‘, Creams ,Sunshine Of Your Love‘ etc. CD2 liefert dann den Mitschnitt der zweiten Show vom selben Abend – hier ist dann u. a. auch eine Version von ,Star Spangled Banner‘ zu hören, das später in Woodstock Furore machte. Lohnt sich!

Jimi Hendrix: Hendrix In The West

Verschiedene Live-Aufnahmen der beiden Experience-Besetzungen. Um fünf Songs erweitert erschien das ursprünglich Ende 1971 veröffentlichte Album dann später auf CD; zum DigiPak im Standard-Format gehört ein 24-seitiges Booklet, mit schönen Fotos, detaillierten discografischen Angaben – perfekt!

The Jimi Hendrix Experience: Live At Berkeley

Diese CD liefert Aufnahmen vom 30. Mai 1970, eingespielt mit Band-Of-Gypsys-Bassist Billy Cox und dem mal wieder cool swingenden Mitch Mitchell am Schlagzeug. Guter Sound, interessante Songs (u.a. ,Hey Baby (New Rising Sun)‘, ,Machine Gun‘, ,Lover Man‘ und ,Star Spangled Banner‘) und eine echte, großartige Konzert-Atmosphäre. Über 67 Minuten Hendrix im DigiPak, mit schönem Booklet.

Jimi Hendrix Experience: Freedom. Atlanta Pop Festival

Zwei CDs, ein feines Foto-Booklet, beides steckt im DigiPak und der Sound der sechzehn Live-Tracks vom 04. Juli 1970 ist auch noch großartig. Zur Experience gehörten damals neben Sänger, Gitarrist & Entertainer Hendrix, Bassist Billy Cox und Drummer Mitch Mitchell. Und was dieses prototypische Power-Trio hier zeigt ist schlicht gesagt umwerfend, das insbesondere weil hier auch live seltener gehörte, in den Studio-Versionen vielschichtig angelegte Stücke zu hören sind wie ,Spanish Castle Magic‘, ,Room Full Of Mirrors‘, Bob Dylans ,All Along The Watchtower‘, ,Freedom‘ und auch ,Hey Joe‘. Unglaublich, wie tight dieser Besetzungs-Mix aus Band Of Gypsys und Experience hier zusammen spielt – mal abgesehen von dem kleinen Tonart-Unfall im Intro von ,All Along The Watchtower‘, dessen erste Takte auch noch vom Ton einer Filmkamera stammen, weil die Bandmaschine für den Live-Mitschnitt noch nicht laufen wollte. Spielerisch und was die klangliche Dichte angeht ist dieses Trio unglaublich, und dieser Hendrix-Live-Mischnitt gehört ganz sicher zu den besten dieses legendären Musikers. Großartig!

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Jimi Hendrix: Isle Of Wight

,Isle Of Wight‘ ist ein weiteres großartiges Live-Album, aufgenommen zweieinhalb Wochen vor seinem Tod, veröffentlicht ein Jahr danach. Die Aufnahmen vom 31. August 1970 sind bluesig, jammig und gitarristisch grandios und auch wirklich eigenständig. Da stelle sogar ich mir gelegentlich die blöde Frage, was er noch alles hätte machen können, wollen, sollen … Denn hier zeigte sich ein enormes Potenzial zwischen der Ur-Experience und der Band Of Gypsys. Das Cover-Foto dieses Albums stammte übrigens vom 04. September 1970 aus der Berliner Deutschlandhalle. Warum machte man so einen Quatsch? Schade auch, dass diese Aufnahmen schon um einiges schlechter klingen, als die aus Monterey. Aber nicht energieärmer.

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Jimi Hendrix: The Jimi Hendrix Concerts

Untertitel: „A collection of his most exciting performances“. Diese im August 1982 regulär erschienene Doppel-LP mit elf Songs aus sechs verschiedenen Konzerten, aufgenommen zwischen 1968 und 1970, war eine ziemliche Sensation, denn die Klangqualität und die gesamte Aufmachung waren gelungen und ihr Geld wert. Eine Ausnahmeerscheinung, 12 Jahre nach Hendrix‘ Tod. Die Platte war auch ein Verkaufserfolg: Das Album hielt sich elf Wochen in der UK-Albums-Chart und erreichte Platz 16. In den USA erreichte es nur Platz 79 der Billboard 200.

