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Guitar Heroes! Terje Rypdal: Sein Leben, seine Musik, sein Equipment

Ein Jazz-Gitarrist spielt den Blues des europäischen Nordens

27. August 2022

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Der norwegische Gitarrist, Komponist und Produzent Terje Rypdal (* 23. August 1947 in Oslo) gehört seit einem halben Jahrhundert zu den wichtigsten Vertretern der skandinavischen Jazz-Szene. Aus seinen Anfänge als Surf-Instrumentalist und Psychedelic-Rocker hat er einen speziellen, oft verzerrten E-Gitarren-Ton in den modernen Jazz eingebracht. Stratocaster-Spieler Rypdal, der jetzt seinen 75. Geburtstag feiert, hat neben über 30 eigenen Alben außerdem als Sideman bei zahlreichen Produktionen mitgewirkt und sich auch im Bereich der E-Musik als Komponist von sechs Symphonien, zweier Opern und mehrerer kammermusikalischer Werke einen Namen gemacht.

Der E-Gitarrist Terje Rypdal und seine Fender Stratocaster – live in Mannheim 2009 © ECM John Kelman

Terje Rypdal: Jubiläen, Meisterwerke & Kult

Irgendwie ist er doch ein Geistesverwandter von Jeff Beck, dachte ich, als ich 2020 die ersten Töne von ,Conspiracy‘ hörte. Das im Osloer Rainbow Studio aufgenommene Album war Rypdals erste Studio-Einspielung seit der Jahrtausendwende; zuletzt hatte er beim Münchener Kult-Label ECM, mit dem er seit 1971 verbunden ist, nur noch auf Konzertmitschnitten basierende Produktionen veröffentlich. 2021 konnten Label und Artist auf ein halbes Jahrhundert Zusammenarbeit anstoßen, und am 23. August 2022 ist dieser außergewöhnliche Musiker 75 Jahre alt geworden. Genug Gründe, ihn zu feiern.

Mich selbst hat Rypdal über vier Dekaden lang musikalisch begleitet. Und nach Phasen von fassungsloser Begeisterung, Faszination, Staunen, dem immer wiederkehrenden Gefühl von Geborgenheit, aber auch irritierenden Live-Begegnungen, habe ich mir noch einmal vorgenommen, den Rest der Welt mit diesem großartigen Soundscaper bekannt(er) zu machen. Nicht jede seiner Produktionen hat mich gleich beeindruckt, da gab es Höhen und Tiefen. Diese Erkenntnis bzw. Erfahrung ist auch das Resultat des Phänomens „Komplettierungswahn“: Da will man als Fan doch möglichst alle Aufnahmen eines Musikers physisch besitzen oder zumindest mal gehört haben – und das sind in diesem Fall eine ganze Menge.

Dieser umfassende Artikel soll dabei helfen, einen wirklich ganz besonderen Musiker & Gitarristen und sein künstlerisches Werk kennenzulernen. Und wer ihn schon kennt und/oder sogar Fan ist, kann hier noch mal nachvollziehen, was bei Terje Rypdal woher kam und wohin führte. Sein Gesamtwerk ist extrem umfassend, und daher sollen die folgenden Anmerkungen zu den auch musikalisch sehr unterschiedlichen Alben nur eine Einstieghilfe ins Thema sein. Eine Art Reiseführer, und da spielen auch subjektive Vorlieben rein, was man an der Länge bzw. Kürze der Kommentare zu manchen Alben sehen kann. Begeisterung für gute Musik kann ich weitergeben, manche Rypdal-Werke muss aber eben jeder für sich selbst entdecken, oder sie sich sogar erkämpfen.  In der Hinsicht gibt es auch in meinem Leben mit T.R. noch ein paar Baustellen.

Aber: Der E-Gitarrist mit dem singenden Ton, oft vor sphärischen Sounds, rockenden Bands oder klassischen Orchestern, hat mich eigentlich doch immer wieder gepackt. Rypdal hat die perfekte Balance zwischen individueller Handschrift, Personalstil und künstlerischer Bandbreite gefunden, und in seiner umfangreichen Discografie gibt es wirklich eine Menge zu entdecken, vom jazzigen Rock-Trio bis zum großorchestralen E-Musik-Projekt. Meine Initialzündung war (wie im Artikel über meine Lieblings-Alben bereits erwähnt, Terje Rypdals Doppel-LP ,Odyssey‘ von 1975, die ich mit 15 Jahren in die Finger bekam – und die sich als Ticket in eine andere Welt entpuppte. Rypdal blieb in den 70ern noch mehr oder weniger ein kultiger Geheim-Tipp, obwohl die Musik von ,Odyssey‘ damals relativ oft in Dokumentationen und Fernsehspielen zu hören war, immer dann, wenn es darum ging, Sehnsucht, Einsamkeit, Traumwelten und Mysterien musikalisch zu untermalen.

,Odyssey‘ hat heute Kultstatus, sowohl was den europäischen Jazz angeht, als auch in punkto Gitarrenspiel – denn gerade letzteres ist einzigartig, individuell, frei und grenzenlos. Danach habe ich Terje Rypdal dann immer wieder an diesem Meisterwerk mit seinen vielen hypnotischen Momenten, schrägen Sounds und den coolen, jazzrockigen Grooves gemessen, was dich als Hörer und Fan nicht unbedingt weiter bringt. Und so dauerte es bei manchen späteren Alben einfach nur etwas länger, um deren andere emotionalen und musikalischen Qualitäten zu erfassen. Und genau so, wie schon auf Velvet Undergrounds legendärem Bananen-Album von 1966, ,The Velvet Underground & Nico‚,  der halbe Alternative-Rock der nachfolgenden Dekaden skizziert wurde, haben dieser Gitarrist aus Norwegen und seine Mitmusiker bereits Anfang der 1970er-Jahre mit den Grundstein für den heute aktuellen und populären skandinavischen Electric Jazz gelegt. Die Pianisten Bugge Wesseltoft, Ketil Bjørnstad und Esbjörn Svensson, Gitarrist Eivind Aarset, Trompeter Nils Petter Molvaer, die Gitarristin Hedvig Mollestad und der Bassist Dan Berglund – sie alle haben ganz sicher mal die Musik des Gitarristen Terje Rypdal gehört oder sogar mit ihm zusammengearbeitet.

ECM-Gründer und Label-Chef Manfred Eicher

In dem Zusammenhang muss ECM-Label-Chef und Produzent Manfred Eicher (* 9. Juli 1943) Erwähnung finden, ohne den es Rypdals und vieler anderer Musik in dieser Form nicht gegeben hätte. Das gilt auch für den Tontechniker sehr vieler ECM-Aufnahmen, Jan Erik Kongshaug (* 4. Juli 1944, † 5. November 2019), der selbst auch Jazz-Gitarrist war. Alleine was die Saitenkünstlerinnen & -künstler angeht, war und ist ECM wahrscheinlich das weltweit einflussreichste moderne Jazz-Label: Namen wie Steve Swallow, Steve Tibbetts, Barre Phillips, Miroslav Vitous, Ben Monder, Collin Walcott, Wolfgang Muthspiel, Marc Johnson, Bill Connors, Eberhard Weber, Pat Metheny, Mick Goodrick, Arild Andersen, John Scofield, John Abercrombie, Bill Frisell, Charlie Haden, Eivind Aarset, Egberto Gismonti, Dominic Miller, Jakob Bro, Avishai Cohen und Dave Holland belegen das. Mit Terje Rypdals ,Conspiracy‘ ist Manfred Eicher einmal mehr ein wunderbares Album gelungen. Hoffen wir, dass noch viele folgen werden.
Mehr Informationen über Manfred Eicher und sein 1969 gegründetes Label ECM liefert das großformatige Fotobuch ECM. Eine kulturelle Archäologie, von Okwui Enwezor & Markus Müller.

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Ein Musikerleben

Terje Rypdal wurde am 23. August 1947 in Oslo als Sohn eines Komponisten und Orchesterleiters geboren – und musste ran: Bereits als Kind hatte er klassischen Klavierunterricht, lernte dann noch Trompete und brachte sich autodidaktisch das Gitarrenspiel bei. Mit 15 Jahren gründet er die klar von Hank Marvin & The Shadows inspirierte Instrumental-Band The Vanguards. Die Formation wurde schnell erfolgreich und hatte in den folgenden Jahren eine Reihe Hits. Und plötzlich war Terje Popstar und Profimusiker.

Nach einem längeren Job als Orchesterleiter bei der norwegischen Inszenierung des Musicals ,Hair‘, studierte Rypdal bei verschiedenen Komponisten und Jazz-Musikern. Er arbeitete ab 1966 mit den Komponisten Krzysztof Penderecki und George Russell, und Rypdal studierte Russells Kompositionstheorie „Lydian chromatic concept of tonal organization“, weitere Kooperationen mit Free-Jazz-Größen wie Lester Bowie, John Surman und Don Cherry und den Jazz-Geigern Don Sugarcane Harris und Jean-Luc Ponty folgten.

Mit der Band The Dream produzierte er 1967 das Album ,Get Dreamy‘, und 1968 spielte er sein erstes eigenes Album ,Bleak House‘ ein (wiederveröffentlicht 1999 bei Polydor): Da klang Rypdal, gerade 21 Jahre alt, noch wie ein britischer Blues-Rocker, der die Shadows, Peter Green und Wes Montgomery kannte, und sich an Jimi Hendrix, der später ein wichtiger Einfluss werden sollte, noch nicht so recht ran traute. Nur gelegentlich blitzte da schon eine sehr eigene Handschrift durch. Der Soundtrack zu Stanley Kubricks ebenfalls 1968 erschienenem Science-Fiction-Film „2001: A Space Odyssey“ soll Rypdal dann angeregt haben, sich endgültig stärker mit Jazz und Klassischer Musik zu befassen.

Mit Saxophonist Jan Garbarek, den er bei The Dream kennengelernt hatte, verband ihn eine längere Zusammenarbeit: 1969 entstand das gemeinsame Album ,Esoteric Circle‘, 1970 folgte ,Afric Pepperbird‘, ein Jahr später ,Sart‘ (1971). Damit war auch der Kontakt zu Manfred Eichers Label ECM hergestellt, bei dem Garbarek unter Vertrag war. 1971 erschien das ECM-Debüt ,Terje Rypdal‘, und alleine in den folgenden zehn Jahren veröffentlichte er noch acht weitere Alben, die seinen Ruf als wichtige Größe des europäischen Jazz und als Ausnahmemusiker der Gitarrenszene manifestierten. Bis heute hat Rypdal als Solist, Bandleader oder Co-Leader 35 Alben veröffentlicht, auf die ich weiter unten in diesem Porträt eingehe.

Terje Rypdals musikalische Einflüsse

Gitarrist Hank Marvin, seine Band The Shadows und deren Kooperationspartner Cliff Richard waren wichtige Impulse für Terje Rypdal: „Damals habe ich die B-Seite der Single ‚Traveling Light‘ von Cliff Richard gehört, und das rockige Gitarrensolo hat mich zu diesem Instrument gebracht. 1962 gründete ich dann die Band The Vanguards, mit der wir zuerst Cliff-Richard-Sachen gespielt haben, dann Elvis- und Beatles-Stücke. Danach kamen dann noch eine Menge Gitarristen in mein Leben, wie Eric Clapton mit den Bluesbreakers, und später Jeff Beck und dann Jimi Hendrix.“

Rypdal kaufte Platten und entdeckte immer mehr faszinierende Musik: Wes Montgomery, Kenny Burrell und dann ‚Meditations‘ (1964) von John Coltrane gegriffen – ein Album, das sehr wichtig für ihn und Jan Garbarek, bei ihren ersten Quartet-Aufnahmen war. „Als ich später mit George Russell oder auch mit Jan Garbarek gespielt habe, versuchte ich, wie McCoy Tyner, der Pianist in Coltranes Band zu klingen, wenn ich begleitet habe. Dadurch habe ich eine sehr eigene Art entwickelt, modal zu begleiten.“

Von der Rock-Seite kam 1966/67 Jimi Hendrix ins Spiel, der schon früh auch regelmäßig in Skandinavien tourte. Rypdal: „Ein Stück namens ‚Waterfall‘ (aka ,May This Be Love‘) von seiner ersten Platte ,Are You Experienced?‘ ist mir am wichtigsten. Ich habe es aber nie selbst gespielt, obwohl ich mit meiner Band Dream auch Hendrix-Stücke wie ‚Foxy Lady‘ oder ‚Purple Haze‘ interpretiert habe. Die Gitarre war in Hendrix-Songs immer eine Sound-Quelle, und nicht nur in harmonischer oder melodischer Hinsicht relevant. Die Strat konnte auch mal irgendwo gegen gehauen werden, es gab diese wilden Vibrato-Effekte, und vieles mehr.“

Knapp vier Jahre später folgte Miles Davis‘ ‚Bitches Brew‘ (1970), u.a. mit Gitarrist John McLaughlin, das Rypdal ebenfalls stark beeindruckte. „Nachdem Jan Garbarek den Kontakt zu ECM geknüpft hatte, haben wir 1970 unsere zweite Quartett-Platte aufgenommen, ‚SART‘. Darauf sollte mit ‚Keep It Like That, Tight‘ ein Stück sein, das sehr nach ‚Bitches Brew‘ klingt. Aber die Musik passte nicht in das Konzept der Jan Garbarek Band, und ECM-Label-Chef Manfred Eicher beauftragte mich, das Stück als Ausgangspunkt für ein eigenes Album zu nehmen. So kam ich zu ECM.“

Und dann waren da noch Vibraphonist Gary McFarland mit seinem Album ,America The Beautiful: An Account Of Its Disappearance‘ von 1968 mit Gitarrist Eric Gale und Drummer Bernard Purdie, die Sex Pistols, Prince, 10CC und andere. Rypdal sieht sich neben Jazz und Rock aber auch stark von der Klassischen Musik beeinflusst: In Interviews nannte er immer wieder Gustav Mahler, Ludwig van Beethoven, Edvard Grieg, Claude Debussy, György Ligeti, Karlheinz Stockhausen, Penderecki u.a. Später, in den 80ern, war Terje Rypdal auch mal ein großer Van-Halen-Fan. „Seine Tapping-Technik und sein Sound haben mich begeistert, und ich habe seine Techniken bei der Produktion von ‚Chasers‘ (1985) verwendet. Eddie van Halen war definitiv ein Einfluss, und ich habe mir eine Weile sehr viel von Van Halen angehört.“ Daraus hat Terje in dieser Phase auch wirklich kein Geheimnis gemacht, wie man auf den drei Chasers-Alben hören kann. Dazu später mehr.

