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Test: ESI eXtra 10, Studiokopfhörer mit Modeling-Software

Gute Kombi: Linearisierungs-Software & Kopfhörer

28. Mai 2021
ESI eXtra 10 Aufmacher

ESI eXtra 10, Studiokopfhörer mit Modeling-Software

Der deutsche Hersteller ESI bietet günstige Produkte mit gutem Preis-Leistungsverhältnis an, das klappt natürlich nicht ohne chinesische Fertigung. Zum Portfolio neben Studiomonitoren und Subwoofern gehören Monitor-Controller und seit Jahren Audio-Interfaces. Mit dem ESI eXtra 10 gibt es nun den ersten, halbgeschlossenen Over-Ear-Kopfhörer, dessen Besonderheit die im Lieferumfang enthaltene Linearisierungs-Software Realphones von dSONIQ ist, damit soll der Kopfhörer deutlich besser klingen. Diese kostet normal 99 Euro, mit Kopfhörer 30 Euro weniger. Bei einem Straßenpreis von rund 60 Euro relativiert sich somit die Investition. Während dSONIQ Realphones ESI Edition zum Testzeitpunkt in Version 1.5.1 vorliegt, ist 1.7 die aktuellste Fassung. Was sie kann, zeigt das Video des Herstellers.

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Erster Eindruck vom ESI eXtra 10

Natürlich lässt sich der Kopfhörer auch ohne Software an jedem Gerät betreiben, aber so richtig Spaß macht er nur in Verbindung mit dSONIQ Realphones. Schlicht in einem Pappkarton kommt der ESI eXtra 10 zu mir, lediglich die Muscheln und das Kabel sind in Kunststofftüten verpackt. Außer dem Registrierungs-Flyer mit QR-Code und Download-Link liegt noch eine gedruckte Anleitung bei, der Adapter auf große Klinke ist bereits am recht dünnen Kabel aufgeschraubt.

ESI eXtra 10 Außenseite

Mein erster Gedanke: Okay, im Dunkeln ausgepackt hätte es vielleicht auch ein AKG K271 sein können, denn der ESI eXtra 10 erinnert schon sehr an ihn, wären da nicht die orangefarbenen Manschetten an den metallenen Kappen. Wie beim Original gibt es eine automatische Kopfbandverstellung, die typischen Kunststoffstreben und das aufliegende Band aus Plastik. Gefühlt läuft die Verstellung sogar sauberer als beim Original, die Ausrichtung L und R ist ebenfalls durch seitlich haptische Buchstaben gekennzeichnet.

ESI eXtra 10 Innen

Das drei Meter lange Anschlusskabel ist linksseitig fest an der Muschel montiert und somit nicht austauschbar. Die Zugentlastung ist allerdings ausreichend, so dass man schon extrem grob mit dem ESI eXtra 10 umgehen müsste, um es zu beschädigen. Die Muscheln sitzen recht starr am Kopfband und haben lediglich etwas Spiel zur vertikalen Achse. Recht geschmeidig fühlen sich die Kunstlederpolster an und sitzen gut über den Ohren. Der Tragekomfort erweist sich als sehr angenehm, der Anpressdruck ist geringer als beim K271, mit 304 Gramm inklusive Kabel ist der Hörer auch recht leicht. Er wird als halboffen bezeichnet, demnach dichtet er auch nicht so gut ab und ist fürs Recording abseits von Sprache nicht optimal geeignet. Den Schalldruck gibt ESI mit 93,9 dB SPL bei 1 mW an und die Impedanz von 35 Ohm macht ihn auch für schwächere Kopfhörerausgänge tauglich. Die beiden speziell ausgesuchten 50 mm Neodymium-Treiber sollen ein detailreiches Klangbild über das gesamte Frequenzspektrum von 15 Hz bis 29 kHz liefern, sie sitzen hinter einem stoffbespannten Kunststoffgitter.

