Der erste Physical Modeling Synth
Physical Modeling – einst ein Hype, in heutigen Synthesizern manchmal noch als Beigabe aufzufinden, aber nirgendwo zu hören? Selbst auf YouTube ist nichts Ernsthaftes zu finden. Also mal ein guter Grund, den verstaubten Synthesizer in Wurzelholzoptik und die Wind Pipe wieder herauszuholen und sich intensiv damit zu beschäftigen.
Inhaltsverzeichnis
Yamaha VL1 Physical Modeling Synthesizer
Viele Musikzeitschriften haben sich im Jahr 1994 bei Erscheinen dieses DM 10.000 Synthesizers geradezu euphorisch geäußert. Gar ein ganz neues Synthesezeitalter wurde vorausgesagt, vergleichbar mit dem der FM-Generation. Auch andere Hersteller haben viel in diese Technologie investiert. Ich denke an Technics mit dem WSA1, Korg (Prophecy, Wavedrum bis Oasis), Viscount (Accupipe), die jedoch alle nicht diese unglaubliche Tiefe und Flexibilität eines VL1 aufweisen.
Superbooth 2018
Auf der Superbooth 2018 hatte der Yamaha VL1 neben seinem extrem seltenen Bruder Yamaha VP1 sein kleines Comeback. Da stand er nämlich im farbig wechselnden Neonschein und durfte angespielt werden.
Es war erstaunlich, wie frisch und lebendig seine Klänge auch heute noch zu beeindrucken wissen. Gerade durch die Verwendung von zwei Instrumentenstimmen klingt der Yamaha VL1 und VL1-m deutlich besser als die monophone Variante VL7 und all die Versionen, die es als Erweiterungskarten für diverse Yamaha Workstations gab.
Das Spiel auf dem Yamaha VL1
Der VL1 basiert auf dem Modell eines Blasinstruments und wurde für den Synthesizer-affinen Keyboarder als Tasteninstrument getarnt. Ein Patch-Beispiel: Wird etwas am Pitch gedreht, bricht der Ton langsam ab, um dann in einer neuen Harmonischen zu erklingen, wie bei einem realen Blechinstrument. Noch weiter gedreht und der Ton klingt sehr gepresst.
Richtig lebendig wird es durch einen BC1 Blaswandler. Dieser wandelt den Luftdruck in einen Continous-Control-Datenstrom um und schon kann man wunderbar modulieren, Zungen rollen und gurgeln, was nie mit Aftertouch funktionieren würde. Abhängig vom Blasdruck erklingt bei manchen Patches erst ein Luftrauschen, das sich bei stärkerem Druck in einen resonierenden Ton verwandelt, um dann bei ganz starkem Druck instabil zu werden.
Wer einmal etwas Saxofon oder Querflöte gelernt hat, hat hier einen klaren Vorteil. Man nehme dann statt des Keyboards eine WX-11 Wind Pipe. Pitch-Change wird mit einem Zungenplättchen über Lippendruck oder Draufbeißen gesteuert und man ist dann sehr nah dran am virtuellen Instrument. Der WX-11 kann auch die Zweistimmigkeit des VL1 nutzen, indem sich über einen Schalter der aktuelle Ton einfrieren lässt und nachfolgende Töne auf die zweite Stimme gehen. Ideal für Dudelsack- oder Ostinatoeffekte.
Der Yamaha VL1 ist also sehr Controller-hungrig. Diejenigen, denen ein Böhm-Griffsystem ein Fremdwort ist, können die Parameter Breath, Growling, Embouchure, Damping, Throat Control etc. über ein gutes Dutzend Fußschweller bedienen, um dann wirklich unheimlich lebendige und organische Musik zu produzieren. Abhilfe kann ein guter Sequencer zusammen mit einer Fader-Box und einem Einspiel-Keyboard schaffen.
Ich selbst habe mir einen Controller für den VL1 gebaut und biete Interessenten das Teil auch als Kleinserie an. Einen ausführlichen Bericht zu meinem Controller hat Max Lorenz verfasst. Ihr findet ihn HIER.
Grundlegende Bausteine des Yamaha VL1
Ein Instrumentenklang oder Patch besteht aus folgenden hintereinander geschalteten Bausteinen: Driver, Pipe, Filter, Exciter, Modulator, Resonator und Effektgerät. Die meisten der Baustein-Parameter lassen sich am Gerät verändern, jedoch nicht die grundlegenden Parameter zur Physik des Instruments. Yamaha hat zur Modellierung einen Apple-„Expert Editor“ für diejenigen zur Verfügung gestellt, die unbedingt eigene Instrumente erfinden wollen. Die Windows-User gingen leer aus und so hatte ich mich damals entschlossen, einen eigenen Editor unter SoundDiver zu schreiben, woher die folgenden Screenshots stammen.