Terje Rypdal: Gitarren, Amps und Effekte

„Mein Gitarren-Sound ist wohl sehr von der englischen Szene beeinflusst. Das, was man den ,typischen Rypdal-Sound‘ nennt, ist allerdings durch Zufall entstanden“, erzählte Rypdal 2002 in einem Interview mit dem Fachmagazin Gitarre & Bass (07/2002). „Ich hatte zu der Zeit von ‚Afric Pepperbird‘ eine Rickenbacker-Gitarre und wollte ein besseres Vibrato-System haben. Und das Sustain war so kurz! Damals hatte ich auch begonnen, Flöte zu spielen, um mehr melodische Ideen zu bekommen, und da hatte ich endlich diese langen Noten, die ich suchte … Ich habe dann mein Echogerät aus der Vanguards-Zeit aus der Ecke geholt und eine andere Gitarre, nämlich meine alte Stratocaster … Ich hatte eigentlich sonst nichts verändert, hatte immer noch die gleichen Pedale wie vorher, aber trotzdem hatten sich die Linien, die ich spielte, verändert. Das erste Mal kam dieser Sound also im Studio, bei der Arbeit, zustande.“

Terje Rypdal verbindet man als E-Gitarrist vor allem mit der Fender Stratocaster. Mitte der 60er-Jahre kaufte er sich seine erste gebrauchte Strat, die damals schon ein paar Jahre alt war, angeblich Baujahr 1960. „Diese Gitarre ist so gut! Sie hat einen großartigen Sound und war auf den Alben ,Odyssey‘, ,After The Rain‘, und auch später bei ,Chaser‘ und ,Blue‘ zu hören“, erzählte Rypdal in einem Interview. Zur Verstärkung nutzte er in diesen frühen Jahren einen norwegischen Amp der Marke Telrad, den er neben einem Marshall-Bluesbreaker-Combo und einem Vox AC30 bis heute immer noch einsetzt.

Zu seinem Effekt-Setup gehören ein Marshall-Guv’nor-Verzerrer (oder alternativ ein Boss Super Overdrive), von dem das Signal weiter in einen T.C. Electronic Sustainer und von da in ein Volume-Pedal (von Yamaha oder Boss) geht. Das steuert je nach Bedarf ein oder zwei Echo-Effektgeräte an – meist sind es ein Roland 301 und ein Boss Digital Delay. Rypdals früher noch häufiger eingesetztes WahWah-Pedal vermute ich vom Höreindruck vor der verzerrenden Einheit; demnach wäre die Signalkette also: Gitarre, WahWah, Verzerrer, Kompressor, Lautstärkepedal, Delay(s), Verstärker. Rypdal betonte einmal, dass ihn am Kompressor-Effekt die Möglichkeit reizt, den Volume-Regler an der Gitarre ohne Lautstärkeverlust zurücknehmen zu können, so aber verschiedene Sounds zu erzielen sind. Er setzt auch relativ häufig den Bridge-Pickup ein, oft auch in Kombination mit dem mittleren Tonabnehmer der Stratocaster.

In einem Interview mit dem Journalisten Frode Barth, verriet Rypdal 1996 noch ein paar weitere Details zu seinem Sound: „Schon bei der Arbeit an ,Whenever I Seem To Be Far Away‘ (1974) und dann bei ,After The Rain‘ (1976) stellte sich heraus: Mit einem Overdrive-Pedal, einem Volume-Pedal und einer alten Echo-Maschine war mein Sound plötzlich da. Heute habe ich verschiedene Delays im Einsatz, aber auch immer noch die alten Tape-Echo-Maschinen. Und an Verstärkern benutze ich einen alten Marshall-50-Watt-Combo – die größeren Marshalls singen einfach nicht so wie die 50-Watt-Modelle. Meinen alten Telrad-Röhrenverstärker, der einen warmen und sauberen Klang erzeugt, spiele ich auch noch. Meine 1960er Stratocaster habe ich lange bei den ECM-Aufnahmen verwendet habe. Jetzt benutze ich ein 1962-Vintage-Reissue-Modell, aber sie klingt in der Bridge-Position etwas zu scharf, daher habe ich sie wenig im Studio eingesetzt. Und ich habe auch noch eine Squier Stratocaster mit DiMarzio-Pickups, die momentan meine Favoritin ist. Bei allen Strats spiele ich meist die Bridge-Pickups, oder eben die Kombination aus Bridge- und Middle-Pickup.“

Neben der Strat waren aber auch immer mal andere E-Gitarren im Spiel. In einem Interview mit dem Magazin „Vintage Guitar“ erzählte er: „Ich habe auch Telecasters ausprobiert und gespielt, sogar für relativ lange Zeit, bei The Vanguards. Die Stratocaster spielte ich auch zum ersten Mal in dieser Zeit … damals brachten wir mit The Vanguards eine Live-Version von (The Beach Boys’ 1966 erschienenem Song) ,Good Vibrations‘ auf die Bühne. Aber in dieser Phase habe ich auch Gretsch-Gitarren, Epiphones, Hagstroms, eine Rickenbacker 325 und alles mögliche ausprobiert.“ Auf Fotos von 1967/68 mit der Band The Dreams ist Terje mit einem 3-Pickup-Modell von Rickenbacker und einer schwarzen, SG-ähnlichen Gitarre zu sehen. Bei zwei Tracks von ,Odyssey‘ soll Rypdal angeblich eine Gibson L-6S eingesetzt haben. Fotos von Anfang der 70er zeigen ihn auch mal mit einer Gibson SG Pro mit P90-Tonabnehmern, Bigsby-Vibrato, Dot-Griffbrett und dem hässlichen Plastikdeckel unter den vier Reglern. Überwiegend war aber die Stratocaster im Einsatz.

Ab 1977 experimentierte Rypdal mit dem Roland GR-100, dem GR-500 und dem GS-500 Analog Guitar Synthesizer, mit denen er u.a. auf Alben mit Barre Phillips (,Three Day Moon‘, 1978), Miroslav Vitous und Jack DeJohnette und der Kooperation mit Cellist David Darling (,EOS‘, 1984) zu hören war. In den Credits von Terje Rypdal: ,Waves‘ (1978) sind als Instrumente des Bandleaders „guitar, RMI Keyboard Computer, Arp Synthesizer, Mini-Moog, 4 6 and 8 string bass, drums“ zu lesen. Hier hatte er auch einen Ringmodulator als Gitarreneffekt im Einsatz. (,The Dain Curse‘)

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Auf einem Foto von 1978 ist Rypdal mit einer blonden Music Man Sabre E-Gitarre mit Maple-Neck zu sehen, also Leo Fenders Weiterentwicklung seines eigenen Erfolgsmodells Stratocaster. Er hatte Mitte der 80er auch schon mal Music-Man-Amps im Live-Gepäck. Ansonsten gab es ab dieser Zeit wenig spektakuläres bei ihm zu entdecken. In einem Interview aus dem Jahr 2000 mit Morten Mordal nannte Rypdal noch eine Gibson Artisan Les Paul, eine Gibson SG, dann ein Gibson Acoustic O-Model von 1923 und eine Gibson J-45 Acoustic aus den 60ern, die er noch gelegentlich spiele. Nach eigenen Angaben besaß er damals ca. zwölf Strats verschiedener Hersteller, darunter ein achtsaitiges Modell, eines aus Fichte von einem norwegischen Gitarrenbauer sowie die bereits erwähnte Squier, die 1984 gekaufte ’62 Vintage Reissue und seine geliebte Fender Stratocaster von 1960. Die Strats waren mal weiß, mal rot, in den 2000ern gab es auch mal eine sehr auffällige Strat mit goldenem Pickguard, dann wieder eine rote Strat mit Gold-Hardware, die er u.a. 2012 bei einem Gig im New Yorker Club Le Poisson Rouge dabei hatte. Damals sah sein weiteres Setup wie folgt aus:

  • TC Electronic Sustain Equalizer
  • Zwei Boss Super Over Drive SD-1
  • Boss FV-50 Volume Pedal
  • Boss Digital Delay DD-3T
  • Boss Digital Delay DD-7
  • Fender Twin Reverb 2×12-Speaker
  • Fender Blues DeVille 4×10-Speaker

Das Konzept stand also und wurde bis heute nur noch wenig variiert.

Frühe Aufnahmen

Terje Rypdal und The Vanguards

Die norwegischen The Vanguards waren eine lustige Sixties-Boy-Group, mit Haarschnitten, deren Wildheit später niemand mehr begriffen hat. Und spielen konnten sie auch, klar orientiert an den Shadows und Beatles. Der damals noch sehr junge Terje Rypdal (*1947), war von 1962 bis 1967 Mitglied der Vanguards, die anfangs überwiegend instrumental spielten. Für das Album ,The Vanguards: Hjemme Igjen Triola‘ (1966) hat Rypdal zumindest einen Co-Composer-Credit für den Track ,Du Har Gjort Meg Glad‘. An den folgenden 7″-Singles von The Vanguards war Terje Rypdal beteiligt:

  • Roll Over Beethoven / Why Did I Leave You (1963)
  • Eg Ser Deg Utfor Gluggjen / Charmaine (1963)
  • Vanguard Special / Poinciana (1963)
  • En Liten Gylden Ring / Twist Little Sister (1963)
  • Dream Lover / Hi-heel Sneakers (1964)
  • Mot Ukjent Sted / Smil, Sanger Og Solskinn (1965)
  • Min Barndoms By (1966)
  • Hjemme Igjen (1966)
  • Lykkeveien (1966)
  • I Cry / On My Mind (1966)
  • Gyldne September (1967)
  • Graduation Day / Tonight, Tonight (1967)
  • Dagdrøm / Jeg Skjuler Tårene I Regn (1967)
  • Jeg Tror Jeg Drar Avsted / Min Sang (1967 )

 

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Terje Rypdal und The Dream

Die norwegische Psychedelic-Rock-Band The Dream bestand aus Christian Reim (p, org, voc), Terje Rypdal (g, voc), Hans Marius Stormoen (b) und Tom Karlsen (dr, voc). Ihr einziges Album ,Get Dreamy‘ wurde 1967 in Stockholm aufgenommen. Die Songs klingen typisch Mid-Sixties, mit einer interessanten Offenheit bei den Arrangements: klassische bzw. barocke Elemente, jazzige Piano- oder Orgel-Parts, rockige Wah-Gitarren und ganz viel psychedelischer Hall. Ich höre hier Beatles, Procol Harum, Hendrix, manche ruhige Songs erinnern an David Bowies erste Aufnahmen und auch die ganz frühen Pink Floyd sind hier irgendwie präsent. Die Gitarren-Parts sind gekonnt gespielt und wirklich interessant, denn Terje Rypdal geht hier auch mal in die Vollen und kommt mit Effekten an, die damals wirklich revolutionär waren: Feedback-Orgien, tolle Fuzz-Sounds, WahWah, manchmal glaubte ich Backwards-Parts zu hören, die damals nur aufwändig, mit rückwärts abgespielten Tonbändern zu realisieren waren.

