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Test: Universal Audio V76, Mikrofonvorverstärker Plugin

Lust auf eine Zeitreise in die 1950er?

15. Juni 2020
universal audio v76 preamp plugin test

Universal Audio V76, Mikrofonvorverstärker Plugin

In den 50er-Jahren des letzten Jahrtausends – den Jahren der Entstehung des IRT V76 Preamplifier – war die Welt noch in Ordnung. Kein Perfektionismus, kein steriler Klang, kein Autotune und keine „Featuritis“. Ein Vorverstärker sollte genau das tun: ein Signal auf Line-Level anheben und so einer Endstufe genug Saft zu geben, damit es für die Beschallung eines Clubs oder eines Konzerts reicht. Auch in den Studios gab es noch keine 128-Kanal-Mixer und digitalen Effekte. Der Klang wurde mit dem Raum, dem Mikrofon, dem Instrument und dem jeweiligen Charakter der Verstärker geformt. Und aus dieser Zeit stammt der V76, der vom Institut für Rundfunktechnik (IRT) entwickelt wurde. Zusammen mit dem Metering Modul U70 stand diese Kombination für einen warmen, satten Röhrensound, denn im Inneren werkeln immerhin vier Glühkolben: drei EF804s und eine E83F. Universal Audio hat sich diesen Preamp-Dinosaurier vorgenommen und ein Unison Plugin für deren Apollo Audiointerfaces und UAD-Hardware vorgestellt und ich darf Ihnen versprechen: Sie werden es lieben!

Die Entstehung

Was ich an Universal Audio so mag, ist, dass sich das Plugin immer ganz nah am Hardware-Original orientiert und in der Regel nur Funktionen hinzugefügt werden, um das Arbeiten zu erleichtern.

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Auch für die Erstellung des V76 Preamplifier Plugins wurde ein originales Referenzgerät beschafft und für die klangliche Orientierung herangezogen. Das ist insofern immer eine schwierige Angelegenheit, da gerade Geräte der „frühen Studiozeit“ – der V76 stammt immerhin aus den 1950ern – eine recht große klangliche Abweichung von Gerät zu Gerät haben, da hier in der Regel noch mit Lötkolben und Schraubenzieher montiert wurde. Das Deutsche Institut für Rundfunktechnik kreierte den V76 allerdings nach Militärstandards, was eine wirklich hohe Fertigungstiefe bedeutet und so die Abweichungen innerhalb einer Baureihe minimal sind. Nicht nur deshalb fand das robust designte Gerät auch seine Wege in die berühmtesten Studios seiner Zeit, wie Abbey Road oder EMI.

UA_V76Plugin_Top

Um den Sound auch wirklich so nah am Original zu halten, wurden die alten Schaltpläne studiert und alle messtechnischen Eigenheiten, wie das Verhalten der Pentodenröhren und Trafos, modelliert. Es floss also ein nicht zu unterschätzender Aufwand in die Erstellung des Plugins und im Internet findet man auch ein paar „Shoot Outs“, bei dem das Plugin mit dem Original verglichen wurde – mit sehr überzeugenden Ergebnissen. Wenn man also über die vergleichsweise hohen Preise von Universal Audio Plugins schimpft, sollte man sich bewusst sein, dass es meist keinen günstigeren Weg gibt, um dem Originalklang so nahe wie möglich zu kommen. Mein Vergleich des High End Kompressors Elysia Alpha (ca. 10.000,- Euro) mit dem UA Plugin hat dies ebenfalls gezeigt.

Dazu handelt es sich bei dem V76 Preamplifier auch um ein Unison Plugin. Das bedeutet: Man hat nicht nur ein nahezu latenzfreies Arbeiten mit dieser virtuellen Vorstufe, sondern es stellt sich das Audiointerface bei Aktivierung auch in einigen elektrischen Parametern auf das Original ein (wie z.B. die Eingangsimpedanz). Der Nachteil: Für den Betrieb benötigen Sie ein UA Apollo Audiointerface oder UAD-Hardware.

Die Bedienung

Die Bedienung des neuen Universal Audio V76 sollte kein Problem darstellen. Ganze acht Bedienelemente zieren die ziemlich rustikale Oberfläche und deren Funktionen geben definitiv keine Rätsel auf. Aber immer der Reihe nach.

UA_V76Plugin_Front

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Der V76 ist zwischen Mikrofon- und Line-Level umschaltbar, bietet eine Phasenumkehr und die Möglichkeit, den Frequenzgang ab 3 kHz leicht zu pushen. Dazu ein Hipass-Filter für 80 Hz, 300 Hz und 80 + 300 Hz und natürlich den Gain-Regler für einen Bereich von 3 bis 76 dB. Schade nur, dass hier nicht, wie beim Original, „Verstärkung“ steht, sondern „Gain“. Aber gut – man möchte das Plugin ja weltweit anbieten. Das U70 Modul für Input- und Output-Metering ermöglicht dazu noch die Einstellung des Output-Signals bis +12 dB, so dass ein sehr vernünftiger Pegelumfang zur Verfügung steht.

