Da bleiben kaum Wünsche offen!
Die kanadische Firma Empress Effects ist in der Szene der „Pedal-Nerds“ zweifellos eine DER angesagtesten Hersteller. Auch wir konnten uns bereits in einigen Tests von der superben Qualität der handgearbeiteten Effekte überzeugen. Darunter waren solche Knaller wie etwa das Empress Effects Reverb oder das Vintage Modified Superdelay, die allesamt einen mehr als bleibenden Eindruck hinterließen! Nun präsentieren die Kanadier ein neues Echopedal, das einmal wieder keine Wünsche offen lassen soll. Betrachtet man sich den Preis von rund 500,- Euro, was für ein Empress-Pedal leider nicht ungewöhnlich ist, weckt das neue Empress Effects Echosystem natürlich eine Menge Erwartungen. Ob diese erfüllt werden, werden wir im nachfolgenden Test erfahren.
Facts & Features
Schon beim Erstkontakt dürfte dem neuen Besitzer des Empress Effects Echosystem das positive Gefühl überbekommen, sein Geld sinnvoll angelegt zu haben. Denn die Verarbeitung, die Optik und die Haptik befinden sich erwartungsgemäß auf einem sehr hohen Niveau. Das 145 x 95 x 44 mm große und immerhin 680 Gramm schwere Gehäuse besteht aus robustem Stahlblech und besitzt sämtliche Anschlüsse an der Fronseite, was schon mal einen dicken Pluspunkt einfährt. Und was man dort alles anschließen kann, betrachten wir uns als Erstes.
Stirnseite / Anschlüsse am Empress Effects Echosystem
Wie es sich für ein Pedal dieser Preisklasse (und von Empress noch dazu) gehört, sind die Audioein- und Ausgänge natürlich in Stereo vorhanden. Das freut nicht nur die Gitarristen mit einem Stereo-Setup, sondern auch die Tastenfraktion oder die Studiobesitzer, die das Echosystem in ihre Umgebung mit einbinden möchten. Die fünfte der Klinkenbuchsen ist mit „Control Port“ bezeichnet und verfügt über mehr Funktionen, als man ihr im ersten Augenblick zutrauen würde. Zunächst einmal funktioniert diese Buchse als ein bewährter Expressionpedal-Anschluss, in diesem Modus wird das Pedal ab Werk auch ausgeliefert. Sie kann aber auch genauso gut CV-Gate-Signale aufnehmen oder als MIDI-Schnittstelle arbeiten. Für eine MIDI-Funktion ist allerdings ein zusätzliches Stück Hardware nötig, optional als Empress Midibox beim Hersteller zu erwerben. Leider ebenfalls nicht ganz billig.
Die MIDI-Implementation des Empress Effects Echosystem ist sehr ausgefeilt, nahezu jeder Parameter des Pedals kann via MIDI ferngesteuert werden. Auch wenn wir Gitarristen vermutlich nie in die Verlegenheit kommen werden, ein derartiges Potenzial voll auszuschöpfen, dürften sich auch hier wieder die Synthesizerfans und Recording-Spezis freuen.
Firmwareupdates wieder nur mit Umweg
Schon im Test des Empress Effects Reverb hatte ich meine Verwunderung über den SD-Card-Slot geäußert, mit dem etwaige Firmware-Updates des Pedals vorgenommen werden. Auch beim Empress Effects Echosystem finden wir erneut an der Stirnseite diesen Slot, somit funktioniert wieder nur der Umweg über einen Computer und einer speziell formatierten SD-Card, um das Gerät auf den aktuellen Stand der Firmware zu halten bzw. zu bringen. Da wäre man meiner Meinung nach mit einem Mini-USB-Port deutlich weniger umständlich gefahren.
Der letzte Anschluss an der Stirnseite gilt dem Netzteil, das sich aber leider nicht im Lieferumfang befindet. Da man das Empress Effects Echosystem nicht mit Batterien betreiben kann, sollte man also entsprechend daran denken, einen 9-Volt-Adapter separat zu bestellen. Ich persönlich finde ja, dass bei einem solchen Preis ein durchaus ein Netzteil hätte drin sein können. Von einem Netzschalter ganz zu schweigen, für den Studiobetrieb wäre das schon ein ganz praktischer Vorteil.