Bei ,Ain’t No Use‘, dem mit Abstand längsten Titel des Albums (8:22 min!) ist Rypdal auch als Sänger zu hören. Sein Gitarrenspiel ist extrem abgefahren und geht musikalisch weit über die Rock-Grenzen hinaus. Keine Frage, dass Terje Rypdal damals schon mit dem zeitgenössischen Free Jazz in Berührung gekommen war – er rockt und swingt zugleich. Und auch das wahre Potenzial des neuen Superstars Jimi Hendrix hatte er wirklich verstanden wie nur wenige andere Musiker. In ,I’m Counting On You‘ klingt die Band dann wie eine Mischung aus Joe Cocker und den frühen Deep Purple, wieder mit sehr dominanter Lead-Gitarre. Und dann folgt mit ,Night Of The Lonely Organist And His Mysterious Pals‘ das mit 5:46 min zweitlängste Stück des Albums, eine merkwürdig groovende instrumentale Jam-Nummer mit langem Orgelsolo, eigenwilliger Rhythmusgitarre und spacigem Ende.

Bei der Pop-Ballade ,You‘ wird vor allem deutlich, dass die Schul-Englisch-Lyrics mit hoher „you and me“-Dichte nicht die Stärke dieser Band waren und qualitativ nicht mit der wirklich unberechenbaren Musik mithalten konnten. Denn einen Track weiter, in ,You’re Right About Me‘, kombinieren The Dream in knapp drei Minuten fast countryeske Rockabilly-Licks mit einem artrockigem Interlude und einem swingenden Solo-Part, der in einen Pop-Refrain mit Chorgesang mündet. Weird! Die Hendrix-Widmung ,Hey Jimi‘ ist eigentlich relativ unspektakulär ausgefallen, da bleibt insbesondere Rypdal gitarristisch hinter seinen Möglichkeiten zurück. ,Do You Dream‘ zeigt dann noch mal alle Qualitäten und Verrücktheiten dieser experimentierfreudigen, psychedelischen jungen Band. Ein absolut spannendes Album.

https://youtu.be/TdzJ7p-Gxeo

https://youtu.be/C1sUknwrgLM

Terje Rypdal und George Russell

Ein paar Eckdaten vorab: George Allan Russell (* 23. Juni 1923, + 27. Juli 2009) war ein amerikanischer Jazz-Pianist, Komponist und Musikwissenschaftler, dessen 1953 erschienenes musiktheoretisches Werk „Lydian Chromatic Concept of Tonal Organization“ als wichtige Anregung der Entstehung des modalen Jazz angesehen wird. beitrug. Ab Mitte der 1960er-Jahre lebte George Russell in Norwegen und Schweden, wo er mit jungen Musikern wie Jan Garbarek, Terje Rypdal, Arild Andersen und Jon Christensen zusammenarbeitete. 1969 kehrte er in die USA zurück und baute am New England Conservatory of Music eine Jazz-Abteilung auf.

Terje Rypdal (dessen Name auf frühen Russell-LPs Rypdahl geschrieben wurde) taucht bei einigen Russell-Projekten der Jahre 1966 bis ’71 auf. Frühe Aufnahmen von 1966/67 erschienen erst 1982 auf ,The Essence Of George Russell‘. Die bekannteste Russell-Komposition ELECTRONIC SONATA FOR SOULS LOVED BY NATURE erschien erstmals 1971 auf dem norwegischen Sonet-Label als Live-Mitschnitt und war George Russells erstes BigBand-Opus, das auch elektronische Klangerzeugung mit einbezog – das Ergebnis war inspiriert von zeitgenössischer E-Musik, aber auch von der elektrifizierten Pop- und frühen Rock-Musik. Zu der Jazz-BigBand aus skandinavischen Musikern gehörte u.a. das komplette spätere Jan-Garbarek-Quartett mit Terje Rypdal (g), Arild Andersen (b), Jon Christensen (dr) und Saxophonist Garbarek, der da noch mit dem zeitgenössischen Free Jazz flirtete. Ob Rypdal schon damals etwas von Gitarrenkollege Sonny Sharrock gehört hatte? Man könnte es vermuten.
Keine Frage, dass Rypdal hier früh den Zugang zum freien Jazz gelernt hat – und wirklich offen und kompetent genug war, den Spagat zwischen seiner zeitgleich aktiven Psychedelic-Band The Dream und diesem vergleichsweise abenteuerlichen Unternehmen zu meistern. Seine spätere Musik sollte aber dann doch ein klarer Gegenentwurf zu George Russells opulenten Arrangements werden. Sein einziges längeres Gitarrensolo ist clean und postboppig angelegt, mit sprödem Rypdal-Ton, aber integriert in das hier zu absolvierende Ganze.

Das Album GEORGE RUSSELL SEXTET: TRIP TO PRILLARGURI wurde im März 1970 aufgenommen. George Russell (p), Jan Garbarek (sax), Stanton Davis, Jr. (tp), Terje Rypdal (g), Arild Andersen (b) und Jon Christensen (dr) spielen je drei Kompositionen von Russell und Garbarek, plus eine von Ornette Coleman. Und in dieser (gegenüber den Sonata-Aufnahmen) kleineren Besetzung, kommen die einzelnen Solisten auch öfter mal zum Zug.
Prägnant von Anfang an ist Bassist Arild Andersen, der nach dem sehr kollektiv angelegten ,Theme‘ von Garbarek auch nahtlos in Russells Komposition ,Souls‘ überleitet, die aufgrund des Bass-Riffs schon Assoziationen zu späteren Rypdal-Aufnahmen erzeugt. Die Bläsersätze und auch manche Piano-Parts lenken die Musik aber erst mal in eine andere Richtung – weit weg von Europa. Und diese Musik swingt, rockt, fließt, groovt irgendwie sogar dezent funky – aber bisher schwebt sie nicht.

Und auch Rypdals Solo gegen Ende von ,Souls‘ klingt so, dass ich ihn nicht erkannt hätte. Diese Aufnahmen haben wirklich noch US-Jazz-Rock-Flair und könnten teilweise auch von Chicago oder Blood Sweat & Tears stammen – aber nicht von Tower Of Power und nicht von Miles Davis. Track 3, ,Event III‘ geht dann doch mal sehr minimalistisch ins Freie, ist aber nach 2:22 Minuten beendet – fließend gefolgt von Garbareks knapp doppelt so langer Komposition/Improvisation ,VIPs‘. Und auch hier ist Arild Andersen wieder der Haupt-Energielieferant, und wieder leitet er in den nächsten Titel über: ,Stratusphunk‘ (Russell) marschiert etwas verfroren los, klingt erst nach late 50s und dann spielt sich Trompeter Stanton Davis frei. Rypdals Gitarrensolo hat einen warmen Ton, einigermaßen Hall, und bringt spielerisch nichts charakteristisches von ihm rüber. Auch hier: Ich hätte ihn nicht erkannt! Im finalen ,Man On The Moon‘, einer Komposition von Ornette Coleman, wird Rypdal dann hyperaktiv und shreddet sich durch seinen Chorus. Interessant, untypisch und immer etwas mit dem Flair behaftet von „Spiel das mal so wie … Sonny Sharrock trifft John McLaughlin“. Eine harte Schule und aus heutiger Sicht ein richtiger Weg zur Selbstfindung.
GEORGE RUSSELL: LISTEN TO THE SILENCE, eine Aufnahme der Live-Premiere einer Auftragskomposition vom 26. Juni 1971, beendete die Zusammenarbeit von Russell und Rypdal, der hier im orchestralen Geschehen etwas untergeht und nur im Track ,Event IV‘ richtig zu hören ist. Mit dabei waren außerdem u.a. Arild Andersen (b), Bobo Stenson (p), Jon Christensen (dr), Jan Garbarek (ts) sowie die beiden Chöre Chorus of the Musikk Konservatoriet of Oslo und Chorus from the New England Conservatory of Music. Nicht unanstrengend.

Weitere Alben von 1969 bis ’71 auf denen Terje Rypdal zu hören ist

BADEN BADEN FREE JAZZ ORCHESTRA, GITTIN‘ TO KNOW Y’ALL
Aufnahmen vom Dezember 1969, u.a. mit Terje Rypdal (g), Karin Krog (voc), Barre Phillips & Palle Danielsson (b) und Steve McCall (dr). Die Tracks ,Ved Soerevatn‘ und ,For My Two J.B.’s‘ stammen von The Terje Rypdal Group. Kaum nachvollziehbar.

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HIMMEL & HELVETE (HEAVEN & HELL)
Ein Kino-Soundtrack von 1969, eingespielt u.a. von Terje Rypdal, Jan Garbarek und Svein Christensen!!!

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MIN BUL: MIN BUL
Recorded at Rosenborg Studios, Oslo, Norway, 1970-09

DON CHERRY, THE NEW ETERNAL RHYTHM ORCHESTRA / KRZYSZTOF PENDERECKI: ACTIONS
Live At The Donaueschingen Music Festival October 17, 1971, u.a. mit den Free-Jazz-Größen Han Bennink, Gunter Hampel, Peter Brötzmann, Albert Mangelsdorff und Don Cherry.

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NEW VIOLIN SUMMIT
Aufnahmen vom Berlin Jazz Festival, 7. November 1971. Cooler Jazz-Rock mit großartigen Solisten, die hier allerdings gelegentlich wild um die Wette fiedeln. Aber nicht nur. Rypdals Gitarrenton ist rau, rockig-bluesig-rotzig. Mit den Geigern Don ‚Sugar Cane‘ Harris, Jean-Luc Ponty, Michael Urbaniak und Nipso Brantner, Terje Rypdal (g), Wolfgang Dauner (kb), Neville Whitehead (b) und Robert Wyatt (dr).

 

Terje Rypdal als Solist & Co-Leader

Terje Rypdal: Bleak House (1968)

Terje Rypdal: Guitar, Flute, Vocals
Jan Garbarek: Tenor-Saxophone, Flute, Bells
Christian Reim: Organ, Piano
Terje Venaas: Bass
Jon Christensen: Drums
Tom Karlsen: Drums
plus 12 piece Horn-Section

,Bleak House‘, in opulenter BigBand-Besetzung aufgenommen zwischen dem 7. und 22. Oktober 1968, ist Terje Rypdals erstes Album unter eigenem Namen, mit einer Musik, die kaum ahnen ließ, wie sich dieser Künstler in den kommenden drei bis fünf Jahren noch entwickeln sollte. Der erste Track, ein verhaltener Clean-Blues mit Gesang, knüpft an die beiden früheren Bands des Gitarristen an. Oder wollte Rypdal doch noch Popstar werden? Dann folgt ,Wes‘, klar bezogen auf den amerikanischen Jazz-Gitarristen Wes Montgomery (*1923 +1968), der kurz vor seinem frühen Tod noch Popstar geworden war, nicht nur mit seinem genialen ,Road Song‘, auch und vor allem mit leichten Cover-Versionen von Beatles-Hits wie ,A Day In The Life‘ oder ,California Dreaming‘ von The Mamas & Papas. Der junge Mann, der eben noch gesurft, in seine Flöte gesungen, wie Peter Green soliert und mit The Dream psychedelischen Krach mit Blues-freien Hendrix-Ambitionen produziert hat, konnte auch anders. Wobei sein Jazz-Ansatz vor Horn-Section hier zwar swingend, aber tonal und in punkto Phrasierung doch ein sehr eigenwilliger ist. Und einen Track weiter, in ,Winter Serenade‘ sind dann schon ganz andere Vibes zu spüren – coltraneske Walls of Horns, abstrakte Gitarrengeräusche, ein irgendwie offenes Ende. Der Titel-Track des Albums ist dann wieder zurückhaltender, wobei die anfangs brave Gitarre dann doch abrockt, leicht sharp intoniert, besonders in den Bendings – es war die Zeit vor der Erfindung des Stimmgeräts. Sehr Easy Listening, mit Akustikgitarre, Stimme und Querflöte endet dann dieses doch diverse Album, das für mich die Achse der Rypdal-Karriere ist – denn dann drehte sich das Fahrzeug in eine etwas andere Richtung.

Jan Garbarek/Arild Andersen/Jon Christensen/Terje Rypdal: Esoteric Circle (1969), Afric Pepperbird (1970), Sart (1971)

Jan Garbarek: Tenor-Saxophone
Terje Rypdal: Guitar
Arild Andersen: Bass
Jon Christensen: Percussion

Zwischen 1969 und ’71 entstanden gleich drei wichtige Alben des norwegischen Saxophonisten & Flötisten Jan Garbarek (* 4. März 1947), die Terje Rypdal (wie auch Arild Andersen und Jon Christensen) als Co-Leader listen.

