Nur ein Weiterer Preamp im 1073 Style?
Die Firma Golden Age Project begann 2009 mit dem Nachbau eines klassischen Neve 1073 Preamps. Inzwischen ist der Pre-73 in der Version Mk III angekommen, auch die diskret aufgebaute DLX-Version ist in der 3. Generation erhältlich. Inzwischen ist auch noch eine abgespeckte Junior Einheit erschienen und auch für das System 500 Format ist der Preamp erhältlich. Ein Vergleich zwischen dem Pre-73 MK II und dem damals gerade erschienenen Pre-73 DLX ist HIER zu finden.
Das Unternehmen Golden Age möchte aber noch einen Schritt weiter gehen und hat deshalb die Golden Age Premier Linie ins Leben gerufen. Entsprechend schickte mir die schwedische Firma den Vorverstärker Pre-73 DLX Premier sowie den Equalizer EQ-73 Premier zum Test. Beide Einheiten sind in 9,5“ ausgeführt, hier aber zusammen in einer optional erhältlichen 19“ Wanne montiert.
Die zwei Geräte möchte ich zunächst separat testen, ein Zusammenspiel der beiden Komponenten wird im Test des EQ-73 Premier folgen.
Golden Age Pre-73 DLX Premier – Übersicht
Der Preamp nutzt eine Höheneinheit und ist 9,5“ breit. Die Tiefe des Gehäuses beträgt 25,5 cm. Zu allererst springt ins Auge, dass sich Golden Age bei der Premier Linie von der roten Farbgebung verabschiedet hat. Die Hardware ist in grau/blau gehalten, verdammt nah am Original. Auch die typischen Neve Style Knöpfe werden verwendet.
Das verwendete Blechgehäuse macht einen sehr stabilen Eindruck. Auch alle Schalter und Potis sitzen fest und lassen sich gut bedienen. Hier fällt auf, dass die gerasterten Potis exakt ihre Markierungen treffen. Das ist nicht immer so, bei meinem WA 73-EQ liegt das Gain-Poti etwas daneben, was das Ablesen beim schräg Draufschauen erschwert. Den werden wir später auch als Vergleichsgerät hinzuziehen.
Der Preamp wird durch ein externes Netzteil mit Strom versorgt. Das sehe ich bei Geräten, die mit auf Reisen gehen, nicht so gerne, im Studiobetrieb wie hier kann es Einstreuungen verhindern.
Schauen wir uns die Möglichkeiten des Preamps an. Links außen sitzt der Power-Schalter, gefolgt von einer Instrument-In-Klinkenbuchse. Dieses Signal wird durch den Mic-Input-Übertrager geschickt, dürfte also eine deutliche Färbung abkriegen. Der Eingang kann mit zwei Impedanzen betrieben werden, Hi-Z oder 100 kOhm. Leider wird dies durch einen Jumper im Geräteinneren geschaltet.
Weitere Möglichkeiten werden durch die vier Schalter daneben aktiviert. Das wäre zunächst die 48 Volt Phantomspeisung für den Mikrofoneingang und der Low-Z, der die Impedanz dieses Inputs ändert.
Der Insert-Button schaltet die auf der Rückseite befindliche Buchse frei. Durch einen weiteren internen Jumper kann diese Buche auch dauerhaft ein Output-Signal liefern, z. B. für Abhörzwecke. Ein DI-Button schließt diesen Block ab. Die Buttons rasten tief ein und sind deshalb gut ablesbar. Trotzdem hat die Phantomspeisung eine zusätzliche, hier sehr nützliche LED erhalten.
Weiter geht es mit dem gerasterten Gain-Poti, das 23 Positionen anbietet. Hier ist eine maximale Verstärkung von 80 dB machbar.
Die Ausgangslautstärke kann mit dem Output-Regler angepasst werden, zusätzlich steht noch ein Output-Pad bis -28 dB in vier Abstufungen zur Verfügung. Dieses sitzt schaltungstechnisch hinter dem Ausgangsübertrager.
Zwischen Gain und den Output-Potis hat noch das Highpass-Filter Platz gefunden, das das Signal bei 50, 80, 160 oder 300 Hz beschneiden kann. Auch die Höhen lassen sich noch beeinflussen, hier sorgt der Air-EQ für eine Anhebung von 3 oder 6 dB.
Die letzte Schaltmöglichkeit ist rechts außen ein Phase-Switch. Ausgesteuert wird der Vorverstärker mit vier LEDs, die letzte davon markiert das Clipping. Eine fünfte LED zeigt den Betrieb des Gerätes an.
Welche Anschlüsse bietet der Golden Age Premier PRE-73 DLX?
