Mobiles Mehrkanal-Streaming
Jahr für Jahr veröffentlichen die emsigen Italiener von IK Multimedia neue Modelle ihrer iRig-Reihe, so dass auch versierte Fachjournalisten hin und wieder mal den Überblick verlieren. Die drei Stream-Interfaces iRig Stream Solo, iRig Stream, iRig Stream Pro bilden da im komplexen Produktbaum einen eigenen Ast in der mittlerweile 30 Angehörige umfassenden großen iRig-Familie, in der es vor Pres, Pros, Duos und Solos nur so wimmelt. Vor gut einem Jahr hatten wir hier bereits das iRig Stream vorgestellt, nun werfen wir mal einen Blick auf die große Profiversion der Streaming-Reihe, auf das IK Multimedia iRig Stream Pro. „The original iRig Stream offered groundbreaking features that made it an overnight must-have for millions of creators. Now iRig Stream Pro takes your podcasting and streaming to an all-new level” – verspricht der Hersteller. Na, dann werfen wir doch mal einen Blick auf die groundbreaking features und den all-new level. Alles nur heiße Marketingluft oder tatsächlich etwas Neues?
Zahlen & Technik
Das IK Multimedia iRig Stream Pro ist ein 24/96er Streaming-Audiointerface mit vier Eingängen und zwei Ausgängen (via USB) für Android, iOS, Mac und PC. Die Analog-Gain-Range des Mikro-Inputs liegt bei 40 dB, die des Instrument-Inputs bei 28 dB, die Signal to Noise Ratio bei 80 dB (Gain @ min) bzw. 70 dB/Gain @ max). Das Stream Pro verfügt über einen Loopback-Modus sowie über Direct Monitoring; die Stromversorgung erfolgt wahlweise über Batterie, optionales externes Netzteil oder Bus-powered.
iRig Stream Pro: Verarbeitung und Lieferumfang
In der IK Multimedia-typischen rotweißen Verpackung finde ich – neben dem Interface selber – drei 60 cm lange (oder besser: kurze) Kabel: USB-A, USB-C und Lightning, jeweils auf einen 7-poligen Mini-DIN-Rundstecker, auch als PS/2-Stecker bekannt (dass es die überhaupt noch gibt). Warum kein USB wie sonst üblich? Und wo bekomme ich dann Ersatz, falls ich mal eins der Kabel verbasele oder es kaputtgeht? In meiner großen Ersatzteilkiste jedenfalls nicht. Und dass die Kabel dann auch noch alle einzeln in Plastiktüten stecken (und auch das Interface in einer Plastikschale liegt), ist in Zeiten der Müllvermeidung auch nicht die beste Idee. Außerdem in der Kiste: zwei Zettelchen mit QR-Codes für das „complete user manual“, zur Produktregistrierung und zum Download von nicht näher bezeichneten Apps. Dahinter stecken dann aber nicht mehr als der iRig Recorder LE für iOS (den man erst durch In-App-Käufe aufrüsten muss, um ihn einigermaßen brauchbar zu machen, App-Bewertung 1,7 von 5 im App-Store) und das Android-Pendant „iRig Recorder 3 for Android“ (ebenfalls mit In-App-Käufen, Bewertung 2,9). Also keine Bonusinhalte, sondern nur Werbung für eigene Apps. Unter „Mac/PC free content“ wird mir dann auch noch der „iRig ASIO Driver for Windows“ angeboten. Ebenfalls noch mit dabei sind schließlich zwei AA-Batterien und ein Klettband, um das Interface (beispielsweise) an einem Stativ zu befestigen.
Das iRig Stream Pro: Installation
Den PC-Asio-Treiber bekomme ich nur, wenn ich mich registriere – eine Unsitte, die sich inzwischen immer mehr eingebürgert hat. Die Registrierung funktioniert übrigens – anders als von IK Multimedia an einigen Stellen postuliert – auch ohne die App Authorization Manager, das geht auch über die Website. Da oder dort trage ich die Seriennummer ein, worauf das iRig Stream Pro dann in der Liste meiner Produkte erscheint und ich den Treiber und das Handbuch über „Download Resources“ herunterladen kann. Das Handbuch aber nur theoretisch, da der Link von hier aus auf einem „403-Forbidden“ endet – der Link auf der Produktseite funktioniert aber. Hier sollte IK Multimedia aber auf jeden Fall noch mal nachbessern – tote Links und „Bonusinhalte“, die keine sind, das könnt ihr auf jeden Fall besser. Anschließend wird es aber simpel: Treiber installieren, iRig Stream Pro anschließen – das von Windows 10 auch gleich erkannt und als Interface vom Dienst eingetragen wird – fertig.
