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Die Aartalburschen zu Gast bei Peter Gabriel

6. April 2024

Seit 2014 fahren mein Freund und musikalischer Mentor und ich in loser Folge für ein langes Wochenende mit einigen unserer Synthesizer, in eine Ferienwohnung, um dort zusammen Jam-Sessions zu machen.

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Der erste Trip führte uns ins Aartal (nicht zu verwechseln mit dem krisengeschüttelten Ahrtal) und an den  3 Tagen haben wir insgesamt vier Mal den Recorder mitlaufen lassen und unsere lockeren Jams aufgezeichnet. Weil der Start so gut lief, haben wir das ungefähr alle 2 Jahre wiederholt. Und irgendwie kam immer nettes Material heraus, das zunächst über Soundcloud und YouTube, später auch bei Spotify, Amazon und Apple Music veröffentlicht wurde. 2022 stand der nächste Trip an und unser fünftes „Album“. Es durfte also etwas besonderes sein.

Die Idee

Zunächst völlig unabhängig davon, schwelgten wir bei einem Treffen ein wenig über den Webseiten von traumhaften Tonstudios (denn wir sind auch ziemliche „Gearslutz“) und da durfte natürlich Peter Gabriels legendäres „Real World Studio“ nicht fehlen, das sich der Meister in den Neunziger-Jahren auf dem Gelände einer alten Mühle in Südengland gebaut hatte. Als ich später noch einmal vorbeisurfte, entdeckte ich, dass es neben den großen bekannten Studios auch kleinere, bezahlbare Räume zu mieten gab, z.B. das Cottage, das gerne zum Songwriting genutzt wird. Akustisch zwar unbearbeitet, aber was kümmert das unsere Synthies?!

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Mehr Informationen

Eine kurze Anfrage, ob denn auch unbekannte Musik-Tüftler wie wir willkommen sind, oder nur die Weltstars, die auf der Webseite gelistet sind, ergab, dass auch wir gern gesehene Gäste sind. So haben wir uns dann für eine kurze Woche (Montag Abend bis Freitag früh) im Cottage eingemietet.

Die Reise ins Real World Studio von Peter Gabriel

Das Auto wurde Montag früh bis unters Dach vollgepackt mit zwei kleinen Eurorack-Systemen, dem Moog Sound Studio (Mother, DFAM, Subharmonicon), Akai MPC One, Nord Lead 4, Elektron Octatrack Mk2, diversen Effektgeräten und einem SSL BiG SiX Mixer, der an einem Macbook Air M1 als ein mehrkanaliges Audiointerface diente. Da Großbritannien inzwischen nicht mehr zur EU gehört, haben wir auch noch Kaufbelege herausgesucht, um nicht unerwartet Zoll zahlen zu müssen – aber keiner hat nach irgendetwas gefragt – nur warum wir ausgerechnet nach Bath wollen (das nebenbei bemerkt eine sehr schöne Stadt ist).

Nach 10 Stunden Fahrt angekommen, haben wir uns erst mal wie kleine Jungs an Weihnachten gefühlt – gleich geht das Abenteuer los. Innerlich quiekte es immer ein wenig, denn wir würden nun „ein Album in Peter Gabriels Real World Studios aufnehmen“ … oder so ähnlich wenigstens 😉.

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Monitor-Lautsprecher standen schon da, Tische und Stühle wurden in Windeseile herbeigeschafft und der uns zugewiesene Tontechniker Bob war ganz fasziniert von den Eurorack-Modulars … während wir Hobbymusiker ein wenig Sorge hatten, vom Team dort überhaupt ernst genommen zu werden.

Real World ist ein sog. Residential Studio, d.h. es gibt neben den eigentlichen Aufnahmeestudios auch Gästezimmer zum Wohnen und eine eigene Küche mit eigenem, exzellentem Koch. Man wird also voll versorgt. Und so haben wir jeden Mittag und Abend tolles Essen auf der Terrasse gehabt, zusammen mit den anderen Musikern, die die „richtigen“ Studios gemietet hatten. Eines Abends war sogar der Meister persönlich zugegen, fragte kurz bei uns, ob alles ok sei (war es), und aß dann am Nebentisch. Heute wissen wir, dass er zu der Zeit schon eifrig am neuen Album i|o gearbeitet hat, in seinem privaten Studio, das etwas versteckt zwischen Bäumen und Hecken auf dem Areal liegt.

Aufnahme-Session mit Hindernissen

Am Dienstag wollten wir dann loslegen – und da es die vergangenen vier Male nie ein Problem gab, kreativ zu werden, waren wir auch erst nicht bange, dass es diesmal auch funkti0niert. Aber wie es nunmal so ist – wenn man nicht damit rechnet, erwischt es einen: Writer’s Block, Kreativkrise … Waren wir etwa „Starstruck“, erstarrt in Ehrfurcht? Oder war es doch der unterschwellige Druck („wenn wir HIER sind, dann MUSS es was GROSSARTIGES werden“)? Und als dann noch der BiG SiX Mixer unerwartet den Geist aufgab, war die Stimmung am Tiefpunkt.

Wir sind dann – bei schönstem Wetter – erst mal einen halben Tag nach Bath gefahren und haben das Touristen-Programm absolviert. Abstand und Durchatmen hilft immer noch am besten. Und natürlich konnte auch der BiG SiX ersetzt werden – denn wo kann man spontan unkompliziert Ersatz bekommen, wenn einem der Mixer/das Interface weggrätscht, wenn nicht in einem der besten Tonstudios der Welt?! Abends um 21 Uhr habe ich unserem Engineer Bob per WhatsApp vom Problem berichtet, morgens um 10 Uhr stand er mit einem Universal Audio Apollo 8 auf der Matte und wir konnten wieder loslegen … und diesmal klappte es auch mit der Kreativität. Die Muse war wieder am Start.

