ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Interview: Reinhold Heil, Teil 3

(ID: 70669)

Peter:
Was war der erste, wo du jetzt sagst, hier entwickelt sich was?

Reinhold:
Das war 2001, One Hour Photo.

ANZEIGE

Peter:
An den Film erinnere ich mich gut. Als Score-Sammler ist mir damals auch sofort dein Name auf dem Cover aufgefallen.

One Hour Photo Kinoplakat

ANZEIGE

Reinhold:
Ja, und er war auch gut. Es war ein Film, der bereits fertig war und auch bereits einen FilmScore hatte von einem richtig guten Komponisten. Die Musik war einfach für den Film zu lahm. Selbiger Komponist macht schöne, flächige Musik, die ich sehr mag. Er hatte in keiner Weise versagt. Der Regisseur hatte ihn einfach falsch besetzt. One Hour Photo ist ein sehr ruhiger Film, eher creepy, und hat erst am Ende etwas Action. Der Regisseur war sehr skeptisch, weil er keine „Lola Rennt Musik“ haben wollte. Es hatte ein Testscreening gegeben, das absolut katastrophal ausgegangen war, mit der alten Musik. Die haben erst mal alle Beteiligten in eine dreimonatige Pause entlassen. Das einzige, was dann geändert wurde, war die Filmmusik. Wir hatten einen 3 Monate langen Prozess, an dem der Regisseur sehr intensiv beteiligt war, da er ja nichts anderes zu tun hatte. Das war sehr gut, er ist ein richtig guter Regisseur, aber er wollte halt keine Popmusik, weil er sich als Filmkünstler etablieren wollte und nicht als einer, der ein 90-minütiges Popvideo dreht. Deswegen war er ursprünglich der Meinung, dass die Typen von Lola Rennt genau die falschen Komponisten für ihn sind. Aber er konnte sich keine Besseren mehr leisten.

Peter:
Aber das war dann auch eine Herausforderung.

Reinhold:
Wir haben es am Ende hinbekommen. Wir zeigten ihm ein sehr romantisches, trauriges Thema, das ich bereits ein halbes Jahr vorher als Demo für einen anderen Film geschrieben hatte. Alle anderen Demos fand er scheiße, alles zu Popmusik-mäßig. Also holte ich dann das supertraurige Thema aus der Schublade. Er war sehr verwundert und fragte: „Wo kommt das denn her?“ Ich sagte: „Tja, wir sind halt nicht nur Techno Freaks.“ Wir hätten damals sicher irgendwelche Blockbuster Filme mit Technomusik versehen können, aber den Boom verpassten wir. Gleichzeitig war es ein Klotz am Bein, als Techno-Fredels dazustehen, die ja gar nichts „Richtiges“ können. Wenn du dir aber die Filmmusik von One Hour Photo anhörst, findest du musikalische Substanz, nämlich das oben genannte Thema, das zum Teil sehr reduziert wird auf nur die Basslinie und merkwürdige Atmosphären usw., aber es ist immer das Thema, sehr konsequent angewendet und entwickelt. Erst in den Endtiteln kommt es voll in all seiner Romantik zum Tragen – für fünf Minuten. Zwischendurch blitzt es schon mal auf, wenn die Streicher dazukommen. Es ist ein richtiges Stück Filmmusik, aber irgendwie auch wieder nicht, weil ich nie durch das System von Filmmusikschulen gegangen bin, allen voran USC hier in LA. Das heißt, die Chord Progressions in One Hour Photo sind eben nicht „your standards“. Und es gibt heute immer noch Kollegen, die sich an dieser merkwürdigen Chord Progression von OHP bedienen. So wurde es doch so ein bisschen ein Klassiker, was damit zusammenhängt, dass ich wirklich mehr intuitiv, pseudo-klassisch an die Sache herangegangen war. Außerdem ist natürlich trotzdem noch viel Elektronik vorhanden. Es pulsiert immer ein wenig und Johnny hat eine Menge damit zu tun. Wir verpassten dem Film die Emotion, die unheimliche Atmosphäre des Stalkers Sy (gespielt von Robin Williams) und in subtiler Weise auch ein wenig mehr Tempo, als er von der Substanz eigentlich hat.

ANZEIGE
Forum
  1. Profilbild
    TobyB RED

    Hallo Peter,

    auch der dritte Teil, war sehr kurzweilig und spannend zu lesen. Daumen hoch. Was ich immer wieder lustig finde, das einige fx wohl überall eingesetzt werden, wie das CryBaby. Bei mir kommt es hinter den Drummaschinen zum Einsatz. Und sorgt für reichlich Wah.

    Gudde

  2. Profilbild
    Markus Schroeder RED

    Das heißt, die Chord Progressions in One Hour Photo sind eben nicht „your standards“

    deswegen, aber nicht nur deswegen, ist One Hour Photo, ein Klassiker für mich, mit dem nur ganz wenige andere Soundtracks mitkommen.

    Danke dafür,
    Markus

Kommentar erstellen

Die AMAZONA.de-Kommentarfunktion ist Ihr Forum, um sich persönlich zu den Inhalten der Artikel auszutauschen. Sich daraus ergebende Diskussionen sollten höflich und sachlich geführt werden. Politische Inhalte und Statements werden durch die Redaktion gelöscht.

Haben Sie eigene Erfahrungen mit einem Produkt gemacht, stellen Sie diese bitte über die Funktion Leser-Story erstellen ein. Für persönliche Nachrichten verwenden Sie bitte die Nachrichtenfunktion im Profil.

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
X
ANZEIGE X