Eine Pranke voll Sound
Artiphon ORBA kommt aus den Tiefen des Kickstarter-Universums in unsere Handflächen geflogen. Das tatsächlich handflächengroße UFO-ähnliche Gerät mit eingebautem Lautsprecher verspricht, ganze Songs bauen und sie dank Bewegungssensoren mit vielen Nuancen spicken zu können. Da das Gerät den Sprung in bekannte und weniger bekannte Online-Vertriebe geschafft hat, ist es allemal einen Blick wert.
Was ist eigentlich Artiphon ORBA?
Nun, Artiphon ORBA erfüllt im Prinzip zwei Funktionen. Zum einen beherbergt es vier Engines, als da wären Drums (9 Sounds), Bass, Chord und Lead. In der App (Desktop/Mobil) können auch für jede Engine neun weitere Sounds ausgewählt werden – eine Möglichkeit, eigene Sounds zu kreieren, gibt es derzeit nicht. Darüber hinaus gibt es noch einen kleinen Sequencer, in den man seine Einfälle einspielen kann. Dieser läuft im Overdub-Modus und man kann die jeweils letzte Aufnahme wieder rückgängig machen.
Zum anderen ist Artiphon ORBA ein MIDI-Controller, der über das mitgelieferte USB-C-Kabel an macOS, iOS und Windows angeschlossen werden kann. Außerdem verfügt Artiphon ORBA über Bluetooth-MIDI, das mit macOS, iOS und Android genutzt werden kann. Nach Angaben des Herstellers funktioniert das leider nicht mit Windows. Ein kleine Recherche ergab, dass WIN10 sehr wohl standardmäßig über Bluetooth-MIDI verfügt; ein wenig tiefer gegraben ergaben sich aber allerhand Probleme mit der tatsächlichen Benutzung dieses Features auf Windows.
Synthesizer und mehr, der Artiphon ORBA
Die MIDI-Informationen werden aber nicht nur von den 8 Velocity-fähigen Pads ausgegeben, sondern vor allem mit verschiedenen Gesten gesteuert, die über Bewegungs- und Neigungssensoren im Inneren des Gerätes abgefragt werden. Das macht Artiphon ORBA natürlich interessant für eine knackige Live-Performance. Die MIDI-Events der Gesten sind fest vorgeben und lassen sich also nicht anpassen. Das gilt auch für die Noten, die von den Pads erzeugt werden – schon ein wenig enttäuschend. Die betreffenden Note, CC, Pitchbend und Channel-Aftertouch-Zuordnungen sind dem Handbuch zu entnehmen, das es leider nur online gibt; allerdings ist es so gestaltet, dass man ein recht vernünftiges PDF daraus erzeugen kann. Artiphon ORBA versteht acht Gesten bzw. neun, wenn man die Noteneingabe über die Pads mit einbezieht.
Die Artiphon ORBA App(s)
Dreh- und Angelpunkt ist die ORBA-App, die es für alle gängigen Desktop- und Mobil-Plattformen gibt. Die Installation geht problemlos vonstatten und die App im typisch aktuellen Stil ermöglicht auch das Installieren von Firmware-Updates und das Vornehmen von Systemeinstellungen. Hier kann man aufgenommene Loops archivieren und die Sounds der einzelnen Engines austauschen. Das geht übrigens per Engine (Drums, Bass, Chord und Lead), so dass man sich sein ganz eigenes Set zusammenstellen kann. Neben den Standard-Sounds gibt es noch acht weitere Varianten: Ambeeant, Bedroom, Boomy Booms, Cartridge, Eyes Closed, Grapefruit, Ohm, Minimax und Orba+Chill. Die Titel beschrieben schon ganz gut, was man zu erwarten hat.
Wenn das Gerät gleichzeitig über USB und ein Audiokabel an den Rechner angeschlossen war, konnte man ein starkes Brummen hören. Dieses verschwand erst, als eines der beiden Kabel gezogen wurde – so was kann natürlich immer auch am Studio-Setup liegen, jedoch hatte ich diese Erfahrung bis jetzt mit keinem Gerät gemacht, das gleichzeitig über USB und Audio mit dem Rechner verbunden war.
