Spoken Words Legende im Interview
Anne Clark ist eine lebende Legende. Eine Frau, die sich in der New-Wave-Bewegung der Post-Punk Ära mit dem Electro-Klassiker „Sleeper in Metropolis“ und dem Techno Blueprint „Our Darkness“ ein kometenhafter Aufstieg gelang. Liebhaber und Kenner der elektronischen Musik werden diese Stücke kennen, ob man sie mag oder nicht. Anne Clark und ihr damaliger Partner David Harrow haben Musik erschaffen, die zwar an Kraftwerk erinnerte, aber viel organischer und menschlicher war. Zu Anne Clark tanzten keine Roboter, sondern schwitzen Menschen aus echten Fleisch und Blut.
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Anne Clark machte schon frühzeitig klar, dass sie sich nicht nur auf elektronische Musik reduzieren lässt. The Sitting Room war ein Album, das von Anne Clarks hypnotischer Stimme und u.a. von Klavierbegleitung lebte. Anne Clark absolvierte ganze unplugged Tourneen und war mit Orchestern unterwegs. Ihre aktuelle Band folgt nicht einem typischen Line-up, sondern sie vereint Cello, Schlagzeug, Synthesizer und E-Gitarre, als wäre es das Selbstverständlichste dieser Welt. Freiheit im Leben und in der Kunst, ist Anne Clark sehr wichtig
Aufgewachsen ist die gebürtige Engländerin in einer Familie der Arbeiterklasse. Für Engländer ist das wichtig zu betonen, weil dort schon immer ein ausgeprägtes Klassenverständnis vorherrschte. Das musste Anne Clark schon in der Schule erleben. Dort waren die Klassen zwar gemischt, aber nicht um Klassenunterschiede zu überwinden, sondern um sie zu festigen. Von ihren Mitschülern und auch Lehrern wurde ihr zu verstehen gegeben, dass sie niemals in eine andere Klasse wechseln könnte, dass sie immer in der Arbeiterklasse bleiben muss.
Die junge Engländerin interessierte sich schon früh für Dichtung, aber es war allzu deutlich, dass jemand mit ihrem Hintergrund niemals veröffentlichen werden wird. Dies war nur Personen vorbehalten war, die studiert haben. Deswegen war die Punkbewegung erfolgreich. Es ging nicht um eine DIY-Bewegung, sondern es ging darum, dass man tun darf, was man will. Besonders in der Kunst sollte es keine festgelegten Regeln geben. Diesem Prinzip folgt auch der erweiterte Kunstbegriff von Beuys, wenn man sich mit dem Gedanken intellektuell beschäftigen möchte.
Doch bei der Punk-Bewegung ging es um etwas viel Essenzielleres. Es war ein Aufbegehren gegen eine Gesellschaft, die von Klassen geprägt war und keinen Aufstieg und Durchmischung zuließ. Deswegen griffen die Punks DIY auf und deswegen schreien sie Anarchie in the UK. Es war das Aufbegehren gegen ein durch und durch überholtes Menschenbild, dass Menschen und ihre Fähigkeiten von Klassen abhängig macht. Punk machte klar, dass du alles darfst. Man muss nicht Musik studieren, um Musik machen zu dürfen, wie dass die beherrschende Klasse definiert.
Wer hat bestimmt, dass man im englischen Fernsehen nicht fluchen darf? Also machten das die Punks, weil sie sich nicht vorschreiben lassen wollten, wie sie zu leben haben. Warum sollten Menschen überhaupt Regeln befolgen, die ihnen von einer anderen Kasse übergestülpt wurden? Anarchie in the UK: Klar muss das für Aufregung im Establishment sorgen. Punk ermöglichte es Anne Clark, Dichterin und Musikerin zu werden, obwohl sie nicht über den richtigen gesellschaftlichen Hintergrund verfügte.
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Punk half ihr, sich aus dem Leben in einer gewalttätigen Großfamilie zu befreien. Punk half ihr, sich als Mensch und Künstlerin frei von Klassenunterschieden zu definieren. Diese Erfahrungen führten dazu, dass sie sich von England entfremdete und sich in Deutschland zu Hause fühlt. Bis Ende der 80erJahre entwickelte sich die Karriere von Anne Clark vorbildhaft. Mit David Harrow erschuf sie Platten, die bis heute Maßgebliche Vorbilder für Techno, Gothic und New Wave wurden, wie z. B. Changing Places. Anne Clark folgte aber nie der einen oder anderen Bewegung: Sie war und wird immer Anne Clark bleiben.
Es folgten Platten und Tourneen. Auf einer Konzertreise wurde Anne Clark vom Tour-Manager betrogen. Für diese Misere sollte sie allein die Verantwortung übernehmen, obwohl diese Person von der Schallplattenfirma empfohlen wurde.
Das führte dazu, dass Anne Clark sich eine Zeit nach Norwegen zurückzog um sich neu zu erfinden um wieder gestärkt auf der Bildfläche aufzutauchen. Sie war jetzt noch weniger bereit, sich in die bestehenden Strukturen des Pop-Business einzufügen. Sie folgte lieber ihrer Intuition und Interessen als Künstlerin. Sie erschuf Aufnahmen, die sich mit den Werken des deutsche Dichters Rainer Maria Rilke auseinandersetzten und 2018 vertonte sie zusammen mit Thomas Rückhold die Werke von Dichtern aus verschiedenen Epochen der Geschichte. Von der Elektronik hat sich Anne Clark nie verabschiedet. Sie arbeitete mit Blank & Jones zusammen, sowie mit den Belgiern Implant.
2019 / 2020 war eine Tournee geplant, doch nicht nur Covid-19 traf Anne Clark, wie uns alle unvorbereitet, sondern bei ihr wurde auch noch Krebs diagnostiziert. Statt ihr Schicksal zu betrauern, stellte sie sich der Krankheit. Gleichzeitig entschied sie sich, ein Remixalbum zu machen. Sie hatte während der Behandlung nicht die Kraft, ein neues Album zu erschaffen.
Am 28.05.2021 erschien Synaesthesia (Classics Re-Worked) auf dem sich absolute Größen aus der Elektronik-Szene, wie die schon erwähnten Blank & Jones, Marc Romboy, Andreas Bruhn und viel mehr finden. Der Hamburger Solomun steuerte auch ein Remix bei und dafür ist Anne Clark auf seinem neusten Scheibe „Nobody Is Not Loved“ zu hören.
Remixe wurden auch von ihren Bandmitgliedern Thomas Rückhold und HerrB angefertigt. Das Remixalbum ist gelungen, weil es eine unglaubliche Bandbreite von Stilen umfasst und den Werken teilweise eine neue Richtung beschert. Ein bisschen neidisch bin ich auf dem Einfall, Anne Clarks Stimme mit einer Sängerin zu kombinieren, wie es Andreas Brun mit der Sängerin Emily Falls auf dem Stück Heaven gemacht hat. Warum ist mir das nicht eingefallen?
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Warum mir das nicht eingefallen ist? Auch der Schreiber dieser Zeilen hatte die unglaubliche Ehre, ein Remix für das neue Anne Clark Album Synaesthesia (Classics Re-Worked) anzufertigen. Aus diesem Grunde durfte ich mich mit Anne Clark eine Stunde lang über ihre Karriere und ihr Schaffen unterhalten.
Es ist eher eine Unterhaltung als ein Interview geworden. Ich denke, das ist aber auch im Sinne von Anne Clark. Ich bin auf eine Frau getroffen, der es wichtig ist, sich auf gleicher Augenhöhe auszutauschen, die keinerlei Starallüren vorführt, mir genau zuhörte und sogar Fragen stellte. Durch die Abschrift kann Dynamik, Freude am Leben, Engagement und der Sinn für Humor verloren gehen, der im Menschen Anne Clark zu finden ist. Wir haben uns angeregt unterhalten und viel gelacht. Ich hoffe dies wird sich dem Leser erschließen.
P.S.