Der Driver
Am Anfang ist das Mundstück. Es modelliert ein Doppelrohrblatt, das durch Luftdruck oder Impulse angeregt wird und zudem komplexe Rückkopplungen von der Pipe erhält. Hier gibt es an die 30 Parameter wie z.B. Druck, Breite, Chaos, Viskosität, Resonanzen und der Zusammenprall der Blättchen. Das Ganze kann von einem Growl-LFO moduliert werden, was Zungenrolleffekte bis hin zu Streichertremolo erzeugt.
Es gibt eine stattliche Anzahl von Rauschtypen für den Luftdruck, wie metallisch, hölzern, plastikartig bis spuckig, die noch gefiltert werden können, bevor sie das Mundstück anregen. Der Impuls, auch wichtig für das Anzupfen von Saiteninstrumente, lässt sich in der Pulsbreite ändern, filtern und am Mundstück oder Pipe einspeisen.
An das Mundstück ist ein weiterer Throat-Resonator gekoppelt, der die Resonanzen im Rachenraum simuliert. Die Formantfrequenz und die Neigung zum chaotischen Geräusch sind selbstverständlich regelbar und haben wieder eigene HP/LP-Filter.
Pipe/String
Als nächstes kommt die Pipe/String-Sektion, die für die Resonanz einer Luftsäule oder Saite zuständig ist. Hier gibt es weitere 8 verborgene Parameter, die maßgeblich für den Wohl- oder Unklang des Instruments sind. Hier gibt es neben der Hauptröhre eine Röhre für das Mundstück und zwei weitere Nebenresonanzen. Das zusammen kann für metallische Nebengeräusche für weiteren Realismus sorgen, was hauptsächlich für Blechbläser wichtig ist. Einstellen lassen sich auch Dämpfung, Absorption und die Registerlage, ab wann die Obertöne Oberhand gewinnen. Es gibt wieder einen eigenen LFO für den Pitch und den Lippenansatz (Embouchure), der sich indirekt an Klangfärbung und Ansprache äußert.
Harmonic Enhancer
Danach in der Kette der Klangerzeugung ist der Harmonic Enhancer, ein komplexer FM-Effekt. Er besteht aus zwei „Operatoren“ Carrier und Modulator, die direkt von unterschiedlichen Signalquellen des Instruments gespeist werden. Diese Wahl der Quelle erzeugt dramatische Klangunterschiede. Das können sein: Normalmix, Breath Noise im Mundstück, Sättigung der Luftgeschwindigkeit im Mundstück, Beat (Kontaktgeräusch beider Blättchen), Reed (Direktsignal der Blättchen, Friction (Luftschlitz zwischen Reed und Kopfstück). Rückkopplungen und Overdrive und Filter lassen sich in weiten Bereichen verändern.
Impulse Expander, Resonatoren & Filter
Danach gibt es den Impulse Expander, der den Transienten bzw. schärferen Geräuschen durch resonierende Reflexionen weitere metallische Obertöne hinzufügt. Die nachfolgenden Resonatoren kommen mir schon vom Lexicon LXP1 bekannt vor: fünf stimmbare Delay-Lines mit gegenseitiger Beeinflussung, Diffusion, Filter etc. Das gibt, sparsam eingesetzt, dem Instrument weiteren Charakter und reicht im Extremen zu spacigen Mega-Gongs. Bevor das Signal in die wirklich gute Effekt-Sektion gespeist wird, durchläuft es noch ein konventionelles dynamisches Filter – subtraktive Synthesizer-Sounds müssen ja auch möglich sein – und einen parametrischen 5-Band Equalizer.
Wem das noch nicht genug Parameter sind, der kann sich ganz in Yamaha-Manier in den Key-Scalings austoben. Fast alle (!) Parameter lassen sich abhängig von der gespielten MIDI-Note über mehrere Stützpunkte skalieren und geben der Grundeinstellung des Instruments eine weitere Dimension an Komplexität.
Die eigentliche Physik wird nur von einigen (prinzipiell 32 plus deren Key Scalings) Parametern bestimmt, die es aber in sich haben und vermutlich nur von einer handvoll Experten auf dieser Welt meisterhaft intoniert werden können. Die anderen Parameter sind aber vom Benutzer am Gerät veränderbar. Vieles davon ist in Echtzeit steuerbar und kann beliebigen Controllern zugeordnet werden. Diese Parameter sind: Growl, Blasdruck, Rauschen, Embouchure, Zungenansatz, Scream, Throat, Pitchbend, Vibrato, Absorption, Dämpfung, Filterfrequenz und Harmonic Enhancer. In einem der Soundbeispiele habe ich mit einem Dauerton experimentiert, wobei alle diese Parameter mit einer MIDI-Faderbox live verändert wurden. Erstaunlich ist die Bandbreite des sich ergebenden Klangspektrums.
