Netter kleiner Schrittmacher
Bastl Instruments Popcorn – ein weiterer CV-Step-Sequencer. Als wenn es nicht schon genug Qual der Wahl geben würde, bringt der tschechische Hersteller, der seine Eurorack-Module und sonstige Geräte zumeist sehr lustig designt, mit dem 10 HP großen Popcorn auf den Markt. Um unter all den Kandidaten herauszuragen, muss das Popcorn von Bastl also äußerst schmackhaft sein, oder?
Das Modul beherbergt 10 Potis, deren Schäfte einfach aus der Frontplatte herausragen. Die sechs Buchsen sind dagegen fest mit der Frontplatte verschraubt. An dieser Stelle möchte ich gleich darauf hinweisen, dass es zwei Erweiterungen für den Bastl Instruments Popcorn gibt, die über die zusätzlichen Steckleisten auf der Rückseite angeschlossen werden können. Sie ermöglichen das tiefergreifende Steuern des Sequencer-Verhaltens (CV-In Expander) sowie die Erweiterung von einem auf acht separate Gate-Ausgänge. Sie kosten je 65,- Euro, sind aber nicht Teil dieses Tests. Auch ein Dual-Mode ist möglich, bei dem zwei Popcorn gekoppelt werden können und so ein 16-Step-Sequencer entsteht.
Standardware?
Zunächst einmal nichts Besonderes: Es gibt 8 Steps, deren CV frei oder quantisiert über 1, 2 oder 5 Oktaven über die acht Step-Potis eingestellt werden kann. Die winzigen Schalter unterhalb der Step-LED de-/aktivieren das Gate-Signal für den Step. Über einen CV-Out (0-5 V) und einen Gate-Out (5 V) können dann die Spannungen abgenommen werden. Der CV-Quantizer bietet 13 Quantisierungen an, die über den CV-In in jede der 12 Grundtöne transponiert werden können.
Besonderheit hier: Es gibt nicht „nur“ Skalen, sondern auch Quantisierungen auf Akkorde und einfach nur auf Quinten. Hier kommt also zum ersten Mal der CV-In ins Spiel, der insgesamt 11 verschiedene Funktionen steuern kann. Darunter befindet sich eben auch die quantisierte Transposition.
Einstellungen dieser Art werden über das Halten des Function-Buttons vorgenommen. Tiefer als diese zweite Ebene geht diese Bedienung nicht, so dass der Bastl Instruments Popcorn recht intuitiv zu bedienen ist, zumal die Doppelbelegungen alle aufgedruckt sind. Die Darstellung der gewählten Einstellungen geschieht zum Teil über die Step-LEDs, die mal gar nicht, mal mit halber und mal mit voller Helligkeit leuchten. Im Fall des CV-In geben die unteren LEDs Auskunft. Ganz ohne Anleitung wird es dann aber nicht gehen und so freut es mich, dass dem Bastl Instruments Popcorn eine gedruckte Anleitung im Faltblattformat beilag.
Der Trick mit dem Sprung
Bevor die CV-In-Steuerung genauer beleuchtet wird: Was macht der Bastl Instruments Popcorn denn noch anders? Das erschließt sich in der Funktion der beiden Trigger-Eingänge Trigger A und Trigger B. Mit ihnen hilft man dem Sequencer wortwörtlich auf die Sprünge. Mit ihnen bestimmt man, zu welchem Step der Bastl Instruments Popcorn als nächstes springt. Hier geht es nicht nur einen Step vorwärts, sondern auch gerne zwei vor und einen zurück. Über die Potis oberhalb der im Dreieck angeordneten LEDs stellt man ein, ob bei Trigger-Eingang 1, 2, 3 oder 4 Steps vor oder zurückgesprungen werden soll; das Gleiche gilt für Trigger B.
Hoppla, damit kann man eine ganze Menge anstellen und vor allem aus den lediglich 8 Steps ein viel größeres Reservoir an Sequenzen schöpfen als gedacht. Mit entsprechenden Trigger-Signalen, die nicht auf dem Zählraster liegen, kann man so auch spielend aleatorische und unregelmäßige Ansätze verfolgen. Auch hier kommt der CV-In ins Spiel: Mit ihm kann man auch entweder die Step-Sprünge für Trigger A oder B einstellen oder die aktuellen Step-Sprünge beider Trigger invertieren (z. B. 2 Steps vorwärts zu 2 Steps rückwärts). Interessant wird es natürlich, wenn man den Gate- oder CV-Ausgang abzweigt und ihn zusätzlich zur Steuerung des Popcorn nutzt. Der CV-Out könnte dann die Step-Sprünge über CV-In einstellen.
Guten Rutsch
Es gibt darüber hinaus noch einen Slew-Limiter, der über den FN-Button aktiviert werden kann. In diesem Fall de-/aktiviert man den Slide über die Step-Buttons und stellt Gate- und Slide-Time über die beiden Trigger-Potis ein. Die letzten beiden Parameter können wiederum über eine CV-In-Funktion gesteuert werden.