Der ESI eXtra 10 in der Praxis

Auf der Produktwebseite behauptet ESI, dass es der hochwertige eXtra 10 in Verbindung mit Realphones durchaus mit professionellen Abhören aufnehmen kann, allerdings zeigen nicht nur unsere Kopfhörer-Tests, dass es im Einstiegsbereich nicht ohne Kompromisse geht. Umso gespannter bin ich, ob und inwieweit sich Zugeständnisse bei einem Preis von 59 Euro durch Software ausgleichen lassen. Immerhin habe man Realphones ESI Edition in monatelanger Feinarbeit exakt auf den Monitoring-Kopfhörer abgestimmt, wobei sicher auch Wandlung und Verstärkung bei der Klanggestaltung eine Rolle spielen. ESI selbst schreibt jedenfalls nicht, an welchen Audio-Interfaces dies erfolgt ist und so dürfte das Ergebnis an einem gewöhnlichen Notebook-Ausgang nicht ganz exakt sein.

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Beim ersten Test an verschiedenen Kopfhöreranschlüssen ohne dSONIQ Realphones klingt der ESI eXtra 10 alles andere als neutral, die Abstimmung ist etwas dunkel und eindeutig in Richtung HiFi ausgelegt. Das zeigt sich schon im dominanten Bassbereich. So werden bei organischer Musik beispielsweise die Spielgeräusche eines Kontrabass überlagert. Auch in den Höhen fehlt es an Luftigkeit und Details, um irgendwas bei 6 kHz gibt es einen leichten Peak. Die Musik spielt sich eher im Kopf ab und die Bühne wirkt dadurch recht breit, die Darstellung von Instrumenten und Tiefenstaffelung reicht für die exakte Verortung nicht aus. Immerhin ist der Grundsound nicht nervig und recht angenehm, die zurückhaltenden Höhen erlauben auch ein lauteres abhören. Was bei Naturinstrumenten stört, kommt elektronischer Musik wiederum zu Gute, wenn es weniger auf Klangtreue und mehr auf Bässe ankommt, macht das Hören mit ihm durchaus Spaß. Ein Sweep bis 20 Hz konnte er für diese Preisklasse gut und recht verfärbungsfrei abbilden, beim Mixing würde man unweigerlich die Bässe zu stark zurücknehmen. Vom Klangcharakter sehe ich ihn eher als DJ-Kopfhörer.

Screenshot dSONIQ Realphones ESI Edition

Schaltet man die dSONIQ Realphones ESI Edition mit dem beiliegenden Lizenzschlüssel frei, wird das Vermessungsprofil des Kopfhörers in die Modeling-Software eingebunden und die Frequenzkurve korrigiert. Damit soll es gelingen, die Qualität wesentlich teurerer Kopfhörer zu erreichen. Zum Vergleich ziehe ich den Beyerdynamic DT 1990 Pro heran, der in einer deutlich höheren Preisklasse spielt. Skeptisch bin ich allerdings, denn selbst wenn die Abstimmung linearisiert wird, dürften die spezifischen Merkmale des ESI eXtra 10 erhalten bleiben.

Der ESI eXtra 10 mit dSONIQ Realphones

Neben der Linearisierung ist die Virtualisierung von Räumen und Lautsprechern die Kernkompetenz von dSONIQ Realphones. Während sich Musik über Kopfhörer aufgrund fehlender Rauminformationen direkter und statischer als über Lautsprecher anhört, wirkt Realphones diesem Umstand entgegen. Dazu wurden Moskauer Studios vermessen und als virtuelle Räume in RealPhones integriert, vordefinierte Profile für verschiedene Einsatzbereiche erlauben einen schnellen Wechsel. Angesprochen werden professionelle Tonschaffende, die hauptsächlich mit Kopfhörern arbeiten, aber ihre Mixe auch unter verschiedenen Bedingungen abhören möchten. Dazu wird Realphones als VST-, AU- oder AAX-Plug-in in die DAW eingebunden und in der Mastersektion eingefügt. Natürlich muss man daran denken, vor dem Bouncing das Plug-in zu deaktivieren, ansonsten würde man die Virtualisierung mit verewigen. Barrierefrei ist die Software übrigens nicht, auch die Farbdarstellung lädt sehbehinderte Anwender nicht wirklich zum Spielen ein. Die grauen Menüflächen mit weißer Schrift heben sich nicht gut ab, da wäre also noch Luft nach Oben. Immerhin lässt sich die Darstellung vergrößern, das erleichtert die Lesbarkeit auf hochauflösenden Displays ungemein.

