Kombination aus Preamp und Kompressor
Aus dem Leben eines AMAZONA.de Testers: Der UK Sound 1173. Meistens beginnt alles mit einer E-Mail von unserem Redakteur: Hey, ich hätte folgende Geräte zum Testen. Dann folgt eine Liste von möglichen Testkandidaten. Das ist alles herrlich unpolitisch. Keine Info, wie man sich den Test vorstellt, keine Erwartung. Einfach ein: Schaut euch das Gerät an und sagt uns und den Lesern, wie ihr es findet.
In diesem Fall geht es um den UK Sound 1173, ein „Hybrid“, bestehend aus dem in der Studioszene gut bekannten Vorverstärker 1073 und dem ebenso gern verwendeten und in der Szene berühmten Kompressor 1176.
UK Sound 1173: Die Recherche
Meist mache ich mich vor dem Eintreffen des Geräts an die Recherche. Ich will wissen, womit ich es zu tun bekomme. Also wird heftig gegoogelt, Videos angesehen, in diversen Foren gelesen, was die Welt so über dieses Gerät denkt, was es soll und was man erwarten darf.
Die Story beim 1173 ist recht schnell erzählt: Das Gerät ist vom Hersteller UK Sound, was eigentlich eine Untermarke von BAE Audio ist, die zum Beispiel den eben genannten 1073 Preamp fertigen. Die Idee war folgende: Man wollte ein Gerät für Musiker schaffen, das die Vorteile des 1073 und eines 1176 FET Kompressors in einem 1 HE Gerät vereint und trotzdem bezahlbar bleibt. Mark Loughman, Präsident von BAE Audio, fand diese Idee so gut, dass dies das erste Gerät der von ihm neu gegründeten Firma UK Sound werden sollte. Als Zusammenarbeit des Produzenten Warren Huart und des Gerätedesigners Michael Stucker wurde diese Vision Realität in Form des hier vorgestellten UK Sound 1173.
Was bekommt man beim UK Sound 1173 alles?
Raus aus der Verpackung und ein erster Blick auf die Hardware. Stabil wirkt das Gerät und auch wertig. Die Drehregler aus Bakelit, Metallschalter und ein Vintage-Style VU-Meter. Auf der Rückseite drei XLR-Buchsen: Mic-Input, Line-Input und -Output. Daneben noch der Anschluss für das Stromkabel und ein On/Off-Schalter. Alles wirkt sehr übersichtlich und ist im typischen „von links nach rechts“-Design. Das bedeutet: Wenn man das Gerät am Anfang in dieser Reihenfolge bedient, wird man ein mehr oder weniger gewünschtes Resultat erhalten. Alles in allem kann man sagen: eine sehr hochwertige Hardware, sehr sympathisch und robust. Im Studioalltag wird man damit keine Probleme bekommen.
Die Funktionen und die Bedienung des 1173
Auf der Website habe ich dann den Quickstart-Guide (auf Englisch) von UK Sound gefunden. Ganze 12 Seiten, von denen aber nur fünf Seiten mit wertvollen Informationen gefüllt sind. Egal, wir sind ja „vom Fach“. Als Tester hat man auch die Aufgabe, die Funktionen zu erklären. Das ist sozusagen die Pflicht. Der Hörtest und das tägliche Arbeiten mit dem Gerät sind dann für mich die Kür. Trotzdem versuche ich die Funktionsbeschreibung, wenn möglich recht kurz zu halten oder diesen Abschnitt zumindest „schön lesbar“ zu gestalten, um Sie nicht zu langweilen. Wer sich für solche Geräte interessiert, der weiß in der Regel schon, was Gain und Ratio bedeutet. Trotzdem ist es wichtig auch Leser anzusprechen, die eher zufällig über den Test stolpern und vielleicht nicht so in Sachen Studioequipment bewandert sind. Gehen wir es also an:
Links geht es los mit einer Klinkenbuchse: dem DI-Eingang. Hier kann man z. B. eine elektrische Gitarre direkt anschließen, ohne Abnahme über eine Verstärkerbox und Mikrofon. Eine Funktion, die beim 1173 übrigens gut gelöst ist, denn meistens sind diese DI-Funktionen nur mies klingende Vor-Vorverstärker, mit denen man allenfalls zu Testzwecken spielen kann. Anders beim UK Sound 1173, der hier wirklich annehmbare Klänge erzeugen kann.
Daneben der Input-Wahlschalter. Die drei Stellungen DI, LINE und MIC geben keine Rätsel auf. Man aktiviert hier eben einfach den gewünschten Eingang des Geräts. Rechts dann drei Schalter für den Mikrofoneingang: 48 V Phantompower, eine Hi-Z- oder Lo-Z-Vorverstärkung und die Möglichkeit, die Polarität umzuschalten. Alles Standard für einen Preamp. Dann kommen wir zu meinem Lieblingsknopf: dem weinroten Gain-Schalter. Damit könnte man auch die Weichen bei der Bundesbahn schalten. Oder die Schleusen eines Dammes nacheinander öffnen. Selten so ein sattes Schaltgefühl gehabt. Der Gain lässt sich von 15 – 70 dB in 5er Schritten erhöhen. Hier merkt man, wie wichtig die Haptik bei einem Studiogerät ist.