Vielen wird es wichtig sein zu erfahren, ob es nach Ende von Covid-19 wieder eine Anne Clark Tournee geben wird. Das steht derzeit in den Sternen und hängt von ihren Kräften und Genesungszustand ab. Wünschen wir ihr das Beste!
Viel Spaß mit dem Interview
Sven
Es ist eine schwierige Frage, aber ich muss sie stellen. Anne, wie geht es dir?
Anne Clark
Nun, derzeit geht es mir sehr gut. Es war für alle ein schwieriges Jahr, aber die Covid Situation und die Krebsdiagnose machten es für mich zu einem doppelt so schlimmen Jahr. Die Behandlung lief vorbildhaft und zurzeit geht es mir gut. Zu einem gewissen Grad besteht die Chance, dass ich wieder krank werden kann. Krebs gibt leider keine 100 % Sicherheit.
Sven
Ich bin froh zu hören, dass es dir besser geht und ich denke, auch unsere Leser wird das freuen. Als ich erzählte, dass ich mit dir sprechen werde, waren alle um deine Gesundheit besorgt.
Anne Clark
Die Leute sind so herzlich. Über Social Media habe ich so viel nettes Feedback bekommen. Darum möchte ich auch über AMAZONA.de meine große Dankbarkeit für all die lieben Genesungswünsche und Unterstützung aussprechen. Das hat mir wirklich sehr geholfen.
Sven
Zuerst würde ich gerne mit dir über die Anfänge deiner Karriere reden, da das neue Album Synaesthesia – Classics Re-Worked ein Remix Album ist, aber gleichzeitig auch ein Überblick über dein 40 jähriges Wirken gibt. Unser Chefredakteur Peter Grandl hat mir erzählt, das er als Teenager sehr beeindruckt davon war, als er zum ersten Mal “Sleeper in Metropolis“ und „Our Darkness“ hörte. Er kannte zwar Kraftwerk, aber deine Musik war so neu und faszinierend. Was habt ihr damals anders gemacht?
Anne Clark
Es ist sehr schwer zu erklären, warum gerade diese zwei Stücke so populär wurden. Ich habe diese Stücke mit David Harrow geschrieben, der mit elektronischen Musikinstrumenten gearbeitet hat und elektronische Ideen entwickelt hat. Ich habe mich auch für elektronische Musik interessiert, aber auch für Field Recording und analoge Sounds. Sehr wichtig war mein Interesse für Dichtung. Wir hatten keine einfache Arbeitsbeziehung miteinander. Es war uns dennoch möglich interessante Werke zu erschaffen. Ich weiß nicht genau, warum es so gut funktioniert hat. Ich habe Kraftwerk geliebt, aber auch Tangerine Dream, diese ganze experimentelle Musik, welche in den 1970ern und frühen 1980er erschaffen wurde.
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Ich liebte auch Giorgio Moroder, Donna Summer, Dance Music und Clubs. Es war das Post-Punk-Zeitalter. Wir haben uns einfach gedacht, warum vermischen wir diese unterschiedlichen Stile nicht einfach miteinander? Dichtung, elektronische Musik und Dance Rhythmen. Als wir die Stücke aufgenommen haben, dachten wir nicht, dass sie sehr populär oder große Hits werden. Wir wussten, dass wir etwas besonderes Erschaffen hatten. Wir konnten fühlen, dass die Stücke etwas Besonderes sind. Und die Jahre haben gezeigt, dass das tatsächlich so ist. Diese Stücke berühren die Menschen in einer besonderen Art und Weise.
Ich glaube, die Politik und soziale Gegebenheiten dieser Zeit, besonders in Deutschland und Ost-Deutschland, spielten eine Rolle. Diese Stücke berühren die Menschen, sie können in ihnen etwas sehen. Es gibt also wirklich sehr viele Gründe, warum diese Stücke einzigartig sind.
Sven
Zur Vorbereitung habe ich habe sehr viel Spoken Word Musik gehört. Vor dir gab es Leonard Cohen, Lou Reed…
Anne Clark
Patti Smith hat mich sehr beeinflusst!
Sven
Und da war natürlich Serge Gainsbourg und andere. Dann gab es plötzlich dich und das war so anders. Man könnte natürlich an Kraftwerk denken, aber Kraftwerk klingt sehr mechanisch, roboterhaft und deren Texte sind nicht gerade der Höhepunkt der Dichtkunst. Du gestaltest deine Musik sehr poetisch und menschlich.
Anne Clark
Ich liebe es Klanglandschaften zu erschaffen. Technisch gesehen bin ich kein Experte, aber ich habe eine ganz klare Vision oder Idee. Es geht mir nicht um einen speziellen Klang oder spezielles Wort. Es geht mir um Klanglandschaften: Eine Mischung aus Sounds, Wörter und Visuals. Beispielsweise ist der Titel des neuen Albums Synaesthesia-Classics Re-Worked so entstanden. Der Titel handelt davon, dass sich alle unsere Sinne vermischen. Kunst und Musik agieren mit unseren unterschiedlichen Sinnen und sie reagieren miteinander und reagieren untereinander. Es geht darum, eine Klanglandschaft zu erschaffen, die man durchwandern oder durchhören kann.
Sven
Deine Stimme ist auch sehr wichtig. Als Peter Grandl dich gehört hat, war er ein Teenager vom Land, der nicht englisch sprechen konnte. Wenn man aber deine Stimme hört, muss man zuhören. Es spielt keine Rolle, ob man Englisch versteht. Es ist so, als würde man „I have a Dream“ von Martin Luther King hören.
Anne Clark
Oh WOW, That’s the Ultimate…
Sven
Bis du dir der Macht deiner Stimme bewusst?
Anne Clark
Ich kennen die Unzulänglichkeiten meiner Stimme und die Probleme, wenn wir sie aufnehmen wollen. Ich erzeuge hohe Zischlaute, hohe Frequenzen. Ich bin mir dieses technischen Details bewusst, aber ich muss betonen: Ich möchte eine klare Botschaft vermitteln. Wir werden überschüttet mit Botschaften, Sprachen, Geschwätz und Lärm. Ich liebe es, Geschichten zu erzählen.
Ich könnte den ganzen Tag damit verbringen, Martin Luther King zuzuhören. In seiner Stimme findet sich eine reine Form der Kommunikation. Dieser Ausdruck findet sich auch bei afroamerikanischen Priestern, mit einem südlichen baptistischen Hintergrund. Ich unterstütze nicht deren Botschaften, aber dieses hypnotische, magnetische Element während des Sprechens, diese großen Reden mag ich.
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Ich versuche meine Stimme eine bisschen wie ein Instrument zu benutzen. Als Sängerin bin ich mir den Beschränkungen meiner Stimme bewusst. Deswegen versuche ich sie anders zu gestalten. Dieser Unterschied macht die Zuhörer vielleicht neugierig. Das gilt sicher auch für Menschen, deren Muttersprache nicht Englisch ist. Bei vielen Liedern, verstehe ich die Texte auch nicht. Das ist auch vollkommen ok, wenn es sich um eine großartige Stimme handelt.
Sven
Ich habe neulich ein Interview mit David Bowie gesehen. Es ging darum, dass David für seine 22 Monate alte Tochter Kinderlieder gesungen hat. Er wurde gefragt, ob er das im David Bowie Style macht. Natürlich macht er das nicht. Als er aber ein Kinderlied im Bowie Style sang, wurde mir klar, dass er sich seiner Stimme sehr bewusst war und wie er singen muss, dass es nach David Bowie klingt. Gibt es auch eine andere Anne Clark? Eine Anne Clark, die im Irish-Pub Folksongs singt oder verfügst du vielleicht über einen Sopran, von dem wir nichts wissen?
Anne Clark
Ich wünschte. David Bowie hatte eine einmalige und außergewöhnliche schöne Stimme. Ich würde sagen, dass ich nur unter der Dusche so richtig singe, wenn mich nicht allzu viel Menschen hören können. Ich habe natürlich unterschiedliche Sachen ausprobiert, aber ich kenne die Beschränkungen meiner Stimme. Ich experimentiere mit dem mir gegebenen Stimmumfang.