Statement: Caspar Brötzmann

Caspar Brötzmann (casparbrotzmannmassakersl.bandcamp.com)

Der Gitarrist Caspar Brötzmann (* 13. Dezember 1962 in Wuppertal) sorgte ab den 1980er-Jahren mit seiner Band Massaker für Aufsehen und Verwirrung, denn sein instrumentaler Ansatz zwischen Progressive Rock, Free Jazz, Walls Of Sound und Noise-Avantgarde war schwer zu fassen. Neben seinen Alben ,The Tribe‘ (1987), ,Black Axis‘ (1989), ,Der Abend der schwarzen Folklore‘ (1992), ,Koksofen‘ (1993) und ,Home‘ (1995) veröffentlichte Caspar mit seinem Vater, dem legendären Free-Jazz-Musiker Peter Brötzmann ,Last Home‘ (1990). Weitere Kooperationen brachten
Caspar Brötzmann mit FM Einheit von den Einstürzende Neubauten (,Merry Christmas‘, 1994)
und Helmet-Gitarrist  Page Hamilton (,Zulutime‘, 1996) zusammen.

„Ich mochte Hendrix anfangs nicht. Ich kannte ihn auch nicht, als ich mit 13 Jahren anfing Gitarre zu spielen. Erst als ich Jahre später auf ,War Heroes‘ den Song ,Midnight‘ hörte, wurde ich nach und nach Hendrix-Fan. Er wird immer unerreichbar sein und ich bin froh darüber, meinen Weg an seiner unsterblichen Seite gefunden zu haben.


Ich hab keinen Lieblings-Song. Die Alben ,War Heroes‘, ,Band Of Gypsys‘, ,Woodstock‘ und ,Isle Of Wight‘ begleiten mich mein Leben lang. All diese Live-Konzertmitschnitte … Ich war nie so sehr an den Songs interessiert. Wer sein Nachfolger ist, weiß ich nicht, auch Mein Denken über Erben und Nachfolger streikt da irgendwie. In einem Buch über Gitarristen aus Amerika steht, dass ich mit meinem Album ,Black Axis‘ (von Caspar Brötzmann Massaker, 1989) etwas dazu tun konnte, auf der Gitarre die Musik weiterzuentwickeln nach Hendrix. Über dieses Kompliment hatte ich mich sehr gefreut. Mein Lieblings Album war und ist bis heute ,Live At Isle Of Wight‘. Da zeigt er sein ganzes Können auf der Gitarre, kurz vor seinem Tod.“
Mehr über Caspar Brötzmann und seine Musik erfährt man bei casparbrotzmannmassakersl.bandcamp.com

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Jimi Hendrix Experience: Live In Maui