Kommen wir nun zur Rückseite. Hier befindet sich zuerst die 24 Volt Buchse für das externe Netzteil, leider ohne Zugentlastung. Es folgen zwei Kombibuchsen für Mic und Line, denen ein Ground-Lift-Schalter zugeordnet ist. Als nächstes ist die Insert-Buchse zum Einschleifen von weiterem Outboard-Equipment platziert, darauf folgt ein schaltbarer 600 Ohm Terminator. Der Ausgang ist doppelt ausgelegt, sowohl eine XLR-Buchse als auch Klinke stehen bereit, das Signal aus dem Gerät zu entlassen. Ganz schön viele Möglichkeiten für solch ein kompaktes 9,5“ Teil.
Dem Paket liegt keine Bedienungsanleitung bei, auch online kann ich leider nicht fündig werden. Ich hatte aber ja schon mehrmals mit Bo Medin, dem Gründer der Firma, schriftlichen Kontakt und weiß daher, dass er bei Problemen schnell und ausführlich reagiert. So auch hier, innerhalb von einer halben Stunde hatte ich seine Antwort:
„Printed manuals are included with the products but I did not add them since I sent them without the color boxes. There are manuals available on the product pages:
Wer also sein Handbuch verliert, nicht bei Golden Age Project suchen, sondern auf den schwedischen Websites.
Die technischen Daten zum Pre-73 DLX Premier
Endlich mal wieder ein Gehäuse aufschrauben und unter die Haube schauen! Viele Hersteller haben das inzwischen nicht mehr so gern, gelegentlich wird auch das Gehäuse versiegelt. Nicht so hier, gerade durch die Jumper im Inneren muss das Blech ja ohnehin zu öffnen sein.
Es findet sich ein geradliniger, sauberer Aufbau, der auf integrierte Schaltkreise verzichtet. Sofort fallen natürlich die beiden Carnhill Übertrager für Mic-Input und Line-Out auf. Der dritte Übertrager für den Line-Input kommt aus chinesischer Fertigung, ist aber schon für den Austausch gegen einen Carnhill vorbereitet, falls der Bedarf besteht. Der Instrument-In wird ebenfalls dem Mic-In-Übertrager zugeführt.
Es wurden hochwertige Tantalum- und Polystyren-Kondensatoren verbaut, die XLR/Klinke-Kombibuchsen stammen von Neutrik. Die meisten Buttons werden über Relais geschaltet.
Die maximale Mikrofonverstärkung liegt bei 80 dB, ausreichend also auch für pegelschwache dynamische Mics oder Bändchenmikrofone. Er lässt sich von 1.200 auf 300 Ohm umschalten, was bei vielen Mikrofonen einen alternativen Sound ergibt. Die Impedanz des DI-Eingangs liegt bei 1,5 Megaohm. Der Line-Out schickt 28 dBu bei 600 Ohm raus.
Das Gain ist nach der klassischen Neve Schaltung aufgebaut. Bis 50 dB wird es durch eine Verstärkungsstufe geführt, danach wird eine zweite Gain-Stufe zugeschaltet. So ergibt sich die typische Off-Position zwischen 50 und 55 dB.
Zwei Filter hat der Preamp mit an Bord: Das Lowcut-Filter, schaltbar in vier Stufen mit 50, 80, 160 oder 300 Hz, bietet eine Steilheit von 18 dB/Okt. Der Air EQ hebt das Signal bei 30 kHz um 3 oder 6 dB an.
Mit dem 600 Ohm Terminator stellt Golden Age sicher, dass sich der Preamp mit nachgeschaltetem moderner Equipment gut verträgt.
Im Handbuch fehlt leider ein Schaltplan, mit dem sich die Signalführung optisch schnell und einfach nachverfolgen lässt. So muss man sich die Infos aus dem Text zusammensuchen.
Nun denn, schrauben wir das Teil also wieder zu und kommen zum praktischen Test.
Der Golden Age Pre-73 DLX Premier – wie klingt er?
Leider habe ich keinen originalen Neve 1073 als Referenz hier, aber in meinem Rack befindet sich mit dem Warm Audio WA73-EQ ein ganz guter Klon, den ich gerne nutze. Dieser soll also zum Vergleich mitlaufen.
Für die Mikrofonaufnahmen setze ich mein AKG C 414 B-ULS ein, gewandelt wird mit einem RME ADI-8 DS. Los geht es mit einer Gesangsphrase.
Viel unterscheidet die beiden Probanden nicht. Der Golden Age Preamp scheint etwas straffer und direkter zu artikulieren und auch die Silben besser zu differenzieren. Mein Warm Audio klingt hier minimal braver.
