Die akustische Strat von Fender
Eigentlich hätte man ja erwartet, dass Fender bei ihren neu entwickelten und elektrisch verstärkten Akustik-Gitarren zuerst das zweifellos potenteste Zugpferd, die Stratocaster, bevorzugt. Doch vor der Strat kam dann doch noch die Tele, die ich vor rund einem Jahr schon ausgiebig einem Test unterziehen konnte. Nun hat der US-Hersteller also nachgelegt und präsentiert mit der Fender AM Acoustasonic Strat die akustische Variante ihres ewigen Dauerbrenners und auch die werden wir im nun folgenden Artikel ausgiebig von allen Seiten beleuchten.
Fender AM Acoustasonic Strat – Facts & Features
Nach der Akustik-Tele also nun also die akustische Strat, die Form des Korpus verrät es bereits auf den ersten Blick. Abgesehen davon unterscheidet sich die Fender AM Acoustasonic Strat im Bezug auf die Auswahl der verwendeten Hölzer kein Stück von ihrer Tele-Schwester. Erneut kommen Mahagoni für den Korpus sowie eine massive Decke aus Sitka-Fichte zum Einsatz, die sauber eingesetzt wurde und ein dezentes Binding an ihren Rändern aufweist. Wie auch bei der „vollelektrischen Strat“ sind die Cutaways weit genug ausgesägt, um mühelos bis hinauf zum letzten Bund zu gelangen und dabei nicht etwa übergreifen zu müssen. Der Blick auf die Rückseite zeigt nicht nur die feine Maserung des verwendeten Mahagonis, sondern auch zwei Fächer, deren Abdeckungen aus schwarz eloxiertem Aluminium versenkt eingesetzt wurden. Unter dem Hinteren verbirgt sich, wie zu erwarten, der Zugang zu den zwei Potis und dem Fünfwegeschalter, das Fach in der Mitte hingegen bedeckt den verbauten Fender N4-Singlecoil, der sich auf der Decke zwischen Schallloch und Steg befindet.
Onboard-Elektronik von Fishman
Weiterhin ist dort ein Body-Sensor sowie der verbaute Lithium-Ionen-Akku zu finden – wie bereits bei der Acoustasonic Tele setzt Fender auch hier erneut eine vom Akustiksound-Spezialisten Fishman designte Elektronik ein. Diese ist aktiv, d. h. ohne Strom ist auch hier wieder nichts los, aus diesem Grund gibt es den Akku, der sich über einen Micro-USB-Port laden lässt. Dieser sitzt zusammen mit dem Klinkenanschluss auf einem gemeinsamen Panel am unteren Ende des Zargen. Der Hersteller gibt eine Betriebsdauer von bis zu 20 Stunden an, eine Vollladung nach komplettem Entladen des Akkus soll nach ca. 4 Stunden zu erreichen sein. Eingeschaltet wird die Elektronik dann, wenn das Kabel in die Buchse eingesteckt wird. Also so, wie bei jeder anderen Akustik-Gitarre mit aktiver Elektronik auch. Insofern sollte man in längeren Spielpausen die Strippe möglichst bald wieder abziehen, um nicht unnötig Energie zu verschwenden.
Neben dem N4 Singlecoil aus eigenem Hause sorgen somit ein Piezo unter dem Steg sowie der Body-Sensor für die Basis der Sounds, die uns die Fender AM Acoustasonic Strat zur Verfügung stellt. Eine entscheidende Rolle spielt dabei der hintere Regler auf der Decke, der ein stufenloses Überblenden verschiedener Modelings ermöglicht: Manch einer mag es vielleicht vom Fishman Aura-System kennen. Zusammen mit dem Fünfwegeschalter ergeben sich also wieder zehn verschiedene Grundsounds, die mit dem Blend-Poti eine Unmenge an Zwischenstufen bzw. Facetten ermöglichen.
Eingeschraubter Mahagoni-Hals mit Ebenholzgriffbrett
So wie der Korpus besteht auch der eingeschraubte Hals aus einem fein gemaserten Stück Mahagoni, inklusive des „Skunk Stripe“ zum Verschließen der Öffnung des eingesetzten Halseinstellstabes, wie wir es von der Strat seit eh und je halt kennen. Um die Saitenlage optimal an die Erfordernisse des Spielers anzupassen, hat Fender eine weitere Option in Form einer Bohrung und einer darin befindlichen Inbusschraube in die Halsplatte gesetzt. Man kann den Hals also nicht nur mit Hilfe des Stabes korrigieren bzw. anpassen, sondern auch in seinem Sitz in der Halstasche anheben. Eine einfache wie geniale Erfindung von Leo Fender, die auch bei der Fender AM Acoustasonic Strat Einzug gehalten hat.
Das flache „Modern Deep C“ Halsprofil zeigt sich sehr E-Gitarristen-freundlich und steht dem einer „normalen Strat“ in Bezug auf die Bespielbarkeit in keiner Weise nach. Auf eine Hochglanzlackierung der Rückseite wurde glücklicherweise verzichtet, die verwendete und nur hauchdünn aufgetragene Satinlackschicht bietet der Greifhand jederzeit ein sehr natürliches Spielgefühl. Dass man es hier aber doch eher mit einer Akustik-Gitarre zu tun hat, bemerkt man spätestens an der Saitenstärke, denn Fender liefert das Instrument mit den hauseigenen Duratone-Saiten aus, die eine Stärke von .011-.052 besitzen – da wird jedes Bending zu einem wahren Erlebnis!
