Preamp Schlagabtausch in der 500 Euro Klasse
548,33 Euro – das ist der Durchschnittspreis unserer drei Preamp Testkandidaten, dem FMR RNP 8380 (559,- Euro), dem Focusrite ISA One (437,- Euro) und dem Warm Audio TB12 (649,- Euro). Alle drei sind Vorverstärker für Mikrofon, DI und Line-In und sie verstärken diese Signale auf Line-Level. Und das ist es, was die drei gemeinsam haben. Denn für Ihre hart ersparten 500,- Euro könnte die Auswahl nicht unterschiedlicher sein.
500,- Euro Preamps: Einordnung
Beginnen wir aber mal mit der Einordnung der Preamps und dem, was Sie in diesem Test erwarten dürfen. Denn hier und heute geht es um das klangliche Potenzial und dem „bang for the buck“, also: Was bekomme ich für mein Geld? Denn alle drei Kandidaten wurden schon von unseren AMAZONA.de Autoren unter die Lupe genommen. Wir werden hier also nicht auf die einzelnen technischen Daten eingehen und Datenblatt-Informationen wiederholen, sondern uns die Preamps im Einzelnen kurz ansehen und im Vergleich anhören.
Die meisten von Ihnen würden bei 500,- Euro wohl eher an ein ausgewachsenes Audiointerface mit 12 oder mehr Kanälen denken. Das Ganze, im Stil eines Steinberg oder Focusrite, inklusive tollem D/A-Wandler und einem fetten Softwarepaket für den sofortigen Start ins Audioabenteuer. Unsere drei Preamp-Kandidaten kommen aber allesamt ohne zusätzliche Software und können nur eines: verstärken. Kein USB, kein Digital und im Falle des teuersten Geräts, dem FMR RNP 8380, sogar eine sehr … sehr … SEHR minimalistische Ausstattung. Und da wir hier alphabetisch durchgehen, fangen wir auch gleich mit dem kleinen Kistchen aus den Vereinigten Staaten an.
Der FMR RNP 8380 – der Spartanische
Zuletzt hatte ich von FMR den Kompressor PBC-6A im Amazona.de Test und konnte dem Gerät – wenn man sich an die Farbe und das minimalistische Design gewöhnt hat – viel Gutes abgewinnen. Der RNP, was im Jargon von FMR „Really Nice Preamp“ bedeutet, kommt im gleichen Design, diesmal aber in „Schmutzig Weiß“ daher.
Im Gegensatz zu den anderen beiden Kandidaten ist der 8380 ein echter 2-Kanal-Preamp, was vielleicht auch den höheren Preis rechtfertigt. Aber bis auf einen Phaseninverter, einer zuschaltbaren Phantomspeisung (48 V) und den beiden Gain-Reglern gibt es keine weiteren Features. Auf den Klang des kleinen Kistchens kann man von außen keinen Einfluss nehmen – wenn man von der Phasenumkehr einmal absieht. Thilo Goldschmitz hatte den FMR schon im März 2018 in einem Amazona Test ein gutes Urteil gegeben – wenn auch nicht ohne Kritik, die wir später im Hörtest auch wieder aufnehmen werden.
Focusrite ISA One – der Kontaktfreudige
Auch den ISA One hatten wir bei Amazona schon auf dem Seziertisch. Im Juni 2018 hatte sich unser Autor Matthias Steinwachs in erster Linie der Technik, den Anschlüssen und der Historie der berühmten Focusrite ISA Amplifier gewidmet.
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Der Focusrite ist – obwohl der günstigste Kandidat – das komplexeste Gerät in unserem ungleichen Trio. Mikrofon, DI, Line-In, eine komplexe Gain-Regelung und die Option auf ein digitales Interface beeindrucken und benötigen auch einiges an Handbuch-Leserei und Eingewöhnung, bis man das Gerät völlig verstanden hat.
Dafür bekommt man ein komplettes Paket mit auffälligem Design und der Möglichkeit, Mikrofon und DI als „Quasi-2-Kanal-Preamp“ aufzunehmen. Wir werden dem Focusrite ISA One im Vergleich mal klanglich auf den Zahn fühlen und schauen, wie er sich gegen die Kontrahenten schlägt.