Klangmöglichkeiten
Der VL1 ist entweder bi-timbral oder 2-stimmig polyphon spielbar. Jedes der zwei Elemente kann ein eigenständiges Instrument simulieren. Es sind im Prinzip auch mehrere Geräte kaskadierbar, so dass man sich einen 16-stimmigen Synthesizer zusammenstellen könnte, würde man sich acht VL1 leisten wollen. Allerdings sind die einzelnen Sounds oft derart mächtig, dass alles leicht in einen monströsen Brei versinken würde.
Aber auch in Quinten gestimmte E-Gitarrensounds sind möglich, angeblich rockt kein Synthesizer auf der Welt so wie ein VL1. Aus dem VL1 kommt außerdem natürlich die am besten klingende Saxofon-Simulation heraus, die ich je gehört habe. Auch Trompete, Oboe etc. gibt es in etlichen überzeugenden Varianten.
Da fängt aber das Dilemma an: Soll es wirklich authentisch klingen, dann muss auch geübt werden. Hat man dann ein virtuelles Instrument gemeistert und weiß, wann der Ton kommt, steht oder umkippt, dann beherrscht man eben nur dieses eine Patch richtig. Wenn ich dann auf Cello oder Gitarre umschalte, verhält sich alles wieder ganz anders. Wie richtige Instrumente eben. Oder anders gesehen: Wenn ein Instrumenten-Take mit entsprechenden CCs endlich im MIDI-Sequencer steht, dann ist dieses Take kaum auf ein anderes Patch übertragbar.
Man kann nun anhand des Instrumenten-Editors nach Herzenslust an den Patches biegen, so dass nicht mehr viel vom Originalklang übrigbleibt. Man denke an eine 100 m lange Posaune mit klebrigem Mundstück, unter Wasser. Das Problem ist, es klingt zu oft nach verstimmten Öltanks, über 90% der selbst kreierten Sounds sind nicht wirklich gut. Will sagen, man muss sich wirklich lange mit dieser Klangerzeugung beschäftigen, um tolle Sachen damit machen zu können. So habe ich in den Klangbeispielen, neben den Simulations-Highlights auch einige Klangexperimente beigefügt, die an die Grenzen der physikalischen Modelle gehen.
Verwandtschaften
Es kamen zunächst die Keyboard-Version VL1 und die obligate Rack-Version VL1-m mit zweistimmiger Klangerzeugung heraus. Diese zwei Stimmen lassen sich übereinander legen oder polyphon spielen. Der kleine Bruder VL7 musste nur mit einer Stimme auskommen.
Die letzte Variante war die Low-Cost-Version VL70-m, die im Vergleich zum VL1 recht dünn klingt, einstimmig ist und der seltsamerweise die Version2-Verbesserungen vorenthalten wurde.
Diese Variante wurde auch in etlichen Plug-ins neuerer Synthesizer integriert. Sehr fern verwandt ist der 16-stimmige VP1, dessen Modell sehr viel abstrakter ist und sich mehr an dem Saitenmodell orientiert. In Deutschland gibt es davon nur wenige Stück und wurde zuletzt gemeinsam mit dem Yamaha VL1, CS80 und GS1 in Berlin 2018 auf der Superbooth gesichtet.
Der Yamaha VL1 on YouTube
Zum Yamaha VL1 gibt es zahlreiche YT-Videos, aber wir empfehlen tatsächlich das folgende Video in japanischer Sprache!!! Weil: Erstens mögen wir den Chanel musictrack.jp und zum anderen ist er einer der ganz wenigen, der den Yamaha VL1 mit seinem wahren Soundpotential beeindruckend demonstrieren kann:
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Ich bereue es bis heute, dass ich den VL1 wieder ziehen hab lassen. Gibt es eigentlich ein Plug-in das diese unverwechselbaren SciFi-Bläsersounds hinbekommt?
@Tyrell Leider hat es bei mir nur zu einem VL-70 gereicht, den man aber auch mit breath – oder Wind Controllern ansteuern kann. Der ist auch noch in halbwegs vernünftigem Rahmen zu bekommen, VL -1 sind derzeit wenn überhaupt ab 3.500 Euro zu bekommen, da ist ein expressiv-e osmose gerade zu ein Schnäppchen dagegen. Für den VL 70 gibt es übrigens einen sehr empfehlenswerten Rom Chip, der das Gerät deutlich aufwertet, dazu „Patchman ROM“ googeln. Hat ein paar sehr schöne und gut einesetzbare Sounds. Vielleicht erbarmt sich Yamaha aber auch und setzt das als VST um, Korg hat das mit dem Prophecy ja vorgezeigt, das das geht
Es wäre schade, wenn dieses Klangpotential nicht in die Jetztzeit mit den viel stärkeren Prozessoren und somit Möglichkeiten transferiert werden kann.