THE ESOTERIC CIRCLE wurde von George Russell produziert, und neben dem amerikanischen Bandleader als Produzenten waren mit Bob Thiele (Executive Producer) und Nat Hentoff & Michael Cuscuna (Liner Notes) noch weitere Größen des US-Jazz-Business involviert, die hier neue Talente aus Old-Europe entdeckt hatten, die sie fördern wollten. Das hatte Russell ja bereits vorher mit der Verpflichtung der vier Musiker in seiner eigenen Band getan. Anfangs wurde dieses Album unter dem Band-Namen „The Esoteric Circle“ vermarktet, mit dem Zusatz „George Russell presents“.
Wenn man hört, wie eigenwillig Terje Rypdal direkt im zweiten Track ,Rabalder‘ sein langes Solo gestaltet, war Russells Engagement berechtigt wie mutig. Rypdals cleaner, mittiger Gitarrenton rockt gewaltig, er zitiert ,You Really Got Me‘ von den Kinks, erinnert kurz an John McLaughlin, dann schon fast an den etwas eckigeren James Blood Ulmer, der erst später bekannt werden sollte (1969 spielte Ulmer in der Band des Soul-Jazz-Organisten und Blue-Note-Künstlers Big John Patton). Auch in Track 4, ,VIPs‘ bricht Rypdal in seinem Solo Sonny-Sharrock-mäßig aus in die freie Welt. Eventuell kannte er ja wirklich schon dessen Aufnahmen mit Pharoah Sanders, Don Cherry, Herbie Mann, Roy Ayers oder auch die Musik von Sharrocks Solo-Debüt ,Black Woman‘ (1969). Ich finde es absolut großartig, energetisch, packend, wie Terje Rypdal hier Gitarre spielt (in Track 5, ,SAS 644′ ist sogar kurz mal ein WahWah zu hören) – mit dem, was seine spätere, eigene Musik ausmachen sollte, hat das allerdings nicht viel zu tun. Aber es war wichtig! Denn wenn man die Free-Trips von ,The Esoteric Circle‘ gehört hat, empfindet man sein späteres Spiel anders, man versteht seine Melodik und Klanggestaltung neu.

Im Titel-Track des Albums geht es dann aber wieder ganz cool, straight ahead swingend zur Sache. Bassist Arild Andersens Präsenz prägt diese Musik sehr, und Drummer Jon Christensen spielt hier noch mit einer immensen Energie, die später oft hinter seinem sensibleren Ansatz verschwindet. Und dann Jan Garbarek: Man hat selten so deutlich gehört, dass er Tenor- und kein anderes Saxophon spielt. Seine Komposition ,Nefertite‘ ist eine dezente Annäherung an John Coltrane, ,Karin’s Mode‘ dagegen ein Hinweis auf das, was noch kommen sollte … auch was Rypdals Beitrag angeht. Terjes Ton bleibt zwar clean, aber er experimentiert mit dem Bottleneck, setzt etwas WahWah ein und dann kommt doch noch dezente Übersteuerung ins Spiel. Er kann rocken, setzt den Vibratohebel ein (oder ist es Fingervibrato?) und verwendet Effektgeräte … – es ist die Zeit von ,Bitches Brew‘, John McLaughlin, Sonny Sharrock und Jimi Hendrix. Die finalen 03:40 Minuten dieses Albums, in lockerer Sonny-Rollins-plays-Calypso-Atmosphäre bringen so ziemlich aus dem Nichts irgend etwas zwischen Humor und Heile-Welt-Klang. Man kann froh sein, dass dieser Stimmungskiller-Track nicht mittendrin platziert wurde.

Das später auch unter dem Namen „Jan Garbarek Quartet“ gelistete Album AFRIC PEPPERBIRD wurde am 22./23. September 1970 im Bendiksen Studio, Oslo, unter der Leitung von Produzent Manfred Eicher und Tontechniker Jan Erik Kongshaug für das neue Label ECM aufgenommen – und war der Beginn beachtlicher Karrieren aller Beteiligten. Im Booklet ist Rypdal mit einer Rickenbacker-E-Gitarre zu sehen. Too jazzy, no soundscapes – Rypdal erweckt den Eindruck, neues Terrain zu betreten, ohne so ganz zu wissen, was er da anstellen will. Das trifft auch auf Garbarek zu, der hier noch sehr rau und wild zur Sache geht – danach wurde er zahmer und war sehr kreativ mit für das verantwortlich, was man in der Folgezeit als ECM-Sound bezeichnete.

SART wurde am 14./15.April 1971 in Oslo aufgenommen. Das Quartett Arild Andersen (b), Jon Christensen (dr), Jan Garbarek (sax, fl), Terje Rypdal (g) wurde um Bobo Stenson (p) erweitert. Gegenüber dem Vorgänger ,Afric Pepperbird‘ hat Jan Garbarek Transparenz gelernt, trotz der erweiterten Besetzung. Zwei ca. zweiminütige Tracks stammen jeweils von Arild Andersen und Terje Rypdal. Auf Rypdals Solo-Album aus dem selben Jahr war Jan Garbarek dann noch dabei, danach gingen die beiden Musiker verschiedene Wege. Hier spielten sie eher nebeneinander. Zwei zu starke Charaktere? Der ehemalige Free-Jazzer und der freiheitsliebende Rocker …

Terje Rypdal: Terje Rypdal (1971)

Arild Andersen: Bass, E-Bass
Bjørnar Andresen: Bass
Jon Christensen: Percussion
Eckehard Fintl: Horn, Oboe
Jan Garbarek: Clarinet, Flute, Sax
Tom Halversen: Keyboards, E-Piano
Inger Lise Rypdal: Vocals
Terje Rypdal: Flute, Guitar, Vocals
Bobo Stenson: Keyboards, E-Piano

Dieses selbstbetitelte Album ist für mich, nach ,Bleak House‘ von 1968, das zweite Solo-Debüt des Gitarristen, weil er hier zum ersten Mal auch musikalisch sehr eigene Wege geht. Nach Surf, Beat, Psychedelic und Hendrix-Begeisterung, George Russell, Free Jazz und Neuer Musik war es soweit: Mit 24 Jahren hatte Terje Rypdal sein erstes ECM-Album unter eigenem Namen am Start, auf dem schon in sehr viel konkreteren Ansätzen das zu hören war, was ihn bis heute ausmacht. Und das begann, ganz zeitgeistig, mit einem ,Bitches Brew‘-lastigen Riff und Gitarrenakkorden, die an John McLaughlins Parts bei Miles Davis erinnerten. Aber dann ging Rypdal weiter – seinen eigenen Weg, mit sphärischen Sound-Settings, luftigen Arrangements und traurigen Licks und düsteren Akkorden. Der nordische Blues war geboren! Großartige, so bisher ungehörte Musik mit eigenwilligen Gitarren-Parts, überzogenen Bendings, sägender Verzerrung, Panning-Effekten, extremem Studio-Hall und Klangkonstrukten und Geräuschen, die man so von Gitarristen bisher nicht kannte.

Und immer wieder kommt ,Bitches Brew‘ durch, aber auch die abstraktere, Soul-freie europäische Avantgarde, ganz weit weg vom Funk-Jazz-Soul-Rock-Crossover des Miles Davis … Cool! Und dann wird es in Track 5 doch noch mal bluesig, aber auch das ganz anders als man es kennt. Seine großen, hymnischen Melodiebögen waren noch nicht geboren – oder die Kinder wurden versteckt gehalten, weil die bitchige Ein-Groove-Politik plus kurze Phrasen als Aushängeschild der Electric-Jazz-Familie immer noch dominierten. Auch die Besetzung der Sessions vom 12. und 13. August 1971 im Arne Bendiksen Studio, Oslo, war durchaus an den großen Inspirator und sein Gamechanger-Meisterwerk angelehnt.

Mit der Nummer ECM 1016 war ,Terje Rypdal‘ das sechzehnte auf dem Münchener Label erschienene Album. Die schon mit Jan Garbarek erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Team von Produzent Manfred Eicher und Engineer Jan Erik Kongshaug sollte jetzt auch für Rypdals Solo-Produktionen grundlegend werden. Viele großartige Produktionen dieses Kult-Labels wurden an nur zwei Studiotagen erstellt. Was wirtschaftlich absolut realistisch war und ist.

Terje Rypdal: What Comes After (1973)

Barre Phillips: Bass
Sveinung Hovensjø: E-Bass
Terje Rypdal: Guitar, Flute, Vocals
Jon Christensen: Drums, Organ
Erik Niord Larsen: Oboe, English Horn

Bei den ersten Tönen dieser Aufnahmen vom 7./8. August 1973 ist schon klar, was sich verändert hat: Es ist Sveinung Hovensjø am E-Bass, der mit einem stoisch repetierten Lick die Musik trägt – und sein Kollege Barre Phillips am Kontrabass, der mit gestrichenen Parts eine weitere Farbe ins Spiel bringt. Rypdals Akkordzerlegungen und scheinbar ziellose Melodielinien kommen im ersten Track ,Bend It‘ noch sehr kantig rüber. Aber dann fließt alles, rockt, eskaliert, um wieder in die coole Atmosphäre des Openers zurückzufallen. Interessant ist die solistische Funktion von Barre Phillips, insbesondere bei den gestrichenen Parts. Seine Position innerhalb der Musik, der Arrangements, der Band wurde beim folgenden Album ,Whenever I Seem To Be Far Away‘ (1974) von Waldhornist Odd Ulleberg übernommen, und dann bei ,Odyssey‘ (1975) von Posaunist Torbjorn Sunde. Vom Klangspektrum her und auch vom Timbre liegen die genannten Instrumente auch nicht so weit auseinander – da ist immer diese knarzige Wärme im Spiel.
,What Comes After‘ liefert dunkle, warme und letztlich hoffnungsvolle Musik. The Dark Side Of The ECMoon.

Terje Rypdal: Whenever I Seem To Be Far Away (1974)

Sveinung Hovensjø: 6-String Bass, Bass,
Pete Knudsen: Keyboards, Mellotron, E-Piano
Terje Rypdal: Flute, Guitar, Vocals
Jon Christensen: Percussion,
Christian Hedrich: Viola
Odd Ulleberg: French Horn, Horn,
SDR Symphony Orchestra

Rypdal & Band-Kollegen mit großem Orchester. ,Odyssey‘ ist bei den ersten beiden Album-Tracks ,Silver Bird Is Heading For The Sun‘ und dem an Carla Bley erinnernden ,The Hunt‘ schon gefühlt am Start, hier dominiert aber noch stärker die Kontrastierung der Klangfarben beider Ensembles. Wobei Hornist Odd Ulleberg auch hier wieder ganz klar die Position im Arrangement einnimmt, die beim nächsten Album Posaunist Torbjørn Sunde fast zum Co-Leader machen sollte. Faszinierend ist auch Sveinung Hovensjø am knackigen 6-String Bass. Beim knapp 18-minütigen Titeltrack ,Whenever I Seem To Be Far Away‘ – Untertitel „Image for electric guitar, strings, oboe and clarinet“ – stehen sich dann Rypdal und das Orchester frontal gegenüber. Neue Musik, irgendwie unplugged, irgendwie soundtrackig, irgendwie Bruckner. Der Rock-Faktor ist hier auf standby, aber er sollte wiederkommen …

Terje Rypdal: Odyssey (1975)

Brynjulf Blix: Organ
Svein Christiansen: Drums,
Sveinung Hovensjø: 6-String Bass, Bass,
Terje Rypdal: Guitar, Sopran-Sax, String Ensemble
Torbjørn Sunde: Trombone

Die Aufnahmen zu dieser legendäre Doppel-LP wurde im August 1975 im Arne Bendiksen Studio, Oslo, aufgenommen – diesmal also an mehr als zwei Tagen. Das dunkle, blau-schwarze Cover hat mich von Anfang an fasziniert: Ein lächelnder Terje Rypdal sitzt im geöffneten Heck eines Vans, der damals 28-jährige Musiker in weiter Schlaghose hat eine dunkle Jacke an und eine Gitarre umgehängt. Was auf den ersten Blick wie eine Fender Stratocaster aussieht ist ein Fender Bass VI. Die Odyssee konnte beginnen.

,Odyssey‘ hieß auch die Band des Gitarristen. 1975 gehörten neben Rypdal (guitar, string ensemble, soprano sax) noch Torbjørn Sunde (trombone), Brynjulf Blix (organ), Svein Christiansen (drums) und der fantastische Sveinung Hovensjø (6 & 4 string fender bass) zu dieser ungewöhnlich besetzten Electric-Jazz-Formation, die eine Posaune als zweites Lead-Instrument in den Vordergrund stellte. Ebenso wichtig wie die beiden Hauptsolisten war Bassist Hovensjø, denn er legte eigentlich über weite Strecken den Grundstein für Rypdals Musik: Der bestand oft nur aus einem einfachen, tiefen, prägnanten Lick, das sich bis zu 25 Minuten lang wiederholte – und das mit geradezu hypnotischer Wirkung. Oder aber aus verzerrten Lead-Bass-Melodien des Fender VI, ganz weit vorne im Klangbild. Dazu kamen ein sehr sensibel den Beat umspielendes Schlagzeug, eine sphärisch verfremdete Orgel, und immer wieder die kraftvolle Linien von Posaunist Torbjørn Sunde. Bandleader & Gitarrist Terje Rypdal steht im Fall von ,Odyssey‘ nicht permanent im Vordergrund – denn da spielt die Atmosphäre. Sein akkordisches Spiel mit teils schrägen Quart-Voicings ist oft unaufdringlich, Band-dienlich – dabei aber unheimlich kraft- und stimmungsvoll.

