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Feature: Die Geschichte der Gibson PAF Humbucker

Zeitlos und unerreicht - die goldene Ära der Humbucker

14. September 2021

Gibson PAF Humbucker Geschichte

Die originalen PAF-Humbucker von Gibson gehören zu den begehrtesten Schätzen der Gitarrenwelt. Wer nach den Originalen sucht, wird mehrere tausend Euro für diese hinblättern müssen, sind sie doch ein Stück komprimierter Musikgeschichte. Aber so einfach ist es nicht. Die originalen PAF-Humbucker haben in den Annalen der Musikgeschichte deutliche Spuren hinterlassen. Sie kamen bei Klassikern zum Einsatz, sind Gegenstand zahlreicher Diskussionen, Gerüchte und Missverständnissen. Sie sind trotz aller Verbesserungen im Humbucker-Design, die es in den letzten Jahrzehnten gab, heißer begehrt denn je. Woran liegt das? Weshalb sind diese von Seth Lover gebauten und im Jahre 1955 patentierten Tonabnehmer so legendär? Was ist der Schlüssel dieses „Lightning in a bottle“-Momentes von 1957 bis 1961, der goldenen Ära der Humbucker? Und wo liegen die Anfänge der „Patent Applied For“-Pickups?

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Gibson PAF Humbucker – Patent Applied For!

Wie bei den meisten Innovationen am Markt, spielte auch hier Konkurrenz und gegenseitiger Wettbewerb eine große Rolle. In den 50ern standen sich Gibson und Fender als direkte Konkurrenten gegenüber. Gibson wollten den Konkurrenten ausstechen – und das, indem sie einen Pickup entwickelten, der eins der größten Probleme der Zeit anging, namentlich: Noise. Rauscharm war nämlich an den Pickups in den 50ern gar nichts, weder bei den Humbuckern noch den Coils. Gibson wollten dieses Problem lösen und dadurch einen Dauerbrenner ins Rennen schicken, der auf kurz oder lang Fender ausstechen sollte.

Feature: Die Geschichte der Gibson PAF Humbucker

Ein Mann sollte das Problem lösen: Seth Lover, ein Gibson Ingenieur, der das Problem äußerst kreativ anging – er baute den ersten „richtigen“ Humbucker. „Hum“ (Noise) „To Buck“ (Vermeiden) – selbsterklärend also. Die Idee war es, zwei Singlecoils miteinander seriell und gegenphasig zu verbinden, was dafür sorgte, dass sich das „Humming“ der beiden Coils gegenseitig neutralisierte. Anbei die originalen Patentzeichnungen, die Seth einschickte.

Feature: Die Geschichte der Gibson PAF Humbucker

Ein einfacher Plan – mit ungeahnten Konsequenzen. Seth verbaute die ersten PAFs 1954 in ein paar Paulas, um sein Konzept unter Beweis zu stellen. Seth setzte nicht bei Null an – strenggenommen sind die PAFs mit den damaligen P90 eng verwandt. Und es ist stimmt: Im Kern klingen P90 Pickups und PAFs durchaus ähnlich zueinander. Die PAFs haben nur einen wesentlich offeneren und transparenteren Sound, während die P90 ein bisschen komprimierter und schmutziger klingen. Auf dem Papier waren sich die Bestandteile der Gibson PAFs und P90er also auch gar nicht so unähnlich: Alnico Magneten, 10,000 Spulwicklungen, gleiche Drähte und mehr. Man blieb sich also ein Stück weit treu.

Doch etwas war anders – die PAFs waren etwas eigenes. Kein Rauschverhalten und ein obertonreicher, sehr transparenter Grundsound, „breiter“ im Gesamtbild. 1956 erfolgte die Verbauung der ersten PAFs in Lapsteel-Gitarren und Les Paul Goldtops mit der Nickelplatte, die so bezeichnend wurde für den Look von Humbuckern – für alle Zeit. Dann brach sie an – die „goldene Humbucker-Ära“.