IK Multimedia iRig Stream Pro: Anschlüsse und Gehäuse
Das mattschwarze, leicht gummierte Kunststoffgehäuse („Softtouch“ heißt das wohl – das ist das Material, das sich nach einigen Jahren mitunter unangenehm klebrig wird, ist mir schon öfters passiert) macht einen recht robusten Eindruck und ist mit gerade einmal 45 x 105 x 34 mm erstaunlich klein für ein 4 In / 2 Out-Interface und 146 g leicht. Mittig auf der Oberseite ist der Main-Level-Knob angebracht, der allerdings extrem wacklig montiert ist (oder soll das ein Feature sein? Nein, eher nicht). Darüber eine dreistufige LED-Pegelanzeige, beschriftet mit Low (blau), Ok (grün) und High (rot). Wer ein „too high“ (aka „übersteuert) haben möchte, muss sich Stevie Wonders „Innerversions“ auflegen, das nämlich gibt es hier nicht. Unter dem Main-Level-Knob eine Mute-Taste für Mikrofon/Instrument, die bei Betätigung deutlich blau leuchtet.
An der Frontseite die Eingänge – einmal eine XLR/Klinke-Kombo für Mikrofon/Instrument, zum anderen zwei Cinch-Eingänge für jegliche Line-Level-Signale. Auf der linken Seite die Schalter für 48 V, Loopback und Direct-Monitor sowie eine TRRS-Buchse zum Anschluss eines Headsets plus der Gain-Regler für Mic/Inst. Weitere Pegelräder für den XLR/Klinke-Kombo (post) und die Cinch-Eingänge gibt es auf der gegenüberliegenden Seite, ebenso wie eines für das Mikrofon des Headsets und für einen Kopfhörer, dessen Buchse gleich daneben liegt – eine Menge zu drehen und spielen also. Im Gegensatz zum iRig Stream (ohne Pro) hat die Pro-Version also zwei Kopfhöreranschlüsse, bzw. einen für ein Headset und einen für einen Kopfhörer. Heißt: Man kann über das iRig Stream Pro dann auch zu zweit streamen, sprechen und hören: Einer mit dem Headset und einer mit Kopfhörer und Mikro, das über die Mikrofonbuchse eingestöpselt ist. Das macht es dann evtl. auch für Podcaster mit Studiogast interessant.
Übrig bleiben da noch die Buchse für ein optional erhältliches Netzteil (ist da z. B. das iRig PSU 3A angeschlossen, können gleichzeitig auch am iRig Stream Pro betriebene iOS-Geräte aufgeladen werden) und die Mini-DIN-Buchse für die Anschlusskabel auf der Rückseite. Außerdem das Batteriefach auf der Unterseite, wo sich auch die Lasche zum Durchfädeln des Klettbandes befindet, um das iRig Stream Pro bei Bedarf zu befestigen; auf seinen gummierten Füßen steht das Interface aber auch gut und einigermaßen rutschfest. Sämtliche Anschlüsse und Regler sind verständlich und gut sichtbar beschriftet und beinahe selbsterklärend, so dass einer weitestgehend intuitiven Bedienung nichts im Wege stehen sollte.
Fällt euch was auf? Richtig, abgesehen vom Kopfhörerausgang und dem USB zum Host hat das Stream Pro keine weiteren Ausgänge, kein Main-Out, Control-Room-Out oder was auch immer. Das iRig Stream Pro ist eben nicht zur Beschallung gedacht, sondern zum Aufzeichnen, Mischen und Weiterleiten von Audiosignalen an ein stationäres oder mobiles Endgerät. Wo ich den Stream dann entweder mit der passenden App aufzeichne oder online rausgebe.
Das iRig Stream Pro im Einsatz am Computer
Testaufbau: Über die Cinch-Buchsen kommt Musik aus dem Tape-Out meines Mackie Mixers (zugespielt über einen weiteren PC), an der XLR/Kombo-Buchse hängt ein Großmembran-Kondensatormikrofon (das also +48 V benötigt) und an der TRRS-Dose ein Smartphone Headset; alternativ kann man hier aber auch ein Mikrofon mit kleiner Klinke anschließen, sofern man keinen zweiten Kopfhörer benötigt. Außerdem spiele ich noch einen weiteren Track über das Notebook zu, an dem das iRig Stream Pro angeschlossen ist. Alle Inputs sind also belegt, das iRig läuft „unter Vollauslastung“.
Gehen wir die angeschlossenen Signalquellen mal der Reihe nach durch. Das Signal vom Notebook, vom Host also, habe ich die ganze Zeit auf dem Ohr, schalte es aber erst durch Betätigen des Loopback-Schalters in die Aufnahme rein. Da eine Kontrolle über eine LED da fehlt, muss man sich halt durch einen Blick auf den Schalter davon überzeugen, ob das Host-Signal gerade mit aufgezeichnet wird. Einen Gain-Regler für das Hostsignal gibt es nicht, die Lautstärkereglung muss da also über den Host selber erfolgen.
