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Test: SonicWorld The Brick, V672 Mikrofonvorverstärker

Altes Eisen neu geschmiedet

20. Januar 2020
sonic world the brick

SonicWorld The Brick, V672 Mikrofonvorverstärker

Für den heutigen Test hat sich ein ganz besonderes Stück in meinem Testlabor eingefunden, The Brick des kleinen deutschen Herstellers SonicWorld. Dazu möchte ich zur Einführung einige Informationen über Marke und Produkt liefern.

SonicWorld

ist die Eigenmarke von Akzent-Audio, ein seit über 30 Jahren renommierter Vertrieb für edle Studiotechnik, ansässig im schwäbischen Gaggenau. Angeboten werden bei SonicWorld vorwiegend speziell gefertigte 19“-Racks für alte Studiokassetten, z. B. von Telefunken, Neumann, TAB oder Siemens. Auch ein Sortiment von Anschlusskabeln für die alten Schätzchen befindet sich im Shop. Und dann eben The Brick, ein Mikrofonvorverstärker. Der Preamp ist keine komplette Neuentwicklung, sondern hier arbeitet im Inneren eine alte Telefunken V672 Verstärkerkarte.

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Der Telefunken V672

Der V672 Universalverstärker wurde von Telefunken in den 60ern als Transistor-Nachfolger für das Röhrenmodul V72 nach den technischen Richtlinien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten entwickelt. Er wurde in verschiedenen Versionen über 20 Jahre lang gebaut. Er lässt sich für diverse Funktionen einsetzen, z. B. als Line-Amp, Verteiler oder aber auch als Mic-Preamp. Durch Modifikationen lässt sich die ursprüngliche Verstärkung von +34 dB erhöhen und regelbar gestalten.

Die Kassette ist diskret in einer Class-A-Schaltung aufgebaut und arbeitet mit Ein- und Ausgangsübertragern und einer Gegenkopplungsschaltung. Dadurch klingt der V672 warm und musikalisch und kann viele Mikrofone deutlich aufwerten.

The Brick

Der „Ziegelstein“ trägt seinen Namen zu Recht und kann mit den Gehäusemaßen von 103 x 56 x 202 mm (BxHxT) aufwarten. Es wurde ein stabiler Aluminiumrahmen mit dicken Edelstahlblechen verbaut.

The Brick, hier oberhalb meines SSL X-Racks

Sehr edel wirkt die hochglanzpolierte Frontplatte. Diese präsentiert sich sehr aufgeräumt mit den beiden großen und griffigen Reglern für Gain 1 und Gain 2. Die Potis sind mit einem Wertebereich von 0 -10 beschriftet, dB-Angaben sucht man vergebens. Das ist auch logisch, die sahnig laufenden Potis sind nämlich nicht, wie vielleicht zu denken wäre, für Ein- und Ausgang zuständig, sondern Gain A regelt die Dämpfung und Gain B regelt die Stärke des über die Gegenkopplung wieder rückgeführten Signals. Somit beeinflussen sie sich gegenseitig und liefern ein variables Klangbild. Die „neutrale“ Einstellung liegt bei Gain A auf voll und Gain B je nach gewünschter Verstärkung. Diese liegt bei maximal +64 dB. Die Aussteuerung wird beim Brick in die nachfolgenden Gerätschaften verlegt, der Preamp selbst verfügt über keinerlei Anzeigen.

Rückseitig geht es etwas gedrängter zu. Ganz links befindet sich der Eingang in Form einer Neutrik Kombibuchse. Wird der DI-Schalter gedrückt, geht das Signal per Klinke an die integrierte diskret aufgebaute FET-DI. Für den Mikrofon-XLR-Eingang steht natürlich auch eine 48 Volt Phantomspeisung bereit.

Die volle Rückseite

Da der V672 über zwei identische Ausgangstransformatoren verfügt, wurden dem Brick auch zwei galvanisch getrennte Ausgänge spendiert, die sich nur durch die Ausgangsbuchsen, symmetrische Klinke für Out 1 und XLR für Out 2, unterscheiden.

Strom erhält das Gerät durch das mitgelieferte 24 Volt Steckernetzteil oder alternativ über eine 24/48 Volt Anschlussbuchse.

Bei einem solchen Gerät kommt man als Tester natürlich nicht ums Aufschrauben herum, also los geht’s! Nach dem Abschrauben der hinteren Abdeckung lässt sich der Boden entfernen.