@toneup „Vielleicht erbarmt sich Yamaha aber auch und setzt das als VST um, Korg hat das mit dem Prophecy ja vorgezeigt, das das geht“
Geht fast immer, ist aber uU. nicht erwünscht. Guck dir den langen Thread zum Quantum/Iridium an. Das würde ein Mobiltelefon neuerer Bauart nebenbei abarbeiten. Computer sowieso. Aber die Hardware bringt halt Umsatz. Kostet auch, rechnet sich aber (hoffentlich).
Ich wundere mich immer, die Hersteller bringen Kisten raus mit Displays so groß wie iPads. Können aber nicht annähernd so viel wie die. (Die haben einfach nicht mal ansatzweise die Erfahrung mit Touch Displays) Haptisch lausig (sticky etc.), Software oft auch noch unterirdisch. Das einzige, das dagegen spricht, die iPads ändern sich und sind plötzlich nicht mehr kompatibel. (Wie damal beim Umstieg 30-pin auf Lightning. Trotzdem würde ich z.B. eine MPC, die mir die Tasten, eventuell etwas Software liefert und als Display ein iPad hat, eindeutig bevorzugen.
@Tai Hab das in einem Anderen Kommentar zum Mayer MD-900 schon geschrieben. Apple baut im Jahr ca. 50 Millionen IPads, verbaut also 50 Millionen Touch Displays und war da Vorreiter, klar haben die das beste Know How und von der Skalierung der Prosuktion und Entwicklung ganz andere Möglichkeiten. Yamaha ist aber von den grossen drei Korg Roland und Yamaha von der Entwicklung her enttäuschend. Roland hat seine Klassiker digitalisiert, bei Boutique z.T belächelt (heute mit erstaunlichen Genrauchtmarktpreisen), bei Jupiter X, XM, Juno X oft more of the same, Korg hat auch digitalisiert und war aber auch mit Volcas und Wavestate, Op- Six und Modwave bemüht, bewährtes weiterzuentwickeln. Und Yamaha? Der Montage als Evolution der AWM / FM Synthese zuletzt als MOD-X abgespeckt ausverkauft.
@toneup Patchman ROM ist super.
@Tyrell Moin Tyrell!
„Gibt es eigentlich ein Plug-in das diese unverwechselbaren SciFi-Bläsersounds hinbekommt?“
Ich habe mir in den 90ern einen VL1-m gegönnt und ihn seither immer wieder mit Begeisterung als Solo-Instrument verwendet. Auch heute ist er noch in ein Live-Rack geschraubt und wird bei besonderen Konzerten auch live gespielt – als (Breath)-Controller verwende ich eine Eigenharp Pico.
Da ich aber insbesondere für kleinere Gigs das Rack gerne zu Hause lasse (…ein paar Kabel weniger im Auf- und Abbau…) nutze ich als Ersatz-VST „Respiro“ von IMOX (der auch eine brauchbare Librarian-Sw für den VL1 programmiert hat).
Man muß aber ganz klar sagen: Die realistische Klang-Charakteristik des VL1 schafft Respiro bei weitem nicht. Dennoch ist es live für mich adäquater Ersatz, weil Respiro ähnlich ausdrucksstark spielbar ist, nur halt einen anderen Grundklang hat. Da das Publikum ja nicht weiß, wie es mit einem VL1 klingen würde, gibt es da live kaum Konflikte.
Und in einem Vangelis-Tribute Intro kann Respiro definitiv einen dynamisch fetten SciFi-Bläsersound beisteuern im Stile des Bladerunner Soundtracks.
Gruß,
Carsten
Danke für den ausführlichen Bericht. Das weckt Erinnerungen.
Die VLs haben mich immer begeistert was die Spielbarkeit und Controller Eingriffe angeht.
Aber…das grosse Problem war letztendlich der Klang.
Leider fallen die tollen VL-Sounds in der Mischung regelmässig zusammen wie ein misslungenes Soufflet.
Ein VL1 und zwei VL1m haben mir beim Spielen und Klangschrauben mit dem Expert Editor viel Freude bereitet.
Leider liessen sich die Ergebnisse wenn überhaupt nur sehr selten sinnvoll einsetzen.
Ich vermisse die VLs nicht.
Yamaha bezeichnet diese Syntheseform als „Self Oscillation type VA“ (S/VA).
Schade, ein paar Details zu Unterschieden (Parameterverfügbarkeit, Handhabung – nur der VL1 hat wohl Impulse Expander-Parameter) zwischen den Modellen wäre gut gekommen.
