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Test: Heritage Audio DTT-73, Mikrofonvorverstärker mit DI

Neve-Nachbau mit toller Optik

27. April 2020
test Heritage Audio DTT-73

Heritage Audio DTT-73, Mikrofonvorverstärker mit DI

Der Heritage Audio DTT-73 ist ein zweikanaliger Mikrofon- und Line-Vorverstärker mit DI-Funktion im “Tabletop”-Gehäuse. Tabletop heißt hier, dass sich das Gerät nicht in ein 19 Zoll Rack oder ähnliches einbauen lässt, sondern für sich beansprucht, am Schreibtisch neben dem Besitzer seinen Dienst zu verrichten. Das Konzept kennt man bereits von Preamps wie dem Universal Audio Solo 610 oder dem Focusrite ISA One. Vorteil ist, dass es meist sehr schön aussieht und man schnellen Zugriff auf alle Parameter des Preamps hat. Ein Nachteil von Tabletop-Geräten kann sein, dass sich bei mehreren Kanälen der Platz am Schreibtisch schnell dem Ende zuneigt. Wo die Prioritäten liegen, muss jeder einzelne für sich entscheiden. Wer neben den Eingängen seines Audiointerfaces beispielsweise nur einen, zwei hochwertige Kanäle für etwas mehr „Farbe“ benötigt, der wird bei diesem Format voll auf seine Kosten kommen. Natürlich ist es auch möglich, den DTT-73 auf die Bühne oder in den Proberaum mitzunehmen – dank seinem integrierten Netzteil und dem einfachen Transport bietet er sich auch für mobile Sessions oder Konzerte an.

Dass es sich beim Heritage Audio DTT-73 um einen Neve 1073 Nachbau handelt, erklärt sich heutzutage von selbst, oder? Weiße Druckknöpfe, ein bordeauxfarbener Gain-Wahlschalter und ein graues Drehpoti – das ist der universelle Farbcode, dem jeder Hersteller treu zu bleiben versucht. Wie bei einem Pawlowschen Hund läuft uns Studiogeeks dann beim Anblick dieser Kombination sofort das Wasser im Mund zusammen. In den letzten Jahren wurde der Markt geradezu überschwemmt mit Preamps, die auf dem legendären 1073 Design basieren. An dieser Stelle möchte ich auf den großen 1073er Vergleichstest von Chris Pfeil hinweisen – mich persönlich hat auch der Golden Age Premier 73 sehr positiv überrascht.

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Heritage Audio DTT-73

Heritage Audio DTT-73 – made in Spain!

Gefertigt wird die Heritage Audio DMA und TT-Linie im sonnigen Spanien. Im Gegensatz zur kostengünstigen Elite-Serie werden diese Modelle komplett von Hand aufgebaut und verlötet. Über die genauen Unterschiede zwischen den einzelnen Serien hält man sich bei Heritage leider etwas bedeckt.

Heritage Audio hat zwei unterschiedliche Versionen seines Tabletops im Angebot. Die einkanalige Version TT-73 ist für 1.099,- Euro zu haben, während die zum Test vorliegende Stereo-Version DTT-73 mit 2.079,- Euro zu Buche schlägt. Das klingt im Vergleich zur Elite-Series erst einmal recht ordentlich, allerdings kommen im Inneren der DTT-73 die hochwertigeren Bauteile und das Schaltungsdesign des Heritage DMA-73 zum Einsatz. Der DMA-73 kostet als 19 Zoll Gerät 2.099,- Euro – bei der Tabletop-Version bekommt man also ein integriertes Netzteil, DI-Thru-Buchsen und die schönen Seitenteile aus Echtholz kostenlos mit dazu und steigt sogar noch etwas billiger aus. Besonders die DI-Sektion ist ein Highlight des DTT-73 – der AMS Neve 1073 DPA, den ich bereits für euch getestet habe, bietet beim Preis von 2.369,- Euro keinerlei DI-Anschluss, geschweige denn Thru-Buchsen.

Heritage Audio DTT-73

Lieferumfang des Preamps

Geliefert wird der Heritage Audio DTT-73 in einer mit Schaumstoff gepolsterten Kartonbox und Stromkabel. Eine Bedienungsanleitung lag meinem Paket nicht bei, aber auf der Website von Heritage Audio findet man mehr Informationen. Der Schachtel nach zu urteilen dürfte das Gerät schon einige Einsätze oder Tests auf dem Buckel haben. Trotzdem sieht der DTT-73 aus wie neu und ist schon eine sehr schöne Erscheinung. Dank der durch und durch massiven Verarbeitung und des ansprechenden Designs kommt man als vermeintlicher “Studiogeräte-Fetischist” schnell auf seine Kosten. Das ist Hardware, mit der man gerne arbeitet. Alles fühlt sich solide an – seien es die Potis, die Schalter oder die Buchsen – der DTT-73 ist gebaut wie ein Panzer und ist für viel Studiosessions oder auch Live-Auftritte gerüstet.