Und wenn er solistisch ausbricht, dann richtig, mit minutenlangen, emotionalen, hymnischen oder schreienden Lead-Passagen, meist als Singlenote-Spieler mit verzerrtem Ton, WahWah, etwas Raumeffekt. Rypdal spielt unglaublich schöne, traurige Melodien, oft mit eingefadeten Tönen (Violining) und eigenwilliger Rauheit und Dramatik. Und wo manche Licks fast unbeholfen und etwas steif klingen, überrascht immer wieder die Unberechenbarkeit dieses Gitarristen, der, wenn es sein muss, auch schnellere Tempi beherrscht und Mahavishnu-mäßig nach Öl bohren kann. Rypdals Solo in ,Ballade‘ ist ein großartiges Stück eigenwilliger Rock-Gitarrenmusik, sein Intro zu ,Darkness Falls‘ erinnert an John Coltranes späte Aufnahmen, ,Better Off Without You‘ täuscht mit verspielten Changes eine kleine Fusion-Nummer an und wird dann aber zu einem ganz eigenwilligen Gemälde mit Fuzz-Bass, ,Over Birkerot‘ transportiert ProgRock-Monumentalismus, Free-Energie, einen HiSpeed-Groove und Interaktion hoch drei gleichermaßen.

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Wer hat nach ,Odyssey‘ noch so gespielt zwischen Jazz und Rock? Wer hat so dreckige und gleichzeitig schöne Gitarrentöne in die intellektuelle Welt des neuen Jazz gebracht? Rypdal hat den Blues des Nordens erfunden, eine Musik mit Emotion, Kraft, Sex. Eine Musik, die gleichzeitig die europäische Tradition wie auch die westliche Industriegesellschaft reflektierte – analog zum Background der afroamerikanischen Musik des 20 Jahrhunderts. Und hier zeigt sich auch eine Eigenart dieses Musikers, die ebenfalls Reibung erzeugt. Rypdal ist ein so open-minded wie bodenständiger Gitarrist, ein Blues- und Rock-Musiker, der eigene Wege durch eine fremde, schöne neue Welt versucht hat. Und das macht ihn besonders spannend und sympathisch.

Das Album wurde verdientermaßen in den 70ern mit dem „Deutscher Schallplatten Preis“ der Phono-Akademie ausgezeichnet und das LP-Cover mit einem fetten Sticker verschönert. Später gab es dann auch eine CD-Ausgabe, die unglaublich war: Da aufgrund der Spieldauer nicht alle acht Tracks der Doppel-LP auf eine CD passten, ließ man einfach ,Rolling Stone‘, den mit 23:54 Minuten längsten Titel, der die komplette vierte LP-Seite füllte und das Album auch dramaturgisch abschloss, weg. OK, CDs waren in den ersten Jahren unverhältnismäßig teuer, und eine Doppel-CD zu einem Preis von mehr als 50 D-Mark hätte wahrscheinlich überhaupt keine Verkaufschance gehabt – aber rechtfertigt das eine solche Amputation? Schwierige Entscheidung.

Erst 37 Jahre nach seiner Entstehung lag ,Odyssey‘ dann 2012 auch digital in voller Länge vor, dank der ECM-Veröffentlichung ,Odyssey in Studio & In Concert‘. Jetzt war zwar das originale Artwork bei diesem 3CD-Set abhanden gekommen, und der Titel suggerierte fälschlicherweise, hier könne man ,Odyssey‘ auch noch in einer Live-Version erleben – aber mit einem 24-seitigen Booklet und den drei Scheiben in der weißen Pappbox war diese überfällige Neuveröffentlichung wirklich ein Geschenk für Fans. Endlich war auch der gigantische Track ,Rolling Stone‘ in bester Qualität zu erleben, und CD3 lieferte mit ,Unfinished Highballs‘ einen Radio-Mitschnitt der großartigen Odyssey-Band, leider ohne Posaunist Torbjørn Sunde, dafür aber mit den fünfzehn Musikern der Swedish Radio Jazz Group, der bisher komplett unveröffentlicht war. Diese Aufnahme entstand im Juni 1976: Ergänzt durch zwölf Bläser, zwei Bassisten und einen Drummer hat diese eigenwillig besetzte BigBand direkt im Opener Mahavishnu-mäßige ,Apocalypse‘-Power produziert, danach wird es dann moderater. Die Magie von ,Odyssey‘ lebt hier nicht noch mal auf. Eine nette Zugabe zu einem Meisterwerk, das für mich zu den wichtigsten Gitarren-Alben des Jazz gehört.

Terje Rypdal: After The Rain (1976)

Terje Rypdal: Guitars, Flute, Keyboards
Inger Lise Rypdal: Vocals

Nach dem fantastischen Band-Energieschub ,Odyssey‘ folgte exakt ein Jahr später ein Duo-Album mit Sängerin und Ehefrau Inger Lise Rypdal. Terje Rypdal selbst ist hier an diversen E- und A-Gitarren zu hören, als Flötist und Sopran-Saxophonist, aber auch als Pianist, Keyboarder mit E-Piano, String Ensemble und an den Tubular Bells. Musik ohne Beats ist hier zu hören, und im Nachklang von ,Odyssey‘ fühlt man sich bei ,After The Rain‘ wie kurz vor einem Sonnenaufgang nach einer langen Nacht. Müde, glücklich und zu lebensgierig um einzuschlafen. Bei ,Now And Then‘ hört man den Gitarristen im Duo mit sich selbst an der Acoustic, das folgende ,Wind‘ ist mit knapp anderthalb Minuten der kürzeste Track des Albums – mit Flöte solo, unterstützt von großem, tiefen Raumklang. Es folgt mit 06:06 Minuten das längste Stück: ,After The Rain‘. Rypdal an der verzerrten E-Gitarre vor harmonisch tragenden String-Sounds, deren immer wieder überraschende Wendungen vom Solisten mal eingeleitet, dann wieder scheinbar verfolgt werden, immer auf der Suche – nach was? Es gibt wenig Musik, die mich so existenziell berührt, die irgend etwas ankickt, das mir sagen will, dass ich noch viel mehr leben soll, dass ich das umsetzen muss, woran ich denke, dass ich fühlen muss, vergessen, entdecken, üben, genießen, machen. Und das Wesentliche sehen und fühlen – darum geht es hier auch musikalisch – darum ging es Rypdal immer. Minimalismus kann durchaus maximalen Ausdruck bedeuten. Ein fantastisches Album.

Terje Rypdal: Waves (1978)

Terje Rypdal: Electric Guitar, RMI Keyboard Computer, ARP Synthesizer
Palle Mikkelborg: Trumpet, Flugelhorn, RMI To Piano Ring Modulator
Sveinung Hovensjø: 6 & 4-String Electric Bass
Jon Christensen: Drums, Percussion

Direkt mit den ersten Beats wird klar, dass sich bei diesen Aufnahmen vom September 1977 etwas verändert hat: die Technik! Und mal abgesehen vom elektronischen Beat ist die sehr positive Grundstimmung des ersten Tracks ,Per Ulv‘, mit seinen in Dur gehaltenen Akkordfolgen ungewohnt. Bei ,Karusell‘ klingt das schon anders, denn da sind wieder die zerbrechliche Räumlichkeit und der Blues des Terje Rypdal präsent. Aber wie bereits erwähnt, technisch aufgestockt: Rypdal scheint hier einen Phase-Shifter eingesetzt zu haben, oder die Pickup-Zwischenposition seiner Stratocaster in Verbindung mit kontrolliertem Anschlag an wechselnden Positionen täuscht – man kann sich diesem Sound eben auch analog annähern, ihn in Handarbeit simulieren. Später ist dann auch auf der Gitarre ein Ringmodulator-ähnlicher Sound zu hören, eventuell auch noch ein Verzerrer mit Octaver.

Noch etwas zur Harmonik: Für mich fühlt sich die Musik von Terje Rypdal, insbesondere in ruhigeren Passagen, oft so an, als würden sich Bass-Töne und Harmonien mal zufällig treffen, dann ein Stück Weg gemeinsam gehen um sich wieder voneinander abzuwenden. So, als wären beide in einer On/Off-Beziehung mit Begegnungen und immer wieder auch Distanzierung. Palle Mikkelborgs Flügelhorn spielt dieses Spiel hier mit. Improvisation? Komposition? Beides?
Track 3 heißt ,Stenskoven‘ und basiert auf einer Komposition von Mikkelborg. Eine komplett andere Welt. Hier hätte es mich nicht gewundert, wenn Carla Bley um die Ecke gekommen wäre, mit einem Brecht/Eisler-Songbook. Interessant ist, wie sehr sich der großartige ECM-Hausschlagzeuger Jon Christensen hier zurückhält bzw. in den Hintergrund gemixt wurde. Ich vermisse das energetische Spiel von Svein Christiansen.

Der Titel-Track des Albums schwebt wieder zurück in Rypdals Universum, und zu dem wird für mich immer Sveinung Hovensjø gehören, dessen Bass-Spiel auf Vier- und Sechssaitern diese Musik zwischen 1974 und ’78 extrem geprägt hat. Das waren nur vier Alben – ,What Comes After‘, ,Whenever I Seem to be Far Away‘, ,Odyssey‘ und eben ,Waves‘ – aber es waren mit die besten.
Weiter geht es mit ,The Dain Curse‘ zum Finale ,Charisma‘, ein hymnischer Track, der sich aber dann etwas verliert, wenn sich Rypdal und Mikkelborg battlen und Jon Christensen dem nichts entgegensetzt. ,Charisma‘? Das ausgerechnet der so betitelte Track am wenigsten Ausstrahlung hat, ist fast irritierend und lässt dieses zwiespältige Album etwas in die Leere laufen. Geschmacksache.

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Terje Rypdal: Descendre (1979)

Terje Rypdal: Guitar, Keyboards, Flute
Palle Mikkelborg: Trumpet, Flugelhorn, Keyboards
Jon Christensen: Drums, Percussion

,And Then There Were Three‘ hieß das 1978 erschienene, neunte Studio-Album von Genesis. Auch Terje Rypdal hatte bei diesem Studiotermin im März 1979 die Band verkleinert. Jon Christensen (dr, perc), Palle Mikkelborg (tp, flh, kb) und Terje Rypdal (g, kb, fl) substituieren die tiefen Töne auch nur an ganz wenigen Stellen, und dann primär über die Bass-Drum. Jon Christensen ist überhaupt präsenter im Mix. Was immer noch da ist, sind die harmonische Tiefe und Rypdals expressive Linien – aber der bassistische Kontrapunkt, die tiefen Linien, die alles darüber tragen, verstärken aber immer wieder auch umdeuten konnten, fehlen. Die Musik hat passagenweise eine wichtige Facette verloren. Ich vermisse die genialen Basslines von Sveinung Hovensjø hier sehr.

Terje Rypdal / Miroslav Vitous / Jack Dejohnette: Dto. (1979)

Terje Rypdal: Guitar, Guitar Synthesizer, Organ
Miroslav Vitous: Double Bass, Electric Piano
Jack DeJohnette: Drums

Dream-Team! Dieses Album wurde im Juni 1978, nur knapp drei Jahre nach ,Odyssey‘ aufgenommen, und stimmungsmäßig wie konzeptuell höre ich deutliche Parallelen – nur wurde das alte Konzept hier anders instrumentiert umgesetzt. Nicht unwesentlichen Anteil hatten (wie bei den meisten Rypdal-Aufnahmen) ECM-Produzent Manfred Eicher und sein genialer Engineer Jan Erik Kongshaug. Die Stimm(ung)en von ,Odyssey‘-Bassist Sveinung Hovensjø und von Posaunist Torbjørn Sunde übernimmt hier Miroslav Vitous, der seinen Kontrabass zupft, streicht, fordert und auch noch Piano-Parts beisteuerte. Und Schlagzeuger Jack DeJohnette agiert energetisch exakt zwischen Svein Christiansen und seinem Nachfolger Jon Christensen. Ja, und den Rest besorgt Terje Rypdal an der E-Gitarre, dem Gitarren-Synthesizer und der Orgel. OK, das ganz tiefe, tragende Rock-Element fehlt hier, aber der alte Gedanke wurde weiterentwickelt – und es durfte auch gefrickelt werden. Das sehr viel prägnanter als bei ,Descendre‘. Ein intensives Album!

Terje Rypdal / Miroslav Vitous / Jack Dejohnette: To Be Continued (1981)

Terje Rypdal: Electric Guitars, Flute
Miroslav Vitous: Acoustic and Electric Bass, Piano
Jack DeJohnette: Drums, Voice

Zweieinhalb Jahre später, im Januar 1981, traf sich diese Supergroup des neuen Jazz noch mal im Studio: Miroslav Vitous, Jack DeJohnette und Terje Rypdal haben teils das Instrumentarium variiert, knüpfen aber ansonsten fast nahtlos das Vorgänger-Album an, nur mit noch mehr Energie. Manchmal denke ich an Bowies ruhige Tracks von ,Heroes‘ und ,Low‘ bei dieser Musik, und eine Produktion von db, Brian Eno und Terje Rypdal wäre sicherlich mehr als nur interessant geworden … Die Vitous-Komposition ,Mountain In The Clouds‘ kommt hier ganz anders als auf dem originalen Album des Bassisten – ihr geht ein bisschen im Hallraum die Luft aus. Aber dann zeigen die Drei, dass sie auch noch rockpulswingend abjagen können – und sich dann wieder kreativ in sphärischen Spielereien verlieren. Faszinierende Musiker.

