Der B173 kräftig aufgewertet
Meine Güte, kaum ist der 1073 OPX von AMS Neve vom Tisch, nimmt schon das nächste 1073 Derivat seinen Platz ein. Diesmal schickt Black Lion Audio, die Firma aus Chicago, die als Anbieter von Modifikationen für Audio-Equipment begann, den neuen B173 Quad ins Rennen.
Das Vorbild und die Produktlinie
Nun, der Name verrät es eigentlich schon, der B173 Quad ist eine weitere Interpretation des klassischen Neve 1073 Preamps im Viererpack – wobei es der Hersteller mit der Detailtreue nicht ganz so genau nimmt. Der Black Lion wird z. B. mit Übertragern von CineMag für Ein- und Ausgang bestückt. In der Originalschaltung werkeln hier Produkte von Marinair oder Carnhill. Deshalb spricht Black Lion selbst auch nicht von einer Kopie oder Klon des 1073, sondern von einer Hommage. Das ist sympathisch ehrlich und setzt sich auch gleich in der optischen Gestaltung fort. So wurde sowohl auf die typische Farbe als auch auf die charakteristischen Potiknöpfe des Originals verzichtet. Stattdessen werden die Black Lion Gerätschaften optisch eher neutral und eigenständig gehalten.
Der B173 ist bei Black Lion nicht ganz neu, bisher wurde er als Einkanaler im 9,5“ Format und als API 500 Einschub angeboten.
Diese beiden Versionen tauchen aktuell beim Hersteller nicht mehr auf, sie scheinen also vom neuen B173 Quad ersetzt zu werden.
Neu ist beim B173 Quad die Farbe. Während die bisherige B173 Produktrange in Blau ausgeführt war, wurde für die 4-Kanal-Version die Farbe Schwarz gewählt. Auf den zweiten Blick fällt der Wertebereich des Gain-Reglers auf. Dieser reichte bei den einkanaligen Preamps von 12 bis 80 dB, der Quad startet bei 13 dB und muss sich mit 70 dB als Höchstwert begnügen.
Der Ausgangsübertrager wurde getauscht, bisher wurde hier auf Edcor zurückgegriffen. Der B173 Quad ist mit CineMag bestückt, die auch die Eingangsübertrager liefern. Auch ausgangsseitig hat sich etwas getan. Der B173 war hier semiprofessionell mit einer symmetrischen Klinkenbuchse bestückt. Der Quad kann sowohl XLR als auch Klinke bieten. Und endlich ist beim B173 Quad auch eine Pegelanzeige vorhanden, da mussten die bisherigen Modelle gänzlich ohne auskommen.
Die inneren Werte wurden ebenfalls verbessert, wie ein Blick in die Bedienungsanleitung verrät. Die THD-Werte des Mikrofoneingangs des neuen B173 Quad liegen deutlich unterhalb denen des B173.
Vergleichen wir doch noch kurz die Preise: Der B173 API500 liegt bei 433,- Euro, braucht aber natürlich noch einen passenden Slot im API500 Rack. Der B173 in seinem 9,5“ Gehäuse geht für 544,- Euro über die Ladentheke. Wer wirklich den Bedarf an vier Kanälen hat, kommt mit dem neuen B173 Quad günstiger weg. Bei einem Preis von 1.648,- Euro liegt man hiermit bei einem Kanal-Preis von 412,- Euro.
Der B173 Quad im Überblick
Die vier Kanäle des Preamps finden auf 2 HE des 19“ Gehäuses Platz. Diese besteht wie üblich aus Stahlblech, 18 cm tief und ist mattschwarz lackiert. Eher dünn fällt die Aluminium-Frontplatte aus, sie wird jedoch seitlich an den Rack-Ohren vom Stahl des Gehäuses unterstützt.
Die vier Kanäle sind in zwei Ebenen angeordnet. Oben sitzen Kanal 1 und 3, schräg versetzt darunter die Kanäle 2 und 4. Ganz rechts oben befindet sich noch der Power-Schalter, unten links zwei DI-Inputs für Kanal 1 und 2. Das ist zunächst optisch etwas verwirrend, hier wäre eine bessere grafische Unterteilung u. U. hilfreich.
Optisch macht der B173 Quad trotzdem mächtig was her, so ganz in Schwarz mit den riesigen Potiknöpfen erinnert er an eine weitere audiophile Legende, wer kommt auf den Namen?
Im Inneren präsentiert sich der Quad sauber und aufgeräumt. Die Platinen sind auf zwei Ebenen angeordnet, die Schrauben zum Erreichen der unteren Platine sind versiegelt, also wollen wir da auch nicht tiefer vordringen.
Rechts sitzt die Spannungsversorgung, die von einem externen Netzteil gespeist wird. Hier befinden sich im Deckel die einzigen Lüftungsschlitze, allzu warm scheint das Gerät also nicht zu werden.
Pro Kanal befindet sich ein großer Gain-Drehregler, der die Verstärkung in 12 Stufen schaltet. Auch ein Ausgangspoti ist vorhanden, das das Signal stufenlos bis zur totalen Stille abschwächt. Ebenfalls mit an Bord, Phantomspeisung und Hi-Z Umschalter für den DI Input, beide flankiert von einer weißen Betriebs-LED. Den Hi-Z gibt es nur für Kanal 1 und 2, die restlichen beiden Kanäle sind rein für Mikrofonverstärkung ausgelegt. Als letzter Schalter für jeden Kanal ist ein Phasendreher vorhanden. Auf ein Umschalten der Eingangsimpedanz wird beim B173 Quad verzichtet, sie liegt fest bei 200 Ohm für die Mikrofoneingänge und 1.100 Ohm bei den Hi-Zs.