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Über 50 Jahre alt und kein bisschen leise

Und da liegt sie nun, die V672 Kassette mit den typischen grünen Transformatoren der Rev.1. Spätere Geräte, unter anderem auch von TAB, hatten teilweise eine geänderten Schaltung und eben auch andere Übertrager bzw. waren nicht mehr voll diskret aufgebaut. SonicWorld verarbeitet für den Brick nur die originalen Karten, tauscht die kritischen alten Kondensatoren und ergänzt die Schaltung um eine moderne DI. So wird aus alter Studiotechnik ein moderner Preamp mit dem Sound der guten, alten Zeit. Recycling at its best.

Der Sound

Nun wird es aber endlich Zeit, sich den Brick anzuhören. Verkabeln, Netzteil einstecken und los. Leider besitzt der Brick keinerlei Funktions-LEDs, dazu hätte die Spannungsversorgung um einen 5 Volt Anschluss ergänzt werden müssen. Da auch die Schalter für DI und Phantomspeisung ohne optische Kontrolle auskommen müssen, empfiehlt es sich das Gerät nicht allzu tief im Rack zu vergraben.

Für den ersten Check nehme ich ein dynamisches Mikrofon, das Beyerdynamic M 201, das ich ganz gern für E-Gitarre am Amp benutze. Parallel wird ein Input des UA Apollo Interfaces belegt. Eindeutig klingt das Interface linearer und in den Höhen offener, den druckvolleren und smootheren Sound liefert aber der Brick. So setzt sich die Gitarre viel besser durch.

Vergleich 1: Apollo Twin vs. The Brick

Das Pushen der Mitten erinnert mich an den Neve Sound, also nehme ich den Warm Audio WA-73 Klon zum Vergleich. Der macht auch mehr Höhen, die Telefunken Karte wirkt da etwas dezenter. Die prägenden Mitten liegen beim Brick tiefer, irgendwo zwischen Neve und API. Gefällt mir gut. Ein weiterer Pluspunkt für das antike Schätzchen: Er rauscht bedeutend weniger. Gerade bei höheren Gain-Werten wird der Unterschied eklatant.

Bisher bin ich mit der Starteinstellung gefahren, Gain A auf Vollanschlag, Gain B auf 8 Uhr 30. Durch ein anderes Mischungsverhältnis der beiden Gains lassen sich schöne Variationen erzeugen. Nach einigem Ausprobieren mein Favorit: Beide Gain-Stufen auf 12 Uhr, hier kommt der Klang sehr direkt und mit einer zusätzlichen Portion Präsenz.

Bisher zeigt sich der Brick von seiner besten Seite und kann mit dem dynamischen Schallwandler durchsetzungsfähige Klänge zur Verfügung stellen. Wie sieht es aber mit einem phantomgespeisten Mikro aus? Der Abwechslung halber darf dieses Mal mit dem JZ Microphones BH-2 „Black Hole“ ein eher modern abgestimmtes Großmembran zum Test antreten.

Hier tritt zunächst das Problem auf, dass das Mikrofon recht viel Pegel rausschickt, beim Brick bleibt also nur ein geringer Bereich, der ohne Übersteuerung meines Wandlers zu fahren ist. Das lässt sich dadurch lösen, indem ich den RME ADI-8 im Eingangspegel entsprechend reduziere. Trotzdem ergeben das Black Hole und der Brick keine Ideallösung, das modern abgestimmt Mikro klingt in den Höhen zu belegt, egal welche Mischung zwischen den Gains ich ausprobiere. Da klingt der WA 73 direkter und mit besserer Höhenzeichnung.

Also dann eben doch wieder mein uralt AKG C-414, das passt besser.

Links das moderne JZ BH-2, rechts das alte AKG C414 B-ULS

Hier lässt sich auch das Zusammenspiel der Gegenkopplung gut einstellen. Gain 1 ganz auf liefert einen eher braven, schlanken Sound, Gain 2 auf Anschlag wird druckvoll, gerät aber etwas zu körnig in den Mitten. Meine Lieblingseinstellung auch hier: Gain 2 auf Mitte und dann mit Gain 1 anpassen, hier liefert der Preamp schöne Höhen und druckvolle Mitten. Nichtsdestotrotz bietet auch hier der Warm Audio die etwas offeneren Höhen, die Mittenausprägung der beiden Preamps gerät zur Geschmackssache.

Auch ein Bändchenmikrofon möchte ich mit dem Brick noch checken, dafür wähle ich das Audio Technica AT 4080, ein Bändchen mit internem Preamp.