Die verbaute HW ist im übrigen recht ähnlich bis gleich, somit dürften nur in der SW Unterschiede bestehen. Siehe:
https://yamahamusicians.com/forum/viewtopic.php?t=9973
http://www.motifator.com/index.php/archive/viewthread/200358
https://yamahamusicians.com/forum/viewtopic.php?t=10817
2 PL150-VL-Erweiterungen können im Motif-ES / CS6X entweder einzeln gespielt (bitimbral) oder zwecks Duophonie zusammengefasst werden. Gleiches gilt auch für -DX und -AN, was die XG-Hosts wie MU128, MU1000/2000 betrifft hab ich noch keine 100% Aussage gefunden.
VL-1m
===
3x „CPU“ Toshiba TMP68301AF-16 a.k.a. XN047A00, family: 68HC000 (hier: „MainCPU“, 2x „SubCPU“)
4x „DSP-V“ YSS217B-F a.k.a. XM662A00 (hier: 2x „Sound Generator“, „Modifier“, „Effecter“)
VL-70m
=====
1x „CPU“ Hitachi HD6413003TF12 a.k.a. XP133A00, family: H8/3003 (hier: 1x „MainCPU“)
1x „DSP-V“ YSS217B-F a.k.a. XM662A00 (hier: 1x „Digital Signal Processor“)
1x „MEG“ HD62098 a.k.a. XM309A00 (hier: „Multiple Effect Generator“)
PLG150-VL
=====
1x „CPU“ Hitachi HD6413002F16, family: H8/3002 (hier: 1x „MainCPU“)
1x „DSP“ YSS217B-F a.k.a. XM662A00 (hier: 1x „Digital Signal Processor“)
Für mich macht es keinen Sinn ein Blasinstrument, wie ein Saxophon, für ein Tasteninstrument physikalisch zu simulieren. Die Möglichkeiten der Artikulation am realen Blasinstrument lassen sich über Tastatur und Controller einfach nicht umsetzen.
Da macht das physical modelling eines Flügels mehr Sinn, da beide über eine Tastatur bedient werden. Moddart zeigt eindrucksvoll wie es geht.
Du bringst es auf den Punkt, Dr. Robert. Wurdest ja auch schon von den Beatles besungen.
Physical modeling lässt sich für viele Instrumententypen einsetzen. Die banalste davon wurde zum Erfolg, die interessanten sind untergegangen. Ich war auf der Messe, als das Dung vorgestellt würde. Das haben einige der Händler auf die Tasten gedrückt: trööt! Und sind weitergegangen. Ohne zu verstehen, dass dieses Instrument unbedingt Controllereinsatz verlangt. Das muss sogar neu gelernt werden, wie du völlig richtig bemerkst. Auch sinnvoll, dass ich das imitierte Insrumen und seine Eigenheiten kenne.
@Stratosphere. Ich bin mit dir einer Meinung, ein Saxophon auf einem Keyboard gespielt, suboptimal. Aber hier geht das Modell weiter. Ich kenne die genauen Parameter nicht, aber ich weiß, dass ich Länge der Luftsäule und Durchmesser durchaus variieren kann. Das geht dann deutlich über die Möglichkeiten, eines Saxophones hinaus. Spiele ich Alt und will Bariton, muss ich das Instrument wechseln. Aber Imitation ist es nicht hier. Ausgehend vom physikalischen Modell eines Sax kann ich mit Modulatoren in einen völlig anderen Bereich abdriften.
Da hat die Gemeinde echt geschlafen und die Kopie analoger Synths statt dessen in den pekuniären Himmel gehoben. Diese Instrumente hätten mehr Einsatz der Musiker verdient, denn da ging es nicht rückwärts, sondern vorwärts.
@Tai > […] und die Kopie analoger Synths statt dessen in den pekuniären Himmel gehoben. […]
Ich glaube, Synthesizer abseits von Substraktiv und schlichten VCO/VCF/VCA werden vom Großteil der »Gemeinde« nicht verstanden. Auch hier steht für mich der Thread beim »Quantum MKII« Pate. Deswegen war der absolut großartige »Prophet 12« kein großer Erfolg und deswegen geht ein »Prophet 5/10« durch die Decke.
Ein »Arturia Pigments« ist ein Universum an Sounds, aber ich wette nahezu alle Besitzer setzen diese Perle als Preset-Schleuder ein. Bei Cherry Audios »Octave Cat« flippen alle aus, beim großartige »Dreamsynth« und beim »Sines« ist die Ansprache eher verhalten.
Andere Synthesearten? Additiv, Wavetable, Spektral, FM, Granular? Ja, alles ganz nette, aber ansonsten Schulterzucken.