Und dann gab es noch eine weitere Live-Überraschung mit wirklich tollem Hendrix-Material: Ende 2020 erschien ,Jimi Hendrix Experience: Live In Maui‘. „Was für unglaublich intensive Bilder!“, dachte ich schon beim ersten Ansehen des Trailers zu dieser neuen Hendrix-Live-Veröffentlichung. Man fliegt förmlich durch das Geschehen und spürt den Vibe zwischen den drei Musikern auf der kleinen Bühne und dem hippieesken Open-Air-Publikum im Grünen. Sieht passagenweise fast wie eine größere Garten-Party aus. Die Dokumentation von John McDermott, die man zu dem 2CD- oder 3LP-Vinyl-Set mit Live-Aufnahmen auf einer beiliegenden Blu-ray bekommt, heißt „Music, Money, Madness … Jimi Hendrix In Maui“, und ist wirklich sehenswert. Denn hier erlebt man einen gut gelaunten, entspannten und wirklich beeindruckend spielenden Jimi inklusive Experience bei ihrem Besuch in Hawaii, Ende Juli 1970 – also nur gut sechs Wochen vor Hendrix‘ Tod. Verarbeitet wurden alle existierenden 16mm-Farbfilm-Aufnahmen zweier Live-Sets der Band (beide von einem Nachmittag), die man jetzt, optisch und klanglich aufbereitet, in Stereo oder sogar in einem 5.1-Surround-Mix genießen kann. Zu dieser letzten Experience-Besetzung gehörten neben Hendrix (g/voc) noch sein alter Freund und Band-Of-Gypsys-Kollege Billy Cox (b) sowie Ur-Mitglied Mitch Mitchell (dr); die Aufnahmen wurden von Hendrix‘ Engineer Eddie Kramer neu gemischt, gemastert hat Bernie Grundman. Eine absolut gelungene, sehr kraftvolle Produktion. Die Setlist umfasste neben Experience-Klassikern auch Material der Band Of Gypsys und der größeren Woodstock-Formation. Keine Frage, dass die genialen Hendrix-Live-Mitschnitte aus Monterey, Woodstock, Atlanta, dem Fillmore und von der Isle Of Wight hier noch eine wunderbare Ergänzung bekommen haben.
Und eigentlich war das alles ein Glücksfall: Hendrix‘ Management hatte ursprünglich ein zeitgeistig-esoterisches Film-Projekt mit dem Titel „Rainbow Bridge“ geplant, zu dem er nur Teile des Soundtracks beisteuern sollte. Warner Bros. hatten schon viel Geld dafür locker gemacht und dementsprechend auch hohe Erwartungen. Mangels Konzept und guter Ideen beschloss man dann kurzfristig, doch noch die Musiker in den Film einzubauen. Am Hang des erloschenen Vulkans „Haleakala“ wurde schnell eine kleine Bühne aufgebaut und ein kostenloses Konzert veranstaltet; aufgrund von Mundpropaganda fanden sich dann auch ein paar hundert Zuhörer dort ein und erlebten zwei packende Hendrix-Sets. In die Arbeiten am Film „Rainbow Bridge“ waren die Musiker ansonsten nicht involviert. Sie reisten weiter nach Europa, spielten beim Festival auf der Isle Of Wight und in Fehmarn, und dann ging es zurück nach London.
Man muss sich immer wieder klar machen, dass zwischen Hendrix‘ Ankunft in London am 24. September 1966 und seinem Tod am 18. September 1970 nur vier Jahre liegen, in denen er drei Studio-Alben, einen Live-Mitschnitt und eine ,Smash Hits‘-Compilation veröffentlichte – Alben die die Rock-Musikwelt revolutionierten und Millionen Gitarristen auf neue Ideen brachten.
Um so erfreulicher war dieses neue Hendrix-Live-Produkt, das sich in die wirklich gelungenen Veröffentlichungen der vergangenen zehn, fünfzehn Jahre einreiht, die mit den teils grenzwertigen Resteverwertungen der frühen 70er nichts gemein haben. Somit gehören diese jetzt endlich offiziell verfügbaren Live-Aufnahmen aus Maui, aus der letzten Phase von Hendrix‘ kurzem Leben, eindeutig zu den authentischsten und musikalisch beeindruckendsten. Eine späte, aber gelungene Überraschung.

Jimi Hendrix Experience: Los Angeles Forum – April 26, 1969

Eine gute Wochen vor seinem 80. Geburtstag, am 27. November 2022, gibt es noch mal frisches Live-Material von Jimi Hendrix. Bevor Hardcore-Fans und Sammler im Komplettierungswahn laut aufschreien: Klar, als Bootleg und Einzelveröffentlichungen gab es auch diese Hendrix-Aufnahmen vom 26. April 1969 aus dem Los Angeles Forum schon seit Jahrzehnten, aber noch nie in dieser sauber editierten und klanglich sehr guten Form, wie auf dem am 18. November erscheinenden 2LP- oder 2CD-Set (bzw. den ebenfalls erhältlichen digitalen Formaten).
Bei dieser Show der Jimi Hendrix Experience in originaler Besetzung, mit Drummer Mitch Mitchell und Bassist Noel Redding, waren übrigens Chicago (Transit Authority) und Cat Mother & The All Night Newsboys als Support-Acts gebucht – beide Acts wurden ebenfalls vom dubiosen Hendrix-Manager Michael Jeffery betreut. Sitzplätze für dieses Konzert kosteten damals 6,50 US-Dollar, was ungefähr einem heutigen Preis von knapp 50 Dollar entsprechen würde – und das wäre heute eher günstig. In einem im Netz zu findenden kurzen Videomitschnitt von o.g. Konzert sieht man einen gut gelaunten jungen Musiker, der sein Publikum mit mal coolen, mal bissigen Ansagen und seinem eigenwilligen Instrumentalspiel begeistert.
Ein spannendes Konzert, das man jetzt also als Audio-Mitschnitt auf LP/CD erstmals komplett genießen kann: Auf ‚Foxey Lady‘ folgt der Blues ,Red House’, mit ,Tax Free’ ist ein Instrumental-Cover zu hören, und dann gibt es auch noch eine Interpretation der US-Nationalhymne– mit der Hendrix vier Monate in Woodstock für Furore sorgen sollte. Nach sehr gelungenen Versionen von ,Spanish Castle Magic’ und ,I Don’t Live Today’ endete das L.A.-Konzert mit ,Voodoo Child (Slight Return)’ und, darin eingearbeitet, der Cream-Hit ,Sunshine Of Your Love’.
Die legendären Tontechniker Wally Heider und Bill Halverson waren damals für den Mitschnitt des Gigs im Los Angeles Forum zuständig; ihre Aufnahme wurde aktuell von Hendrix‘ langjährigem Produzenten Eddie Kramer neu abgemischt – und das ist ihm sehr gut gelungen.