Die Gibson PAF – die goldenen Jahre 1957 bis 1961

Als über Online-Portale das letzte Mal vor zwei Jahren ein paar originale PAFs über die Bühne gingen, waren das 58er-Baujahre und es waren ein paar tausend Dollar, die hingeblättert wurden. In den Jahren 57 bis 61 wurden PAFs also serienmäßig in den Standard- und Custom-Modellen verbaut – das ist einer der Hauptgründe, weshalb die Gibson Les Paul Modelle aus dieser Ära so beliebt sind. Eine Sunburst Paula aus dem Jahre 1959 oder 1960 ist eins der heiß begehrtesten Gitarrenmodelle überhaupt. Es sind die ultimativen, authentischen Rockgitarren, diejenigen die den Sound gebaren, der vielen als die absolute Referenz gilt.

Doch ist der Sound wirklich so magisch? Rhett Shull, einer der bekanntesten Gitarren-YouTuber überhaupt, hat selbst eigene Nachforschungen angestellt, um der PAF-Legende auf die Spur zu kommen. Er interviewte in diesem Zusammenhang John Gundry von Throwback Pickups, eine der spezialisierten Pickup-Schmieden der USA und stellte ihm hierzu ein paar Fragen.

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Und Gundry bringt es auf den Punkt: Die PAFs sind im Grunde eine Adaption der P90, mit vielen Gemeinsamkeiten bis hin zu den Spulschrauben, die vor allem eins mit sich bringen: Sie laufen heiß, und zwar so richtig und haben einen enormen Output. Und auch wenn es prinzipiell anderen Arten von Pickups gibt, die heißer laufen – wenn es um die klassische Humbucker Konzeption geht, gehören die ersten PAFs zu denen mit dem heißesten Output. Was die Wicklungsmaschine, die für die PAFs zum Einsatz kam und eigentlich für die P90s gedacht war, mit dem Ganzen zu tun hat, erfahrt ihr ebenfalls bei dem sehr aufschlussreichem Interview von Rhett Shull mit John Gundry.

Dass die P90 Spulwickelmaschine, die für die PAFs genutzt wurde, eine Rolle bei dem Ganzen spielte, ahnte auch Billy Gibbons von ZZ Top. Beziehungsweise: die Blues-Legende spürte, dass seine Pearly Gate 59er Paula einen unvergleichlichen Sound hatte und wollte verstehen, weshalb. Mithilfe von Seymour Duncan schloss er seine Paula an eine Ohm-Maschine an und stellte fest, was auch Gundry bestätigt: Der Output der PAFs ist enorm für einen Humbucker. Der Sound, der dadurch entsteht, diese „Hitze“, wenn man so will, übersetzt sich in einen ungemein lebendigen Klang: obertonreich, offen und transparent wie kein anderer Humbucker. Die Herstellung der PAFs, so Gibbons, konnte er 1971 bewundern, ein paar Jahre nach der „goldenen Pickup-Ära“, live in Kalmazoo – eine Wickelstange für die Spuldrähte, gesteuert von Angestellten, die nach Gefühl arbeiteten.

Feature: Die Geschichte der Gibson PAF Humbucker

Was auch immer also die Pickups aus dieser Ära so einzigartig machte, ist in seiner Genauigkeit wohl für immer verloren und war in einer historisch einzigartigen Kombination aus Wickelmaschine, Wickeltechnik, Gewohnheiten von Angestellten sowie Materialdichte in Kalmazoo Ende der 50er / Anfang der 60er begründet. Das bedeutet aber auch – jedes PAF-Modell klingt ein Stück weit anders. Die Paula Modelle mit PAFs, die Gibson in der Zeit rausbrachte, hatten alle einen gewissen Eigencharakter – die ES-295, die ES-175, die Super 400, die L-5CE und viele andere Modelle haben alle einen gewissen Eigencharakter, ganz zu schweigen von den Hollowbody Jazzern wie die Byrdland, die mit etwas enger zusammenliegenden Polschrauben beim Bridge-PAF arbeiteten. Waren die PAFs also gewissermaßen ein historischer Unfall? Ein provokanter Gedanke.