Sven
Anne Clark erschien auf der Bühne und plötzlich erschienen alle diese Künstler auf der Bildfläche, die große Hits mit Spoken Word hatten, wie z. B. die Pet Shop Boys, Suzanne Vega und viele andere. Alle haben in ihrer eigen Art und Weise Spoken Word benutzt. Das ist interessant, weil man bei Spoken Word an etwas sehr Spezifisches und Unkommerzielles denkt, aber natürlich machen die Pet Shop Boys kommerzielle Musik.
Anne Clark
Ich war auch sehr überrascht von ihrem großen Erfolg, weil sie nicht die geradlinigste Singtechnik benutzen. Und du kennst doch sicher auch Laurie Andersons „Oh Supermann“, was ein großer Hit wurde. Auch Van Morrison hat mit Spoken Word Poesie gearbeitet. Es sind wunderschöne Stücke, aber dafür ist er nicht bekannt. Sie sind in seinem Werk unterrepräsentiert. Ich weiß nicht, warum das manchmal funktioniert und manchmal nicht.
Sven
Als deine Karriere so richtig losging, du deine ersten Hits hattest und plötzlich all diese Spoken Word Songs im Radio gespielt wurden, könnte ich mir vorstellen, dass du gedacht hast, die machen ja genau das, was ich auch mache.
Anne Clark
Bis zu einem gewissen Grad stimmt das schon, aber ich hatte nie diesen kommerziellen Erfolg. Darüber will auch gar nicht nachdenken, weil das nicht der Grund ist, warum ich es mache.
Sven
Ich finde es einfach sehr Interessante, weil man bei Spoken Word an unkommerzielle Musik denkt. Man denkt an Poesie, Literatur aber wenn man in der populären Musik sucht, merkt man, dass es ganz viele Hits gibt, die mit Spoken Word arbeiten. Sogar vor Hip-Hop.
Anne Clark
Ja, Gill Scott Heron und The Last Poets…
Sven
William S. Burroughs arbeitete mit dem Hip-Hop Projekt Disposable Heroes Of Hiphoprisy. Ein paar Jahre nach dem du angefangen hast, hatte die Hip-Hop-Bewegung ihre ersten Höhepunkte. Spoken Word und Hip-Hop stehen sich sehr nah. Wolltest du nie mit Hip-Hop Künstlern zusammenarbeiten?
Anne Clark
Als ich eine Tournee in den USA absolvierte, war ich überrascht von dem hohen Anteil von Afroamerikaner und Hip-Hop Fans im Publikum, die mich treffen wollten und sich mit Sprache beschäftigten. Daraus entstand aber nie etwas, was veröffentlicht wurde. Ich war zu der Zeit auch mehr von Reggae angetan.
In Deutschland wurde vor kurzem die wundervolle Social Media Plattform Clubhouse gegründet. Hier hat sich eine neue Tür für afroamerikanische Literatur geöffnet, die weit über Rap hinausgeht. Ich finde das unglaublich faszinierend und spannend. In der Zukunft möchte ich mit den Beteiligten vielleicht arbeiten.
Das Problem mit Hip-Hop und Rap ist, dass diese Musik mit Frauenhass, Gewalt und einer Gangsterattitüde assoziiert wird. Diese Debatten verbergen die andere Seite des Hip-Hop. Es fehlt an der Neugierde sich mit der anderen Seite des Hip-Hop zu beschäftigen. Es ist an der Zeit, diese andere Seite genauer zu betrachten und nach einer Form der Zusammenarbeit zu suchen.
Sven
Mitte der 1990er-Jahre kam aus England die Trip-Hop-Bewegung, mit tiefgründigen Texten z. B. von Tricky. Wolltest du nie mit dieser Bewegung arbeiten?
Anne Clark
Das Problem ist, dass ich in England nicht akzeptiert bin. Ich bin so etwas wie eine Fremde hier. Ich habe eine problematische Beziehung mit meinen Landsleuten. Ich liebe das Land, die Landschaften, die Natur. In Hinblick auf Kultur und Psychologie meiner Mitbürger befinde ich mich auf einer ganz anderen Wellenlänge. Ich konnte in England nie richtig abheben. Es hat mich immer viel mehr interessiert, was außerhalb dieses Landes passiert.
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Sven
Um in Deutschland anerkannt zu werden, ist es sehr wichtig, im Ausland Erfolg zu haben. Und wer gibt es dann schon? Kraftwerk und die Scorpions haben weltweiten Erfolg. Oder man muss es so lang machen, dass man zu so etwas wie eine Institution wird.
Anne Clark
Aus meiner Sicht gibt es eine Menge Chauvinismus in der kulturellen Welt in England. Das ist verrückt, weil England so viel Musik exportiert, aber das englische Publikum ist gleichzeitig sehr konservativ und hat eine sehr eingeschränkte Sichtweise. Das begleitet mich bis heute in England. Natürlich habe ich dort meine Anhänger, aber im Vergleich zu anderen Ländern stellen sie die kleinste Anzahl.
Sven
Das ist ja interessant und befremdlich. Es stimmt, es gibt so viele englische Einflüsse; Pink Floyd, Rolling Stones, The Who….
Anne Clark
The Beatles
Sven
Natürlich die Beatles…
Anne Clark
…die in Hamburg entdeckt wurden…
Sven:
Led Zeppelin, Emerson, Lake and Palmer
Anne
Bowie, Eno…
Sven
Die Liste ist endlos. England ist doch eine Insel, die kennen sich doch sicher alle untereinander.
Anne Clark
Nicht wirklich.
Sven
Die Punk-Bewegung war für dich sehr wichtig, die vielleicht auch die Haltung gegenüber deinem Heimatland erklärt. Um die Punk-Bewegung in England zu verstehen, ist es entscheidend, sich die ausgeprägte Klassengesellschaft zu vergegenwärtigen, die zum damaligen Zeitpunkt fast undurchdringlich war.
Anne Clark
Ja, diese Teilung der Klassen besteht schon seit Jahrhunderten und nun gibt es dieses Phänomen auch weltweit. Die Teilung zwischen den extrem Reichen und der etwas verlorene Mittelschicht, die nicht mehr zu wissen scheint, zu wem sie sich zugehörig fühlen soll und den extrem Armen. Dieser Trend wächst weltweit. Man könne annehmen, es sei altmodisch in Klassen zu denken, aber das ist es nicht. Die Sichtweise auf Klassen hat sich verändert, aber sie sind nach wie vor vorhanden. Eine kleine Minderheit gewinnt immer mehr Geld und Macht.
Sven
Die Punk-Bewegung gab dir die Möglichkeit, das zu machen, was du bis heute tust. Denkst du, dass die Punk-Bewegung das Leben in England verändert hat? Wurde es einfacher für Künstler, die nach dir kamen?
Anne Clark
Eine Zeit lang war es sicher so. Es war unglaublich. Es war dieser Tsunami aus Energie, der wirklich alles zusammenstürzen lies. Da waren all diese Bands wie Led Zeppelin, Pink Floyd und die Punk-Welle brachte das alles zum einstürzen. Jeden Tag in der Woche, jede Nacht in jeder Kneipe spielte The Damned, Siouxsie and the Banshees oder Generation X.
Ich glaube, diese Energie kann nicht sehr lange aufrecht erhalten werden. Für 2 bis 3 Jahre war es aber wirklich beeindruckend. Dann kam wieder einmal die Industrie und klaute alles, wie sie es immer macht. Das Big Business riss sich alles unter den Nagel. Es verwässerte, verdünnte und kontrollierte die Idee. Ich denke, Punk hatte einen großen kulturellen Einfluss. Nicht nur die Musik profitierte davon, sondern auch Tanz, Comedy, Theater, Malerei, Literatur, alle Ausdrucksformen. Es war eine sehr große Bewegung.
Sven
Du selbst wurdest von der Musikindustrie ausgebeutet und betrogen. Wie konntest du nach dieser Erfahrung weitermachen?
Anne Clark
Beeing Nuts ! Beeing unable to stop I think.
Sven
Ich könnte mir vorstellen, dass du auch gedacht hast, ich mache jetzt etwas anderes.