Nun möchte ich hören, ob die Reduzierung der Impedanz einen Klangunterschied macht. Dieselbe Funktion bietet auch der Warm Audio Preamp mit dem „Tone“-Button. Zunächst also nochmals beide Preamps in der Normalfunktion, dann wird die entsprechende Reduzierung geschaltet.
Beide Male erzeugt die Impedanz-Reduzierung einen druckvolleren Sound. Beim Pre-73 DLX Premier gerät er mir aber einen Ticken zu aggressiv, hier kann der WA73-EQ also wieder ausgleichen.
Probieren wir nun den Instrumenteneingang mit einer akustischen Gitarre.
Beide Preamps schicken das Signal durch den Mic-Übertrager. Beim WA73 muss das Gain allerdings ca. 30 dB höher gestellt werden, um denselben Pegel zu erhalten. Hier scheinen die Geräte also einen unterschiedlichen Aufbau zu haben. Die Signale laufen beide Male durch den Mic-Übertrager. Das tut dem Instrument sichtlich gut, druckvoll und plastisch klingen die Spuren. Der Warm Audio bringt etwas mehr Power auf die tiefen Mitten, der Golden Age ist in den Höhen etwas offener. Gefallen tun beide Signale, hier ist es schwer, eine Präferenz zu entwickeln.
Mit dem Bass will ich die Übertrager etwas stressen und reduziere den Output auf 12 Uhr.
Da kann der Warm Audio die tragendere Spur liefern. Der Bass ist druckvoller und knurrt schön. Der Pre-73 klingt wieder nach oben offener und geht mehr in Richtung Pop. Der WA hingegen ist hier purer Rock ’n‘ Roll. Eine Möglichkeit hat der Golden Age Instrument-Input aber noch, die dem WA fehlt: Bei ihm liegt die Low-Z-Schaltung mit im Signalweg, da holt das Signal dann noch in puncto Druck und Schmutz auf.
Nun geht es zu den Line-Inputs.
Hier klingen die Spuren weitgehend identisch. Nun kann aber der WA-73 den Trumpf ausspielen, bei ihm liegt der Tone-Button mit im Signalweg, beim Pre-73 diesmal nicht.
Nun bleibt also noch das Lowcut-Filter und die Air-Funktion zu testen. Aber nein, das heben wir uns für das nächste Mal auf, wenn der Golden Age EQ-73 Premier dran ist, der sich da auch im Zusammenspiel mit den Preamp beweisen soll.
Eine Funktion will ich aber noch heute abchecken, den Insert-Weg. Hier schleife ich nun einfach den EQ-73 Premiere ein. Der Insert ist am Pre-73 DLX Premier schaltbar, so ist schnell ein A/B-Vergleich gezogen. Über den Insert gibt es weiter nichts zu berichten, funktioniert, wie er soll. Also kommen wir zum Fazit.
Sehr schön, vielen Dank!!
Der Knopf des Gain-Reglers ist per Madenschraube befestigt. D.h. leichte Fehlstellungen zu den Skalen kann man ziemlich leicht selbst ausgleichen :)
@network-909 Hi network-909,
prinzipiell richtig, funktioniert aber nicht, wenn Skala und Schaltzustände des Potis nicht korrespondieren. Dann liegen manche Einstellungen genau drauf, einige ein wenig daneben.
Da gibt es dann nichts zu korrigieren.
@Armin Bauer Oh, das scheint bei dem PREQ und dem DLX wahrscheinlich etwas sensibler zu sein, weil es so viele Zwischenpositionen beim Gain gibt. Ich sehe grad, bei meinem PRE-73 sind das viel weniger Gain-Schritte, da machen sich Toleranzen im Schalter so gut wie nicht bemerkbar.
@network-909 Damit es nicht falsch rüber kommt:
Beim Pre-73 DLX Premier ist alles in Ordnung. Der WA-73 EQ, den ich zum Vergleich genommen habe, trifft beim Gain die Markierungen nicht ganz genau.
@Armin Bauer Jetzt habe ich es auch endlich kapiert :D Das Problem betrifft den Warm Audio..
Danke für den schönen Artikel! 👍
Irgendwo im Netz las ich mal, dass die rückwärtigen Kombi-Buchsen hakeln bzw. XLR-Stecker schlecht entfernbar sind. Existiert das Problem noch?
@Nick MD Es sind die qualitativ guten Neutriks verbaut, ich würde das Problem dann eher auf die Kabelseite mit evtl. billigen, nicht ganz normgerechten oder verformten Steckern verorten.