Vorverstärker für Mikrofone und Line-Signale
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Vom SPL Goldmike 9844 zum Goldmike MKII
Seit 20 Jahren produziert nun schon der deutsche Hersteller SPL den Goldmike 9844, einen professionellen und dennoch preiswerten Mikrofonverstärker in hybrider Technologie auf Transistor-Basis und Röhrenstufe. Nicht zuletzt durch den sehr attraktiven Preis von mittlerweile lediglich 539,- Euro (Thomann) kann man das gülden schimmernde Gerät in unzähligen Studios jeglicher Kategorie sichten.
Angespornt durch diesen Erfolg hat SPL im Jahr 2004 eine verbesserte und auch deutlich höherpreisige Version entwickelt und SPL Goldmike MK2 getauft. Der auffälligste Vorteil des MKII sind die Vielzahl an Reglern und die Möglichkeit nun auch Line-Signale verarbeiten zu können. Gerade dieses Feature macht den SPL Goldmike II aber zum idealen Vorverstärker für Synthesizer, Groveboxen und mehr.
Äußerlichkeiten und Lieferumfang des SPL Goldmike MK2
Dem Testkandidat liegt ein Netzkabel sowie eine ausführliche gedruckte (!), deutsch/englische Bedienungsanleitung bei, was in Zeiten meist nur noch online verfügbarer Handücher keine Selbstverständlichkeit ist.
Das in Stereo ausgeführte Gerät im 19-Zoll-Format verfügt über zwei identisch aufgebaute Kanäle mit einigen Bedienelementen auf der mattgolden schimmernden Frontplatte. Auffällig hierbei geben sich zunächst die durch ein Gitter geschützten Vorstufenröhren vom Typ 12AX7 des renommierten russischen Herstellers Sovtec sowie die durch ein schwarz gefärbtes Oval sich optisch absetzenden VU-Meter. Letzteren zugeordnet sind jeweils 4 Status-LEDs, die über Clipping, Phantom-Power und die Aktivitäten des integrierten Limiters informieren. Die vierte Leuchte zeigt ein eventuelles Übersteuern des optionalen AD-Wandlers an und ist beim Testgerät außer Funktion, da hier kein Wandler verbaut ist.
Die beiden schwarzen Drehregler pro Kanal regeln die Vorverstärkung („Gain“) bis 67 dB stufenlos und die Ausgangslautstärke gerastert von -22 bis +6 dB. Alle Potis verfügen über angenehme Drehwiderstände und fühlen sich wertig und professionell an.
Ebenfalls hochwertig präsentieren sich die insgesamt 10 Kippschalter pro Kanal. Die Ausstattung kann man getrost als recht umfangreich bezeichnen: Neben den konventionellen Funktionen wie Phantomspeisung, Hochpassfilter, Pegelabsenkung, Phasenumkehrung oder Kalibrierung des VU-Meters bietet der SPL Goldmike MK2 mit einem dreifach schaltbaren Limiter, der „Flair“-Schaltung, die wie eine Art Höhenanhebung funktioniert oder der dreifach schaltbaren „Tube Amp“-Funktion, welche die Röhre unterschiedlich stark ansteuert, einige Spezialfunktionen, die man sonst eher selten bis gar nicht bei vergleichbaren Geräten findet. Der Schalterreigen wird durch den „Source“-Schalter, mit dem man wahlweise den frontseitigen Instrumenteneingang im Klinkenformat oder den Mikrofoneingang anwählt sowie dem Schalter für den Insert-Weg komplettiert.
Die Anschlüsse
Ebenfalls ganz und gar nicht spartanisch präsentiert sich die Rückseite des SPL Goldmike MK2, hier befindet sich der Großteil der Anschlussmöglichkeiten: Neben den Eingängen für Mikrofone, selbstredend als XLR-Buchse ausgeführt, findet man hier pro Kanal noch einen Line-In (Klinke), den Insert-Weg mit den Klinkenbuchsen für Send und Return und natürlich die Ausgangsbuchsen, die lobenswerterweise sowohl im XLR- wie auch im Klinkenformat vorliegen. Die Ausstattung wird dann schlussendlich von einem Druckschalter für den Groundlift sowie dem Power-Schalter komplettiert. Sehr gut gefällt mir das nette Detail, dass die Anschlüsse zweifach beschriftet sind, sodass man, wenn man sich von vorne über das Gerät beugt, um hinten an den Anschlüssen herumzufummeln, deren Beschriftungen problemlos erkennen kann.
Insgesamt überzeugt der Preamp aus deutscher Fertigung durch hochwertige und robuste Verarbeitung, bei der sämtliche Bedienelemente mit dem Gehäuse verschraubt sind und aus hochwertigen Bauteilen bestehen.