Vorbildliche Ableton Live Integration
Auf der Website von Artiphon ORBA kann man ebenfalls ein Max4Live-Patch herunterladen, das einem die Einbindung in ein Live-Set wesentlich vereinfacht. Es zeigt die möglichen Gesten und wie durch sie ein Parameter angesteuert wird.
Diesen kann man dann einfach mit der bekannten Map-Funktion einem beliebigen Ziel zuweisen. Zwei der Gesten geben auch eine Note aus (Bump: D#1 und Shake: A4), die man eigentlich frei wählen kann, das funktionierte bei mir jedoch nicht. Natürlich können auch die Noten, die auf den Pads gespielt werden, als MIDI aufgenommen werden. Außerdem stehen vier MIDI-Ports, je einer für eine Engine des Artiphon ORBA, zur Verfügung. Über diese kann man das Gerät auch vom Computer aus steuern. Wobei es dann möglich ist, auch andere Noten als die vorgegebenen zu spielen.
Der Synth-Sound des ORBA
Auf der positiven Seite kann man sagen, dass der eingebaute Lautsprecher die Sounds der Engines ganz gut portiert. Auf der negativen Seite muss man leider sagen, dass die Sounds, über ein Audiointerface aufgenommen und auf Studioboxen abgehört, kaum an Qualität gewinnen. Das klingt für mich alles etwas flach. Mehr Leben kann man durch die verschiedenen Gesten hereinbringen, auf die die meisten Sounds reagieren.
Die einzige Möglichkeit, die Sounds aus dem Artiphon ORBA aufzunehmen, ist über die Mini-Stereoklinke auf der Seite. Es ist sofort ersichtlich, dass es hier zu Problemen kommen muss mit den Gesten, die man ja am besten in der freien Luft anwenden kann. Gleiches gilt auch für die USB-MIDI-Verkabelung. Besser, man benutzt Bluetooth dafür.
Nach dem Starten der Aufnahme gibt es einen Klick, der solange läuft, bis man den ersten Loop aufgenommen hat. Da das Gerät aber wohl eine recht hohe Auflösung und keine Quantisierung hat, ist es aufgrund der ungewohnten Eingabeweise schwer, ein gutes Timing zu erhalten. Ich konnte auch nach mehreren Versuchen keinen zufriedenstellenden Drumbeat aufnehmen – muss wohl an meinem Rhythmusgefühl liegen …
MIDI-Steuerung über Gesten
Obwohl ich an sich ein Befürworter aller möglichen ausgefallenen Controller bin, macht es mir der Artiphon ORBA hier schwer. Gerade in dem Max4Live-Patch, bei denen man die Werte aller 7 Gesten im Überblick hat, fällt auf, dass die meisten Gesten sich stark gegenseitig beeinflussen. Radiate, Press und Vibrato werden z. B. immer gemeinsam angesprochen – es gibt einfach keine Möglichkeit, diese einzeln zu nutzen. Gleiches gilt für Tilt, Spin und Move. Setzt man nur eine Geste ein, so fand ich Tilt und Shake am ergiebigsten; die anderen reagierten für meine Begriffe immer etwas seltsam und man musste schon teils komische Verrenkungen machen, um diese auszulösen.
Ein Produkt für die Müllhalde. Hatten wir da nicht schon genug davon?
Müssen wir mit so einem Mist den Planeten immer weiter in den Ruin treiben???
Dieses degenerierte UFO ist genauso unmusikalisch wie das Synthesizer-Geblubber,
das von angeblich ach so kreativen Blechohren talentfrei mittels Arpeggiatoren und
Sequencern abgesondert wird. Schöne Neue Welt.
Kink wird sich freuen. Vermutlich als einziger.
