Ascent Two: Ein echter Charaktertyp
Mit dem Test des Phoenix Audio Ascent Two ist das Leben eines AMAZONA.de Testers wirklich leicht. Denn erst am 30. Juli dieses Jahres hat mein geschätzter Autoren-Kollege Jochen Schnur die Ein-Kanal Version des Phoenix Audio mit Namen Ascent one getestet. Und da der Ascent two genau 2x der Ascent one ist, lesen Sie sich bitte den Test von Jochen einfach zweimal durch. Ich wünsche dann noch einen schönen Abend …
Nein, so leicht mache ich mir es natürlich nicht. Der Test vom Kollegen war sehr schön detailliert und ist sehr umfangreich auf die technischen Funktionen eingegangen – somit kann ich mir und vor allem Ihnen das Wiederholen der Hauptfakten sparen. Meinem Autoren-Ethos folgend fasse ich diese im Laufe des Tests gerne noch mal zusammen. Trotzdem steht die Frage im Raum: Warum also dieser Test? Ist nicht schon alles gesagt?
Ich habe als AMAZONA.de Autor im Laufe der Jahre schon einige Mikrofonverstärker in meinem Homestudio testen dürfen. Da waren Hersteller, wie Grace Design, UK Sound, FMR, Warm Audio, Focusrite (Vergleichstest), SPL, Cranborne, Black Lion Audio und noch einige mehr. Dazu noch diverse Mixer (SSL SiX) und Audiointerfaces, die ja auch meistens recht ansehnliche Mikrofon-Preamps besitzen. Das sind einige illustre Namen darunter und so darf man sich mit Recht auch fragen, warum man denn gerade sein schwer verdientes Geld nach Kalifornien tragen soll, um sich für 1.949,- Euro den eher exotischen Phoenix Audio kaufen soll.
Phoenix Audio Ascent two – Ausstattung und technische Daten
Der 2-Kanal Class-A Mikrofonvorverstärker verfügt jeweils über einen Mic/Line-Gain-Regler, einen Output-Level-Regler und ein Vari-Filter, mit dem man die Einstiegsfrequenz des Highpass-Filters von 70 Hz bis 400 Hz einstellen kann. Die sechs Taster wählen folgende Funktionen aus:
- DI-Modus (dann ist Mic/Line ausgeschaltet)
- Highpass-Filter
- Phasenumkehr
- Phantomspeisung 48 V
- PAD, um den Eingang um 15 dB zu reduzieren
- Groundlift, um Brummen zu vermeiden oder zu reduzieren
Und die technischen Daten:
- Output = +26 dBu @ 1 kHz, Noise = -90 dB @ 20 Hz to 20 kHz.
- Frequency Response Mic Input Stage: -0,4 dB @ 40 Hz, -0,3 dB @ 25 kHz
- Frequency response Class A (DSOP-2) output stage: 20 Hz to 20 kHz +- 0,5 dB, Maximum
Das Gerät verfügt an der Front je über einen XLR Mikrofon/Line-Input und über einen TRS-DI-Input. Auf der Rückseite haben wir den gespiegelten XLR-Mic/Line-Input und je einen TRS und einen XLR (male) für den Ausgang. Das Gerät verfügt dazu über ein internes Netzteil (110/220 V).
Und wie wollen wir den Phoenix Ascent two jetzt testen?
Deswegen gehen wir die Sache diesmal anders an! Kein klassischer Testverlauf, sondern (stellen Sie sich bitte den obligatorischen Trommelwirbel vor) ich nenne Ihnen jeweils drei gute Gründe, warum Sie den Phoenix Audio Ascent two kaufen sollten und warum Sie lieber die Hände vom Gerät lassen sollten. Ich glaube, das wird recht unterhaltsam!
Drei Gründe, warum sie den Phoenix Audio Ascent two NICHT kaufen sollten!
Die Ergonomie
Jochen Schnur hatte schon geschrieben und ich kann das nur betonen: Die Ascent Serie ist nicht für die blinde Bedienung gemacht. Beim üblichen Blick von leicht oben auf das Gerät sieht man die Beschriftung der Schalter und einiger Potis so gut wie gar nicht. Das ist ein echter Designfehler. Auch die Rasterung der Mic/Line-Gain-Drehregler ist mit seinen 5 dB Schritten (nur 9 Positionen) zu grob, während die O/P-Level- und Vari-Filter-Drehregler etwas zu viel Spiel haben und man so nicht genau sieht, ob für linken und rechten Kanal der gleiche Wert eingestellt ist. Die nah beieinander liegenden Regler (Gain und O/P-Level) helfen dabei auch nicht. Und weiß der Geier, warum die LED des Pad-Schalters im Mic-Betrieb immer leuchtet, egal ob Pad aktiviert ist oder nicht.
Schade auch, dass es keine vernünftige Clipping-Anzeige gibt. Eine 0 dB und eine +8 dB sind doch ein bisschen wenig.
Das Markenimage
Sie kennen das: Die Kumpels sind zu Besuch und wollen Ihr Studio sehen. In Ihrem Rack leuchtet das Rot von Focusrite, das Blau von RME oder Elysia oder die Bakelit-Regler Ihres Empirical Labs FATSO zeigen: Sie haben Ahnung. Vielleicht auch ein paar Vintage-Geräte von Neve oder Universal Audio. Und dann? Wer ist noch mal Phoenix Audio? Nein, angeben kann man mit diesem Hersteller bestimmt nicht. Da helfen auch die weinroten Drehregler nichts.
