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Heute sprechen wir mit Stephen P., auf Amazona.de besser bekannt als Iggy Pop, im wahren Künstlerleben als [‚ramp] und schon von klein auf ein Fan elektronischer Klangerzeuger. Hier geht’s direkt zu seinem AMAZONA-Profil.
Amazona.de:
Erzähl uns doch zunächst etwas über Dich.
Stephen:
Ich beschäftige mich seit meiner Kinderzeit mit elektronischen Klangerzeugern und der Musik, die man damit machen kann. Ich bin Jahrgang 1972, das Ganze läuft also schon seit gut 40 Jahren oder mehr. Geboren wurde ich in Moers am Niederrhein, wo ich auch aufgewachsen bin. Nach Umwegen über das Ruhrgebiet bin ich in Ostwestfalen hängengeblieben.
Amazona.de:
Wann hast Du angefangen, selbst Musik zu machen?
Stephen:
Ich habe im Mai 1983 mit Musikunterricht an der Moerser Musikschule angefangen und das Ganze sieben Jahre durchgehalten, bis sich mein Musiklehrer meine erste Kassette anhörte und meinte, da wären Sachen drauf, die er mir nicht beigebracht habe. Er gab mir den guten Rat, meinen eigenen Weg zu gehen, damit ich nicht den Spaß an der Musik verliere. Das habe ich dann auch getan. Kurz davor hatte ich auf dem Musenalp-Sampler von Erdenklang mein allererstes Stück veröffentlicht, kurz danach meine erste eigene Kassette. Das war Ende 1989, Anfang 1990.
Amazona.de:
Welche Art von Musik hat Dich am meisten begleitet, inspiriert und letztendlich beeinflusst?
Stephen:
Auf diese Art von Musik gestoßen bin ich durch Wendy Carlos, Kraftwerk und Jean Michel Jarre, was alles um 1975/76 gewesen sein muß. Das war die Initialzündung. Gerade Jarre weckte damals den Wunsch in mir, diese Art von Instrumenten spielen zu wollen, sehr zur Verwirrung meiner Eltern: „Wo sollen wir denn so ein Ding herbekommen?“. Klaus Schulze war auch ein wichtiger Einfluß, ebenso Michael Garrison – beide konnten genauso wenig spielen wie ich, brachten aber Platten raus und hatten all diese tollen Synthesiser. Das war sehr ermutigend, da war mir klar, daß das genau das ist, was ich auch machen will. Ähnlich ging es mir mit den ganz frühen Aufnahmen von Tangerine Dream, wo sie nur mit Farfisa und EMS Großartiges geleistet haben, oder eben die ganz archaischen ersten Aufnahmen mit Moog und Mellotron wie „Phaedra“.
Amazona.de:
Welche Musiker haben Dich geprägt?
Stephen:
Ich bin sehr tief und fest in der frühen elektronischen Musik vor allem der Berliner Pioniere verwurzelt, und auch wenn ich seit 1996 eine lange Reise durch diverse Stile elektronischer Musik unternommen habe, komme ich immer wieder auf diese Musik zurück – weniger auf die ebenso end- wie ziellosen, zermürbenden Dudeleien, sondern vielmehr auf die Art der Klangfarben und der formalen Loslösung von klassischen oder populärmusikalischen Strukturen und Vorlagen. Daneben hat mich die Ambient Music im Sinne von Brian Eno sehr beeinflußt und viele, die in seinem Kielwasser unterwegs waren und sind. Nicht zuletzt würde ich die Einstürzenden Neubauten als wichtigen Einfluß nennen – ich glaube, ein nicht unerheblicher Teil meiner generellen Verweigerungshaltung ist den Herren geschuldet: Ich denke, also bin ich – dagegen.
Amazona.de:
Was waren Deine ersten eigenen Anschaffungen?
Stephen:
Mein erster eigener Synthesiser war im August 1988 ein Moog Prodigy, den ich durch einen Aushang in der Moerser Zentralbibliothek bekam – „der kleine Bruder des legendären Mini Moog“. Im April 1989 kam dann ein Mini Moog, und im August 1990 ein Roland Vocoder Plus, die heute noch bei mir sind. Danach gab es kein Halten mehr.
Amazona.de:
Hast Du ein Lieblings-Equipment?
Stephen:
Vor allem das, was mich seit Ewigkeiten begleitet und eine tragende Rolle in meiner musikalischen Arbeit spielt, weil es sich klanglich, technisch und musikalisch bewährt hat.
Amazona.de:
Hast Du auch Live-Bühnenerfahrung?
Stephen:
Ich habe seit 1994 ungefähr 25 Livekonzerte gegeben, solo und mit anderen, was am Anfang ein notwendiges Übel war, um mich selbst zu positionieren und abzugrenzen. Darunter waren Auftritte, die ich nicht in meiner Vita missen möchte, vor allem ein Gig am Jodrell Bank Radio Observatory in England, aber auch ein Festivalauftritt in den Niederlanden, ein dreistündiger Auftritt bei Minusgraden im Oberhausener Gasometer oder diverse Gigs in Planetarien. Mittlerweile sehe ich nicht mehr viel Sinn darin, mir viel unbezahlte Arbeit aufzuhalsen und am Ende sogar noch draufzahlen zu müssen, damit ich die zweifelhafte Ehre habe, auf Festivals den Kabeltreter für irgendwelche anderen Kabeltreter machen zu dürfen.
Amazona.de:
Komponierst Du auch selbst?
Stephen:
Alle meine Musik ist auf meinem eigenen Mist gewachsen. Natürlich gibt es ganz eindeutige Zitate, Anspielungen und Querverweise, die für Eingeweihte durchaus zu erkennen sind. Stücke anderer Leute nachzuspielen halte ich nicht für sonderlich spannend – deswegen mag ich auch keine klassische Musik. Das ist als Fingerübung interessant, um den Dreh herauszubekommen, wie andere Leute arbeiten, aber ansonsten nur geborgtes Wissen.