Dann hören wir uns die Charts an und was in Clubs so an Musik läuft und denken uns »tja, alles klar«. Und YouTube wird geflutet mit Videos, in denen jemand einen »Drumbrut« anschaltet und dazu ein paar Tut-Töne von einem »Volca Bass« laufen lässt.
Das ist von mir KEIN Rant, sondern nur mein Eindruck. Ich finde es großartig, dass heutzutage vielen Menschen mit wenigen finanziellen Mitteln Musik machen können. Es ist halt aber auch schade, denn offenbar interessieren niemanden Klang-Innovationen. Die Hersteller stellen sich darauf ein; die wollen ja Geld verdienen.
VL1 (genauso wie Prophecy) kamen als ein/zweistimmige Synths zur denkbar blödesten Zeit raus: die typische Stimmenanzahl war damals 64. Allein in der Hinsicht wäre ein VL1 zeitgleich mit einem Moog Voyager XL deutlich sinnvoller gewesen.
Was mich bis heute beschäftigt: die Algorithmen waren für damalige Verhältnisse doch recht aufwendig, knapp 30 Jahre später sagt uns Moore, daß das eigentlich unser Kühlschrank mindestens sechzehnstimmig können sollte…
…aber wieso baut ein Yamaha nicht die existierende IP in nen aktuelles Ding (neue Montage?) ein?
Die Antwort liegt vielleicht an dem, was der Autor schon beschrieben hat: tausend Parameter, mit nem sehr kleinen sweet spot für diese, das macht vergleichsweise wenig Spaß. Andererseits könnte ich auch ein unrealistisches physikalisches Universum modellieren, das nen möglichst großen verwendbaren Bereich hat, mit KI und so (und das ist garnicht als Scherz gemeint).
Andererseits könnte ich mir auch ein Verhaltensmodell bauen, das das authentische Spielgefühl irgendwie auf nen ganz einfachen Synth (so PCM-subtraktiv) transformiert (und ja, ebenfalls mit KI, dafür isse da).
Koonunga ruft, danke für den ausführlichen Artikel, und ich bin gespannt, ob von wemauchimmer nochwas kommt zu sowas.
Völlig abstruse Idee. Der uns betreuende Außendienstmitarbeiter der Firma Yamaha wurde mir gegenüber ausfallend, da ich dieses Gerät nicht vorbestellt hatte. Nicht alles, was technisch machbar ist, ist auch sinnvoll. Habe die Idee dahinter bin heute nicht kapiert.
@Dirk Matten …die Geschichte gibt Dir recht…
Dennoch: So abstrus ist die Idee nicht.
Die Idee der Simulation ist ja ganz ähnlich wie beim klassischen Analogsynthesizer wo die Grundwellenformen Sägezahn und Rechteck per se schon mal gewählt wurden, um Streicher und Holzbläser zu simulieren, und nicht ohne Grund gibt es den primitiven Filterparameter „Resonanz“, der das Verhalten von Klangkörpern nachformen soll.
Anstelle von verschaltbaren Modulen aus der Fernmeldetechnik tritt dann aber ein kybernetischer Algorhytmus, der die physikalischen Randbedingungen selbst sämtlich simulieren soll und interessanterweise in der Lage ist, in die komplette Instabilität zu kippen.
Ich finde das so interessant wie der Motorsportfan einen Maserati-Motor.
Ob man mit dieser hochgezüchteten Technik, die jederzeit kollabieren kann, ans Ziel kommt, hängt vor allem davon ab, wie man sein Ziel definiert. Beim Motor wie beim VL.
1994 mag das alles sicherlich innovativ gewesen sein. Wenn ich mir dann jedoch die Parameter-Odysee ansehe, die damit verbunden ist, erklärt sich der Mißerfolg dieser Instrumente von alleine.
Nur noch wenige nehmen sich heute die Zeit, eigene Patches zu kreieren (es werden ja meißt 300-500 Sounds von Werk aus beigefügt). Wenns dann noch so komplex wird wie nen Staatsexamen in Physik, geben viele auf oder fangen die meißten erst garnicht damit an.
Ich beobachte das auch bei mir selbst immer häufiger: Je komplexer die Soundstruktur eines Synths ist, desto weniger Spaß macht es sich tief damit auseinander zu setzen. Nach 30 Minuten ist bei mir die Konzentration dahin. Wenn ich dann noch gefühlt Meilenweit vom eigentlichen Soundziel entfernt bin, hat sich das Thema Sounddesign für mich erledigt.
Und zum VL1 aus heutiger Sicht – da nehme ich lieber eine gute Samplelibrary, die mir sofort den authentischen Sound liefert. Brauch ich ne „100 Meter lange Posaune“? nö!