Vergleich dSONIQ Realphones ESI Edition mit Professional Edition

Die ESI Edition ist dabei in einigen Punkten eingeschränkt. So fehlt die AAX-Unterstützung und andere der insgesamt über 100 Kopfhörerprofile lassen sich nicht nachinstallieren. Außerdem fehlt der virtuelle Treiber, welcher die Anwendung systemweit und eigenständig nutzbar macht. Enthalten sind verschiedene Lautsprecherprofile, auch eigene lassen sich erstellen und speichern. Der Standalone-Version lassen sich nur Töne über den integrierten Audioplayer entlocken, ASIO wird für die Ausgabe unterstützt. Optisch unterscheiden sich beide Versionen erheblich voneinander.

Screenshot dSONIQ Realphones 1.7

Getestet habe ich den ESI eXtra 10 daher mit der aktuellen Version 1.7 unter Windows 10 20h2 und so war es möglich, die Musik von foobar2000 unter Windows in den Kopfhörer zu leiten, allerdings nur bis maximal 32 Bit bei 96 kHz. Der virtuelle Treiber „Realphones System-Wide“ wird ausgewählt, danach startet man Realphones und wählt unten rechts über das Einstellungsmenü die tatsächliche Audioausgabe, hier sind selbst Abtastraten von 768 kHz wählbar. Läuft Realphones nicht, ist auch nichts zu hören, so dass man als Systemstandard die Software automatisch starten lassen muss. Unter macOS war die eigenständige Inbetriebnahme hingegen problematisch, ein nicht geladenes Modul verursachte unter Big Sure einen Fehler und ließ sich bislang nicht beheben. Als AU-Plug-in lief alles hingegen reibungslos.

ESI eXtra 10 und Beyerdynamic DT 1990 Pro

In der Tat bewirkt die Linearisierung, dass tiefe Frequenzen wesentlich schlanker und dadurch weniger präsent aufspielen. Im Vergleich zum Beyerdynamic DT 1990 Pro rückt er schon hörbar näher ran, wobei die Hochtonanpassung des ESI eXtra 10 deutlich zurückhaltender ist und die Brillanz des Beyerdynamic nicht erreicht. Bei der Wiedergabe von organischer Musik verhält sich der Kopfhörer etwas aufgeräumter und die Mitten wirken deutlich präsenter, aber wie vermutet auch nicht impulsgenauer. Das gilt auch für die breite Bühne und Abgrenzung von Instrumenten, die auch mit Realphones ohne Lautsprechersimulation nicht besser gelingt.

Schaltet man diese jedoch hinzu, lässt sich die Stereobreite der Bühne anpassen und unterschiedliche Lautsprecher werden in virtuelle Räume gestellt, die ebenfalls in Größe, Position und Abstimmung angepasst werden können. Mittels HRTF-Simulation, als würde man einen Kunstkopf in den Raum oder sogar Nachbarraum stellen, werden virtuelle Reflexionen beigemischt und es lässt sich auch die Abhörposition frei definieren und binaural im Kopfhörer abbilden. Dadurch erhält man ein räumliches Stereobild, denn die Anteile der jeweiligen Kanäle erreichen vermischt mit Raumreflexionen beide Ohren. Im Gegensatz dazu werden besonders bei geschlossenen Kopfhörern beide Kanäle hart getrennt und übersprechen nicht, so dass sich ein Unterschied zwischen reiner Kopfhörer- und Lautsprecherwiedergabe erklären lässt. Mit dSONIQ Realphones kann man immerhin annähernd einen Regieraum simulieren, wobei sich auch kleine Lautsprecher oder auch Subwoofer-Systeme nachbilden lassen. Darüber hinaus lässt sich die Brillanz verändern und somit der Kopfhörer weiter individuell anpassen.