Nichts zu meckern gibt es bei der Bundierung. Sämtliche Bundstäbchen, 22 an der Zahl, wurden sehr sorgfältig eingesetzt, an den Kanten abgerichtet und auf ihren Oberflächen poliert. Mit einer sehr auffälligen Zeichnung präsentiert sich das Ebenholzgriffbrett unseres Testmodells, das im oberen Teil wie gewohnt pechschwarz erscheint, ab der Mitte aber in einen bräunlichen Ton übergeht. Dieses auffällige Make-up macht unser Testinstrument garantiert einzigartig.
Etwas Hardware gibt es natürlich auch an einer Akustik-Gitarre. Dazu zählen primär die sechs Mechaniken, die an der Kopfplatte im typischen Strat-Design ihren Platz eingenommen haben. Bei einem Instrument dieser Preisklasse, wir reden hier immerhin über einen Kurs von rund 1800,- Euro, sollte auch da nichts anbrennen. Und tut es auch nicht, denn abgesehen davon, dass sich die Fender AM Acoustasonic Strat mit dem Halten der Stimmung absolut vorbildlich zeigt, überzeugen die verchromten Tuner mit einem spielfreien und zugleich wunderbar weichen Lauf auf ihren Achsen.
Die Fender AM Acoustasonic Strat in der Praxis
Es ist wirklich verblüffend, mit welch einem kräftigen und lauten Ton die Gitarre bereits im unverstärkten Zustand auftritt. Klar, warme Bässe kann man aufgrund des schmalen und eher zierlichen Korpus nicht erwarten, die Physik setzt auch hier eindeutig die Grenzen. Dennoch ist der Grundsound der AM Acoustasonic Strat durchdringend kräftig und gespickt mit einem hervorragenden, fast schon singenden Obertonspektrum. Etwas enttäuschend hingegen präsentiert sich das Sustain, was aber wohl auch auf das Design des Korpus zurückzuführen ist und sich auch bei elektrischer Verstärkung zeigt. Hinsichtlich ihrer Bespielbarkeit gibt unsere Testgitarre ein gutes Bild ab, Solisten würden sich sicher eine etwas angenehmere Saitenlage wünschen, um das Griffbrett ab der Oktavlage besser bespielen zu können. Das Setting sollte aber jeder für sich selbst vornehmen, denn für Musiker, die eher akkordlastig unterwegs sind, könnten zu tief eingestellte Saiten eher durch unerwünschtes Scheppern negativ auffallen.
Am Verstärker angeschlossen offenbart sich ein ungemein breites Spektrum an Klängen, die Fishman Aura-Elektronik arbeitet hier hervorragend und bietet mit den beiden Pickups und dem Akustik-Sensor im Innern des Bodys eine enorm breite Vielfalt von akustischen Sounds. Die Bandbreite reicht hier von knochigen und durchsetzungsfähigen Klängen, über warme und basslastige Sounds, hin bis zu wunderbar ausgeglichenen Klängen, die man direkt und ohne weitere Bearbeitung im Mix eines Songs platzieren könnte. Das stufenlos wirkende und butterweich laufende Blend-Poti arbeitet sehr sensibel und ermöglicht neben drastischen Klangkorrekturen auch jede Menge Facetten in seinen Zwischenstufen, deren Anzahl man kaum benennen kann. Als kleines Minus möchte ich lediglich die Latenz von ca. einer halben Sekunde erwähnen, die auftritt, wenn man den Fünfwegeschalter in eine andere Position setzt. Ansonsten aber ist das Gebotene in der Tat einzigartig und derart flexibel, dass man mit diesem Instrument schlicht allen Anforderungen in Bezug auf akustische Sounds gewachsen ist.
Fender AM Acoustasonic Strat – Klangbeispiele
Für die folgenden Klangbeispiele habe ich die Fender AM Acoustasonic Strat direkt in mein UAD-Interface eingeklinkt. Effekte wurden keine verwendet.
Schönes Konzept, klingt gut – muss man sich aber auch leisten können. Ein Straßenmukker holt es mit der Klampfe aber sicherlich schnell wieder rein.
Die ist echt klasse – wirkt sehr wertig, wenn sie vor einem steht und Sounds gibt es zur Genüge. Verblüffend, wie Fishman das mit dem Aura-System hinbekommen hat!
Schön, dass auch Fender dazu übergeht nicht nur komplett schwarzes Ebenholz zu verwenden. Vorher wurde dieses Holz einfach entsorgt, obwohl es die gleichen Eigenschaften besitzt.
Bin gespannt ob sich für sowas ein Markt findet, sie versuchen es ja immer wieder. Muss leider sagen, dass sie von hinten hübscher ist als von vorn ;)
Ich finde einen fest verbauten Lithium-Ionen Akku eher als Nachteil, da ein Wechsel am Ende seiner Lebensdauer problematisch sein kann.
Powerbank angestöpselt und ins Schalloch gesteckt. Endloser Spielspass. ;-)
Aber das klappert doch…;-)
Oder einfach an den Gurt geklebt :D
Kann man in Corona-Zeiten mit einem Corona in der Hand in Corona eine Werksführung machen?
Hmm…
Eine sehr weise Frage ….
Hi Stephan,
diese Hybrid Gitarren sind ja schon interessant, aber wieso nicht direkt einen Schritt weiter gehen?
Ich habe jahrelang Bühnenakoustics wie z.B. die LTD Xtone PA-1 einfach über einen 100W Röhrenamp mit voll bestücktem Effektboard gespielt. Bronzesaiten 12- 54. Nix für Solisten und Filigrantechniker, aber für Rhythmus eine Macht. Da kommt keine E-Gitarre hin. Zudem keinen Stress mit Einstreuungen der magnetischen Pickups.
Behalte das Wissen gerne für mich, aber wieso macht das sonst niemand?
Bin wirklich der Meinung, flache Bühnenacoustics mit Piezo brauchen keine weiteren Pickups, probiert es aus!
Gruß Armin