Neuerdings habe ich eine Anfrage gelesen von jemanden, der für seinen DW6000 Patches zu kaufen sucht…Soweit sind wir schon mit der Bequemlichkeit. Eigentlich benötigen die meißten wohl eher nur ne Presetschleuder mit 1000 Sounds und ein Cutoff und Resonanceregler.
Ich kenne das Instrument null, es scheint aber einiges zu bieten und will dazu moduliert werden, was mit so einem Controller wie dem von Skerjanc von Hand geht. Wir sind heute auch offener im Sounddesign. Ein moderner Editor mit zuweisbaren EGs und LFOs, sowas bieten mittlerweile auch DAWs per Mapping, könnte auch ohne Blaswandler das Gerät zum Leben erwecken. Physical Modelling und Resonatoren sind auch wieder im kommen. Ich habe da große Hoffnungen was neue Impulse bei Synthese angeht, weil es nicht sein kann daß ich ca. 10-20 Modulationen programmieren muss, bis ein Sound so dynamisch tickt wie ich es im Kopf habe. VSTs wie Vital machen das zwar sehr einfach und wenn man verschiedene Basispatches hat geht es auch schneller, aber es zeigt gut wo die Schwächen bei Subtraktiv, Additiv, Wavetable und FM sind, da könnte Physical Modelling eine klaffende Lücke gut füllen. Bin letztens noch über ein neues Plugin gestolpert, ich poste es noch wenn ich es finde.
Ah ja, Physical Audio heißt die Firma. 😂 Der Modus VST und die beiden Reverbs mit Spring und konfigurierbarer Plate sind sehr erstaunlich. Letztlich gibt es immer viele Wege zum Sound, Beispiele dafür finden sich immer reichlich bei YT. Es wird derzeit viel über das Potenzial von DAWs geredet und besonders Bitwig sticht dort heraus. Ich empfehle das neue Video von Dash Glitch der jetzt 1 Jahr Umstieg von Cubase auf Bitwig hinter sich hat, da bekommt man eine Ahnung davon, wie weit klassische DAWs von solchen wie Bitwig entfernt sind.
Die VL-Synths sind ein Relikt aus einer anderen Zeit. Ich selbst habe einen EX5 seit 24 Jahren und habe mich krampfhaft (inkl. Editor) an der VL-Synthese versucht.
Mein Fazit:
Brauchbar waren und sind für mich einzig ein paar Flötensounds, die Overdriveguitars und ein paar Out-of-this-world-FX. Ansonsten, wenn es um Realismus geht, klingt das für mich einfach nur nach Plastik und unsäglich dünn. Mit Breathcontroller und Controllern für vier Hände und Füße kann man zwar alles steuern, aber muß auch erst mal das reale nachzubildende Instrument kennen, wie es funktioniert und welche Artikulationen in welcher Kombination überhaupt möglich sind, sonst klingt es komisch.
Ich hatte immer das Gefühl, daß ich ein echtes Instrument schneller gelernt hätte, als mit dem „Controller-Zirkeltraining“ zurecht zu kommen.
Eine Editorsoftware kann zwar ganz hilfreich sein, deshalb steht man trotzdem wie der Ochs vorm Berg bei dieser Parameterflut. Nach spätestens einer halben Stunde am Stück ist die Luft raus und es stellt sich eine gewisse Taubheit ein, wo man eh nicht mehr erkennen kann, an welcher Schraube man drehen muß. Da ist der Parameterumfang meines SY99 gefühlt ein Einsteigersynth.
In Klang, Realismus und Bedienung / Spielbarkeit ist jede heute erhältliche Samplelib oder PM-Software haushoch überlegen.
Ich hatte das Glück in den 90ern in Giessen einen VL-1 einigermassen günstig bekommen zu können. Bis heute ist er einer meiner wichtigsten Synthesizer geblieben.
Der Gedanke von Physical Modelling, einen Klang nicht von seinem Ergebnis sondern von seinen Entstehungsbedingungen her zu modellieren, ist sicherlich faszinierend und der NEURON war dem ja damals bereits sogar algorithmisch auf der Spur.
Dabei habe ich die Instrument-Simulationen lediglich als eine Referenz in die „Realwelt“ verstanden, um sich in den vielen Parametern orientieren zu können. Musikalisch interessant wird es aber erst danach. Wenn man zB. Saiten- und Blasmodelle kombiniert, kommen hybride „Instrumente“ etwa mit gestrichenen Luftsäulen oder angeblasenen Saiten dabei heraus, die klanglich schnell interessant werden.
Die Spielbarkeit der Sounds ist in der Tat nicht so einfach. Mit den 3 Handrädern, der Aftertouch fähigen Tastatur, 2 Dataslidern, 2 Fusspedalen und einem Blaswandler (und MIDI …) umzugehen braucht Übung. Dann lassen sich aber gerade die experimentellen Sounds sehr expressiv spielen.