Heritage Audio DTT-73

Die Vorderseite

Auf der Vorderseite liegen alle Bedienelemente der beiden Kanäle horizontal übereinander. Da wäre zunächst das gerasterte Gain-Poti mit einer Vorverstärkung zwischen +25 dB und +80 dB für Mikrofonsignale bzw. -5 dB und +50 dB für Line-Signale. Daneben gibt es zwei 6,3 mm Klinkenbuchsen – eine für den DI- Eingang und eine für den Thru-Ausgang, der das unbearbeitete Signal an einen Verstärker, ein Effektgerät, eine zweite DI-Box etc. weiterleitet. Sollten Brummschleifen entstehen, kann der Ground-Lift-Schalter Abhilfe bieten. Mit den fünf weißen Tasten lässt sich DI bzw. Line-In auswählen, ein -20 dB Pad dazu schalten, die Phase umkehren, ein High-Pass-Filter bei 82 Hz aktivieren und die Impedanz von 1.200 Ohm auf 300 Ohm absenken. Mit einem hintergrundbeleuchteten Druckknopf lässt sich die Phantomspeisung einschalten, das graue stufenlose Poti auf der rechten Seite regelt die Ausgangslautstärke. Leider muss man, wie bei vielen anderen Heritage Audio Produkten, auf eine Aussteuerungsanzeige verzichten. Hoffentlich wird dieser Kritikpunkt in Zukunft vom Hersteller gehört – im Studio kann man sich mit der DAW behelfen, aber auf der Bühne – und für diesen Einsatz wird der DTT-73 ausdrücklich beworben – agiert man sozusagen “im Dunkeln”.

Heritage Audio DTT-73

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Die Rückseite

Pro Kanal findet man hier zwei XLR-Eingänge für Mikrofon- bzw. Line-Signale sowie einen XLR-Ausgang. Ein zweiter Ausgang für alternative Verkabelungen (wie ihn bereits günstige 1073 Kopien bieten) hätte ich persönlich gern gesehen. Alle Buchsen kommen von Neutrik mit goldbeschichteten Anschlüssen. Damit hätte man die Möglichkeit, das Signal einerseits in den Wandler und andererseits durch eine Effektsektion zu schicken. Wie bereits angesprochen, bietet der DTT-73 ein internes Netzteil – das vereinfacht die Handhabung und den Transport und eliminiert mögliche Fehlerquellen, die sich durch einen kleinen Netzteilstecker ergeben können.

Ein Blick ins Innere offenbart die saubere Verarbeitung und geschickte Anordnung der Platinen. Carnhill Übertrager finden sich im Heritage Audio DTT-73 sowohl für den Eingang als auch für den Ausgang. Der DI-Eingang im diskreten Class-A-Schaltungsdesign mit JFET-Einfangsstufe liefert eine hohe Impedanz von mehr als 2 Megaohm. Alle Eingänge wie auch die Ausgangsstufe des DTT-73 sind konsequent im Class-A-Design ausgelegt. Ich habe mir angewöhnt, bei Preamps die Phantomspannung zu messen, da man teilweise mit atemberaubenden (schlechten) Werten konfrontiert wird. Der Heritage Audio DTT-73 leistet sich hier keine Blöße und liefert 12,5 mA bei 48 Volt. Also mehr als die vorgeschriebenen 10 mA.

Heritage Audio DTT-73

Studioeinsatz

So, jetzt aber ran an die Buletten. Ach wie herrlich, zwei Kanäle – da bietet sich der Preamp gleich für jegliches Stereo-Outboard wie Synthesizer, Drum-Boxen etc. an, um dem Line-Out-Signal noch ein Quäntchen Leben einzuhauchen. Mit meinem Moog Matriarch versteht sich der DTT-73 auch auf Anhieb. Das Signal wirkt auch direkt hochwertiger und gewinnt an Plastizität. Das ist ein guter Anfang … Da der Matriarch ein Synthesizer mit einer gehörigen Portion Eigenleben ist, eignet er sich leider nicht für klinische Vergleiche. Selbst wenn man ihn per MIDI ansteuert, wabert und pulsiert er immer unterschiedlich vor sich hin. Daher greife ich auf den Elektron Digitakt als Klangerzeuger zurück, um zu hören, wie unterschiedlich verschieden Preamps mit dem Synthesizer DI-Signal umgehen. Beim Thema Vergleichsgeräte habe ich keine Kosten und Mühen gescheut, um euch möglichst aussagekräftige Audiobeispiele anzubieten. Neben meinen RME UFX und API 512c Preamps habe ich den Golden Age Premier Pre-73, den Rupert Neve Designs 511 bzw. 517 sowie den IGS 573 für die nötige Prise „Neve-Flair“ hinzugezogen. Auch der erst kürzlich getestete ELI Mik-e kommt zum Einsatz.