Anne Clark
Für eine Weile habe ich auch was anderes gemacht. Gelegentlich brauche ich eine Auszeit. Besonders dann, wenn ich mich nicht mit der geschäftlichen Seite auseinandersetzen möchte. Da ist aber etwas in mir, was größer ist als ich selbst. Ich muss es machen. Ich muss schreiben, ich muss kommunizieren und ich brauche Musik. Unglücklicherweise muss man auch heute noch neben dieser schrecklichen (Musik)Industrie arbeiten. Die Möglichkeiten, welche das Internet mit all seinen verschiedenen Plattformen bietet macht es einfacher. Man spürt aber, wie die Industrie versucht sich dieser Alternativen zu bemächtigt und sie kontrollieren möchte. Aber Künstler werden immer einen Weg finden mit der Öffentlichkeit und untereinander zu kommunizieren. Gott sei dank, das ist so essenziell.
Sven
Es sind keine einfache Zeiten für Musiker, bezahlt werden ihnen…
Anne Clark
Wenn du überhaupt als Musiker bezahlt wirst…..
Sven
Spotify zahlt pro Stream 0,00348 US-Dollar. Wie viel Streams brauchst du, bis du dir einen Kaffee leisten kannst?
Anne Clark
Schon immer gab es die Ansicht, dass Musiker oder Künstler keine Rechnungen bezahlen müssen. Sie müssen nichts kaufen und sie brauchen nichts zum leben. Es ist ja auch nicht erlaubt in einer Bäckerei ein Brot zu nehmen ohne zu bezahlen. Musik kann man einfach nehmen, ohne sie zu bezahlen. Das ist nicht akzeptabel, aber es ist Teil des Systems. Unter Covid können Musiker keine Konzerte geben. Es ist eine sehr schwierige Zeit, aber diese schwierigen Zeiten können auch kreative Möglichkeiten eröffnen. Aus schwierigen Zeiten kann sich auch Gutes entwickeln und ich hoffe, das wird immer so bleiben.
Sven
Sicher, man kann sich einigeln, man macht etwas Neues oder man erneuert sich. Du hast die Zeit genutzt und deine neue CD/LP Synaesthesia-Classics Re-Worked gemacht.
Anne Clark
Ja, und diese Einstellung kann man auch auf meine Krankheit übertragen. Ich hätte mich auch in meinem Bett vergraben können. Ich versuchte trotzdem aus der Situation das Beste zu machen, und zu leben. Wir haben nur dieses kleine Leben, ob wir Musiker, Bäcker oder Friseur sind: Wir sollten immer unser bestes geben. So gut wie wir nur können.
Sven
Du bist als Dichterin und Spoken Word Artist bekannt, aber in deinem Wirken wird auch ganz deutlich, dass du nicht nur deine Texte über Musik legst, die von anderen Musikern vorgegeben wird. In deiner Dokumentation, I’ll Walk Out Into Tomorrow, wird deutlich, dass du ein Gespür für Arrangements hast, du weißt, was ein E-MU Emulator ist, und du sprichst auch von einer Revox Bandmaschine.
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Anne
Da sieht man mal, wie alt ich bin.
Sven
Kannst du uns über die Studioarbeit berichten und wie die Stücke erschaffen werden?
Anne Clark
Den geradlinigsten Weg, den Musiker und Bands normalerweise beschreiten gehe ich nicht. Ich bin wirklich kein guter Musiker, ich trage eine große Ungeduld in mir. Die Musik soll spontan entstehen. Deswegen liebte ich Punk, den hat man einfach gemacht. Es spielte keine Rolle, ob du technisch gut warst oder geübt.
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Wegen meiner Unrast kann ich nur bis zu einem gewissen Grad etwas musikalisch ausdrücken. Dadurch haben sich tolle Kontakte zu einmaligen Musikern ergeben. Sehr geduldige und offene Musiker, welche mir helfen, meine Ideen umzusetzen. Ich kann auf Gitarristen, klassisch geschulte Pianisten, Cellisten, Violinisten zurückgreifen. Mir gefällt das! Das Musikstudio ist wie ein Atelier eines Malers, oder wie die Küche eines Kochs, wo man all diese Farben und Zutaten findet. Man nimmt ein bisschen hiervon und davon. Man bringt diese verschiedenen Musiker mit in das Studio und wartet ab, was passiert. Manchmal ist es absolutes Chaos, aber meistens entwickelt sich etwas Einzigartiges. Ich gebe den Musikern gern die Freiheit, ihre Ideen individuell zu entwickeln. Dann bringe ich alles zusammen, um ein großen Kuchen, ein großes Bild oder ein großes Album zu erschaffen.
Sven
Du breitest also keine Ideen zu Hause vor, vielleicht in einem kleinem Homestudio?
Anne Clark
Ja schon, aber eigentlich bin ich am liebsten mit ein bis zwei Künstler im Studio und spiele mit Ideen. Ein bisschen wie Ping-Pong oder Tennis. Es geht darum, Ideen von den Mitstreitern aufzugreifen. Ich finde das sehr aufregend.
Der Übergang von der analogen Aufnahmetechnik zur digitalen Aufnahmetechnik war die Hölle. Ich liebte alle die Tasten, die Trommelstöcke, die Saiten, das taktile Erleben der Instrumente, wenn sie anfangen zu singen. Plötzlich gab es nur noch Racks und winzige digitale Displays. Sehr lange dachte ich einfach nur „Oh, mein Gott“, diese minimalen, kaum hörbaren Veränderungen und Justierungen. Ich hatte sehr lange Probleme, auf diese Art und Weise zu arbeiten, ohne die Interaktion mit Musikern.
Sven
Ich versteh das sehr gut, manchmal bekomme ich diese Synthesizer aus den 80ern, wie den DX7 und die Benutzung ist einfach schrecklich. Aber dank der Technobewegung hat sich das wieder verändert, jetzt gibt es wieder Regler und Fader. Es ist sehr wichtig, die Musik anfassen zu können. Ich möchte nicht nur Befehle über eine Computer Tastatur eingeben.
Anne Clark
Ich verstehe diese Art des musizieren schon, aber anfangs machte ich Fieldrecording, um die Umwelt und Natur um mich herum aufzunehmen. Das absolute Gegenteil, von einer technischen und digitalen Herangehensweise Musik zu machen.
Sven
Machst du immer noch Fieldrecordings?
Anne Clark
Ja, letztes Jahr, als wir während des Lockdowns alle zu Hause rumgesessen sind. Viele beklagen sich darüber, dass man nicht reisen kann und nichts machen kann. Dabei muss man sich nur einmal die eigene kleine Umwelt vergegenwärtigen. Dort passiert so unglaublich viel, es gibt so viel zu entdecken in der eigenen kleinen Welt.
Damit meine ich nicht, dass man sich vom Gedanken des Reisen verabschieden sollte. Man sollte aber auch nicht alles als gegeben hinnehmen. Was für ein Reichtum sich vor unserer Tür verbirgt! Im letzten Jahr habe ich so viele Dinge entdeckt und habe viele Aufnahmen gemacht. Es ist der Wahnsinn, dass wir Menschen einfach mal für eine Zeit die Klappe halten mussten und zuhause bleiben mussten. Gleichzeitig entfaltet eine ganz neue Welt vor unseren Fenstern. Es ist eine wunderbare Quelle der Inspiration für mich und ich glaube für andere Menschen auch.
Sven
Hast du auch Sounds im Krankenhaus aufgenommen?
Anne Clark
Manchmal, aber es war nicht der richtige Ort. Es war eine schwierige Zeit für all die Patienten und das Personal, das einer hohen Belastung ausgesetzt waren.
Sven
Gibt es Mikrofon, die du bevorzugst, oder gibt es auch Mikrofone, die du ablehnst, weil sie Anne Clark einfach schrecklich klingen lassen?