Wie? Ihnen sind Marken egal, Hauptsache Ihr gewünschtes Klangbild wird erreicht? Dann vergessen Sie diesen Punkt einfach.
Der Klang des Phoenix Audio Ascent Two – Teil I
Klang? Der Phoenix Audio Ascent Two klingt doch wirklich sehr gut! Wo ist denn hier das Problem? In Sachen Gain und Output ist der Ascent kein „Sweetspot Monster“. Ich brauchte relativ lange, um den optimalen Pegel zu finden. Das Gerät hat zwar bis zu 26 dB an Headroom, aber trotzdem benötigt es viel Fingerspitzengefühl, um den Punkt zu finden, bei dem der Ascent so richtig in den Flow kommt. Der Grundklang ist sehr neutral, könnte man sagen, denn außer ein wenig Highpass-Filterung zwischen 70 und 400 Hz ist kein weiterer klanglicher Effekt auszumachen. Wer also einen speziellen Preamp-Sound sucht, der ist bei Phoenix Audio an der falschen Stelle.
O je. Das klingt ja bis jetzt eher mittelmäßig. Ein Gerät für knapp 2.000,- Euro sollte doch auch einige Dinge mitbringen, die einem die Freude ins Gesicht zaubern – oder?
Drei Gründe, warum Sie sich den Phoenix Audio Ascent two UNBEDINGT ansehen sollten
Die technischen Features
Mit „military grade“ Silberkabel handverdrahtet, reine Class-A-Bauweise, übertragerfreie Input-Stage und ein handgewickelter DB694-Transformator im Ausgang zum diskreten DSOP-2 Vorverstärker. Das sind ehrlich gesagt schon gute Argumente für ein hochwertiges Gerät. Daraus resultiert viel Headroom und eine breite Gain-Range von -30 bis -70 dB. Dazu clevere Features, wie Phasenumkehr und eine Groundlift-Taste, die den Studioalltag bequemer machen können. Die Verarbeitung ist alles in allem auch sehr ordentlich, wenn man mal vom leichten Spiel der Drehregler absieht. Ganz nüchtern betrachtet bekommt man hier schon viel fürs Geld geboten.
Das Feeling
Eine Phoenix Audio Ascent zu kaufen, ist etwa so, wie Alfa Romeo zu fahren. Weit weg von nüchterner Ergonomie der deutschen Automobilbauer mit einer gewöhnungsbedürftigen Ergonomie. Man arrangiert sich mit den Fehlern, weil es am Ende nur um das Gefühl geht. Und hier kann der Ascent mit seiner etwas schrulligen Art auch punkten. Keine Perfektion, aber eine ganze Menge an Charisma.
Der Klang – Teil II
Schon wieder Klang? Ja, denn beim Phoenix Ascent ist es wie beim Bergsteigen an einem nebeligen Tag. Den größten Teil der Arbeit verbringt man im Dunst und denkt sich „warum mach ich das hier eigentlich?“ Aber wenn man dann über dem Nebel auf dem Gipfel sitzt, dann weiß man, wofür. Einmal den Sweetspot gefunden, erfreut der Preamp mit feiner Dynamik, schönen Oberwellen und einer recht neutralen, aber tendenziell satter Wiedergabe. So wie man am Gipfelkreuz wieder richtig durchatmet, so fühlt man diesen Moment perfekter klanglicher Balance.
Phoenix Audio Ascent Two: Klangbeispiele
Anders als Kollege Schnur habe ich den Ascent Two mit dem Stereo-Signal eines Korg Grandstage versorgt und im Sweetspot auch ganz hörenswerte Beispiele gezaubert. Zunächst ein pures Grand-Piano und dann noch mal mit auf 400 Hz gesetztes HPF.
Anschließend dann noch ein E-Piano mit Strings als Ensemble und schließlich noch ein im Bass gespieltes Sägezahn-Signal mit viel Wucht.
Zusammenfassung: Phoenix Audio Ascent Two
Sie sehen, Phoenix Audio Ascent One und Two sind gut klingende und technisch sehr interessante Geräte mit Abstrichen in Sachen Ergonomie und Zugänglichkeit. Würde ich den Phoenix Audio Ascent Two kaufen? Gute Frage. Ich glaube, die Antwort wäre „fast“ – denn ich gehe da mit dem Kollegen Schnur konform: Wenn, dann wäre die Version mit Equalizer wohl der beste „Bang for the Money“. Für 500,- Euro Aufpreis (2.449,- Euro) gibt es dann einen parametrischen 4-Band EQ dazu. Dieser verfügt über variable Frequenzen und gibt dem Gerät das Quäntchen mehr, was mich zu einer Kaufentscheidung bewegen könnte. Oder sollte ich doch lieber den sichereren Weg gehen, und einen SPL Crescendo duo kaufen? Ich bin aber mit meinem SSL SiX Analog Mixer sehr zufrieden und so muss ich – Gott sei Dank – diese Entscheidung nicht treffen!
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