Warm Audio Tone Beast Black TB12 – der Klangkünstler
Optisch ist der Warm Audio hier der Klassiker im Testfeld. Eine Höheneinheit im 19 Zoll Schrank in schlichtem Schwarz – hier fühlen sich Traditionalisten wohl – oder die, die einfach einen Rack-Preamp suchen. Neben der vollständigen Auswahl an Schaltern für die Eingangswahl, 48 V Speisung, Phase, einer 20 dB Pegelabsenkung und einem Highpass-Filter, fokussiert sich die Bedienung des Tone Beast Black auf die Veränderung des Klanges durch die Wahl zwischen Clean- und Vintage-Schaltungen.
Sie können die Capacitors umschalten und beim Transformer zwischen „Steel“ und „Nickel“ wählen. Als ob das nicht genug wäre, kann man dann neben mit Gain und Output noch die Sättigung (Saturation) bestimmen und das Signal gut hörbar verdichten. Unser Thilo Goldschmitz hat sich das Gerät bereits im Juni 2014 zu Gemüte geführt und in einem umfangreichen Test beschrieben (damals noch die normale orange Version). Wir werden sehen, wie sich das schwarze Beast in unserem Vergleich schlägt.
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500,- Euro Preamps: Bang for the buck
Wenn man sich einfach nur das Gesamtpaket ansieht, dann muss man dem FMR RNP 8380 hier die rote Laterne geben. Auch wenn er als einziger Kandidat ein „echter“ 2-Kanal Preamp ist – die Funktionen sind auf ein Mindestmaß reduziert und auch die Haptik ist jetzt nicht sensationell. Die Klinkenbuchsen sind nicht verschraubt und bei meinem Testkandidaten herrschte bei Kanal A bei 36 db Gain Schweigen. Dazu ganze drei LEDs für die Pegelanzeige, bei der das rote Licht bedeutet: maximale Verzerrung. Zur 5 dB Abstufung der Gain-Regler fällt mir nichts mehr ein – das ist einfach nicht praxisgerecht. Oft hatte ich im Test das Problem: zu leise oder – ein Klick weiter – es verzerrt. Und leider verzerrt der FMR nicht schön – für High-Gain eher unbrauchbar. Natürlich kann man z. B. auch die Gitarre herunterregeln oder bei den Mikrofonen mehr Distanz halten – aber das (!) ist doch der Job eines Preamps, oder? Das ist meiner Meinung nach das größte Manko am FMR und wäre für mich persönlich auch ein Showstopper.
Auch die Verpackung und das fehlende Handbuch machen den Eindruck nicht besser. Der FMR glänzt zwar mit inneren Werten, aber auch hier: Ein Dynamikumfang von 66 db (Gain) ist jetzt auch nicht rekordverdächtig.
Beim Focusrite sieht es da schon ganz anders aus und man merkt, dass hier ein Unternehmen im Hintergrund steht, das eine hochwertige und routinierte Verarbeitung abliefert, ohne mit der Wimper zu zucken. Nichts wackelt, die Anzeigen sind exakt und sogar kalibrierbar und in Sachen Gain kann man sich sehr gut an das Maximum herantasten.
Die Ausstattung, insbesondere bei den Anschlussmöglichkeiten, ist enorm und man merkt deutlich, dass der ISA eine lange Historie bietet und das Gerät in professionellen Studios zuhause ist. Da der kleine ISA One technisch identisch mit seinen vielfach teureren großen Brüdern ist, gehe ich auch davon aus, dass er klanglich gleichauf liegt – exzellente 80 dB Gain sind auf jeden Fall schon mal ein dicker Pluspunkt. Eine gute Voraussetzung für unseren Hörtest. Insbesondere als preisgünstigster Kandidat bekommt der ISA One somit schon mal den Titel „Bang of the test!“
Direkt nach seiner Ankunft macht der Warm Audio TB12 leider einen etwas „wackeligen“ Eindruck auf mich. Denn mein Black Tone Beast lag nicht sauber auf ebenen Flächen und wackelte deutlich. Eine kurze Recherche ergab aber keine grundsätzlichen Probleme bei Warm Audio mit der Verarbeitungsqualität, so dass ich hier nur von einem Mangel beim Testgerät ausgehen darf.
Als echter 1-Kanal Preamp gibt es hier auch keine Zweifel: Eine Quelle rein (Mikrofon, Line oder DI) und ein Ausgang raus. Allerdings bekommt man beim Tone Beast zwei schaltbare Signalwege mit unterschiedlichen Ausgangsübertragern und zweierlei Kopplungskondensatoren. Die angegebene Dynamikrange mit 71 dB Gain ist gut.