Dann folgen ein Schalter für das Highpass-Filter (z. B. um tieffrequentes Brummen oder Rumpeln auszublenden) und der Preamp-Out, der hier auch gleichzeitig als Threshold-Regler für den integrierten Kompressor dient. Mehr Preamp-Pegel = mehr Kompression. Ganz einfach. Dann die Ratio – und Sie sehen es: Wir sind jetzt nicht mehr im Preamp-Bereich, sondern in der Kompressor-Sektion, die sich in vier Stufen von 4:1, 8:1, 12:1 und 20:1 umschalten lässt. Diese Stufen sind sehr praxisgerecht ausgewählt und sind auch dem originalen Universal Audio 1176 nachempfunden.
Sehr nett: Ebenso wie das berühmte Original verfügt der UK Sound 1173 auch über einen „All Buttons in Mode“. Dieser Schalter ist mit einem einfachen „!“ versehen und startet so ein sehr interessantes Dynamik-Chaos. Das Gerät verändert so automatisch die Arbeitspunkte und beeinflusst so auch die Einstellungen von Attack und Release. Mit diesem Schalter kann man viel Freude haben. Außerdem besitzt der 1173 noch ein Sidechain-Filter, das ein 100 Hz Hochpassfilter auf das Side-Chain-Signal legt.
Dann ein Compression-On/Off-Schalter und die Attack- und Release-Regler, die einfach nur mit F (Fast) und S (Slow) gekennzeichnet sind und schließlich der Output-Regler. Leider habe ich keine Informationen über die Attack/Release Regler-Skalierung gefunden, aber wenn man sich am Original orientiert hat, dann wird der Attack von sehr schnellen 20 Mikrosekunden bis 800 ms gehen und der Release einen Bereich von 50 Millisekunden bis 1,1 Sekunden abdecken.
Und ganz rechts, fast etwas verschämt, das sehr schicke VU-Meter, das ich aus optischen Gründen eher in die Mitte gesetzt hätte. Puh, jetzt ist dieser Abschnitt wieder mal länger geworden, als ich wollte, aber was hätte ich weglassen sollen? Na eben!
Anmerkung: Als Tester überlege ich, ob ich die technischen Daten des Herstellers nachmessen sollte. In diesem Fall die Spreizung des Gain-Reglers. Aber ich habe das in diesem Fall nicht gemacht. Warum? Weil das in der täglichen Arbeit keine Rolle spielt. Ich wähle den Gain, bis der Eingangspegel passt. Ob da der Schalter auf 20 oder 70 steht, spielt im Alltag eine untergeordnete Rolle. Wenn man dezibelgenau arbeiten möchte, dann ist der UK Sound 1173 sowieso nicht das geeignete Gerät.
Klang und Qualität des UK Sound 1173
OK, die Pflicht ist getan. Wir haben verstanden: Der UK Sound 1173 vereint einen 1073 Preamp und einen 1176 Kompressor in einem Gerät und ist gut ausgestattet und hochwertig verarbeitet. Also schnell verkabeln und dann: Power ON!
Als erstes habe ich eine E-Gitarre (eine Fender Stratocaster American Performer HSS) direkt in den DI-Port gestöpselt,
Audiobeispiel 1: DI – clean
Input: DI, Pickup: Neck, Gain auf 40 dB, Preamp auf 0, keine Kompression:
Bewertung: Sehr schöner Clean-Sound, sehr ausgewogen, wirklich eine Alternative zum externen Mikrofonieren.
Audiobeispiel 2: DI – verzerrt
Input DI, Pickup: Humbucker, Gain auf 50, Preamp auf 9:00 Uhr, keine Kompression:
Bewertung: Nur im Ausnahmefall zu verwenden. Die Verzerrung klingt FET-typisch sehr hart. Auch mit Herumprobieren wird es nicht viel besser.
Audiobeispiel 3: Mic verzerrt
Input Mic, VOX Ac15, Shure SM57, Pickup Humbucker, Gain auf 40, Preamp auf 0
Sehr schönes volles Spektrum, sehr guter Klang, leichtes Rauschen
Audiobeispiel 5: Line-In mit Compressor
Input Line-In, Arturia MatrixBrute Sequenz
Preamp 9:00 Uhr, Gain 20 dB, Attack F bis S, Release: S bis F, Allbuttons-In-Mode, 8:1 bis 20:1
Sehr diffizil einzustellen. Der Preamp geht sehr “heiß“ raus und bringt den Mixer schnell ins Clipping. Der Kompressor hat einen sehr schönen Einstellbereich und auch der Allbuttons-in-Modus klingt super. Selbst eine harte Kompression wird sauber geregelt. Sehr schneller Attack mit guter Anpassung und der Release klingt sauber aus. Kurzum: ein guter Kompressor mit einem leicht warmen Klangcharakter.