Hier zunächst ein Stereo-Sample mit drei Preamps, die ich in doppelter Ausführung zur Verfügung hatte:

Um auch alle anderen Mono-Preamps miteinzubeziehen – hier noch einmal das Sample in Mono:

Die Pegel der beiden Kanäle des Heritage Audio DTT-73 sind nach meinen Messungen sehr gut aufeinander abgestimmt. Die Schwankung liegt bei rund 0,1 dB.

Heritage Audio DTT-73

Meine ersten Versuche mit dem Mikrofon wurden leider durch das Gain-Poti im zweiten Kanal getrübt. Zwischen Stellung 50 und 55, also dort, wo eine zweite Verstärkerstufe aktiviert wird, gibt es eine sehr laute Entladung. Selbst wenn ich die Eingänge meines RME UFX auf das Minimum einstelle und auch wenn am Preamp keine Last angeschlossen ist, produziert die Entladung eine unschöne Übersteuerung. Das kann sehr gefährlich werden, wenn man das Signal über Kopfhörer abhört und dabei das Gain-Poti in diesem Bereich bedient. Der erste Kanal produziert dieses Störgeräusch nicht. Auf Anfrage beim Hersteller wurde mitgeteilt, dass dieses Verhalten normal sei und vorkommen kann. Das kann ich so leider nicht ganz nachvollziehen – zumindest sollte es dann eine große Warnung am Gerät geben, bevor sich jemand dadurch das Trommelfell beschädigt.

Hier einige weitere Eindrücke des Preamps im Vergleich zu seinen Kollegen. Um ein reproduzierbares Signal zu erhalten, habe ich an der E-Gitarre sowie am E-Bass per DI einen Take in der DAW aufgenommen und von dort abgespielt. Die Mikrofonposition ist bei allen Beispielen identisch, nur die Preamps sind unterschiedlich. Am Gitarrenverstärker kommt das dynamische Shure SM7B zum Einsatz:

Heritage Audio DTT-73

Drückt man den LowZ-Schalter und verringert die Impedanz, steigt der Pegel in Kombination mit dem dynamischen Shure SM7B um 2,8 dB an. Lauter klingt im ersten Moment natürlich immer „besser“, daher habe ich für die LowZ-Versionen die Lautstärke angeglichen:

Am Bassverstärker kommt das Kondensatormikrofon Neumann U47fet zum Einsatz:

Im LowZ-Modus ist mit dem U47fet ein Anstieg der Lautstärke um 3,3 dB zu verzeichnen:

Heritage Audio DTT-73

Jetzt nehme ich mir den DI-Eingang vor, gehe also mit E-Gitarre und E-Bass direkt in den Preamp. Hier haben wir es mit unterschiedlichen Takes zu tun, da ich das jeweilige Instrument nur an einen Vorverstärker anschließen kann. Zunächst die Fender Jazzmaster, bei der ich während des Takes zwischen 1. Steg-Pickup 2. beiden Pickups zusammen 3. Hals-Pickup umschalte:

Besonders deutlich werden die Eigenheiten der unterschiedlichen Preamps bei der Hals-Pickup-Position, wenn der Bass ins Spiel kommt. Hier behält der Heritage DTT-73 ein schönes Top-End und liefert gleichzeitig einen fülligen, warm klingenden Bassbereich.

Am E-Bass war es mir leider nicht möglich, dem Heritage Audio DTT-73 ein unverzerrtes Signal zu entlocken – und das obwohl ich meinen G&L Bass mit passiven Singlecoil gespielt habe:

Eine Reduktion des Output- bzw. Gain-Potis brachte keine Abhilfe. An den Wandlern habe ich immer genügend Headroom. Es scheint, als würde das Signal direkt nach der Eingangsstufe verzerren. Hier noch ein Take mit reduziertem Gain:

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Fazit

Der Heritage DTT-73 macht generell einen sehr guten Eindruck. Das äußerliche Erscheinungsbild  ist rundum gelungen und die robuste Verarbeitung prädestiniert ihn für harten Studio- oder Live-Einsatz. Der Klang in Verbindung mit meinem Moog ist äußerst kraftvoll und ich fand speziell diese Kombination sehr gelungen. Auch am Mikrofon- und am Line-Eingang liefert der Heritage DTT-73 das, was man sich von einem 1073er Nachbau erhofft: einen schön angedickten und plastischen Klang. Das extrem laute Entladungsgeräusch des Gain-Potis im zweiten Kanal ist ein Wermutstropfen. Da dieses Problem im ersten Kanal nicht auftritt, bin ich zuversichtlich, dass es da draußen Geräte gibt, die problemlos funktionieren. Leider konnte ich dem Heritage Audio DTT-73 während der Testphase mit meinem passiven G&L Bass keine unverzerrten DI-Sounds entlocken – selbst bei niedrigen Gain-Einstellungen.

Plus

  • Neve-typischer Grundklang
  • sehr robuste Verarbeitung
  • eigenständiges Table-Top-Design
  • DI-Thru + Ground-Lift

Minus

  • DI-Eingang verzerrt mit meinem passivem E-Bass
  • lautes Entladungsgeräusch im zweiten Kanal

Preis

  • 2.079,- Euro
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