Gibson PAF – der Ruf nach dem Zeitgeist

Die Zeit schreitet voran – und die Umstände, die die Herstellung der PAFs begünstigten, fielen Modernisierungen und neuen Überlegungen zum Opfer. Mit großer Wahrscheinlichkeit war Gibson also nicht bewusst, welchen Kult sie losgetreten hatten. Es war, wenn man so will, keine exakte Wissenschaft, die zu den PAFs führte, sondern wie erwähnt Zufälle und ökonomisch geprägte Überlegungen – auch deshalb kam die P90 Wickelmaschine zum Einsatz, die eine Ohm-begünstigende Wickeldichte und -konstellation mit sich brachte. Als 1961 das Patent auslief, entschieden Gibson, sich weiterzuentwickeln, wenn auch in „fließendem Übergang“, wenn man so will. Die nach 1962 folgenden „PAT“-Modelle waren im Grunde identisch zu den PAFs aus den Jahren 1961 und 1962, dem „letzten PAF“-Run, wenn man so will, bis ca. 1965. Da begann man allmählich, die Beschichtung der Wicklungsdrähte zu wechseln, von Emaille zu Poly-Beschichtung, was sich bereits nicht unerheblich auf den Sound auswirkte. Allmählich, aber unaufhaltsam, schwand die PAF-Magie aus den Gibson-Gitarren.

Feature: Die Geschichte der Gibson PAF Humbucker

Der nächste Schritt war die T-Bucker-Ära, die von 1968 bis 1975 anhielt. Das T war in der Front der beiden Coils eingeschweißt und ist ein unverkennbares Markenzeichen bzw. der Beweis, dass die Humbucker aus einer anderen Ära stammen als aus der „goldenen“ – sollte ein Beweis erbracht werden müssen. An der Stelle sei aus bestimmter Quelle geraten, chrombeschichtete Humbucker zu meiden, wenn man auf der Suche nach echten T-Buckern oder gar PAFs ist. Ist der Klang der T-Bucker darüber hinaus so erheblich anders? Nein, auch wenn sie erheblich billiger als die PAFs auf dem Markt gehandelt werden, ist der T-Bucker ebenfalls eine Klasse für sich. Im Grunde wird alles, was bis 1967 von Gibson an Humbuckern rausgebracht wurde, im Preisbereich von ca. 1000,- Euro gehandelt. Wer übrigens überprüfen will, ob seine PAFs wirklich aus der goldenen Ära stammen, verlässt sich gerne darauf, auf der Innenseite der den Patentsticker mit der Nummer „Patent No 2,737,842“ auszumachen. Doch tatsächlich sind auch in den ersten T-Buckern von 1968 bis 1970 ein paar dieser Patentsticker verbaut. Auch hier gilt also wieder – eine exakte Wissenschaft ist das Ganze nicht.

Feature: Die Geschichte der Gibson PAF Humbucker

Bis zu den 80ern standen die Gibson Humbucker also unter dem T-Stern. Die Humbucker aus dieser Ära kommen statt mit Patent-Sticker mit einem Stempel aus und sind daran zu erkennen. In dieser Zeit begannen, die Magnetspezifikationen verändert zu werden, Baumaterialien wechselten, und durch die 80er-Jahre wurden die T-Bucker eine eigene Marke, die sich zum Teil schwertat. Also reagierte man – wie es jedes Unternehmen tut, das auf seine Käufer hört und die eigene Geschichte versteht – mit Re-Issues der alten PAFs. So begann das, was ganz gerne als Tim Shaw Ära bezeichnet wird. Der Techniker und Ingenieur schaffte es durch seine Überlegungen, sehr nahe an den originalen Sound der PAFs zurückzukehren, namentlich zu jenem aus den späten 50ern. So richtig in Serie ging Shaws Vision jedoch nie, zumindest nicht auf die kompromisslose Weise, wie er sich gewünscht hätte – aus Kostengründen, die speziell in den 80ern für Gibson nicht zu verachten waren. Was bleibt, ist eine begrenzte Stückzahl legendärer Pickups, die durch historisch einzigartige Verhältnisse zustande kamen und ein Stück Geschichte darstellen, das sich nicht zurückholen lässt – nur angenähert werden kann. Das letzte Wort hierzu mag man niemand Geringerem überlassen als Joe Bonamassa höchstpersönlich:

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Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Sehr cool und mit vielen (für mich bisher unbekannten) Details.
    Danke.

    • Profilbild
      Dimitri RED

      Gerne – ist ein spannendes Thema. Wenn jemand seine Erfahrungen mit echten PAFs gemacht hat oder ein Set gar gerne sein oder ihr eigen nennt – teilt uns gerne eure Erfahrung mit.

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