Links das dynamische Beyerdynamic M 201, rechts das Audio Technika AT4080 Bändchenmikrofon

Das AT 4080 liefert eine für ein Bändchenmikrofon sehr offene Höhenzeichnung, die dem Brick sehr entgegenkommt. Die Höhen werden hier etwas tiefer betont als beim Vergleichs-Preamp von Warm Audio, bieten aber gerade für die Stimme eine schöne Präsenz. Die Mitten treten hier gegenüber dem WA 73 etwas in den Hindergrund. Hier kann Gain 2 auf Rechtsanschlag abhelfen, das geht aber zu Lasten der Höhen. Insgesamt liefert der Brick mit dem Bändchen durchaus überzeugende Ergebnisse.

Eine Funktion des Preamps wurde nun noch gar nicht in Augenschein genommen, die Verwendung als DI.

Hier sitzt die DI

Zunächst packe ich meinen Bass mit passiven Tonabnehmern aus. Hier gerät der Ausgangspegel des Instruments fast schon wieder zum Problem, die beiden Gains des Brick lassen sich bis ca. 9 Uhr öffnen, danach wird der nachfolgende Wandler übersteuert, obwohl er wieder auf geringstem Pegel läuft. Hier ist also nichts zu wollen mit verschiedenen Soundvariationen, das was aber zu machen ist, kann sich wahrlich hören lassen. Der (Billig-) Bass klingt knurrig, druckvoll und sauber artikuliert, da kommt der WA 73, der auch über einen Instruments-Input verfügt, nicht mit. Deshalb wärme ich den TL Audio A1 auf, den ich gern für Basseinspielungen nutze. Aber auch hier bringt der Brick mehr Punch und ein offeneres Klangbild, selbst als ich beim A1 die Röhrenstufe zuschalte.

Das bleibt auch bei der Akustikgitarre so. Hier kann ich durch das Volume am Instrument entsprechend herunterregeln und habe beim Brick wieder Soundnuancen offen. Auch dieses Mal wieder mit Gain 2 auf der Mittenposition und dann Gain 1 angepasst schlägt der Preamp alles an Direktheit und Dreidimensionalität, was ich sonst so benutze. Hervorragend auch hier wieder die absolut klaren und offenen Höhen. Somit ist die DI, die natürlich auch die Übertrager in ihren Weg geschaltet hat, nicht nur ein weiteres Feature, sondern tatsächlich eine der Hauptattraktionen des Brick.

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Fazit

Mit „The Brick“ liefert SonicWorld die moderne Interpretation eines deutschen Studioklassikers, die sich nahtlos in eine heutige Studioumgebung einpassen lässt.

Er liefert sowohl für Mikrofone als auch für Instrumente druckvolle und durchsetzungsfähige Sounds, die aufzeigen, dass sich alte deutsche Studiotechnik nicht vor den englischen und amerikanischen Platzhirschen verstecken muss.

Kleine Minuspunkte bleiben, können aber den positiven Gesamteindruck nicht schmälern. So gibt es keine Aussteuerungsanzeige und der Preamp schickt teilweise dermaßen viel Pegel raus, dass er von den nachfolgenden Gerätschaften nur schwer zu bändigen ist.

Ein Wort noch zum Preis. Ich hatte mich schon seit Längerem damit befasst, mir evtl. einen V672 selbst zu racken und als Mikrofon-Preamp zu richten. Abgesehen davon dass die Kassetten inzwischen preislich recht hoch gehandelt werden, ist es empfohlen, die alten Kondensatoren zu tauschen. Dann saind Stromversorgung, Potis, ein Gehäuse und evtl. eine passende DI zu beschaffen. Selbst wenn keine Schwierigkeiten bei Layout und Fertigung auftauchen, lohnt es sich nicht. Wer den Klang des alten Telefunken V672 erleben möchte, sollte stressfrei zum Brick greifen.

Plus

  • Klang der guten, alten deutschen Studiotechnik
  • durch 2 Gain-Stufen variabel
  • sehr rauscharm
  • hervorragende DI
  • gute Verarbeitung

Minus

  • keine Aussteuerungs- und Funktions LEDs
  • keine Output-Regelung

Preis

  • 979,- Euro
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Forum
  1. Profilbild
    steme

    Und wieder ein sehr gut recherchierter, gemachter und geschriebener Test. Es macht einfach Spass diese zu Lesen. Danke, Armin!

    • Profilbild
      Armin Bauer RED

      @steme Danke für´s Lob.
      So ein Gerät ist was besonderes und gehört auch mit der entsprechenden Aufmerksamkeit gewürdigt. Steht nun auf meiner Wunschliste.
      Übrigens, sorry liebe Gaggenauer: Ich habe euch im Artikel nach Schwaben verlegt, Baden ist natürlich richtig.

  2. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Wow, tolles Konzept, interessanter Preis, muss man sich wohl mal anhören.
    Danke für den Tipp!

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