Die Schalter und Regler machen einen hochwertigen Eindruck und wenn man die Logik der klangverändernden Komponenten begriffen hat, ist das Gerät schnell und intuitiv zu bedienen. Eine Spezialität beim Black Tone Beast ist, dass man die Operationsverstärker tauschen kann: wenn ein Sockel-kompatibler OpAmp gefunden ist, wird der in der Regel auch vom Warm Audio unterstützt. Eine tolle Option, das klangliche Spektrum zu erweitern.
500,- Euro Preamps: Klangvergleich
Vorab: Ein echter A/B/C-Test ist mit den Geräten kaum möglich. Die verschiedenen wählbaren Eingangsimpedanzen des Focusrite, die diversen klangverändernden Optionen beim Warm Audio und nicht zuletzt die sehr grobe 5 dB Rasterung beim FMR würden kein nachvollziehbares Ergebnis bringen. Was man aber beim Vergleich der Preamps gut hören kann, sind die unterschiedlichen klanglichen Charaktere der Kandidaten.
Die Testumgebung
Für unseren Test der Preamps habe ich folgende Testumgebungen gewählt:
- DI-Eingänge (HI-Z): eine Gibson Les Paul Standard (Neck Humbucker)
- Line-In: eine Korg Kronos Combination mit Drum und Synth Sounds
- Mikrofon 1: eine Fender Stratocaster American Performer (Bridge Pickup) am VOX AC15, abgenommen mit einem Shure SM57
- Mikrofon 2: Sprache (meine Stimme) über das Shure SM 58
Die Preamps wurden an Line 1, 2 und 3 meines Allen & Heath QU16 Mixers angeschlossen und über dessen Wandler an den iMac übergeben. Aufgenommen wurde mit Logic Pro X ohne weitere Bearbeitung, außer einem Pegelabgleich.
Der Warm Audio wurde bei den Vergleichsbeispielen immer im Clean-Mode mit Steel-Übertrager getestet.
Klangbeispiele mit Wertung
Zuerst den Warm Audio mit unterschiedlichen Einstellungen:
Amp Vintage/Cap Vintage/Steel ==> Amp Clean/Cap Vintage/Steel ==> Amp Vintage/Cap Clear/Steel ==> Amp Vintage/Cap Vintage/Nickel
Und schon die erste Überraschung: Die Unterschiede sind sehr subtil. Zwischen dem Vintage-Amp und dem Clean-Amp ist eine Veränderung gut hörbar, aber beim Umschalten des Capacitors oder der Steel/Nickel-Übertrager sind die Unterschiede kaum wahrnehmbar.
DI-Eingang
Bei den DI-Eingängen (HI-Z) hört man zuerst die Akkordabfolge mit dem FMR, dann den Focusrite und zuletzt den Warm Audio. FMR und Focusrite klingen sehr ähnlich, wobei der FMR etwas voller und harmonischer verstärkt und der Focusrite dafür etwas heller und detailreicher. Hier fällt der Warm Audio etwas ab: Er klingt weniger dynamisch und „braver“ als die beiden anderen Kontrahenten.
Line-In
Auch hier zuerst der FMR, dann Focusrite und zuletzt der Warm Audio. Hier liegen die drei Kontrahenten sehr dicht beieinander. Auch hier spielt der FMR sehr natürlich, aber untenrum schlanker im Vergleich zum Focusrite, der hier mit sanfteren Höhen auftritt. Der Warm Audio ist beim Line-In interessanterweise tendenziell heller abgestimmt. Qualitativ liegen alle auf Augenhöhe.
Mikrofon: Abnahme eines Gitarrencombo
Beim SM57 am VOX Combi bringt der Focusrite mehr Details zum Vorschein, besonders im Vergleich zum FMR, der bei diesem Test recht zahm klingt, was aber an der vermaledeiten Gain-Regelung liegt. Ich konnte den RNP nicht wirklich heiß anfahren, weil er sehr schnell zum Zerren neigt. Der Warm Audio glänzt hier mit viel harmonischen Oberschwingungen und einer sehr musikalischen Abstimmung. Bei diesem Testaufbau liegt für mich der Warm Audio knapp vor dem Focusrite, der aber auch sehr abbildet.
Mikrofon: Sprache
Ich habe mir erlaubt, die ersten Zeilen aus Stephen Kings „Carrie“ vorzulesen. Das ist hier das reine Rohmaterial auch ohne Highpass-Filter, denn das bietet der FMR leider nicht und so müssen auch die anderen beiden das pure Signal verstärken.