Oberfläche / Bedienpanel des Empress Effects Echosystem
Alle Potis und Schalter sind fest mit dem Gehäuse verschraubt, das mal gleich vorne weg. Typisch Empress sind die Potiknöpfe aus Aluminium, die dank ihrer Riffelung jederzeit ein sicheres Zugreifen ermöglichen. Herzstück ist der Programmwahlregler ganz links oben, mit dem die Presets ausgewählt werden. Es stehen 36 Algorithmen zur Verfügung, die in verschiedenen Variationen abrufbar sind und über unterschiedlich leuchtende Farben der entsprechenden LED des Programmplatzes angezeigt werden.
Bis zu vier verschiedene Varianten bietet jeder Effekt, das Durchschalten geschieht ohne nennenswerte Verzögerung im Signal. Mit dabei sind „die üblichen Verdächtigen“, wie Digital Delay, Tape Echo, Analog Delay oder Reverse aber auch einige sehr spezielle, wie z.B. das letzte Preset, dessen Name „Whiskey“ lautet. Was das tut, werden wir später im Praxisteil noch erfahren bzw. hören.
Bearbeitet werden können die einzelnen Presets mit den beiden Potis „Thing 1“ und „Thing 2“, die pro gewähltem Sound direkten Zugriff auf zwei weitere Parameter bereitstellen. So dienen die beiden Regler beispielsweise im Analog-Modus, der übrigens eine Emulation des EHX Memory Boy darstellen soll, zum Zumischen von Vibrato und Chorus im Effektsignal. Oder aber im Reverse Delay Modus als Lowpassfilter und Compressor.
Die weiteren Möglichkeiten der Klangbearbeitung gehören zu einem Luxusgerät wie dem Empress Effects Echosystem ebenfalls dazu. Dazu zählen die Regler für Feedback, Tone, Level und Mix genau so, wie eine rhythmische Unterteilung der Echos, auch bekannt im Fachjargon unter „Divide“.
Soweit zu den Potis, kommen wir jetzt zu den Schaltern auf der Oberfläche. Auch hier darf natürlich eine Tap-Tempo-Funktion nicht fehlen, der entsprechende Schalter ganz links außen erlaubt eine zuverlässige Eingabe der Verzögerungszeit mit dem Fuß. Ein weiterer Switch hilft beim Durchgehen der 36 Speicherplätze, man muss sich hierfür also nicht bücken. Der Letzte im Trio aktiviert schließlich das Pedal. Schön, dass es sich bei allen drei Schaltern um Softklick-Varianten handelt, das kann beim Einsatz des Echosystem als Tischgerät die Nerven schonen und die Aufnahme von unerwünschten Nebengeräuschen freihalten.
Empress Effects Echosystem Gitarrenpedal
Bleiben nur noch zwei Taster zu erwähnen, die sich ganz oben bzw. ganz unten am Gehäuse befinden. Während der untere, größere Typ verschiedene Funktionen in der Steuerung der Klangarchitektur übernimmt, sorgt der kleinere am oberen Ende des Gehäuses für die gewünschte Auswahl der „Delay Engines“. Das Empress Effects Echosystem verfügt über zwei voneinander unabhängige Echomaschinen, die in verschiedenen Konfigurationen angeordnet werden können. Es stehen ein Single-Modus, ein Dual-Parallel-Modus, ein Dual-Seriell-Modus sowie die Signalausgabe beider „Engines“ getrennt auf dem rechten und dem linken Kanal zur Auswahl.
Selbstredend, dass das noch längst nicht alles war. Über das „Advanced Configuration Menü“ erhält man weiteren Zugriff auf eine Reihe von Einstellungen, mit denen das Empress Effects Echosystem an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden kann. Im folgenden Bild sieht man einen kleinen Ausschnitt von dem, was dort noch alles möglich ist.
Zwischenzeugnis
Hinsichtlich der Verarbeitungsqualität und den gebotenen Möglichkeiten haben wir es beim Empress Effects Echosystem mit der absoluten Premiumliga zu tun. Das hier ist eine regelrechte Workstation für Echoenthusiasten, die Möglichkeiten scheinen schier unerschöpflich. Das macht extrem neugierig auf den Sound der glitzernd weißen Kiste, den wir uns nun zu Gemüte führen werden.
Sound & Praxis mit dem Empress Effects Echosystem
Meine Damen und Herren: Nehmen Sie Platz in der Suite einer der feinsten Echoeffekte, die man heutzutage käuflich erwerben kann! Der Klangeindruck beim Durchhören der Presets ist schlicht überwältigend und man möchte die Kiste am liebsten überhaupt nicht mehr ausschalten. Die Signalqualität dürfte jedes kritische Ohr überzeugen, was aber nicht nur für die faktisch nicht vorhandenen Nebengeräusche gilt, sondern insbesondere für die fein aufgelösten, dichten und gnadenlos dynamischen Effektsounds, die nur so aus den Speakern wirbeln und drücken! Ich muss mich wirklich bremsen, um hier und jetzt nicht in ein „Festival der Superlativen“ abzudriften, daher hören wir besser gleich rein und schalten ein paar der Grundsounds durch.