Amazona.de:
Hast Du ein eigenes Studio / eigene Band etc.?
Stephen:
„Studio“ wäre zu hoch gegriffen; ich habe einen Raum, in dem ich ein paar Instrumente geparkt habe und in dem ich meine musikalische Arbeit einigermaßen realisieren kann. Vom Idealzustand ist das aber weit entfernt. Ich betreibe für meine Musik mein eigenes kleines Label, komplett mit Labelcode, getreu dem Motto „Ein Künstler, der keine Galerie findet, gründet eine.“ Eine Art Band hatte ich mal, aber diese Band bin ich heute alleine in Personalunion. Jetzt brauche ich mich nur noch mit meinem eigenen Ego und meiner eigenen Unfähigkeit herumzuschlagen. Das reicht mir vollkommen.
Amazona.de:
Gibt es Kostproben Deines Könnens?
Stephen:
Die gibt es an diversen Stellen im Netz. Dort kann sich der geneigte Interessent die Musik nicht nur anhören, sondern auch gegen einen angemessenen Selbstkostenbeitrag käuflich erwerben. Die legalen Websites wären z.B. diese hier:
https://ramp1.bandcamp.com/
https://stephenparsick.bandcamp.com/
https://soundbutt.com/doombient-music
www.parsick.com
https://www.discogs.com/artist/300707-Stephen-Parsick
https://www.discogs.com/artist/471992-ramp
http://empulsiv.de/interviews/228-10-fragen-an-stephen-parsick
Schönes, wenn auch kurzes Interview mit einem der wirklich interessanten Musiker im Bereich der eher klassischen Synthesizer-Musik. In die Werke hineinzuhören lohnt sich allemal, zumal sie immer sehr gut produziert sind. Bemerkenswert, dass bei Stephen Parsick immer die Musik und nicht der Gerätepark im Vordergrund steht, obwohl dieser natürlich ausgesucht und von nahezu dauerhaftem Bestand ist.
Ein spannender Einblick, der auch gerne etwas länger hätte sein können. Ist bereits das zweite mal, dass ich über ihn lese. Beim ersten mal war es entweder in Sound & Recording oder Keyboards und da war auf der Heft-CD auch ein Stück von ihm bei, was ich bis heute packend und faszinierend finde! Die anderen Sachen die ich mir anhörte waren ebenfalls geil. Ideale Musik um aus dem Alltag auszuklinken. Er weiß wie man Kopfkino-Musik macht :) weiter so!
auftritt gasometer hätte ich gerne gesehen, ist von mir aus nur eine stunde entfernt.
warum eigentlich hier „ramp“ und sonst als pseudonym „iggy pop“?
@fritz808 Ich mag Iggy Pop — und das Bildchen von ihm bringt meine Haltung auf den Punkt.
Dass ich hier mal gefeatured werden würde, war zum damaligen Zeitpunkt meiner Anmeldung noch gar nicht abzusehen — geoutet wurde ich erst von Dirk Matten, irgendwann mal.
Ramp als Synonym dafür dass es als Künstler der sich ernst nimmt meist nur bergab geht und „Stinkefinger“ Iggy Pop zur Einschüchterung anderer Amazona-User. Patrick ich weiss, du hälst das aus. Gruß Marko ;)
Wer ist Patrick?
ja, den iggy mag ich hier bei amazona – immer gerade heraus voll auf die zwölf, aber man merkt die kompetenz, die dahinter steckt.
interessant natürlich der optische wandel vom „nerd boy“ zum „bad boy“ ;)
Aber so böse stinky-finger-mäßig sieht der echte Iggy gar nicht aus. Eher ganz brav und niedlich.
Schön, wenn man erst etwas über den Musiker lernt und kurz darauf das neueste Album auf den BBS rezensiert wird man sogar den Namen des Gastmusikers kennt… ;-)
http://babyblaue-seiten.de/album_16794.html#oben
Coole Socke ist der. Und liefert neben einschlägigem Szenewissen immer wieder so ganz nebenbei eine ordentliche Portion Humor in die Kommentarstrecken hier. Läuft :)
Schönes Interview, Danke dafür.
Ich lese gern vom Stephen, bzw. über sein gutes Know How.
Nicht nur ein gediegenes technische Know-how, sondern auch ein fundiertes musikalisches Wissen, gepaart mit Musikalität. Manch einer glaubt das von sich…. hier trifft’s zu. Oftmals anderer Meinung, aber genau deshalb war er für mich eines der Highlights im ExpertInnenforum. Danke für den kurzen Blick hinter die Kulissen, der nach meinem Dafürhalten gerne etwas ausführlicher hätte ausfallen können.
Der IGGY ist jo ein echter Experte. Frage mich was er von Beruf ist? Verkäufer bei Schneiders Laden? Würde mich sehr interessieren???
Danke für die Nachfrage, ist mir ganz entgangen (ich lese so selten mal meine Interviews):
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Ich bin Anglist/Amerikanist, habe Niederländisch studiert, arbeite als freiberuflicher technischer Redakteur, Übersetzer, Lektor und unterrichte Fremdsprachen (rate mal, welche :) ).
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Von Beruf bin ich Musiker, aber davon möchte ich nicht leben müssen — Konzessionen mache ich lieber an anderer Stelle.
Hoch interessant! Dennoch kennst du dich mit Vintage Gear aus wie kein anderer hier! Seltenheit!
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Nach gut 35 Jahren Beschäftigung mit dieser Art Klangerzeuger und Technologie bleibt hier und da mal ein kleines bißchen hängen…
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