Hier nun noch einmal eine Zusammenfassung aller über CV-In steuerbaren Funktionen:
- Transpose
- Quantized Transpose
- Offset (addiert einen Step-Offset zum aktuellen)
- Reset Offset
- Trig A Steps
- Trig B Steps
- Slide Time
- Trig A and B Invert
- Minor/Major
- Random Step
Jede dieser Funktionen hat dabei ihre eigene kleine Animation der „Dreieck-LEDs“, wenn man sie über den Function-Button auswählt. Diese sind so charakteristisch, dass man sie nach kurzer Zeit auswendig kennt.
Einsatz und Praxis
OK, das Konzept bietet sich natürlich dafür an, Popcorn mit zwei unabhängig voneinander freilaufenden LFOs, die in einer Rechteckschwingung konfiguriert sind, zu triggern. Daraus ergeben sich zyklische Verläufe, die sich erst nach längerer Zeit wiederholen. Die Trigger-Eingänge mit einem Rechteck-LFO zu beschicken, ist dabei überhaupt kein Problem, die Steps werden einwandfrei getriggert.
Klassischer ist es natürlich, ihn mit einem Step-Sequencer zu triggern. Mit einer Trigger-Spur kommt man auch schon weit, aber richtig abwechslungsreich wird es erst beim Einsatz einer zweiten. Durch die Arbeitsweise von Popcorn ist es nun möglich mit leichten Variationen der zweiten Trigger-Spur (B) eine weitreichende Änderung der CV-Sequenz hervorzurufen. Eine gerade Anzahl von Steps sorgt dabei für in sich geschlossenere Sequenzen, während bei einer ungeraden Anzahl sich die Pattern länger gestalten.
Und jetzt kommt noch der CV-In ins Spiel. Als Beispiel sei hier die Step-Breite von Trigger B über einen LFO gesteuert. Es ist klar was nun passiert – die Sequenzen wiederholen sich noch weniger und bilden je nach Einstellung riesige Bögen. Mit dieser gesteuerten Wahrscheinlichkeit findet man einen guten Kompromiss zwischen zufälligen und festgelegten Patterns.
Unter der Haube
Über ein spezielles Boot-Menü, das durch Halten der Function-Taste während des Einschaltens erreicht werden kann, gelangt man zu weiteren Einstellungen. Das Wichtigste ist dabei wohl die Einstellung des Verhaltens des CV-Ausgangs, wenn der Gate des betreffenden Steps nicht gesetzt ist. Entweder sendet er trotzdem den eingestellten CV-Wert oder er bleibt auf dem Wert des zuletzt aktiven Steps. Das ist entscheidend, wenn man mit Release arbeiten will und nicht möchte, dass sich während eines inaktiven Gates irgendeine Tonhöhe ändert.
Als zweite wichtige Einstellung ist die Möglichkeit zu nennen, entweder zu Trigger A+B oder dem Reset-Eingang ein wenig Latenz hinzuzufügen. Kommen beide Signale nun gleichzeitig an, so wird eines von beiden dadurch immer priorisiert.
Erweiterungen zum Bastl Instruments Popcorn
Abschließend noch ein paar Anmerkungen zu den Erweiterungsmöglichkeiten des Bastl Instruments Popcorn. Wie bereits erwähnt, kosten die beiden Erweiterungsmodule jeweils 65,- Euro. Während das 8x Gate-Out-Modul selbsterklärend ist, können wir nun das CV-In-Erweiterungsmodul besser verstehen. Diese ermöglich es simultan folgende Funktionen einzustellen:
- Gate-Eingang zur Auswahl der Dur- oder Moll-Einstellung des Quantisierers
- CV-Eingang für Gate-Zeit
- CV-Eingang für die Slide-Zeit
- CV-Eingang für die Anzahl der Schritte, die von Trigger A übersprungen werden.
- CV-Schrittadressenversatz (Offset)
Zusätzlich gibt es noch einen alternativen Step-Modus, in dem über drei der CV-Eingänge (zu einem 3 Bit Adressbus verschaltet) eine direkte Anwahl des aktiven Steps ausgeführt werden kann.
Von besonderem Interesse ist definitiv der Dual-Mode. Er ermöglicht das Zusammenschalten von zwei Bastl Instruments Popcorn zu einem Sequencer. Dabei gibt es drei Modi: Modus 1 ist ein 16-Step-Sequencer, Modus 2 verwandelt das Duo in zwei 16-Step-Sequencer, jeder mit seiner eigenen Abspielposition. Der dritte Modus macht aus zwei 8-Step quasi einen 8-Step-Sequencer, der nun allerdings zwei CV- und zwei Gate-Ausgänge hat, nützlich z. B. zur Steuerung von VCF und VCA gleichzeitig.