Das fertige Album

Insgesamt haben wir 6 Stücke aufgenommen, das erste Mal übrigens nicht nur als Stereo-Summe, sondern diskret auf 8 Kanälen, um mehr Möglichkeiten für Mixing und Mastering zu haben, aber auch um die Fehler und Verspieler im Nachhinein eliminieren zu können. Die früheren Alben haben doch immer noch hier und da Macken oder Fehler, die wir jetzt vermeiden konnten und wollten. Und auch die Arrangements konnten so noch besser werden, weil es nicht „on spot“ festgeschrieben war.
Nachdem wir zunächst für etwa eine halbe bis eine Stunde die verschiedenen Instrumente gepatcht, Sequenzen gebaut und Sounds eingestellt haben, ist die Aufnahme selbst dann aber ein lockerer Jam, der sich aus dem Moment ergibt. Das sorgt zwar für eine gewisse Leichtigkeit, kann aber auch Probleme machen, die wir so umschiffen konnten.

Ein Blick in den Big Room des Real World Studios

Als wir dann am Freitag früh abreisen wollten, hatten wir die anderen Studios nach wie vor nur von außen gesehen, da diese natürlich in der Zeit von anderen Musikern gebucht waren. Zur Schlüsselrückgabe morgens um 8 Uhr kam uns die Real World Cleaning Woman aus dem Wood Room entgegen und wir fragten, ob wir mal kurz einen Blick hineinwerfen dürfen. Prompt bekamen wir eine komplette Studio-Tour: Wood Room, Red Room und natürlich als Highlight der Big Room.

Es ist schon ein irres Gefühl, in diesem monumentalen Raum zu stehen, der etwas von einer (Raum)-Schiffs-Kommandobrücke hat. Einen Raum den man schon unzählige Male auf beeindruckenden Fotos gesehen hat. Einerseits fast überwältigend, andererseits auch etwas desillusionierend. Denn natürlich ist das ein Arbeitsraum. Der Teppich hier und da verschlissen, die Paneele verkratzt und die Fenster vom englischen Wetter gezeichnet. Dennoch ein besonderer Moment, einmal an dieser riesigen Konsole zu sitzen.

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Fazit
Es ist ein besonderes Gefühl, wenn einem bewusst ist, gerade einen „once in a lifetime“ Moment zu haben. Da wir beide große Peter Gabriel Fans sind, war das natürlich etwas ganz Besonderes, aber auch die Reise an sich und die aufgenommene Musik tragen den Spirit in sich.

Die Kosten für den England-Trip waren überraschend günstig: 4 Tage Cottage mit Vollpension für 2 Personen und etwas Equipment lagen zusammen bei ca. £1.450, zzgl. Eurotunnel und Benzin. Dieses Jahr backen wir aber wieder kleinere Brötchen und haben uns nur für ein Wochenende in einem alten Forsthaus eingemietet. Wir sind gespannt, was dort entsteht.

Plus

  • Einmalige Erfahrung und toll, dass man auch als Hobby-Musiker so willkommen war.

Minus

  • Lange Anfahrt und natürlich für ein Hobby immer noch teuer … ein Luxus den man sich leisten können will.
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Forum
  1. Profilbild
    Kazimoto

    Super macht ihr das, raus in die Welt und Ereignisse kreieren die beflügeln. Bin über die Jahre zwar etwas zurückhaltender geworden was „Heros“ betrifft, die können bekanntlich immer sehr tief fallen, bei Peter Gabriel gilt das aber ausdrücklich nicht. LG

  2. Profilbild
    Tomtom AHU 1

    Wow! Na das hat was! Super Bericht! Vielen Dank dafür und toi toi toi für die nächste Session! 👍

  3. Profilbild
    Flowwater AHU

    Coole Sache.

    Ich war mal mit einer Freundin 6 Tage in einem Wellness-Hotel in Bad Birnbach … das hat ziemlich genau das gleiche gekostet. Für Musiker-Wellness also nicht teuer. 🙂

  4. Profilbild
    lookandlisten

    Eine schöne und inspirierende Story – danke!
    Luxus ja – aber Ich finde den Preis noch verhältnismäßig günstig. 4 Tage London mit dem Equipment-Platz und ohne diese Inspiration kosten deutlich mehr.

    Generell ist so etwas auch jedem Musiker mit Blockade zu empfehlen.

  5. Profilbild
    dAS hEIKO AHU

    …also eins will ich dir mal ganz deutlich sagen @Punkfurt:“Ich bin unendlich neidisch“ 😄

    Ich fand, auch ohne detailliertes technisches Wissen, die Fotos, die ich vor über 30 Jahren irgendwo in Keys gesehen hab, unglaublich. Für mich ist der Gebäudekomplex einfach wunderschön und die Symbiose aus High-End-Techniktempel und „Oh, schau mal. Ein Teich“ unreal.

    Und als Peter in den 20xxern anfing in den sozialen Medien massiv für seine Remasters und die Seminare zu werben, war der halt immer noch in diesem Gebäude. Ich hab mich immer gefragt, wie das dort so ist, was das kostet, ob „der Meister“ sich überhaupt mal blicken läßt. Und dank dieses Artikels weiß ich jetzt, dass es wohl wunderbar sein muß.

    #gänsehaut

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