Der Klang

Klanglich ist der V76 ganz großes Kino, wie auch in meinen beiden Klangbeispielen deutlich wird.

UA_V76Plugin_Top test

Zuerst eine clean gespielte Fender Telecaster, einmal ohne Preamp und dann mit aktiviertem V76. Sehr beeindruckend, welchen „Zauber“ der V76 dem Signal gibt. Rund, warm und satt und dabei trotzdem noch gut definiert. Mit schönen weichen Transienten und druckvollem Bass ist das Plugin vielleicht nicht in modernen Pop-Produktionen ideal, aber wenn Sie auf Bar-Jazz stehen, Singer-Songwriter Sachen machen oder einer etwas zu hellen Stimme den passenden Schmelz verleihen möchten, dann kann ich Ihnen das V76 nur (Achtung, Wortspiel!) wärmstens ans Herz legen.

Im zweiten Beispiel habe ich einen einfachen Synthie-Ton gespielt, einmal ohne, dann mit aktiviertem IRT-Plugin. Auch hier wird aus dem elektronisch erzeugten Klang plötzlich ein echter Vintage-Ton – mit all seinen Harmonischen. Sehr stark.

Als Letztes noch ein kleiner Geheimtipp: Passend zum V76 Plugin darf ich Ihnen wärmstens (haha!) das Arturia REV Plate 140 Reverb empfehlen. Das geht dann zwar nicht mehr in der Universal Audio Console, sondern dazu müssen Sie entweder das hervorragende (und kostenlose) LUNA nutzen, oder in Ihrer DAW arbeiten – bei mir Apple Logic Pro X in der neuesten 10.5 Version. Eine ganz wunderbare Kombination, wie im dritten Klangbeispiel (abwechselnd ohne und mit V76) hörbar wird.

UA_V76Plugin_Plate

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Fazit

Ja, 199,- Euro für ein Preamplifier-Plugin ist eine ganze Menge Geld – aber Universal Audio ermöglicht Ihnen so eine Zeitreise in die Tontechnik der 50er Jahre mit all seinem Charme. Ein wunderbares Unison Plugin, das viele Hardware-Parameter des angeschlossenen UA Apollo Audiointerfaces nutzt und Ihnen so ein herrliches harmonisches Gesamtergebnis liefert, das mich auf ganzer Linie überzeugt hat.

Plus

  • toller Vintage-Klang mit vielen Facetten
  • mit hohem Aufwand nah am Original programmiert
  • sehr schöne Optik

Minus

  • nur für UA-Hardware
  • hoher Preis

Preis

  • 199,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Michael Krusch

    „In den 50er-Jahren des letzten Jahrtausends – den Jahren der Entstehung des IRT V76 Preamplifier Plugins…“
    Das waren noch Zeiten, als die Plugins auf Lochkarten geliefert wurden. :-)

    • Profilbild
      AMAZONA Archiv

      @Michael Krusch Jo, an dem Plug-In war bekanntermaßen schon Konrad Zuse beteiligt.

  2. Profilbild
    Marco Korda AHU

    Danke für den sehr netten Test und die Beispiele. Den Klang muss man mögen. Ich fand den Hinweis gut, dass es kein Universal-Tool ist, denn bei manchen Signalen macht der runde Vintage-Charakter, von dem reichlich da ist, weniger Sinn.

  3. Profilbild
    defrigge AHU

    Danke für den Test, der auf dieses viel zu wenig bekannte UAD-Juwel aufmerksam macht! Es lohnt sich auch, im Netz noch mehr Soundbeispiele anzuhören.

    Das ist für mich eines der besten Effektplugins auf meinem ganzen Computer. Je nach Mikrofon benutze ich das nicht nur sehr gern für Vocals (natürlich nicht noch on Top auf ein bereits stark warm färbendes Röhrenmikrofon), sondern wie hier im Test auch sonst für alles mögliche, was durch einen solchen Preamp aufgewertet wird.
    Man kann es natürlich völlig nach Geschmack dosieren.

    Übrigens bietet UAD auch Plates, die m.E. locker so gut sind wie das von Arturia.

    • Profilbild
      Jörg Hoffmann RED

      @defrigge Gern geschehen!
      Das Arturia Platz gab es damals zur Einführung umsonst. Aktuell ist tatsächlich sogar das UA Pure Plate Reverb günstiger (UA = 74€, Arturia: 99 €).

  4. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Wozu ist denn der „Münzeinwurf“ da? Konnte keine Infos zum Original finden.

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