Schonmal was von Hobby, Amateuren, Kindern, eingeschränkten Personen gehört? Wir nutzen u.a. ORBAs für Musik/Sensoriktherapie mit körperlich und geistig eingeschränkten Kindern und Jugendlichen – da herrscht große Freude..ich hoffe das ärgert dich nicht. Wir nutzen auch noch andere elektronische „Spielzeuge“, wie z.B. Korg Kaossilator..die Ergebnisse sind nicht immer musikalisch. Anyway.
Um mal auf den Punkt zu kommen der mich hier umtreibt zu antworten:
Müllhalde – Mist – Ruin – degeneriert – unmusikalisch – Geblubber – angeblich – Blechohren – talentfrei – absondern..und guter letzt: Schöne neue Welt.
Wenn du das Buch gelesen hast, wirst du sicherlich wissen, das dort ein System etabliert ist, in dem es klare Hierarchien von Personengruppen gibt. Gehörst du zur „richtigen“ Gruppe, dann hast du Zugriff auf Akitvitäten, die den anderen Gruppen verwehrt bleiben. (Freizeit / Sex / Musik / Reisen).
Das ist eigentlich Kern deiner Aussage – talentfreie Blechohren sollen bloß aufhören Musik zu machen. Das ist Musikern vorbehalten die Talent haben. Den Grad von Talent bestimmst natürlich du. Hersteller, kleine Startups, Firmen dürfen auch nichts mehr produzieren, sie dürfen nicht mehr versuchen innovativ zu sein und mutige Produkte zu entwickeln und Sie anbieten – das bestimmst schließlich auch du. Denn von DEM Müll haben wir wirklich schon genug..
@CommonSense Eingeschränkte Personen…
Das ist in der Tat vielleicht ein Aspekt. Vielleicht. Das ärgert mich sicher auch nicht, ich war früher selbst lange Zeit u.a. im Behindertentransport tätig und brauch da nicht wirklich Belehrungen.
Große Freude – vor allem dann bei Kindern – lässt sich aber ganz sicher auch ohne so ein Dingsbums erzeugen. Und im übrigen braucht man nicht gleich die beleidigte Leberwurst zu geben, wenn mal etwas hart kritisiert wird …
Einfach mal nachdenken und nicht alle technischen Spielereien als gottgegeben hinnehmen. Auch wenn es ein Startup vermeintlich gut meint, muss das ja nicht schon deshalb als gut eingeordnet werden.
Es gibt eben immer wieder Zeitgenossen, die einen ganz bewusst mißverstehen wollen.
Es ist doch bei Licht betrachtet kaum anzunehmen, dass Kinder oder eingeschränkte Personen die Adressaten der Review waren, sondern wohl eher technikaffine Freaks, was bei Amazona ja wohl auch kaum verwundert.
…bevor wir hier kleine und harmlose Firmen angreifen, bitte mal den Wahrnehmungskreis erweitern und sich für die Big Player entscheiden : Rüstung, Waffen, Brandrodung, Autos, Ölindustrie, Müllverbrennung, Hunger, Unterdrückung, Ausbeutung, Mißbrauch…wenn wir Wut haben, lasst sie uns bitte den richtigen Zielen zukommen!
Liebe Grüße an alle Mitleser!
..ich denke nicht das Amazona.de die Zielgruppe eines Produktes definiert – das macht sicherlich eher der Hersteller. Bei diesem Produkt ist es doch ganz offensichtlich das es für den Massenmarkt gedacht ist – „Musikmachen“ dem breiten, ungelernten Publikum näherzubringen.
Der ORBA ist sicherlich nicht für Herbie Hancock entwickelt worden..und so ist er auch zu bewerten.
Diesen Diskurs über talentfreies Geblubber könnte man leicht weiterführen: Kennst du das großartige Werk „Yellow shark“ von Frank Zappa? Für mich nicht hörbar – wie viele andere Werke, auch solche die mit sündhaft teuren Euroracks von Profimusikern nach allen Regeln der Kunst produziert wurden.
Ich habe ganz bestimmt nicht vor die absichtlich mißverstehen zu wollen – deine kurze, erste Impulsantwort lässt sich halt nach der Formulierung eher negativ als positiv verstehen.