Für die Klangbeispiele wurden die Stereoausgänge des Empress Effects Echosystem direkt an mein UAD Apollo Twin Interface angeschlossen. Das Eingangssignal kommt aus der Vorstufe eines ENGL-Combos, eingespielt wurden die Tracks mit einer Music Man Silhouette Special. Zu jedem einzelnen Klangbeispiel muss man nicht großartig Worte verlieren, ich denke, die Klangqualität spricht für sich.
Klangbeispiel 1 – Digital Delay mit Ping-Pong
Klangbeispiel 2 – Tape Echo
Klangbeispiel 3 – Multi
Klangbeispiel 4 – Ambient I
Klangbeispiel 5 – Ambient II – weil’s so schön ist, gleich noch eins.
Klangbeispiel 6 – Reverse
Klangbeispiel 7 – LoFi
Zum Schluss noch das Preset Whiskey – für Überraschungen in jedem Fall zu gebrauchen. Die Funktion des Algorithmus scheint dem eines Zufallsgenerators sehr nahe zu stehen.
Klangbeispiel 8 – Whiskey
Lohnt sich das Teil auch für Synthesizer? Klingt super spannend.
@SimonChiChi Das lohnt sich für Alles, glaub mir ;)
@SimonChiChi Bin mir ziemlich sicher das das Teil für Synths cremig ist. Habe den Empress Reverb für Synths geholt und der ist einfach genial. Die SD Karte hat übrigens den Vorteil das dort bald längere Loops aufgenommen werden sollen – ist gerade in der Testphase. Man muss eh‘ sagen das der Support bei Empress super ist. Der Reverb hat z.B. neue Algorithmen per Update erhalten. Werde das Teil auf jeden Fall mal testen, wobei ich z.Z. dafür den Nemesis habe der auch toll ist…
Jau, klingt. Auch gute Beispiele.
Damit möchte man glatt Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band V.2 einspielen.
Das nächste mal bitte trocken aufnehmen. (Spassemacht)
Ja, also ich finde auch, dass diese ganze Manie, effektaufgeladene Hörbeispiele aufzunehmen echt nervt ;-)
@Synthfreak Stimmt!
Eigentlich sollten die Tester generell nicht aufnehmen, sondern ihren Höreindruck in epischer Breite wiedergeben und in Lautschrift bildlich verdeutlichen. Das hätte mal Pfeffer ;-)
Hätte dann auch ’nen eindeutig vintage analogue Charakter.
Frag mal Armin Bauer (AHU) und seine Erfahrung mit in Worten gefassten Klangeindrücken und dem anschließenden Pfeffer in der Kommentarleiste ?
@MichBeck Meinste jetzt irgendwelche Mikrofontests?
Jo, das kann ich aber nachvollziehen, dass man da keine Audiobeispiele reinpackt. Mikrofone sollte man als Leser eines Tests mit der eigenen Stimme testen… alles andere ist nicht wirklich aussagekräftig. Was bei dem einen scheiße klingt, kann bei dem anderen ideal sein. Und in der Aufnahmekette spielt da ggf. auch noch mehr mit rein.
Kennt jemand aus der Gitarren-Fraktion ein Switching-System, mit dem man mehr als einen Stereo-Effektloop umschalten kann? Bei den ganzen High-End Bodeneffekten wär das langsam dringend nötig..
@swellkoerper Würde das passen?
Link wurde von der Redaktion gelöscht.
@swellkoerper Sorry, original Link war uncool … schau mal hier:
http://bit.ly/2vstQWv
@swellkoerper Da fällt mir spontan ein altes „Schätzchen“ ein, mit dem ich vor ein paar Wochen noch geliebäugelt habe: Rocktron Patchmate Bradshaw (das alte im rotem Design). Das war ein 19″ Geräte mit 8 (in Worten ACHT) Stereoloops. Ist relativ selten gebraucht zu kriegen. Deshalb hab ich es auch nicht ;-) Aber dafür für um die 300,- Euro wohl ganz gut.
Ist wohl ein echt gutes Teil, aber leider auch so teuer. Mit dem El Capistan war meine „Obergrenze“ erreicht…