Anne Clark
Oooooh, well I’ve tried so many. Ich habe das Problem mit den zischenden Frequenzen. Ständig kommen neue Mikrofone auf dem Markt. Vor ein paar Jahren wurden die Rode Mikrofone hochgelobt. Für meine Stimme sind sie leider nicht geeignet. Die guten alten Shures sind wirklich perfekt für Liveauftritt…Beyerdynamics, Neumann sind toll. Es hängt aber sehr vom Raum, dem Studio, dem Toningenieur und dem Mischpult ab. Viele Faktoren spielen eine Rolle. Derzeit suche ich nach einem neuen Gesangsmikrofon, damit ich zu Hause arbeiten kann. Ich bin mit meinem Mikrofon derzeit nicht zufrieden.
Sven
Du hast also ein kleines Setup zu Hause. Du arbeitest mit dem Computer? Benutzt du Software oder Gitarren oder Keyboards?
Anne Clark
Ja, kleine alte Casios, eine kleine Ukulele… Ich mag es, Ideen zu skizzieren und zeitnah mit richtigen Profis auszuarbeiten, die technisch weitaus besser als ich sind. Ich bin hier schon wochenlang rumgesessen um Ideen auszuarbeiten. Ich weiß, wie es klingen soll, aber es gelingt mir nicht, es umzusetzen. Ich brauche diese wundervollen Musiker, mit denen ich glücklicherweise arbeiten darf. Nicht nur deshalb, weil sie die Musik so gestalten, wie ich es mir vorstelle. Sie bringen neue Ideen ein, auf die ich selbst nie gekommen wäre. Es ist eine gemeinschaftliche Arbeit und eine gut funktionierende Arbeitsteilung.
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Sven
Ich fand es interessant zu sehen, wie du mit deinen Musikern arbeitest. Als ihr für ein Konzert an „Sleeper in Metropolis“ gearbeitet habt, beginnt es mit einem Ambient- Synthesizer Intro, dass ich sehr gut fand. Du brichst ab und sagst deinen Musikern, dass sie nach und nach einsteigen sollen. Das Intro wurde tatsächlich viel interessanter. Das verlangt musikalisches Können und ein Verständnis für Arrangements.
Anne Clark
Meine Dankbarkeit gebührt meinen Musikern, weil sie so geduldig sind. Das funktioniert nicht mit jedem Musiker. Die Kommunikation ist so wichtig.
Jann Michael Engel ist ein klassisch ausgebildeter Cellist und Jeff Aug ist ein echter Rock and Roll Gitarrist. Wenn ich sie mit meinen Ideen konfrontiere, sieht man erst mal nur Frustration und Konfusion auf ihren Gesichtern, aber wir arbeiten die Ideen aus. Auf meinem Album „The Smallest Acts Of Kindness“ ist das Gospel-Stück „As Soon As I Get Home“.
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Ich habe meinen Jungs gesagt, ich will Gospel. Keiner hat so richtig verstanden, was ich will. Murat Parlak, mit dem ich schon lange zusammenarbeite, hat es verstanden. Nach 2 Stunden war das Stück fertig! Die Kommunikation und die Möglichkeiten, welche Menschen miteinander haben sind einfach Großartig.
Sven
Das schätze ich an deiner Arbeit. Es wäre so einfach, ständig das Konzept von Sleeper in Metropolis und Our Darkness zu kopieren. Es gab eine Zeit, da hast du nicht so viel mit Elektronik gearbeitet. Ich habe dich mal auf einem Festival gesehen, wo du als Headliner mit einem Orchester aufgetreten bist. Du hast zur Primetime ein sehr leises Set gespielt. Das Publikum erwartet zu diesem Zeitpunkt Party. Viele der Besucher waren verwirrt. Das fand ich sehr mutig. Du erinnerst mich an Frank Zappa und Prince, weil diese Künstler es immer abgelehnt haben, sich auf einen musikalischen Stil reduzieren zu lassen.
Anne Clark
Ich glaube, das hat mit meiner inneren Unruhe zu tun. Diese Ungeduld, mit der es manchmal sehr schwer ist zu leben. Für kreative Arbeit ist die Unruhe ein Vorteil. Viele ausgebildete Musiker fürchten sich vor Veränderungen, aber ich sage immer: Nein, verändert es. Spielt es nicht so, wie man es kennt. Es muss so nicht gespielt werden, wie man es von der Aufnahme kennt. Musik ist abstrakt und organisch. Musik lebt. Ich möchte mit Musik arbeiten.
Sven
Über die Jahre hast du die Stücke deinen verschiedenen Phasen angepasst. Es kommt immer darauf an, mit welcher Band du arbeitest oder welche Musiker du integrierst. Natürlich ergeben sich neue Möglichkeiten, wenn man einen Cellisten in der Band hat.
Anne Clark
Ja, und für die Musiker muss es auch interessant sein. Es macht den wenigsten Musikern Spaß, das Stück so zu spielen, wie es vor 40 Jahren aufgenommen wurde. Das ist nicht interessant. Das erinnert mich auch an dein Arrangement, welches du zum neuen Album Synaesthesia-Classics Re-Worked beigesteuert hast.
Sven
Warum hast du gerade diese 14 Stücke auf zum Remixen freigegeben? Heute habe ich noch mal True Loves Tales angehört und mich gefragt, warum das nicht auf Synaesthesia-Classics Re-Worked gelandet ist?
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Anne Clark
Where do you Stop? Where do you stop, Sven? Ich habe mich auch an Killing Time probiert, aber es hat nicht funktioniert. Natürlich wollte jeder Sleeper in Metropolis und Our Darkness machen. Für mich waren das die Stücke, die am wenigsten infrage kamen, aber sie mussten natürlich dabei sein. Ich habe Produzenten und Musiker gefragt, was sie gerne remixen würden und bekam eine Auswahl von Tracks zurückgeschickt, die sie gern machen würden. Thomas Ziegler (Anne Clark Manager), hat dich kontaktiert, nicht?
Sven
Es war ein bisschen anders. Ingmar Koch aka. Dr. Walker, einer der Gründungsväter der Technoszene in Deutschland, wurde von Thomas kontaktiert. Die großen Hits von Air Liquid beinhalten übrigens auch Spoken Word, von Mary Susan Applegate. Du musst dir unbedingt „Liquid Men with Liquid Hearts“, „This Is Not A Mindtrip“ oder „Liquid Air“ anhören. Sehr psychedelisch. Ingmar hat mich dann gefragt, ob ich mitmachen will. Ich bekam Stems von euch und dafür bin ich wirklich sehr dankbar, weil ich niemals in meinem Leben gedacht habe, dass ich mit deinen Werken arbeiten darf.
Anne Clark
Du hast wirklich super Arbeit geleistet.
Sven
Zuerst habe ich „Our Darkness“ geremixt. Thomas hat uns erzählt, dass du keinen Dance Remix haben willst, dass habe ich aber vergessen und eine richtige harte Four to the Floor Nummer gemacht.
Anne Clark
Den Remix habe ich noch nicht gehört.
Sven
Darum habe ich „Our Darkness“ in ein Ambient Track verwandelt und danach habe ich die Stems für „A Community Of Our Spirit“ bekommen. Dieses Stück berührt einen weiteren Aspekt deiner Arbeit. Du arbeitest nicht nur mit deinen eigenen Texten, du hast auch das Album „Just After Sunset“ mit Gedichten von Rainer Maria Rilke aufgenommen. „A Community Of Our Spirit“ ist ursprünglich ein Gedicht von Rumi und auf dem Album „Homage – The Silence Inside“ vertreten. Willst du uns etwas über Rumi erzählen?
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Anne Clark
Wie Rilkes Dichtung, sind Rumis Gedichte sehr alt. Sie wurde vor Hunderten von Jahren geschrieben, aber sie sind zeitlos und die Botschaft seiner Texte ist so human. Die Texte sind einfach gehalten, damit sich jeder mit ihnen identifizieren kann. Die Philosophie der Derwische beinhaltet einen faszinierend Aspekt des Islams, über den wir so gut wie nichts wissen. Über den Islam werden heutzutage fast nur negative Nachrichten und Aspekte vermittelt. Im Islam findet sich aber auch dieses wunderschöne spirituelle Element. Dieser Aspekt behandelt Liebe und Gemeinschaft. Die Texte sind auch heute noch relevant für uns, wie in der Zeit, als er sie geschrieben hat. Rilkes Texte sind ebenfalls sehr tiefgründig und gleichzeitig so einfach. Es handelt sich nicht um eine komplexe, akademische, kopflastige Dichtersprache. Wirklich jeder kann sie lesen. Wie viele Menschen kennen schon Rumi oder Rilke? Wie viele Hörer von elektronischer Musik oder Contemporary Musik kennen diese Dichter? Daher war es mir wichtig, diese Künstler mit meinen Hörern zu teilen.