Nehmen Sie sich die Zeit und hören Sie dies Klangbeispiel mehrfach durch, denn dadurch kommen die Charaktere der Mic-Preamps deutlich zum Vorschein. Der FMR bildet hier die Stimme gut ab, wobei meiner Stimme etwas Volumen fehlt. Der Focusrite wirkt im direkten Vergleich mehr wie bei einem Nachrichtensprecher. Nüchtern, neutral und straight. Der Warm Audio punktet für mich auch hier, da er mehr Wert auf die Transienten und die Feindynamik legt und das Gesprochene so glaubhafter vermittelt wird.
Klangliche Beurteilung
Die Preamps trennen keine Welten – so unterschiedlich sie auch in Sachen Optik und Features auftreten. Trotzdem kann man mit etwas Hörerfahrung die Unterschiede gut „erhören“. Wenn es um die Verstärkung von Mikrofonen geht, dann hat hier der Warm Audio das Sagen. Keiner klingt musikalischer und dynamischer und bildet das Quellsignal sehr gut ab.
Der Focusrite ISA One ist aber dicht auf den Versen, wobei er eher auf der nüchternen, detailreichen Seite liegt.
Der FMR, tja, was soll ich sagen? Ich glaube, es ließe sich noch mehr herausholen, aber 5 dB Pegelsprünge im Gain sind einfach viel zu viel und so wird er generell meist zu kalt angefahren und kann so seine Qualität nicht im Vergleich demonstrieren.
Bei DI und Line sieht es anders aus – hier kann der FMR punkten, aber hier sind die Kandidaten generell näher beieinander. Bei DI passte der Gainlevel meiner Gibson Les Paul gut zum FMR RNP8380 und so kann er auch zeigen, was in ihm steckt.
Vielen Dank für diesen aufschlussreichen Test. Den Testaufbau kann ich nicht so recht nachvollziehen – wenn das massgebliche Kriterium der Probanden der Preispunkt ist, so hätte man, finde ich, auch alle Features der jeweiligen Geräte einsetzen können, um den bestmöglichen Sound rauszukitzeln. Oder einfach zwei Testparcours; einmal clean und möglichst vergleichbar und einmal „all in“. Das dürfte dann auch gern den subjektiven Geschmack des Testers widerspiegeln.
Eine Frage noch, auf die ich nirgends so recht eine Antwort finde: laufen beim Warmaudio Tonebeast alle drei Eingänge (Mic, DI und Line) durch den Eingangsüberträger oder nur Mic?
@swellkoerper Hallo,
Danke für Dein Feedback. Ich hab mir viel Gedanken über den Aufbau gemacht, allerdings sind die klanglichen Unterschiede – gerade beim Warm Audio mit diversen Einstellungen – kaum wahrnehmbar. Es ist nicht so, dass eine „Optimierung“ am Focusrite oder TB12 hier eine relevante Veränderung gebracht hätte. Zudem hilft die Komprimierung ins mp3 Format für die Website auch nicht, obwohl ich auf 320 kBit/s einstelle.
Zu Deiner Frage:
2 MEG OHM TRUE HI-Z INPUT ON FRONT PANEL SENDS INSTRUMENT SIGNAL THROUGH ENTIRE CIRCUIT INCLUDING BOTH CINEMAG TRANSFORMERS AND THE DISCRETE OPAMPS. GREAT FOR GUITARS, BASS, KEYBOARDS AND OTHER INSTRUMENTS THAT HAVE A 1/4″ OUTPUT JACK
==> Das Signal läuft also immer durch die komplette Elektronik.
@Jörg Hoffmann Ich hatte das Tone Beast auch für die Tools4Music zum Testen hier. Die Unterschiede kann man tatsächlich bestenfalls als homöopathisch bezeichnen. Ich konnte weder deutliche Klangveränderungen hören noch messen. Nur die Änderungen der Eingangsimpedanz haben hörbar etwas bewirkt. Aber wie immer hören einige Leute halt rechts oder links rum drehende Elektronen und andere nicht. Was mir bei den Hörbeispielen (MIC 2) aber aufgefallen ist, sind die deutlich geringeren Nebengeräusche beim ISA. Zufall? Bearbeitung? Oder tatsächlich geringer als bei den beiden anderen Kandidaten?
@Markus Galla Der ISA hat den mit Abstand besten Rauschabstand und außerdem kann man durch die sehr feinfühlige Gaineinstellung den Preamp ideal einpegeln . Das wirkt sich positiv auf das Signal aus. In dieser Hinsicht ist der ISA den anderen überlegen.