David Darling / Terje Rypdal: Eos (1983)

David Darling: Cello, 8-String Electric Cello
Terje Rypdal: Guitars, Synthesizer, Casio MT-30

David Darling und Terje Rypdal – wer denkt da nicht an eine sensible Begegnung zweier Feingeister. Das im Mai 1983 in den Osloer Talent Studio eingespielte Album startet aber mit ,Laser‘, einem extrem hektischen Gitarrensolo, mit dem grauenhaftesten Sound, den ich je von Rypdal gehört habe. „Electronic Guitar“ steht in den Liner-Notes, nicht „Electric Guitar“ – womit genau Terje Rypdal damals, in seiner Synth-Phase, den Klang seiner Stratocaster bearbeitet hat, ist mir im Detail nicht bekannt. Es folgt ,Eos‘, das gut 14-minütige Titelstück des Albums, das mit langen sphärischen Cello-Klängen und weiten Räumen startet. Zeitweise ist unklar, welche Instrumente hier die sphärischen Flächen produzieren. Ab der Mitte des Stücks ist dann ein längeres, hymnisches Rypdal-Solo zu hören, mit warmem, fast höhenarmem, nach zurückgestelltem WahWah klingenden Gitarrenton. Und plötzlich ist er wieder weg, verschwunden hinter schwebenden Cello- & Synth-Wolken. Track 3 heißt ,Bedtime Story‘ und ist ein wirklich berührendes Duo der beiden Musiker. ,Light Years‘ ist die einzige Komposition von David Darling auf diesem Album, und ab da scheinen sich die beiden Musiker endgültig gefunden zu haben. Fantastisches Finale: ,Adagietto‘. Tolles Album – vom zweiten bis zum letzten Ton.

Terje Rypdal: Chaser (1985)

Terje Rypdal: Guitars, Keyboards
Bjørn Kjellemyr: Acoustic Bass, Electric Bass
Audun Kleive: Drums, Percussion

Keine Frage: Terje Rypdal hatte Van Halen gehört, bevor er dieses Album im Mai 1985 im Rainbow Studio, Oslo aufnahm – zumindest könnte man das beim ersten Track ,Ambiguity‘ vermuten. „Und anschließend Morricone“, flüstert mir das nachfolgende ,Once Upon A Time‘ zu. Es folgt ,Geysir‘, eine rockende Gemeinschafts-Komposition u./o. -Improvisation von Bassist Bjørn Kjellemyr, Schlagzeuger Audun Kleive und Terje Rypdal. Mit ,A Closer Look‘ geht es dann für knapp fünf Minuten zurück auf den alten, ruhigen Planeten T.R.. Es folgt ,Ornen‘, ein dezenter Country-Trip. Das Titelstück ,Chaser‘ klingt dann wieder sehr nach EVHimself. Aber alles endet ruhig. Sehr ruhig.

Terje Rypdal & The Chasers: Blue (1986)

Terje Rypdal: Guitars, Keyboards
Bjørn Kjellemyr: Acoustic Bass, Electric Bass
Audun Kleive: Drums, Percussion

In der selben Besetzung wie ,Chaser‘ wurde anderthalb Jahre später, im November 1986, ,Blue‘ eingespielt – mit dem alten Album-Titel als neuen Band-Namen. Weiter in den Vordergrund gerückt zu sein scheint Bjørn Kjellemyr, der an Upright- und E-Bass schöne Melodie-Licks, aber auch jede Menge tragende, drückende Fundamentbausteine beisteuert. Ebenso überzeugen kann das Kollektiv in der Gemeinschaftskomposition ,Kompet Går‘, dem zweiten Album-Track, der gewaltige Energie verströmt, ohne dabei Rypdals Trademarks wegzurocken. Nächstes Highlight dieses großartigen Albums ist ,I Disremember Quite Well‘ mit berührenden, sehr plastischen Basslines vor stehenden Klangflächen von Rypdals Synthesizer. Und dann die gemeinsame Komposition/Improvisation ,Og Hva Synes Vi On Det‘: Was für eine Kombination aus Raum und Klang, von abstraktem Soundscapeing und Emotion, ohne konkret mit Melodie oder Harmonie zu arbeiten! Das passiert dann umso konkreter, intensiver und schöner in ,Last Nite‘ und in ,Blue‘, das aber dann im Mittelteil wirklich seinem Namen folgt und Blues-Licks fordert, um danach wieder zurückzugleiten in eine Welt, die sich die meisten Blues-Songs wohl wünschten …
Den Titel ,Tanga‘ und seine Assoziationen bekomme ich nicht so ganz mit der hier zu hörenden, für Rypdal-Verhältnisse fast schon stramm marschierender Musik zusammen, die sich dann abrupt in sehr eigenwillige, verhallte Gitarren-Licks auflöst. ,On Bare‘ versöhnt genau so abrupt vom ersten Ton an und zieht den Hörer in den Raum, der hier mit mehr Delay-Effekt als sonst angereichert ist, bzw. erst erzeugt wird. Man bekommt das Gefühl in einen Strudel zu geraten, in eine Abwärtsspirale, die langsam aber konsequent alles ins Nichts zieht, immer wieder von kurzen „Orchestra Hits“ gestört – die Erinnerung an ,Owner Of A Lonely Heart‘, von Yes und Produzent Trevor Horn 1983 eingespielt, bleibt verkraftbar.

Terje Rypdal & The Chasers: The Singles Collection (1988)

Terje Rypdal: Guitars
Bjørn Kjellemyr: Acoustic Bass, Electric Bass
Audun Kleive: Drums, Percussion
Allan Dangerfield: Keyboards, Synclavier

Das schon auf zwei Chasers-Alben bewährte Team von Bassist Bjørn Kjellemyr, Drummer Audun Kleive und Gitarrist Terje Rypdal wird im August 1988 ergänzt von Allan Dangerfield. Ist letzterer dafür verantwortlich, dass hier die musikalische Grundstimmung sehr viel positiver ist? Positiver, nicht unbedingt intensiver. So klingt der erste Titel ,There Is A Hot Lady In My Bedroom And I Need A Drink‘ wie ein Mix aus 80s Rock-Pop-Mainstream und Bobby Womack’s ,Breezin’‘ – jedenfalls wird dieses Melodiefragment mehrfach von E-Gitarre und Bass aufgegriffen. Und auch der Album-Titel ist natürlich eine witzige Anspielung, eventuell auf den CD-Best-Of-Reissue-Wahn dieser Zeit. Natürlich gab es keine Singles von The Chasers. Aber vielleicht waren die versammelten Herren ja selbst Singles …

Track 2 heißt ,Sprøtt‘ und rockt 4:33 Minuten technoid vor sich hin, kontrastiert von einer sehr konventionellen Hammond-Einlage und einem Rock’n’Roll-Gitarrensolo, wieder mit dezentem Eddie-van-Halen-Touch. ,Mystery Man‘ startet ganz ruhig, erinnert etwas an ,A Whiter Shade Of Pale‘. Es folgen zwei rockige Kompositionen von Keyboarder Allan Dangerfield, das kryptische ,U.’N.I.‘ von Rypdal, dann mit ,Coyote‘ noch ein Rocker von Dangerfield, der sich in wirklich schöne Sphären auflöst, mit einem gestrichenen Bass. Es folgen drei Rypdal-Tracks: ,Somehow, Somewhere‘ hat mal wieder eine soft-surfig-twangige Clean-Gitarre im Vordergrund, vielleicht eine Reminiszenz an Rypdals erste Instrumental-Bands. ,Steady‘ jazzrockt dann wieder sehr mechanisch über einem stoischen Bass-Lick, über das Rypdal dann ein Solo schraubt, das sich erst nach Holdsworth-Ambitionen anhört, dann aber eine Wendung nimmt. Terje! Der hymnische ,Crooner Song‘ beschließt dieses Album , mit einem typischen Gitarrensolo über dem 80s-Fusion-mäßigen Knarz-Bass, der hier extrem verhallt im Raum wabert. Keine Frage, dass Terje Rypdal spätestens mit The Chasers, als Erfinder des 3D-Jazz gelten muss. Diese Band bleibt eine großartige Episode in seinem Schaffen.

Terje Rypdal: Undisonus For Violin And Orchestra / Ineo For Choir And Chamber Orchestra (1990)

Rypdal in seiner E-Musik-Phase. Wahrscheinlich hat er sich während seiner ganzen Karriere auch mit Kompositionen für klassische Ensembles und Orchester befasst – jetzt ist er in der Lage, diese Musik auch zu produzieren. Bei diesen beiden orchestralen Werken – Undisonus (Op. 23) For Violin and Orchestra (entstanden 1979-1981) wurde im September 1986 in der St. Peter’s Church, Morden, London mit dem Royal Philharmonic Orchestra und Violinist Terje Tønnesen eingespielt, Ineo (Op. 29) For Choir and Chamber Orchestra (von 1983) im November 1987 im Rainbow Studio, Oslo, mit The Rainbow Orchestra und den Grex Vocalis Choir – ist Terje Rypdal nur als Komponist und Recording Supervisor zu erleben.

 

Terje Rypdal: Q.E.D. (1993)

Q.E.D. ,Quod Erat Demonstrandum Opus 52 for electric guitar, flute, clarinet, bassoon, 2 french horns, piccolo trumpet, 2 violins, 2 violas, 2 celli, fretless bass / contrabass, gran cassa‘ – was für ein Titel! – und ,Largo Opus 55 for electric guitar, string ensemble and gran cassa‘ wurden im August und Dezember 1991 im Rainbow Studio aufgenommen. Neben Terje Rypdal (g) und Bjørn Kjellemyr (b) ist hier das Borealis Ensemble mit Strings, Brass & Woodwinds dominant.

Rypdal & Tekrø (1994)

Terje Rypdal: Guitar, Keyboards
Ronni Le Tekrø: Guitar, Vocals, Keyboards
Dag Stokke: Keyboards
Morty Black Skaget: Bass
Audun Kleive: Drums

Eine ganz schräge Fusion aus weirden Metal-Gitarren, wildem Shredding, Free-Jazz-Rock und avantgardistischem Progressive-Sound. Und zack, folgt darauf eine melodische Pop-Fusion-Nummer. Und dann eine Ballade im eigentlich unnachahmlichen Ricky-King-Stil, die zu einem satrianischen Begattungs-Soundtrack mutiert. Sehr bunte Mischung, in der aber selbst die etwas nach Rypdal klingenden Tracks nicht wirklich nach Rypdal klingen, weil die Atmosphäre fehlt, die Sound-Zutaten zeitgeistig nach Pop-Keyboard tönen und die Gitarre sägt. Aber wer weiß: Irgendwann werde ich vielleicht auch dieses Album lieben. ;-) Das Foto im CD-Booklet mit zwei ganz böse dreinblickenden Gitarrenjungs zeigt, dass Terje Rypdal und Ronni Le Tekrø ihr gemeinsames Projekt nicht nur ernst gemeint haben.

Terje Rypdal: If Mountains Could Sing (1995)

Terje Rypdal: Electric Guitar
Bjørn Kjellemyr: Bass
Audun Kleive: Drums, Percussion
Øystein Birkeland: Cello
Lars Anders Tomter: Viola
Terje Tønnesen: Violin

Interessante Besetzung: Der klassisch ambitionierte Komponist Rypdal auf dem Weg zurück zum Band-Musiker. Extrem gut gelaunt und harmonisch beginnt dieses Album mit ,The Return Of Per Ulv‘, um dann nach 5:01 Minuten ins absolut düstere ,It’s In The Air‘ abzustürzen, gefolgt von dem Feature für die String-Section, ,But On The Other Hand‘, das dann in der Mitte des Stückes zu einem bedrohlichen, minimalistischen Soundtrack mit drückenden Basstönen mutiert. Typisch Rypdal-elegisch der Titel-Track ,If Mountains Could Sing‘, gefolgt von einem orchestralen Monster mit Rock-Gitarre und wildem Schlagzeug: Bei ,Private Eye‘ weiß man wirklich in keinem Moment, wo der Zug hinfährt. Es geht nahtlos weiter ins extrem ruhige ,Foran Peisen‘ mit einem sehr zurückgenommenen Bass-Solo von Bjørn Kjellemyr. ,Dancing Without Reindeers‘ lässt dann alle bisher genannten Stimmungen zusammenkommen – das kammermusikalische, gut gelaunte, rockige – um dann in Track 8 ,One For The Roadrunner‘ wieder bedrückende Abgründe zu malen, mit elektronisch verfremdeter Ringmodulator-E-Gitarre. Und schon folgt der extreme harmonische, fast idyllische Kontrast mit ,Blue Angel‘, das mit seiner verhallten Snare-Drum und der Mike-Oldfield-Melodie schon kitschkompatibel ist. Was für eine Berg-und-Talfahrt! In ,Genie‘ wird mir dann klar, dass dies hier ganz klar Bassist Bjørn Kjellemyr ist, der die Tracks von ,If Mountains Could Sing‘ zusammenhält – so auch im Finale ,Lonesome Guitar‘, das er wunderbar trägt. Darüber die cleane Slow-Surfer-Strat des Terje R., die mit ganz wenigen Tönen Atmosphäre zaubert, dann geht er in die Verzerrung und zelebriert noch mal ein zurückhaltendes, berührendes Solo in den höchsten Lagen. ,Lonesome Guitar‘ ist das stärkste und am intensivsten gelungene Stück dieses auf mich etwas zerrissen wirkenden Albums mit Aufnahmen von Januar und Juni 1994.