Nächsten Sonntag, 17 Uhr …

geht es weiter mit JIMI ON SUNDAY 09 und einem spannenden Thema: JIMI HENDRIX’ VERSTÄRKER & EFFEKTE
Danke fürs Lesen, Teilen, Weiterempfehlen – und bis demnächst!

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Forum
  1. Profilbild
    Sven Rosswog RED

    Hallo Lothar,

    Caspar Brötzmann ist so cool. Ist das ein exklusives Statement für deinen Artikel? Wenn ja, beste Grüße von meiner Seite. Auch wenn Ich nicht Gitarre spiele,hat mich sein Sound in seiner Radikalität sehr beeinflusst. 🎸🎸🎸🎸🎸

    • Profilbild
      LOTHAR TRAMPERT AHU

      @Sven Rosswog Hallo Sven,
      Caspar Brötzmann ist wirklich ein ganz toller, eigenständiger Musiker, den ich vor vielen Jahren auch mal interviewt habe. Das Statement hat er mir aber aktuell zur Verfügung gestellt.
      Vor einiger Zeit kamen sein paar seiner frühen Alben wieder als Vinyl raus. Da musste ich Geld ausgeben … ;-)
      Grüße
      Lothar

      • Profilbild
        Sven Rosswog RED

        @LOTHAR TRAMPERT Hallo Lothar,

        Caspar Brötzmann würde ich auch gern mal interviewen. :-) ich fand die Dokumentation über ihn echt cool, der Regisseur damals im Kino anwesend und es wurde danach noch über den Film diskutiert. Ich höre seine Musik so seit 93 und 2019 konnte ich ihn zum ersten Mal live erleben. Er hat im Vorprogramm von Sunn O))) gespielt, alleine am Bass und Marschall Verstärker konnte ich ausmachen. Ob Sunn O))) auch von Hendrix beeinflusst sind? :-) Ich habe eine sehr rare 10 Inch von Brötzmann mit T. Raumschmiere, die nie digital veröffentlicht wurde. Von den Neuveröffentlichungen habe ich Koksofen auf Vinyl besorgt, weil dass die erste war, die ich hatte und mich am meisten geprägt hat. Ich hoffe, das Massaker auch mal erleben zu können.

  2. Profilbild
    Joerg

    für mich ist die Doppel-LP “ THE JIMI HENDRIX CONCERTS “ die absolute Nr. 1 .
    Darauf STONE FREE – eine Version mit einem Solo, das seinesgleichen ( heute noch) sucht.

    Aber auch Machine gun auf BAND OF GYPSYS kann richtig was

    • Profilbild
      LOTHAR TRAMPERT AHU

      @Joerg Hallo Joerg,

      keine Frage: THE JIMI HENDRIX CONCERTS ist eine großartige Live-Doppel-LP mit einer interessanten Zusammenstellung. Ich könnte mich aber nie auf eine Hendrix-Live-Veröffentlichung festlegen, die ich nach Monterey, Woodstock und Fillmore mit der Band Of Gypsys am besten finde. Ein Planetensystem mit unendlichen Weiten … ;-)
      LG, Lothar

  3. Profilbild
    mcclaneonfire

    Das Hendrix BBC Album finde ich genial!
    Wer kennt Gary Clarke Jr. ? Live von 2014 = 🔥🎸
    Bei NPR Music die Session kann ich empfehlen.

    • Profilbild
      LOTHAR TRAMPERT AHU

      @mcclaneonfire Das ist es auch! Und danke für den Hinweis auf Gary Clarke Jr. – auch ein ganz großer Musiker, der Hendrix‘ Gitarrenspiel und seine Musik verstanden hat.

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