@CommonSense Da gebe ich Dir nur teilweise recht. Es braucht in der Tat weder einen affektierten Zappa (dessen Musik ich in Teilen trotzdem sehr wohl schätze) noch sündhaft teures Equipment. Und dass sogenannte Profis auch ne ganze Menge Schrott abliefern können ist ein alter Hut. Es ging hier auch nicht um sinnfreies, hochglanzpoliertes Virtuosentum. Dennoch: Können schadet nicht.
Aber es braucht eben auch nicht zwingend einen Orba. Der verschwendet letztlich genauso Resourcen wie sündhaft teure Euroracks… und sorry, für mich ist das Orba – trotz Deinem „pädagogischen Ansatz“ kein geeignetes Musikinstrument, weder für Amateure noch für Kinder.
Der ganze Elektronikschrott – zusammen mit vielem anderen – wird uns auf die Füße fallen – ob Smartphone, TV, Synth oder Orba.
Am Ende steht unausweichlich die stetig wachsende Müllhalde. Wie lange wollen wir sowas noch weiter treiben? Aus meiner Sicht keine gesunde Unternehmensstrategie, gerade nicht für ein Startup…
„Aber es braucht eben auch nicht zwingend einen Orba.“
Garnichts braucht es zwingend, wenn es um Musik geht.
Wir reden hier nicht über Luft und Trinkwasser, sondern über ein Hobby, das Spaß machen soll.
Und was das „geeignete Musikinstrument“ ist, darf man immernoch selbst entscheiden.
Wenn es um „Elektroschrott“ geht, gibt es da noch ganz andere Kaliber.
Hier ist die Zielgruppe viel zu klein, um sich gerade SOWAS als Haßobjekt aussuchen zu müssen. Da müßte man schon als Selbstversorger im Wald leben, um ein leuchtendes Beispiel zu sein.
Nachdem ich grade meinen Zoom ARQ 48 per Ebay Kleinanzeigen an jemanden weitergeben konnte, der mit dem universellen Familienbenutzer tatsächlich etwas anfangen konnte, war ich glücklicherweise gefeit vor diesem Gerät. Geld gespart.
Das ist halt so.
Nicht jede neue und exotische Idee zündet.
Wer hätte gedacht, dass z.B. die Otamatones so populär werden? Oder die Korg Monotrons?
Es muss halt auch Leute geben, die neue Ideen ausprobieren; allerdings glaube ich ableiten zu können, dass es besser ist, eine Sache auf vielleicht eine neue Art gut zu machen, als viele Dinge irgendwie halbseiden anzugehen.
Theremin, Otamaton, Korg Monotron, Stylophon: monophon, macht einen Ton, wird auf interessante Weise bedient. Erfolg.
ARQ 48, Artiphon ORBA, etc. wollen gleichzeitig fünf Dinge auf einmal sein, müssen in der Funktionalität Kompromisse eingehen, lassen letztendlich den Benutzer unzufrieden zurück. Kein Erfolg.
Oder, übersetzt:
Citroen 2CV, Smart: Erfolg
Flugauto: Kein Erfolg.
Ich frage mich halt, warum es immer wieder versucht wird. Anscheinend ist die Idee irgendwie sexy, solange man nicht zu genau nachdenkt (wie Flugauto).
Naja…ich würde mich eher aufregen über das Überangebot von Smartphones – zigfache Modelle in allen Preisklassen. Und die Dinger haben noch eine andere Produktionskette zu bieten. Ich denke das sind eher die Dimensionen die uns auf auf die Füße fallen werden. Natürlich macht es die Masse, da hast du vollkommen recht. Ist nur ein wenig mit Kanonen auf Spatzen schießen, denn ich glaube der Orba hat bei dem ganzen noch das wenigste beizusteuern. Lasst uns lieber mal die ganzen 1-2 OSC Monosynth eindampfen. 1-3 Modelle müssten doch auch reichen ;-)
Dieses Instrument lässt mich an einen Song von Tocotronic denken: Die Idee ist gut doch die Welt noch nicht bereit.