Sven
Zuerst dachte ich, das A Community of the Spirit von dir verfasst wurde. Nach meiner Recherche konnte ich nicht glauben, wie alt der Text ist, weil er so modern klingt.
Anne Clark
Ja, die Texte sind unglaublich.
Sven
Als ich den Text interpretierte, dachte ich, es ist genau das Gegenteil von einem Anne Clark Text. Natürlich hast du auch Texte verfasst, welche sich mit den Themen Hoffnung, Kampf, aber auch Liebe beschäftigen und mit einem großen Herzen verfasst wurden. Du hast aber auch Texte geschrieben, welche eine Entfremdung mit der Gemeinschaft beschreiben. Rumi sagt genau das Gegenteil: Gehe raus und umarme jeden. Den meisten Mensch scheint es viel lieber zu sein in Ruhe gelassen zu werden. Es ist viel leichter zu sagen, dass man entfremdet ist.
Anne Clark
Ja, daher kommt meine Frustration: aus dieser Intoleranz, Inakzeptanz und Unverständnis unterhalb der Menschen. Ich bin sehr desillusioniert, wenn es um UNS geht, dem Menschen. Wenn es um UNS geht, hege ich keinen großen Optimismus. Es ist aber nicht so, dass ich kein Optimismus wollte oder mir nicht wünschen würde. Ich sehe ihn einfach nicht. Der Optimismus ist unterrepräsentiert.
In den Zeitungen und im Fernseher, wird man hauptsächlich mit schlechten Nachrichten konfrontiert. Das ist schrecklich, weil es auf der Welt so tolle Menschen gibt. Im Kino oder im Fernsehen läuft nur Mord und Totschlag, es geht fast nie um wundervolle, großartige, hoffnungsvolle Themen. Das sind Anzeichen einer sehr kranken Spezies. Ich denke, wir müssen unsere Wahrnehmung auf die Welt verändern.
Sven
Genau deswegen hast du diesen Text ausgewählt.
Anne Clark
Ja, klar.
Sven
Der Text ist vom 12 oder 13 Jahrhundert und er klingt so modern.
Anne Clark
Viele seiner Texte sind so, nicht nur A Community of The Spirit. Die Texte sind immer noch relevant und spiegeln wieder, wer wir sind und wie wir heutzutage leben.
Sven
Sprechen wir von der Musik und was ich damit gemacht habe. Das Original erinnert an einen Soundtrack und wird von einem aufwendigen Video begleitet. Das Stück schlägt nach einer Weile eine Richtung ein, die ich in meinem Remix total ignoriert habe.
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Anne Clark
Das ist eben genau das Tolle. Du hast dem Stück eine neue Richtung beschert und das ist wundervoll.
Sven
Vielen Dank. Du hast das Stück mit Thomas Rückoldt erschaffen und man hört genau, dass er ein ausgebildeter Musiker ist. Ich bin das nicht und versuche mit meinem Möglichkeiten das Beste zu machen. Am Ende des Tages kamen dann doch Zweifel, was du darüber denken könntest.
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Anne Clark
Ich kann nicht so streng sein. Musik lebt und ist organisch. Ich bin total angstfrei, wenn Menschen etwas ausprobieren. Für mich ist es ganz einfach: Entweder mag ich es, oder ich mag es nicht. Ich höre, ob es technisch und musikalisch gut gemacht ist und es muss auf dem Punkt gebracht werden. Um das zu erreichen, muss man den Menschen Freiheit geben, es auszuprobieren.
Sven
Das ist sehr nett von dir, weil ich glaube, dass es sehr viele Künstler gibt, die ihr Werk beschützen wollen.
Anne Clark
Du kannst dir sicher sein, dass ich Remixe erhalten habe, die mir nicht gefallen haben. Ich kann die Musiker dafür aber nicht verurteilen oder verdammen, weil es ihr künstlerischer Ausdruck ist. Es geht hier nicht um Leben oder Tot oder um etwas, dass beschützt werden müsste. Ich erfreue mich an der Überarbeitung, oder ich erfreue mich eben nicht oder denke, dass es musikalisch nicht funktioniert. Es ist wie mit der Band im Studio, man muss den Musikern die Freiheit geben auszuprobieren.
Sven
Wie auf dem T-Shirt, das es vor ein paar Jahren gab: Good Music i dance, bad Music i don’t. Wenn man mit einem Künstler arbeitet, der so eine Präsenz hat wie du, fängt man an zu überlegen.
Anne Clark
Mir geht es genauso. So war es, als ich an den Texten von Rilke oder Rumi arbeitet. Derzeit arbeite ich mit Jeff an einem Track mit einem Text des dänischen Schriftstellers Toon Hermans. Dänisch ist eine sehr schwierige Sprache. Es sind Übersetzungen vorhanden und ich füge mein Element hinzu. Ich muss vorsichtig sein und das Original respektieren. Natürlich verändert sich das Original durch die Übersetzung und wird trotz aller Vorsicht zu etwas ganz anderem. Man kann nun den Standpunkt vertreten, dass Menschen ohne Deutschkenntnisse niemals verstehen werden, wie wichtig und schön die Gedichte von Rilke sind. Ich habe Übersetzungen von Rilke gelesen, die schlecht waren. Sie waren tot, langweilig und ohne Leben. Von anderen Übersetzungen bin ich total fasziniert. Ich weiss nicht, ob es Rilke auch so gesehen hätte. Mit der Musik ist es genauso, wenn die Bearbeitung das Werk respektiert, muss man dem Künstler die Freiheit geben.
Sven
Ich habe ein Taschenbuch mit Beatles Übersetzungen. Die sind so schlecht, dass es wieder lustig ist.
Anne Clark
Dann hat man Comedy, was natürlich auch großartig sein kann.
Sven
Ich habe ein Remix der Musik angefertigt, aber ich habe keinen Remix des Textes erstellt. Wie wäre es, wenn jemand deine Texte remixen würde?
Anne Clark
Das wäre interessant. William S. Burroughs und David Bowie haben mit der Cut-up Technik gearbeitet. Vor ein paar Jahren hat mich jemand gefragt, ob ich nicht die Texte aus meiner Anfangszeit nehmen würde, z. B. aus der Sitting Room Phase, um sie neu zu schreiben. Manchmal habe ich Schreibblockaden. Ich denke dann, ich wiederhole mich ständig. Es wäre sicher eine gute Übung, ein altes Thema neu zu schreiben.
Wie viele tausend Male habe ich das Sequencer-Riff aus „our darkness“ in die Tasten gekloppt. Anne Clark war auch für mich wie eine Art Erweckungserlebnis, sie hat definitiv zu meiner musikalischen Sozialisation beigetragen. Wie bei Peter, waren es diese beiden Songs. Manche Stücke, oder auch nur Riffs, oder bestimmte Instrumentierungen / Stimmungen treffen genau ins schwarze, direkt ins Herz.
Das ist mir beim Lesen des Interviews wieder bewußt geworden.
Vielen Dank für das Interview and LOVE and RESPECT to Anne!
Gibt es irgendwo eine Notation der „Our Darkness“ Sequenz? Immer, wenn ich versuche es hinzubekommen, stelle ich fest, dass die a) zu schnell für mich ist und b) das meine Ohren zu bescheiden sind, um es richtig zu machen.