Terje Rypdal: Skywards (1996)

Terje Rypdal: Guitar, Flute
Terje Tønnesen: Violin
Paolo Vinaccia: Drums, Percussion
Christian Eggen; Keyboards, Piano
Jon Christensen: Drums
David Darling: Cello
Palle Mikkelborg: Trumpet, Flugelhorn

Mit ,Skywards‘ kam Terje Rypdal sowohl der E-Musik als auch einer Art von folkloristischem Schönklang noch näher als dem Himmel. Zwischendurch blitzen seine gitarristischen Stärken durch, insbesondere in der 15-minütigen Sinfonietta ,Out Of This World‘, die aus Solo-Features von Trompete, Gitarre und Klavier bestehen, nur rudimentär begleitet von Schlagzeug und/oder Keyboard-Klangflächen. Irgendwie wirken viele Parts dieses Albums unorganisch und editiert, man hört mehr Collage als Interaktion. Auch das hat seinen Reiz, die Musik kommt aber dadurch nicht so richtig in die Gänge, da fließt nichts. Wie bei so manchem Neue-Musik-Konzert, wo auch nur der Pausen-Sekt fließt. Beziehungsstatus der Stücke untereinander/zueinander: Es ist kompliziert.

Rypdal & Tekro: II (1998)

Terje Rypdal: Guitar
Ronni Le Tekrø: Guitar, Vocals
Dag Stokke: Keyboards
Morty Black Skaget: Bass
Audun Kleive: Drums
Steinar Krokstad: Drums

Etwas gereifter und irgendwie ernster als bei der Spaß-Compilation ,Rypdal & Tekro‘ kommen die beiden Herrn hier rüber. Aber nur passagenweise, denn dann ergehen sie sich wieder in so darken Death-Metal-Massakern, die einem das Grinsen ins Gesicht zwingen. Genau so wie diverse Elektrobeatz und die von Michael Cretu und Sandra ausgeliehenen Keyboard-Sounds, die hier aber noch nicht mal enigmatisch klingen sondern eher als Einschläferungs-O.S.T. fürs ZDF-Nachtprogramm taugen. Andererseits zeigen Terje und Ronni auch auf ,II‘ immer wieder, dass sie tolle Gitarristen sind – ganz gleich ob sie schmaltzen oder thrashen. So gesehen bzw. gehört: ein wirklich verrücktes Album! Sympathisierendes Kopfschütteln.

Terje Rypdal: Double Concerto: 5th Symphony (2000)

Normunds Šnē: Conductor
Riga Festival Orchestra
Ronni Le Tekrø: Electric Guitar
Terje Rypdal: Electric Guitar

Mit diesen Aufnahmen vom Juni und August 1998, eingespielt mit dem Riga Festival Orchestra, geht es noch mal zurück zum klassischen Komponisten Rypdal. Beim ,Double Concerto (Op. 58) (For Two Electric Guitars And Symphony Orchestra)‘ ist er sogar als Solist zu hören, neben Ronni Le Tekro, ebenfalls an der E-Gitarre.
Die viersätzige ,5th Symphony (Op. 50)‘ ist ein rein orchestral angelegtes Werk ohne Solisten.

Rypdal & Tekrø: The Radio Song (2002)

Terje Rypdal: Guitar, Keyboards
Ronni Le Tekrø: Guitar, Vocals, Keyboards
Dag Stokke: Keyboards
Morty Black Skaget: Bass
Audun Kleive: Drums

Das dritte gemeinsame Werk von Rypdal & Tekro. ,The Radio Song‘ ist das einzige Rypdal-Album, das mir bisher noch nicht in die Hände gefallen ist. Es wird mittlerweile für 65 Euro angeboten. Und was ich auf Open-Spotify davon gehört habe, variiert zwischen Elektropop mit gepitchten oder Autotune-Vocals, sphärischen Jam-Nummern, abgedrehten Instrumentals mit Beatles-Flair und Piano-Songs und -Melodien mit denen man Omis verzaubern kann. Und dass der hörspielartige Metal-Kracher am Ende des Albums ,Countryman‘ heißt und nach einer knallharten Minute dann doch noch ein paar Fingerpicking-Gitarren ins Klangbild wirft, passt zu diesem Album wie zu den beiden Vorgängern von 1994 und ’98. Mir gefallen die beiden schrägen Herrn immer besser.

Terje Rypdal: Lux Aeterna (2003)

Bergen Chamber Ensemble
Kjell Seim: Conductor
Åshild Stubø Gundersen: Vocal
Iver Kleive: Organ
Ivar Kolve: Percussion
Palle Mikkelborg: Trumpet
Terje Rypdal: Guitar

Dieser Mitschnitt von Rypdal, Mikkelborg & Co. mit dem 18-köpfigen Bergen Chamber Ensemble entstand bereits am 19. Juli 2000 beim Molde-Jazz-Festival. Das fünfsätzige ,Lux Aeterna‘ ist inspiriert von György Ligetis gleichnamigem Werk, war aber auch eine Auftragskomposition des Molde-Festivals zur Einweihung der neuen Orgel der örtlichen Domkirke. Das klingende Resultat ist eine oft romantisch-impressionistische Streicherlandschaft, kontrastiert von wuchtigen Orgeleinsätzen, über denen Rypdals Gitarre, die sehr zurückgenommene Trompete von Palle Mikkelborg und die Sopranstimme von Åshild Stubø Gundersen solieren. Schöne, meist ruhige Musik zwischen Klassik und Jazz, mit ganz viel Raum.

Terje Rypdal: Vossabrygg (2006)

Terje Rypdal: Electric Guitar
Jon Christensen: Drums
Paolo Vinaccia: Drums, Percussion
Bjørn Kjellemyr: Bass
Palle Mikkelborg: Trumpet
Ståle Storløkken: Organ, E-Piano, Synthesizer
Bugge Wesseltoft: Electric Piano, Synthesizer
Marius Rypdal: Electronics, Sampler, Turntables

,Vossabrygg op. 84′ lautet der komplette Album-Titel, zu lesen auf der Rückseite dieser 2006 erschienenen CD, deren Live-Aufnahme bereits am 12. April 2003 beim Vossa Jazz Festival in Norwegen stattfand. Was für ein Line-up! Musiker aus drei Generationen haben hier zusammengefunden. Terje Rypdals Sohn Marius hat für dieses Projekt von Miles Davis‘ ,Bitches Brew‘ so einiges gesamplet, und der hier zu hörende dänischen Trompeter und Komponist Palle Mikkelborg hat sogar mit Davis 1985 an dessen Album ,Aura‘ gearbeitet. Und zwei Drummer, zwei Keyboarder und eine zwischen Jazz und Funk rockende E-Gitarre – das alles hat schon einiges von dem Flair, mit dem Miles ab August 1969 die Welt veränderte. Aber auch typische skandinavische Jazz-Soundscapes sind hier zu erleben. Ein spannendes Album, das durch die geschickte Verknüpfung von überwiegend gelungenen Samples, Electro-Beats und handgemachten Sounds und Grooves, ein absolut vielschichtiges, räumliches Erlebnis ist.

Trilok Gurtu / Terje Rypdal / Miroslav Vitous: Live In Concert (2006)

Trilok Gurtu: Percussion
Terje Rypda: Guitar
Miroslav Vitous: Bass

Die auf dieser DVD zu sehenden Live-Aufnahmen vom 26. Juni 1994 wurden auch schon mal als ,Live from Jazz Open Stuttgart 1994‘ etc. veröffentlicht. Eine interessante Aufnahme mit einem sehr konzentriert wirkenden Gitarristen und dem wunderbaren zweiten Lead-Player am Kontrabass: Miroslav Vitous ist einfach einer der weltbesten Bassisten und ein ganz großer Melodienerfinder. Dass die beiden mit dem indischen Percussionisten Trilok Gurtu einen weiteren beeindruckenden Solisten am Start haben, macht die Musik bunter und lebendiger. Hier dominiert dann aber oft das Nebeneinander, und in Zusammenhang anderer Aufnahmen dieser Zeit, hätte ich mir Keyboarder Ståle Storløkken dazu gewünscht. Da mein Leben mit Terje Rypdal aber nun mal nie ein Wunschkonzert war sondern immer eine Überraschungs-Party, genieße ich hier die Möglichkeit, drei großen Musikern und Improvisatoren auf die Finger zu gucken. Sehr eigenwillig ist die boppende Version von Vitous‘ Klassiker ,Mountain In The Clouds‘ ausgefallen, in dem alle Beteiligten in Höchstgeschwindigkeit pulsieren. Der Track ist auf der DVD als ,Mountains‘ gelistet, der anschließende sechste Titel heißt ,Clouds In The Mountain‘.

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Ketil Bjørnstad / Terje Rypdal: Life In Leipzig (2006)

Ketil Bjørnstad: Piano
Terje Rypdal: Guitar

Die beiden Musiker haben schon in verschiedenen Besetzungen Alben eingespielt, ,Life In Leipzig‘ ist ihr Duo-Debüt. Der Konzertmitschnitt vom 14. Oktober entstand bei einem Auftritt im Rahmen der Leipziger Jazztage. Ketil Bjørnstad und Terje Rypdal spielen hier einige Neuinterpretationen von Stücken der gemeinsamen Alben ,The Sea‘, ,Water Stories‘ sowie Tracks von Rypdals ,If Mountains Could Song‘ und ,Skywards‘.

Bergen Big Band / Terje Rypdal: Crime Scene (2010)

Bergen Big Band
Olav Dale: Conductor
Terje Rypdal: Electric Guitar
Palle Mikkelborg: Trumpet
Paolo Vinaccia: Drums, Percussion
Ståle Storløkken: Organ

Was für ein Kraftpaket liefert dieser Konzertmitschnitt vom Mai 2009 vom Nattjazz-Festival in Bergen! Sprach-Samples, düstere Holzbläser, die Bergen Big Band baut einen bedrohlich Wall of Sound auf, das Ensemble steigert sich in eine freejazzige Kollektiv-Improvisation und dann bricht die Gitarre aus, rifft rockt, slidet geradezu bluesig. Danach übernimmt Ståle Storløkken Hammond die Führung und einen Track weiter liefert Palle Mikkelborg Miles‘ Mood & more …. Ein überraschend spannendes Album, von dem man sich ein Live-Video wünscht. Denn da muss was abgegangen sein auf der dicht besiedelten Bühne. Großartig!

Terje Rypdal: Melodic Warrior (2013)

Terje Rypdal: Electric Guitar
The Hilliard Ensemble
Bruckner Orchester Linz
Dennis Russell Davies: Conductor
Wrocław Philharmonic Orchestra
Sebastian Perłowski: Conductor

Bis hier hin ist klar: Der norwegische Gitarrist und Klangmaler Terje Rypdal ist einer der wenigen europäischen Jazz-Musiker, die absolut eigenständig den Rest der Welt beeindrucken konnten. Seine Grenzgänge vom Sixties-Rock bis zur E-Musik-Avantgarde – mittendrin immer wieder diese klagende, verzerrte Lead-Gitarre – waren nie so angelegt, um Popstar zu werden oder Cocktail-Inhalationen in der V.I.P.-Lounge zu beschallen. Rypdal war immer Rypdal. Und er bleibt es: Das Titelstück ,Melodic Warrior‘ ist ein 45-minütiger harter Brocken, interpretiert vom Hilliard-Vokal-Ensemble und dem Bruckner-Orchester, aufgenommen bereits 2003. Die letzte knappe halbe Stunde des Albums heißt ,And The Sky Was Coloured With Waterfalls And Angels‘ (produziert 2009) und featured den Gitarristen Rypdal vor klassischem Orchester: rein instrumental, sphärische Musik ohne Beats, die sich in großen Räumen und Soundscapes im besten Sinne verspielt. Eindeutig der Pluspunkt dieses Live-Albums.