Schade ist es, dass die Expert Software nie wirklich über ein Beta Stadium hinaus entwickelt wurde. Viele Parameter sind umbeschriftet (!) und lassen sich nur experimentell ermitteln, was in der Komplexität der Modelle nicht immer so einfach ist.
Der Sound bleibt auf jeden Fall einzigartig.
Ein Problem des Physical Modelling war, dass man entweder nur Sounds erzeugen konnte, die es schon gab: Naturinstrumente. Und das Spielen war nicht einfacher als wenn man gleich das Instrument lernt.
Oder wenn man ein Saxophone oder ein Cello brauchte und der Sampler nicht reichte, holte man sich einen Instrumentalisten, der einem das einfach spielte.
Und andererseits war es nicht so einfach, dass man sinnvolle und interessante andere Sounds erzeugen konnte, die in den Zeitgeist passten oder ihn prägen konnten.
Ich hatte lange einen VL-70m, Ich verkaufte ihn wieder, da er nur in der Ecke stand, Der Sound warf mich nicht um, und passte nicht zu meinen Musikstil.
Ich werfe jetzt einfach mal noch die Reaktor Steampipe mitten in den Raum. So oder in der Richtung stelle ich mir PM-Synthese vor. Bedienbar, übersichtlich, sehr gute Klangqualität, ob naturidentische Flöten oder abgespacte Saiteninstrumente oder irgendetwas zwischendrin, das alles geht.
Ist mittlerweile auch schon fast Vintage.
Leider sind die Klangbeispiele nicht unbedingt repräsentativ.
Ich besitze das Vl70m und bin damit sehr zufrieden. Es klingt überhaupt nicht dünn. Allerdings habe ich mir eine spezielle Soundkarte aus USA kommen lassen.
Eines der Geräte, die ich sicherlich NIEMALS verkaufen werde.
Ich steuere vl70m mit einem SY99 an, der BC ist direkt am SY 99 angeschlossen. (habe zwei BC 1 und ein neueres Modell).
Ein feines Teil.
@Organist007 Das Patchman Rom für den VL-70m. Macht aus dem Synth ein anderes Gerät. Jedem Besitzer des VL-70 empfohlen.
@toneup definitif
@toneup toneup ist ein super typ
habe schon synth von Dir gekauft ! TOP !
@Organist007 merci
Ich habe es auch nicht verstanden, warum man mit Synthesizern „Naturinstrumente“ nachbilden muss.
Und so richtig hat das auch bisher noch keiner geschafft, auch nicht der VL1.
Dann kommt noch die ungeheure Menge an Parameter dazu, deren Abhängigkeit untereinander eine sinnvolle und ergebnisorientierte Erstellung an Sounds fast unmöglich macht.
Der VL70m dagegen ist über die Software recht schnell und einfach zu bedienen.
Ich habe 5 Stück, die ich stimmentechnisch zusammenschließe. Habe somit einen 5-stimmigen Yamaha VL Synth. Nein, nicht um Naturinstrumente zu imitieren – mit der Polyphonie kann man viel abgefahrenes Zeug anstellen.
Also, der VL-70m wird hier in dem Bericht meiner Meinung nach zu Unrecht schlecht gemacht.
Also ich habe zwei VL70-m. Einer ist „Out of the box“ der andere ist mit dem Patchman-Chip gemodded. Ich spiele die VL‘s mit dem Aodjo Sylphyo System an.
Bläsersounds sind die Granate, Strings/Git gefallen mir gar nicht und die Percussiven Sachen sind so lala.
Nur: Ohne Blaswandler und blasinstrument-gerechten-Scales ist der VL-70m nun mal leidr gar nix. Wer meint, als Keyboarder den Yamaha wie ein üblichen Expander nutzen zu können, wird enttäuscht.
Die Programmierung ist seeeeehr speziell, denn hier gibt es Parameter, von denen man noch nie gehört hat! Und jeder Parameter wirkt auf einen anderen ein…Glücksgefummel, wenn man nicht genau weiss, was man macht. Ne analoge subtraktive Kiste ist primitiv dagegen zu programmieren!!
Der Patchman-Chip holt -speziell an Blasinstrumensounds – noch mal hammermässig was aus dr Kiste raus… Einziger Pferdefuss: Den Chip kriegt man ausserhalb der USA nicht, und Mr. Patchman will 390 USD plus Versand innerhalb der USA dafür.
Mein Fazit: In meiner Kombi sind die VL-70m der absolute Knaller, ein RICHTIGES Instrument (mit allen Zickereien eines Naturinstruments).
Aber das die Kisten dünn klingen sollen, verweise ich absolut ins Reich der Märchen!
Ede