Das Signal über die Cinch-Buchsen dagegen hat einen eigenen Regler in Form eines kleinen Drehrades. Nach kurzer Zeit schon findet man das auch im Blindflug, auch wenn man die Beschriftung an der Seite gerade nicht sieht – einfach Tasten und das zweite von oben nehmen. Anfangs muss man sich noch daran erinnern, dass es für die einzelnen Kanäle sowohl einen eigenen Gain-Regler gibt, aber eben auch noch den Main-Level-Knob für den Gesamtmix – eben wie bei einem Mischpult mit seinem Main-Mix-Regler. Da ist man mitunter versucht, mal eben kurz am großen Zentralregler zu pegeln, womit man aber eben auch alle anderen Inputs verändert. Der RCA-Kanal jedenfalls liefert genug Druck und ist auch bei höheren Einstellungen ausreichend rauschfrei.
Der XLR/Inst-Kombo-Eingang hat gleich zwei Regler: einen für Gain und einen für Post-Gain, aber beide noch Pre-Main-Level-Knob. Ist das Signal am ersten Regler übersteuert, leuchtet der Mute-Button für zwei Sekunden rot auf. Der ist allerdings recht sensibel: Im Test gab er schon Alarm, während die Pegelanzeige der Recording-Software noch einen kleinen Headroom vermeldete. Aber besser zu früh als zu spät gewarnt; da muss man halt ein wenig herumprobieren, bis man alle drei Regler so eingestellt hat, dass weder das XLR- noch das Main-Signal rot werden. Ansonsten alles gut: Ausreichend Druck/Verstärkung auch hier und auch zufriedenstellend rauschfrei.
An der TRRS-Buchse habe ich – wie im Handbuch vorgeschlagen – verschiedene Smartphone-Headsets (AKG, Samsung) angeschlossen. Mein – hier alternativ vorgeschlagenes – „iRig analog microphone“ (mit Miniklinke) hatte ich zum Testzeitpunkt leider verliehen und auch kein anderes vergleichbares Mikro mit 1/8‘‘ Stecker am Start, daher muss ich mich auf die Headsets beschränken. Die klangen hier ziemlich verrauscht; ob das an den Headsets lag oder am Anschluss, konnte ich leider nicht klären – machen wir also an der Stelle zumindest mal ein Fragezeichen. Überdies konnte ich das Signal, das über den Headset-Anschluss kam, am PC nicht über den anderen Kopfhörer hören, wohl aber alle anderen Signale über das Headset – mobil funktionierte es dagegen. Beide Kopfhörerpegel werden über einen Regler eingestellt, für das Mikrofon des Headsets indes existiert ein eigener.
Es ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, sich an die vielen Regler und Schalter zu gewöhnen. Hilfreich wäre es eventuell, wenn die Position der Schalter (+48 V, Loopback, Direct-Monitor) zusätzlich durch eine LED angezeigt werden würden. Die Regler sind allesamt ausreichend griffig und treffen den schmalen Grat zwischen „nicht zu leichtgängig“ und „nicht zu schwergängig“.
Das iRig Stream Pro im Einsatz am Smartphone
Der Anschluss zum Smartphone erfolgt über die mitgelieferten Kabel. Getestet habe ich das mal mit einem Android Smartphone (Samsung S10) und der Original App von iRig, dem iRig Recorder 3. Auch hier lief alles so weit problemlos, alle Input-Quellen ließen sich im Test sauber einbinden. Unsauberkeiten gab es lediglich – wie schon beim PC – mit dem TRRS-Eingang. Neben dem oben angesprochenen Rauschen gibt es hier auch bei Hinzuschalten des Direct Monitors eine kleine Latenz inklusive doppelt hören, was in der Summe dann bei zunehmenden Pegel zu einem dezenten Echo auf der Stimme bzw. dem Mikrofoneingang des Headsets führt. Nicht dramatisch, aber wahrnehmbar.
Der Multichannel Mode
Voreingestellt arbeitet das iRig Stream Pro als 2-Kanal-Interface, wobei die eingehenden Signale wie folgt aufgeteilt sind:
- Kanal 1: RCA L + Loopback L + Mic/Inst In + Headset In
- Kanal 2: RCA R + Loopback R + Mic/Inst In + Headset In
Diese Konfiguration lässt sich aber auch (durch längeren Druck auf die Mute-Taste) ändern und das Interface dann in den Multichannel-Mode versetzen. Der verteilt die eingehenden Signale dann auf vier Ausgangskanäle:
- Kanal 1: RCA L + Loopback L
- Kanal 2: RCA R + Loopback R
- Kanal 3: Mic/Inst In
- Kanal 4: Headset In
In Apps/Software, die Multitrack-Recording unterstützen, tauchen dann vier Einzelkanäle auf; das hat den Vorteil, dass sich diese gezielter bearbeiten lassen als der Summen-Mix auf zwei Kanäle. Das ganze nennt IK Multimedia dann „Loopback +“.
Ich würde gerne mal einen direkten Vergleichstest für mobile Interfaces lesen. Für wen sind die Teile von IK die richtige Wahl – wer sollte lieber den Roland Go Mixer Pro austesten. Was funktioniert mit den gängigen Social Media Apps und was nicht. Welches Setup ist das beste für Musik Videos auf Insta oder Youtube? Was geht bei Livestreaming?
Ich wäre sehr gespannt auf die Expertise der Amazona Redakteure und Autoren zu dieser Frage.