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Terje Rypdal: Conspiracy (2020)

Terje Rypdal: Electric Guitar
Ståle Storløkken: Keyboards
Endre Hareide Hallre: Fretless Bass, Fender Precision
Pål Thowsen: Drums & Percussion

Nach vielen Jahren endlich wieder ein Studio-Album von Terje Rypdal! Und das auch noch in großartiger Besetzung: Keyboarder Ståle Storløkken kennt man schon von ,Vossabrygg‘ und ,Crime Scene‘, Drummer Pål Thowsen ist wieder dabei und der junge E-Bassist Endre Hareide Hallre ist eine Entdeckung. ,Conspiracy‘ wurde im Osloer Rainbow Studio aufgenommen und von Manfred Eicher und Terje Rypdal produziert. Diese bisher letzte Rypdal-CD ,Conspiracy‘ wird vielen Fans von ,Odyssey‘ sehr gut gefallen, vermute ich mal. Denn die Musik ist eine Art Homecoming, mit etwas weniger Schärfe und Dynamik, dafür aber mit mehr Erfahrung und Gelassenheit und vielleicht auch mit dem gefundenen Frieden eines langen Lebens. Keine Angst, es geht hier auch noch gelegentlich HiEnergy-mäßig ganz schräg ab!

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Thank you

Bleibt nur noch, in Anlehnung an Rypdals vor knapp 50 Jahren erschienenes Album ,What Comes After‘ zu fragen: Was kommt da noch? Worauf können wir uns noch freuen? Vor allem ganz sicher auf die viele großartige Musik dieses Künstlers, die wir schon haben und die man immer wieder neu entdecken kann. Tusen takk for alt, Terje Rypdal!

Tipp zum Schluss: 2017 erschien mit ,Sky Music: A Tribute to Terje Rypdal‘ ein sehr schönes Tribute-Album, mit Beiträgen von Bill Frisell, Hedvig Mollestad, Henry Kaiser, Raoul Björkenheim, Nels Cline, Ståle Storløkken, Jim O’Rourke u.v.a.

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Zugabe: Terje Rypdal als Sideman

Hier noch eine Auswahl für alle, die noch weiterhören möchten, was Terje Rypdal als Gast anderer Künstler aufgenommen hat:

  • Various Artists: Popofoni (1970/73)
  • John Surman: Morning Glory (1973)
  • Don Sugarcane Harris: Sugar Cane’s Got The Blues (1973)
  • Edward Vesala: Satu (1976)
  • Michael Mantler: The Hapless Child And Other Inscrutable Stories (1976)
  • Pål Thowsen, Jon Christensen, Terje Rypdal, Arild Andersen: No Time For Time (1977)
  • Barre Phillips: Three Day Moon (1979)
  • Heinz Reber / Tschin Zhang: Mnaomai Mnomai (1992)
  • Equinox: Equinox (1993)
  • Ketil Bjørnstad: Water Stories (1993)
  • Ketil Bjørnstad: The Sea (1994)
  • John Surman / Karin Krog / Terje Rypdal / Vigleik Storaas: Nordic Quartet (1995)
  • O.S.T.: Heat (1995)
  • Come Together: Guitar Tribute To The Beatles, Vol. 2 (1995)
  • Night Concerts With Sound Sculptures By Rypdal/Samkopf/Vindtorn/Hoel (1996)
  • Tomasz Stanko Septet: Litania: The Music Of Krzysztof Komeda (1997)
  • Torbjorn Sunde: Meridians (1998)
  • Ketil Bjørnstad / Jon Christensen / David Darling / Terje Rypdal: The Sea Ii (1998)
  • Arild Andersen / Patrice Héral / Terje Rypdal / Markus Stockhausen: Karta (2001)
  • V.A.: Warmth In The Wilderness Vol. 2: A Tribute To Jason Becker (2002)
  • Michael Galasso: High Lines (2005)
  • Sygnowano Fabryka Trzciny: Dto (2006)
  • Night Concerts With Sound Sculptures By Rypdal/Samkopf/Vindtorn/Hoel (1996)
  • V.A.: Director’s Cut: Music From The Films Of Michael Mann (2007)
  • Robert Wyatt: Different Every Time (2014)

STORY: Lothar Trampert
FOTOS: Lothar Trampert, ECM

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Forum
  1. Profilbild
    Fredi

    Hallo PALEBLUEICE (hallo Lothar),

    vielen Dank für den tollen und insbesondere sehr detaillierten Artikel! Es ist ja immer wohltuend, bei Amazona einen halbwegs Gleichgesinnten und ähnlich Sozialisierten – in der Regel dann einen Gitarristen 😉 – vorzufinden.

    Ich bin Fan von Rypdal seit der Zeit mit Vitous und DeJohnette und speziell der Chasers-Zeit. Geschätzt 1985 habe ich eines der Konzerte dieser Band gesehen, das ich zu meinen Top-3-Konzerten zählen würde. Geiler Bandsound, interessante Harmonik und Rhythmik, eigentlicher Jazzrock, wie man ihn sich wünscht. Schade, dass es nur ein paar Liveschnipsel dieser Formation bei Youtube gibt. Es scheint aber offenbar ein Bootleg dieses Konzerts zu geben: da müsste ich mal reinhören, ob mich doch die Erinnerung trügt…

    Der von Dir erwähnte „Komptet Går“ von Blue ist ebenso einer meiner Lieblingssongs.

    Etwas langweilig fand ich dagegen ein Konzert von ihm in den „Nullerjahren“ in einem extremen Jazz-Setting. Das bediente für mich das Klischee vom spannungslosen Herumschruppern.

    Unabhängig davon ist Rypdal einer der ganz großen E-Gitarristen. Schade, dass ihn außerhalb der Szene praktisch keiner kennt.

    Gruß und vielen Dank!
    Fredi

    • Profilbild
      LOTHAR TRAMPERT AHU

      @Fredi Vielen Dank, Fredi!
      Freut mich, dass dir das Thema gefällt und dass wir hier noch ein paar Menschen mehr mit Terje Rypdal und seiner Musik bekannt machen können. Dieser Musiker ist ein Horizonterweiterer!
      Grüße & einen schönen Abend
      Lothar

  2. Profilbild
    JürgenB

    Tolle Story über einen großartigen Gitarristen.
    Es fehlt noch die tolle 6er CD von von Paolo Vinaccia feat. Terje Rypdal, Stale Storlokken & Palle Mikkelborg – Very much Alive.

    • Profilbild
      LOTHAR TRAMPERT AHU

      @JürgenB Hallo Jürgen,

      danke für deinen Kommentar!
      Stimmt, das 6CD-Set von Paolo Vinaccia feat. Terje Rypdal, Stale Storlokken & Palle Mikkelborg ,Very Much Alive‘ ist mir durchgerutscht – obwohl ich die Box hier habe. Eventuell kann ich das noch korrigieren.

      LG, Lothar

  3. Profilbild
    Jan Steiger RED

    Vielen Dank für diesen unglaublichen Artikel! Ich liebe Terje Rypdal, seit ich ihn zufällig entdeckt habe, als mir „Chaser“ quasi versehentlich in den Einkaufswagen gefallen ist. Chaser und Blue rotieren noch regelmäßig, die älteren Sachen hab ich dann nach und nach auch entdeckt. The Return Of Per Ulv ist für mich eine der schönsten Gitarrenmelodien aller Zeiten ❤️

    • Profilbild
      LOTHAR TRAMPERT AHU

      @Jan Steiger Vielen Dank, Jan! Ich habe beim Schreiben dieses Artikels noch so viele neue Aspekte entdeckt – und auch ganz viel wiederentdeckt … Terje Rypdals vielfältiges Werk ist einfach ein Kosmos. Unendliche Weiten und so … ;-)

  4. Profilbild
    harrymudd AHU

    Danke – Danke – Danke
    Super Artikel!
    Der Herr Terje Rypdal gehört zweifelsfrei zu einem der größten Musiker des 20/21ten Jahrhunderts.
    Musikalität, Ausdruck und Spielfreude auf höchstem Niveau.👍

  5. Profilbild
    ach herrjemine

    Danke für den wunderbaren Artikel!
    Terje Rypdals Gitarrenstimme ist für mich seit Jahrzehnten eine wichtige Inspirationsquelle.

    Dein Artikel bildet die perfekte Grundlage endlich mal meine Wissenslücken bezüglich seines bisherigen Werkes anzugehen. Also nochmal, danke!

    • Profilbild
      LOTHAR TRAMPERT AHU

      @ach herrjemine Danke, das freut mich. Das Verfassen dieses Artikels war schon eine kleine Zeitreise und hat auch für mich einige Lücken geschlossen. Terje Rypdal ist schon ein faszinierender Musiker!

  6. Profilbild
    OscSync AHU

    Danke für diesen umfangreichen Artikel! Bin irgendwann in den 90ern durch Querverweise von Nils Petter Molvaer und Eivind Aarset auf Rypdal und „Odyssey“ aufmerksam geworden. Leider ist mir bis heute nicht klargewesen, dass meine CD-Fassung nicht das ganze Album enthält. Diese Lücke sollte ich wohl alsbald schließen, und darüber hinaus und gibt es noch viel zu entdecken. :-)

    • Profilbild
      LOTHAR TRAMPERT AHU

      @OscSync Dann wünsche ich dir ganz viel Spaß mit dem fehlenden ,Odyssey‘-Track ,Rolling Stone‘, der wirklich ein unglaublicher Sound-Trip ist!
      Schönen Abend!

      • Profilbild
        OscSync AHU

        @LOTHAR TRAMPERT Danke Dir! BTW, ich freue mich hier so eine altbekannte und geschätzte Stimme im Gitarren- und Musikjournalismus zu lesen.

  7. Profilbild
    Organist007 AHU

    Ein unglaublicher Artikel, vielen vielen Dank !

    Bin schon seit den frühen 80igern Fan von Rypdal. Mir ist immer noch nicht klar, weshalb er hierzulande nicht populärer ist. Ein GIGANT !

    Odyssey habe ich nun 2x auf Vinyl und 1x auf CD.

    Habe Rypdal sicherlich mehr als 4x live erlebt – Gilmour für Fortgeschrittene sag ich immer…

    Er kann aber auch ziemlich launisch sein. Einmal war er total betrunken, hat aber immer noch super gespielt. Großartiger Künstler !

    • Profilbild
      LOTHAR TRAMPERT AHU

      @Organist007 Vielen Dank, Stefan – das freut mich! Und deine Beschreibung der Terje-Rypdal-Musik als „Gilmour für Fortgeschrittene“ werde ich bestimmt demnächst mal samplen … ;-)
      Grüße, Lothar

  8. Profilbild
    BernardF

    Großartiger und detailreicher Artikel über diesen Ausnahmegitarristen!!
    Mit Erstaunen stellte ich fest, dass ich doch nur einen Ausschnitt seines Werkes kenne.
    Besonders interessant war für mich ausserdem mehr über seine Entwicklung zu erfahren.
    Auf seine Einzigartigkeit wurde, mehr als berechtigt, schon mehrfach in den obigen Kommentaren hingewiesen. Ein für mich, in dieser Hinsicht, prägendes Erlebniss war ein Konzert Terje Rypdals
    mit einer Rundfunk Bigband. Im ersten Set wurden seine Kompositionen routiniert und gekonnt
    performed, aber als er im zweiten Set nur mit seinem Trio spielte ging wirklich die Sonne auf!!
    Selten habe ich den Kontrast zwischen reiner Professionalität und Kunst so unmittelbar erlebt!

  9. Profilbild
    MidiDino AHU

    Danke für den Artikel. Jazz und speziell das Label ECM kommen bei Amazona,de immer noch zu kurz, ebenso jener Ausnahmen-Gitarrist. Es wurde Zeit, dass der Pop- und Rockfraktion mal ein Gegengewicht gegenübergestellt wird ;-)

  10. Profilbild
    Tai AHU

    Das kannst du als eBook veröffentlichen. Gratuliere. Ja, den hörte ich häufiger Mitte der Siebziger. Odyssey. Später etwas aus den Augen verloren, aber immer mal wieder gestreift. Gehört zu den interessanten Gitarristen, auch weil er anders spielt.

  11. Profilbild
    jmax

    Lese momentan u.a. die JIMI-Story und bin per Quer-Link bei TERJE gelandet.
    Weil auch sehr umfangreich, habe ich mich nur ein paar mal durchgescrollt.
    Komplettlesen hebe ich mir für später auf.
    Wie ein Spaziergang in der Natur, durch Wald oder Flur oder meinetwegen auch was Urbanes,
    wo sich Facetten zeigen oder Erinnerungen wach werden gleich Querverweisen, denen man nachgehen möchte, so ergeht es mir beim Lesen von Lothar Tramperts Texten.
    Und das sind nur einige Aspekte, die die Lektüre immer so spannend machen.
    In manchen Momenten schimmert mir gar Greil Marcus durch.

  12. Profilbild
    cellbiol

    Danke für den schönen und ausführlichen Artikel. Vossabrygg ist eine meiner Lieblingsplatten!

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