@Wasserspeier Meine Ohren auch! Deshalb auch 1000 Mal probiert und nie hinbekommen ;)
Irgendwann beim Nachahmen mutiert so eine Sequenz über die Jahre zu etwas völlig Anderem, von dem man aber meint, das es genau das Original trifft. Viele solcher prägenden Sequenzen, oder Melodiefetzen bilden dann vielleicht mit der Zeit so etwas wie eine musikalische Persönlichkeit. > Sag ich mal so als Freizeitpsychologe!
Eine Notation dazu habe ich nie gesucht, aber vielleicht gibt es im Netz Midi-Files?
das geheimniss ist eigentlich der delay. denk dir den mal weg. dann isses einfacher
@Wasserspeier Our Darkness basiert auf einem Motiv von Jesus Christ Superstar, genau wie das Riff in KLFs What Time Is Love. Hör mal hier rein – ungefähr ab Minute 3: https://youtu.be/CxG9cCEydbo?t=180
@Everpure Yeah, vielen Dank dafür…das könnte sogar für mich funktionieren. Und die Idee mit dem Delay passt hier ja auch. Nochmals vielen dank, mal wieder den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen…
Anne Clark, die Juliane „Am Tag als Conny Kramer starb“ Werding der Elektronik. Keiner jammert wie sie.
Leider hört man auch heute noch: „…nicht nur auf elektronische Musik reduzieren lässt. …“
Was haben sich andere in den 80ern Gitarren umgebunden und einen Drummer hingesetzt, damit sie vom Business „akzeptiert“ wurden.
Elektronische Musik ermöglicht so viel mehr. Es wirkt irgendwie herabsetzend, wenn von „nur elektronischer“ Musik gesprochen wird.
Anne Clarks Sprechgesang war nicht (allein) der Knaller. David Harrows‘ Sound (allein) war nicht der Knaller. Aber die Synthese, zu dieser Zeit war für „live“ Miterlebende ein Urknall, selbst wenn man es heute noch hört. Wenn junge Menschen das heute zum ersten Mal hören, wird es sie (vermutlich) nicht flashen.
So funktioniert das Pop-Musikbusiness, das kann man nicht planen. Dan Harrow macht/e immer weiter Musik, Anne Clark auch, aber „Musik ist mehr als die Summe der einzelnen Teile“.
Und trotzdem: Our darkeness und sleeper in metropolis sind für mich Erweckungserlebnisse.
Allerdings fand Anne Clark mit Blank & Jones geniale Partner für The hardest heart.
@teofilo hallo Teofilo,
Interessant wie du das gelesen hast, denn es war überhaupt nicht nicht abwertend gegenüber der elektronischen Musik gemeint. Es war so gemeint, dass es für die Karriere viel einfacher ist sich auf einen Stil festzulegen, sei es Rock, elektronische Musik, Jazz oder was anderes. Künstler die mit dieser Erwartungshaltung brechen sind selten anzutreffen. Leider ist es für Musiker nicht förderlich für die Karierre auch mal was Abseits vom erfolgsversprechenden Weg zu machen. Deswegen mag ich z.b. Miles Davis, Prince und Frank Zappa, nicht wegen Purple Rain, Kind of Blue oder Bobby Brown, sondern wegen der unglaublichen Vielfalt im Schaffen und einer Verweigerungshaltung gegenüber musikalischen Schubladendenken.
Ich saß bei meinem Nachbarn zwischen Poly 800, TR-505 und Vinyl. Our darkness hat mich weggeblasen. Unfassbarer Song wenn der Horizont in meinem Fall damals nur aus DM, Yazoo und Madness bestand…. Ausser NDR2 und Ronny‘s Popshow war da nicht viel. Anne Clark war für mich Punk in Strom. Dann nahm ich Nitzer Ebb war. Danach war die gute Anne eine Schlagerprinzessin;). Aber eine Gute!🌹
Aus aktuellem Anlass habe ich kurz nochmal reingehört in ihre Werke und nehme ausdrücklich die Schlagerprinzessin zurück.
Eindrücke in Bezug auf vergangene Zeiten darf man auch mal aktualisieren…. Selbstreflektion & Co. ……..
Amen!
😉
Hallo Sven, schönes Interview.
Aber was sind denn diese
„Stamps“ , die dir die Produzenten von Anne Clark zugeschickt haben? Oder hat die Autokorrektur „Stems“ nicht erkannt?
@0gravity Hallo 0gravity,
Nein, Nein Stamps stimmt schon. Die Sounds wurden tatsächlich von der britischen Post in Briefmarken codiert. Das Internet ist für den Versand von solchen hochbrisanten Files viel zu unsicher. Die Files kamen in Briefmarkenform. ich habe dann vom BKA, BBC, TÜV und DFB ein dreifach abgesicherten Entsschlüsselungscode bekommen und konnte die Stamps dann per Datasette in mein Rechner übertragen…..Nach Abschluss des Remixes wurde der Rechner übrigens vernichtet, damit die Stamps nicht irgendwie illegal geteilt werden können :-) Es ist nicht leicht als Musiker, man muss Opfer bringen.
In einer anderen Realität muss es natürlich Stems heißen…. danke für den Hinweiß ;-)
@Sven Rosswog :-))
Wow vielen Dank für das Interview! Und alles gute für Anne Clark!
Es gab eine Platte die mich damals total umgehauen hat… das Live Album RSVP. Absolut abgefahren, die Energie, der Sounds und die Stimmung. Ich habe Anne Clark mehrmals Live gesehen in den 80ern und 90ern, mein Musikgeschmack hat sich verändert aber dieses Album höre ich immer wieder gerne. Bald könnte ich mir noch mal einen Konzertbesuch vorstellen.
Vielen Dank, Sven, für das wirklich gut vorbereitete und geführte Interview! Ich selbst hatte bisher die Ehre vieler Konzerte seit 1988 und habe den musikalischen Wandel von Anne und der jeweiligen Band zumeist sehr positiv wahrgenommen – dieses Thema habt Ihr wirklich schön ausgiebig vertieft :-) Witzig – Dein Remix gefiel mir nach dem Hören des neuen Albums am Besten – und die Ergänzungen, dass der Text von Rumi ist und nicht von ihr sowie die Hintergründe dazu lassen mich den Song (den ich vorher noch nicht wahrgenommen hatte…) noch mal neu wahrnehmen…
Wollen wir hoffen, dass Anne bald wieder komplett auf den Beinen ist – die letzte Tour sollte ja zwar die letzte sein, aber da haben die ärzte 1990 auch schon mal verkündet ;-)
Herzlich, Christian
@ChristianMais Hallo ChristianMais,
ich danke dir vielmals für die lobende Worte. Das ist bezüglich meines Remixes für mich als Musiker sehr motivierend.
Ich hoffe auch, dass Anne Clark bald wieder auf Tournee gehen kann.
Viele Grüße
Sven
@Sven Rosswog Lieber Sven,
vielen Dank für dieses sehr ausführliche Interview mit Anne :-)
Du hast auch die richtigen Fragen gestellt, bzw. ihr habt euch einfach „unterhalten“ – ich fand das sehr schön zu lesen – danke dafür :-)
– aber eines verstehe ich nicht: kann Spotify einfach die Rechte an einem Track kaufen heutzutage? Irgendwie ergibt das keinen Sinn… denn, 0,003 Cent pro Stream sind wirklich arg wenig und nicht würdig (…bei meiner Musik schon, aber die gibt es seit 30 Jahren kostenlos – fast ;-) )
– wer macht das als professioneller Musiker mit?
Ich wünsche Anne alles Gute und Gesundheit und würde mich über viele neue Tracks/Werke freuen :-)
@Hannes Hi Hannes,
danke für deine netten Worte.
Es gab eine sehr gute Dokumentation auf Arte über Spotify und das Geschäftsmodel. Vieleichtr findet du es nocht auf Youtube oder in der Mediathek.