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Es lohnt sich auch ohne ESI eXtra 10, mit der Software etwas zu spielen. Die Parameter sind sehr vielfältig und es würde sicher den Rahmen sprengen, auf jede einzelne Funktion ausführlich einzugehen. So lässt sich mit den Einschränkungen der ESI Edition an sich gut leben, sofern man diese nur als Plug-in in der DAW nutzen will. Die Linearisierung macht sich in diesem Fall positiv bemerkbar, neutralere Kopfhörer dürften davon allerdings weniger profitieren. Headtracking wäre jetzt noch spannend, um die Position im Raum auch durch Kopfbewegungen in Echtzeit verändern zu können. Die Anpassungen der Lautsprecher, Frequenzanteile und die gelieferten Presets sind sehr sinnvoll für Tonschaffende, die Vollversion bietet allerdings noch einiges mehr und lässt sich auf drei Computern aktivieren. So ist der ESI eXtra 10 ein gut klingender Kopfhörer zum Musikhören, aber erst durch dSONIQ Realphones ESI Edition ansatzweise ein Arbeitswerkzeug im Studio.

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Fazit

Der ESI eXtra 10 ist ein solider, gut verarbeiteter Kopfhörer, der sich eher für elektronische Musik als zum Mixing eignet. Immerhin kann mit der beiliegenden Software dSONIQ Realphones ESI Edition der Frequenzgang weitgehend linearisiert werden, wobei auch die virtuelle Lautsprechersimulation nicht zu verachten ist. Für den Preis kann man sicher nicht mehr erwarten, dennoch kann er nicht mit Studiokopfhörern in höheren Preisregionen konkurrieren. Wer einen bassstarken Kopfhörer sucht oder Spaß am Experimentieren mit der Modeling-Software hat, kann bedenkenlos zugreifen. Trotzdem kann man ihn drehen und wenden, ein neutraler Kopfhörer fürs Studio ist er selbst mit Realphones nur bedingt.

Plus

  • gute Verarbeitung
  • gute Mechanik und Sitz
  • dSONIQ RealPhones im Lieferumfang

Minus

  • keine neutrale Abstimmung
  • Bassbereich etwas dominierend
  • wenig detailreich
  • Kabel und Polster nicht austauschbar

Preis

  • 59,- Euro
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Forum
  1. Profilbild
    bluebell AHU

    Vor Jahrzehnten sind Hersteller auf die Idee gekommen, abgespeckte Billigdrucker zu verkaufen und das meiste den PC erledigen zu lassen. Das waren die berüchtigten GDI-Drucker, die nur mit Windows funktionierten.

    Nun ist ein Kopfhörerhersteller auf eine ähnliche Idee gekommen. Beigelegte Software soll richten, was die totgesparte Hardware nicht kann: in diesem Fall einen guten Klang produzieren. Kann eine Nische sein für Leute mit sehr kleinem Budget. Ich glaube bei diesem Anwendungsfall aber nicht dran.

  2. Profilbild
    Pavel

    Schade, bis zu „keine austauschbaren Polster u. Kabel“ dachte ich noch „etwas angepaßteres AKG-Design (a.k.a. top!) und der Frequenzgang ist eh der Anwendung überlassen“.
    Nopee…

    • Profilbild
      JensNieco

      @Pavel Strenggenommen ist das Design nicht AKG sondern Superlux, die auch AKG Kopfbügel bauen.
      Ich hab hier ein AKG 701 aber auch ein paar Superlux und die Ohrpolster der Superlux passen auch auf dem AKG und das Kabel ist bei Superlux genau so easy auszutauschen wie beim AKG.

    • Profilbild
      Reff

      @Pavel Ich glaube, man kann schon auf den Bilder gut erkennen, dass die Polster wechselbar sind. Wahrscheinlich sind das ohnehin weitere Klone der Superlux-HD681-Reihe.
      Damit sind AKGs „Vorbilder“ auch die K240 (nicht K271 wie im Test beschrieben, denn die 70er sind bei AKG geschlossen).

      • Profilbild
        Stephan Merk RED

        @Reff Ja stimmt, an die hatte ich gar nicht mehr gedacht, hatte selbst mal einen HD-681 vor Jahren, diesen jedoch verschenkt. Dann dürften die vermutlich auch klanglich recht identisch sein.

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