Bewertung des Preamps und Kompressors
Die Klangbeispiele sind sehr aufwendig und bedeuten in der Regel viel Kabelsteckerei und Einstellerei. Es ist dabei oft nicht leicht, das Ziel im Auge zu behalten: Was erwarten Sie (!) von einem Test? Ich würde sagen: In diesem Falle möchten Sie wissen, ob der Preamp wirklich gut klingt und im besten Falle dem 1073 ebenbürtig ist und ob der Kompressor wie ein 1176 klingt. Ganz ehrlich: Über die Klangbeispiele ist das nur sehr schwer zu beurteilen und geben nur einen ersten Eindruck vom Gerät. Es soll helfen, Erwartungshaltung zu „justieren“.
Auf jeden Fall kann man ganz klar sagen: Der UK Sound 1173 ist ein wirklich gutes Gerät, das im normalen Studioalltag einen 1073 Preamp und einen 1176 Kompressor zu 90 % ersetzen kann, was wirklich eine ganze Menge ist. Wie immer im Leben kosten die letzten 10 % viel Geld. Kann der potenzielle Käufer wirklich den ganz eigenen Schmelz eines UAD 1176 erkennen? Der alleine schlägt schon mit fast 3000,- Euro zu Buche. Ein Standard 1073 Preamp von BAE Audio liegt bei 3700,- Euro. Zum Vergleich: Ein klanglich (im Vergleich mit dem 1173) vielleicht etwas besserer Grace Design Felix kostet 1249,- Euro – zwar ohne Kompressor, aber dafür mit einem Equalizer.
Würde ich mir den UK Sound 1173 kaufen? Sagen wir es so: Der UK Sound ist ein sehr gut klingender Kompromiss. Das hört sich jetzt vielleicht verhalten an und das ist es irgendwie auch. Wenn ich die magischen Zahlenkombination 1173 in den Markennamen schreibe, dann hätte ich etwas mehr Eigenständigkeit und Charakter erwartet. Denn wenn man die Originale kennt, dann hört man das kräftige, aber sanfte Timbre eines BAE 1073 nur ansatzweise heraus und an den „Zauber“ eines 1176 Kompressors reicht er bei Weitem nicht heran.
Als Kombigerät schlägt er sicher sehr wacker, aber ich persönlich würde mir lieber zwei separate Geräte kaufen, die in ihrer individuellen Tonalität zu meiner Arbeit passen. Das mag zwar etwas teurer sein, gibt mir aber mehr Freiheitsgrade und die Option, die klanglichen Eigenschaften eines Geräts gezielter einsetzen zu können.
Nichtsdestotrotz wurde das Entwicklungsziel des UK Sound 1173 erreicht. Man bekommt für 1399,- Euro genau das, was sich Warren Huart und der Gerätedesigner Michael Stucker gewünscht haben: eine hochwertige und zugleich preisgünstige Alternative zu den teuren Originalen.
Hi Jörg, sehr schöner Test. Weil du fragst, was sich der Leser wünscht. Ich würde mich bei so einem Teil über einen Test mit Stimme (Sprecher, Gesang) freuen. Das ist wahrscheinlich auch der Hauptgrund, warum sich der Homestudio- bzw. Projektstudiobesitzer so etwas zulegt.
@dr noetigenfallz Danke für Deinen Input. Gerade im professionellen Podcast Bereich werden solche Geräte auch gerne eingesetzt. Ich nehme das gerne für zukünftige Tests auf.
Habe den Test erst jetzt entdeckt und gelesen. Vielen Dank für den ausführlichen Test und auch für die aufwändigen Hörbeispiele!
Auf die Frage, was sich der Leser wünscht hätte ich noch eine Anregung. Da das Gerät einen Line Eingang besitzt könnte man damit ja auch in der DAW bereits aufgenommene Aufnahmen oder auch Samples damit nochmals ‚aufwerten‘. Ich mache das jedenfalls gerne mit meinem Tegeler VTRC. Da ich aber noch eine andere ‚Klangfarbe‘ suche fände ich persönlich sowas, wie oben angemerkt neben Stimme, auch äußerst interessant.
Vielen Dank! Ich schau mal, ob ich Deinen Wunsch in zukünftigen Tests berücksichtigen kann.
Mich hat dieses Produkt sehr interessiert, aber leider ist diese Review für mich nicht hilfreich. Ein 1073 und ein 1176 nur auf E Gitarren zu testen und dann noch ein Fazit zu ziehen ist für mich nicht nachvollziehbar.