Die inneren Werte des SPL Goldmike MK2
Die größten Unterschiede zwischen den beiden Goldmike-Versionen liegen sicherlich im Schaltungsdesign des Transistor-Preamps: Während die Urversion auf preiswerte integrierte Schaltkreise setzt, baut SPL beim MK2 voll auf diskrete Class-A-Technik. 12 Folienkondensatoren sorgen pro Kanal für die Verstärkung des Mikrofonsignals um bis zu 67 dB, bevor das Signal durch die Röhrenstufe gejagt wird, deren rauscharme Röhren mit vollen 250 Volt betrieben werden. Somit haben wir es hier mit einer vollwertigen Röhrenausgangssektion zu tun und nicht mit einer der berüchtigten „Dekorationsröhren“, deren Aufgabe es meist ist, etwas Verzerrung hinzuzufügen, wobei man oft eher eine Verschlimmbesserung des Signals erreicht und keine Aufwertung.
Mit dem „Tube Amp“-Schalter wird die Röhrenstufe mit drei wählbaren unterschiedlichen Pegeln (6, 12 oder 18 dB) angefahren, je höher dieser Wert gewählt wird, umso mehr fährt die Röhre in die Sättigung und verzerrte und komprimierte Signalanteile rücken mehr in den Vordergrund.
Eine weitere Möglichkeit zur klanglichen Gestaltung des Eingangssignals bietet die „Flair“-Schaltung, die aus Spulenfiltern im Zusammenspiel mit der Röhrenschaltung für eine natürliche, unaufdringliche Präsenzanhebung sorgen soll, die mit herkömmlichen Equalizern laut Hersteller so nicht machbar ist. Mit einer Mittenfrequenz von 6 kHz wird der Bereich zwischen 1,5 und 20 kHz wahlweise um 1,5 oder 2,5 dB angehoben.
Auf Diodenbasis arbeitet der vor dem Ausgangsregler geschaltete Limiter. Laut Hersteller soll er für angenehme analoge Sättigungseffekte sorgen und selbst die schnellen Transienten perkussiver Signale unauffällig glätten und so die nachfolgenden A/D-Wandler vor Übersteuerungen schützen.
Rauschabstände, Frequenzbereich und Dynamik liegen laut Datenblatt nahe am Machbaren, man darf also gespannt sein, wie sich der SPL Goldmike MK2 in der Praxis schlägt.
Sound & Praxis des SPL Goldmike MK2
Um einen Vergleich zu ermöglichen, habe ich für die Audiobeispiele die Mikrofonsignale mit einem Splitter aufgeteilt und zusätzlich zum Testkandidaten noch meinem Metric Halo ULN 2 zugeführt, der hier als Vergleichs-Preamp dient. Es handelt sich bei Letzterem um ein Audiointerface aus den U.S.A. mit zwei Mikrofonvorverstärkern, ist in einer ähnlichen Preisklasse angesiedelt und kommt ohne Röhrenstufe, Limiter oder Flair-Schaltung aus.
Die ersten Audiobeispiele gehören einer Sprachaufnahme, die mit einem Neuman TLM 103, einem weitverbreiteten Großmembranmikrofon, aufgezeichnet werden. Der güldene Testkandidat ist weitestgehend neutral eingestellt, die „Tube Amp“-Schaltung auf 6 dB, der niedrigsten Stufe.
Beide Preamps verstärken das Signal sauber und detailreich, die Unterschiede sind gering, aber wahrnehmbar. Der SPL Goldmike MK2 klingt nach meinem Dafürhalten etwas direkter und „näher“, die Höhen und tiefen Mitten ein wenig vordergründiger und die „S“-Laute einen Hauch anders gefärbt.
Hören wir die Aufnahme einer Akustikgitarre mit Nylonsaiten. Als Mikrofon dient ein KM 184 der Firma Neumann.
Auch hier gibt es wieder minimale Unterschiede in der Klangfärbung, beide Preamps lösen dabei hoch auf und bieten ein dynamisches, natürliches Klangbild, Nebengeräusche sind kein Thema.
Im folgenden Beispiel werden nach und nach Flair-Schaltung und die Tube-Amp-Funktion zugeschaltet:
Kommen passive Bändchenmikrofone ins Spiel, trennt sich schnell die Spreu vom Weizen. Hier funktionieren aufgrund der schwachen Ausgangspegel nur hochwertige Vorverstärker, sind dabei doch hohe, rauscharme Anhebungen um 60 bis 65 dB gefordert. Im Audiobeispiel ein preiswertes, passives Bändchenmikrofon, das the t.bone RB 100.
Wie man hören kann, bewältigt der SPL Goldmike diese Herausforderung ebenfalls mit Leichtigkeit. Die dezente Röhrenfärbung steht dem Signal ausgesprochen gut.