Es geht bei diesem Geschäftsmodel nicht nur um Spotify, sondern auch um Youtube usw. Das Problem ist schon lange bekannt. Ice-T hat mal gemeint, dass er nicht wusste, dass es überhaupt möglich ist ein 1 Cent nochmals zu teilen. Die Entwertung von Musik hat viele Gründe, zu viele um sie alle aufzuzählen. Es hat zum einem mit der Reaktion der Musikindustrie auf MP3 zu tun und den Umgang mit den Konsumenten, zum anderen auch mit einem veränderten Konsumverhalten. Musik ist mittlerweile ein Unterhaltungsmedium, dass sich gegen Computerspiele, Netflix, Social Media usw. durchsetzen muss. Die Musikindustrie geht massiv gegen Urheberrechtsverletzungen vor, weswegen sich dank Twitch ein alternativer Musikmarkt etabliert hat: Die Streamer nutzen Musik ohne Verwertungsrechte. Weswegen die Fans der Streamer nachfragen, was das für coole Mukke läuft und dadruch warscheinlich Lables weniger Umsatz machen. Gleichzeitig machen die Streamingdiesnte Millarendumsätze, aber die Erschaffer verdienen am wenigsten. Es werden sogar mittlerweile Songs so produziert, dass die in den Algorythmus von Spotify erfüllen und damit die meisten Aufrufe haben.
@Hannes Es ist vertrackt. Dazu reichen einfach nicht die 1400 Zeichen für eine Antwort aus. Es gibt in den entsrepchenen seriösen Medien viele Artikel zu dem Thema. Wenn man tief in das Thema einsteigt, wird man als Kreativer jedenfalls sehr wütend, wegen der Ignoranz die Kulturschaffenden entgegengebracht wird. Schön zu sehen auch in der der derzeitigen Pandemie. Der Stellenwert von Kultur dürfte nun jedem klar sein.
Hi Sven
Vielen Dank für Dein tolles Lob.
Der Remix lief wie von selbst, ich hatte freie Hand und konnte viele Ideen unterbringen.
Anne war total glücklich und das gab mir noch einen extra-Schub.
Meine Künstlerin Emily war im Studio und hat direkt mit gesungen. Sie ist eine glatte 1, musste ich nur noch aufnehmen. In einer ersten Version war sie verzerrt und weiter hinten, man weiss ja nie wie Künstlerinnen zu anderen Sängerinnen stehen aber Anne forderte Stimmen und Musik getrennt an um sie noch prominenter nach vorne zu mischen.
Wenn Du noch Fragen hast kannst Du gerne schreiben und Dir auf YTb Emily Falls anschauen. Bis dann
Andreas
andreasbruhn.com
@Andreas Bruhn Hi Andreas,
entschuldige, denn ich habe erst jetzt dein Kommentar entdeckt. Dein Remix ist wirklich sehr cool. Wie Anne es ja in ihrem Interview gesagt hat: es gibt kein Richtig und Falsch, es muss ihr gefallen, daher gibt sie ihren Musikern so viel Freiheit und das ist mir Sicherheit nicht selbstverständlich.
Ich bin schier aus allen Wolken gefallen, dass sie mich ausgewählt hat und ich mit so vielen hochkarätigen Musikern auf diesem Album sein durfte und als es in Charts hüpfte war das schon unglaublich für mich.
Es ist eine große Ehre für mich, mit dir auf diesem Album zu sein. Wie Emily sich der Melodie und dem Sprechgesang von Anne anpasst ist einfach unglaublich gut. Es ist nicht irgendwie drüber gejodelt, sondern fühlt sich so an, als wären beide zusammen im Studio gestanden. An diesem Remix kann man lernen, dass man so viel mehr machen kann, als nur vorgefundene Spuren neu zu arrangieren. Es können sogar neue und gänzlich unbekannte Elemente hinzugefügt werden.
Viele Grüße. Ganz großes Kino!
Hallo 0gravity,
„Nein, Nein Stamps stimmt schon. Die Sounds wurden tatsächlich von der britischen Post in Briefmarken codiert. Das Internet ist für den Versand von solchen hochbrisanten Files viel zu unsicher. Die Files kamen in Briefmarkenform. ich habe dann vom BKA, BBC, TÜV und DFB ein dreifach abgesicherten Entsschlüsselungscode bekommen und konnte die Stamps dann per Datasette in mein Rechner übertragen…..Nach Abschluss des Remixes wurde der Rechner übrigens vernichtet, damit die Stamps nicht irgendwie illegal geteilt werden können :-) Es ist nicht leicht als Musiker, man muss Opfer bringen.
In einer anderen Realität muss es natürlich Stems heißen…. danke für den Hinweiß ;-)“
Abgesehen davon, daß in unserer schönen zentraleuropäischen Sprache ‚Hinweis‘ so geschrieben wird…
– ‚ein dreifach abgesicherten Entsschlüsselungscode‘ – > ‚einEN dreifach‘ etc. usw.
– ‚in mein Rechner‘ -> ‚in meinEN Rechner‘
Schön, dass sich fast jeder in der Redaktion bereits ‚Dönerdeutsch‘ angewöhnt hat :(
Herr Rosswog, falls Sie Legasteniker sind, entschuldige ich mich naturalemente. Falls nicht: der Herr Matten a.k.a. Lektorat im Ruhestand schläft eh, u. ansonsten befalle jeden von Euch die Sackfäule :)
Dieser pseudoeloquente Typ names Siggi Bob mokiert natürlicherseits nie dergleichen an… nunja, ‚German Forums‘ :)
@tommyk Kommentare werden von mir nicht auf Rechtschreibung geprüft und korrigiert.
PS: „Dein Kommentar muss noch von der Redaktion freigegeben werden.“
Kein besserer Job als der ausführende Branch für den linksliberalen Duktus zu sein. Liebe Kinder (so wie Lena!?), da draussen gibt es für Selbstdenker eine Variosität an Jobs, die Euch nicht abverlangen der Spielball von excellent verdiendenten, grün wählenden Münchner Umlands-Vollpfosten zu sein. Aber: wir mussten dies alle selbst lernen…
Seit ich als Teenager in den 80ern ihre Musik hörte und schätzen lernte, bin ich fasziniert von ihrer Stimme, die, wie sie dir ja auch selbst gesagt hat „beschränkt ist“. Als mir vor wenigen Jahren dann Annes FB-Profil vorgeschlagen wurde, verfolge ich gerne, was sie umtreibt und macht. In der Zeit ihrer Krankheit habe ich ihre Textpassagen umgedichtet, um sie aufzumuntern. Weiß nicht, ob sie sie gelesen hat oder ab sie so bei ihr ankamen, wie von mir gedacht.
Mich freut es jedenfalls, dass sie wieder DA ist. Mehr denn je. Ich würde mir wünschen, dass sie in der Szene mehr Beachtung fände. Dass ein Nelee Hooper, ein Jean Michelle Jarre, eine Björk oder (weil sie doch Reggae so mag/mochte) ein Dr. Alban mal bei ihr klingelt und sagt: „wo ist dein Studio? lass uns mal jammen“.
Eines der persönlichsten Interview, das je auf amazona zu lesen war, denke ich.
Danke dafür
Tolles Interview – vielen Dank, Sven! Vor einigen Jahren hatte ich die Ehre, bei einem Konzert von Anne Clark mit ihr gemeinsam auf der Bühne stehen zu dürfen: Ich war damals Keyboarder in der Vorband, die vom Tourmanagement für den Abend gebucht war. Anne gefiel unsere Musik so gut, dass sie unmittelbar vor ihrem Setbeginn zu uns kam und uns anbot, das letzte Zugaben-Stück gemeinsam zu performen! Wir fühlten uns wirklich sehr geehrt. Ihr Konzert war wirklich beeindruckend. Nicht viele „Darsteller“ der Musikbranche sind derart deutlich „echte Künstlerpersönlichkeiten“ – Anne Clark definitiv, ihre Bühnenpräsenz ist der Hammer und sie ist auch backstage und gegenüber ihren Technikern ein sehr höflicher und freundlicher Mensch!
Wen es interessiert: Ihr erstes Album seit ihrer Krankheit wird hoch gelobt.
Auch wenn ich mir etwas synthetischeres Gewünscht hätte…das hier ist mit akustischer Begleitung.
https://is.gd/QVCAUJ
Schönes Interview mit einer coolen, tollen Persönlichkeit. Vielen Dank.