Neu beim 4-Kanaler ist auch die Aussteuerungsanzeige, die mit 10 Elementen arbeitet und hinter dem Ausgangsregler liegt. Die Anschlussbuchsen, bis auf die beiden Hi-Z-Inputs, befinden sich auf der Rückseite.
Auf der Rückseite befindet sich ein XLR-Input pro Kanal, die Ausgänge werden jeweils parallel als XLR und symmetrische Klinke angeboten. Das externe Netzteil wird mit einem 5-poligen DIN-Stecker angeschlossen.
Preamp in der Praxis
Nun darf sich der B173 Quad in der Studioumgebung bewähren. Der AMS Neve 1073 OPX ist leider schon wieder verpackt, also wird der Warm Audio WA 73-EQ als Vergleichspartner hinzugezogen. Als neutralen Vertreter nehme ich die Mic Inputs des Apollo Twin X mit dazu.
Klanglich starte ich mit einem dynamischen Mikro. Gegenüber dem Warm Audio liefert der B173 den neutraleren Klang. Er ist in den Höhen offener und präziser, lässt aber die typische kernige Mittenanhebung des 1073 Sounds weitgehend vermissen. Hier ist er tatsächlich näher am Apollo Preamp dran, der bekanntermaßen recht linear abbildet und durchaus zu den hochwertigeren Interface-Preamps zählt.
Das setzt sich auch mit einem Kondensatormikrofon, meinem AKG C414 B-ULS, fort. Das Signal ist fein aufgelöst und nach oben recht offen, vermittelt aber leider nicht unbedingt das 1073 Flair. Im Vergleich zum Apollo Input kommt es schon etwas kerniger in den Mitten rüber, trifft aber weder in Ausprägung, noch im Frequenzbereich die typische Färbung.
Nun gibt es ja beim originalen 1073 den alten Trick, den Eingangsübertrager zu überfahren. Das gelingt beim B173 Quad recht leicht, da er über eine Reduzierung des Ausgangspegels verfügt. Also mal deutlich den Input um 10 – 15 dB angehoben und am Ausgang wieder abgesenkt. Eine gute Hilfe ist hierbei die aussagekräftige Pegelanzeige, die ganz am Ende der Signalkette liegt.
Da ist er nun endlich, der typische Neve Sound mit leicht rauen, etwas zurückgenommenen Höhen, dem charakteristischen Mittenbrett und fettem Bassbereich. Das trifft jetzt nicht 1:1 den Originalsound, kommt in der Annäherung aber ganz gut hin. Wie mein Test des AMS Neve 1073 OPX gezeigt hat, ist auch der Originalhersteller durchaus bereit, den Sound etwas zu modernisieren und den aktuellen Hörgewohnheiten anzupassen, ohne die traditionellen Gene zu verleugnen. So soll es also auch Black Lion Audio erlaubt sein, die ja erst gar nicht das Versprechen einer direkten Kopie abgeben.
So kehre ich nochmals zum dynamischen Gesangsmikrofon zurück. Und siehe da, auch hier lässt sich mit heiß Anfahren der erwartete Klang erzeugen.
Somit präsentiert sich der B173 Quad als ein erstaunlich flexibler Mikrofonvorverstärker, der zunächst recht neutral spielt, aber durchaus eine Palette an färbenden Sounds anbieten kann.
Die ersten beiden Kanäle des Gerätes bieten zusätzlich einen DI-Eingang. Dieser ist im Eingang übertragerlos ausgeführt, läuft aber über den Ausgangsübertrager.
Mit meinem passiven E-Bass kann ich ein gut durchsetzungsfähiges Signal mit knurrigen Mitten erzielen. Die Lautstärke wird allein durch das Ausgangspoti gesteuert, das ich zu 3/4 zudrehen muss. Hier wäre eine PAD-Funktion durchaus von Vorteil.
Auch die akustische Gitarre klingt direkt und drahtig. Auch hier muss der Ausgang stark runtergeregelt werden bzw. das Signal schon an der Gitarre abgesenkt werden. Klangvariationen sind mit beiden Instrumenten nicht zu erzielen, hier geht es allein um eine gute und direkte Klangübertragung.
Obwohl die Eingänge mit Hi-Z beschriftet sind, was normalerweise für passive Instrumente geeignet ist, sollen hier auch Line-Signale Zugang finden. Das überprüfe ich mit meinem NordLead, auch hier gelingt eine lineare Signaleinspeisung.
Insgesamt liefern die Klinkeneingänge also eine neutrale und musikalische Verstärkung für alle Signalarten. Eine Klangveränderung ist hier nicht zu erzielen und durch die Ausstattung ohne PAD, HPF und Impedanzanpassung wohl auch nicht vorgesehen.
Danke für den Test. Vergleichende Klangbeispiele wären nett gewesen, gerne auch mal außerhalb des Gitarrenbereichs (z.B. Rhodes) … Kleine Korrektur: Die Impedanz der D.I. Inputs liegt bei 1,1MOhm, nicht 1.100 Ohm.
@Lewis Hi Lewis,
danke für die Korrektur, stimmt, da habe ich ein paar Nullen unterschlagen.
Klangbeispiele haben sich diesmal leider nicht ergeben, hätten aber auch nur für den Mic In Sinn gemacht. Für Instr./Line gibt es Preamps, die da deutlich mehr Sound machen. Siehe meinen nächsten Test :-)