Das relativ präsenzarme, bassige Signal des Mikrofons schreit geradezu nach Highpassfilter und Flair-Schaltung:
Überzeugen kann auch die Aufzeichnung perkussiver Signale, in diesen Audiobeispielen ist ein Shure SM 57 an einer einfachen Snaredrum zu hören auch wieder mit den diversen Features zur Klangformung:
Auch der hochohmige Instrumenteneingang verdient eine nähere Betrachtung, hier ist eine alte No-Name-Japan-Strat am Start:
Ein elektrischer Bass ist hier zu hören, auch wieder mit einigen der typischen Features des SPL Goldmike MK2:
Eine Groovebox profitiert ebenfalls von den Möglichkeiten des Testgeräts:
Klanglich weiß der SPL Goldmike MK2 durchaus zu gefallen. Der Grundsound ist rauscharm, detailreich, dynamisch und wird so eine Bereicherung und klangliche Verbesserung für ein Projektstudio mit Budget-Preamps darstellen. Zu etwas Besonderem wird er durch seine Features zur Klanggestaltung wie Tube Amp- oder Flair-Schaltung, die je nach Signalquelle mal mehr und mal weniger passen, aber insgesamt ordentlich klingen. Weniger überzeugt mich da schon der Limiter, der doch ziemlich drastisch ins klangliche Geschehen eingreift und nach meinem Geschmack die Transienten etwas zu stark verfremdet. Allerdings kann so ein Limiter beispielsweise bei einem hektischen Live-Mitschnitt schon mal eine Aufnahme retten!
Auch muss man sich die Frage stellen, inwieweit im Zeitalter der sehr leistungsstarken computergestützten DAWs mit leistungsstarken Prozessor-Chips und mittlerweile hervorragend klingenden Plugins gerade auch im Bereich Equalizing und Röhrensimulation/Sättigung, solche Features noch von Nöten sind – da war einfach die Situation beim Erscheinen des Gerätes 2004 noch eine deutlich andere.
lan ich nur bestätigen, feines teil. nutze es seit langem für meine alten Synthesizer.
naja, geschmäckle
die Beispiele mit der groovebox find ich reichlich merkwürdig.
haut mich für die kohle nicht vom hocker. hier geht nicht die sonne auf. meh
ein röhren eq hätte viel mehr gebracht …
zu Mikrofonaufnahmen aller art kann ich nix sagen, gibts bei mir nicht.
der highpass filter 50 hz an/aus ist auch nicht grad der brüller. Ist mir zu unflexibel.
voll aufgedreht ist die Verzerrung auch nur halb so geil wie das champagnerfarbene Gehäuse verspricht. meh.
wie gesagt geschmäckle
Die Groovebox Seq klingt nicht so doll… hat aber eher mit der Programmierung zu tun. Mir sagt der Sound der Goldkiste schon sehr zu.
Danke für den Test!
Ich habe nur zwei kleine Anmerkungen. Der Autor schreibt vom „monophonen Goldmike 9844“ und „Der auffälligste Vorteil des MKII ist sicher die Erweiterung auf zwei Kanäle“. Der Goldmike 9844 war aber auch schon zweikanalig.
Außerdem ist folgender Satz etwas unglücklich formuliert und könnte elektronische Laien auf falsche Gedanken bringen „12 Folienkondensatoren sorgen pro Kanal für die Verstärkung des Mikrofonsignals um bis zu 67 dB…“. Kondensatoren sind keine verstärkenden Bauelemente. Die Verstärkung kommt von den Transistoren (diskret oder in ICs) oder Röhren.
@ronv Sorry, hatte kurzfristig den Link zum Vorgänger eingebaut und dabei versehentlich angenommen, dass dieser monophon war. Hatte wohl Tomaten auf den Augen. Hab den Fehler soeben behoben.
Einige meiner Vintage Synths muss ich an meinem Mackie Mixer die Eingangsverstärker an den Line-Eingängen schon fast auf Anschlag ziehen, da würd sich der Goldmike schon gut machen. Der Preis ist nur heftig…
@Bax.M1 Vielleicht ist der hier dann was für dich:
https://www.thomann.de/de/fredenstein_vas_micpre.htm
mit amerikanischen Ausgangsübertrager (!) und auch im schicken Goldton gehalten.
Ich selbst habe EQ und Rohrenpreamp dieser Marke als 500er und bin sehr zufrieden mit der Qualität und dem Sound.
SPL Geräte haben haben schon seit Jahren ein eigenes Rack in meinem Studio. Der Goldmike hat es noch nicht dort hin geschafft, steht aber schon länger auf der Wunschliste.
Nun scheint es, als ob ich da zugunsten des MK2 nochmal drüber nachdenken muss 😉