Frei konfigurierbares Efekt-Rack für die DAW
Völlig überraschend zauberte Anfang Oktober IK-Multimedia die Mixbox aus dem Hut. Eines der bekanntesten Instrumente von IK-Multimedia ist Sample Tank 4 und wer länger damit gearbeitet hat, wird sich sicher schon einmal gewünscht haben, die internen Effekte auch unabhängig von Sample Tank 4 zu verwenden. Dort sind superpraktische kleine Tools integriert, mit denen man sehr schön den Klang optimieren und verbiegen kann. Natürlich bietet IK-Multimedia mit T-RackS eine Kollektion von sehr hochwertigen und professionellen Effekten. Diese Effekte sind aufgrund ihrer Professionalität auch sehr komplex und verlangen vom Nutzer sehr viel Kenntnis im Bereich der Audiobearbeitung ab. Es handelt sich außerdem hauptsächlich um Tools, welche im Mix und Mastering zum Einsatz kommen, um Musik den letzten Schliff zu verpassen. Typische Effekte sind vereinzelt vorhanden, aber das Spektrum konzentriert sich ganz klar auf Kompressoren, Equalizer, Limiter und nicht auf Delays, Flanger, Reverbs, Phaser usw. Diese Lücke schließt die Mixbox.
Was ist die Mixbox?
Die Mixbox ist wie ein virtuelles Rack aufgebaut, in dem es möglich ist, bis zu 8 Module einzufügen. Die Module erinnern an das Eurorack-Format. Diese Designentscheidung ist sicher dem Zeitgeist geschuldet. Was Cooleres als Eurorack gibt es derzeit nicht. Kabel ziehen ist aber obsolet: Es handelt sich nicht um einen modularen Synthesizer. Virtuelle Racks sind dem Reason Nutzer natürlich schon seit Jahrzehnten bekannt, aber auch Soundtoys-Nutzer haben das Effekt-Rack zur Seite gestellt bekommen.
Wozu sind Racks überhaupt gut? Historisch gesehen war es einfach nur eine Box, in der man 19 Zoll Effekte unterbringen konnte. Sie waren damit geschützt und ordentlich untergebracht und konnten sehr einfach auf eine Tournee mitgenommen werden. Die Generation, welche hauptsächlich mit Software aufgewachsen ist, könnte zu dem Schluss kommen, dass Racks nun nicht mehr notwendig sind.
Jede DAW bietet doch die Möglichkeit, in einer Spur unterschiedlichste Effekte miteinander zu kombinieren. Das ist zwar richtig, aber oftmals sind diese Einstellungen nur für das Projekt gültig, an dem man gearbeitet hat. Eine Kombination von Effekten als Presets abzuspeichern, ist heute nur sehr eingeschränkt bis gar nicht möglich.
Ein Rack bietet aber die Möglichkeit, Effekt-Ketten als Preset abzuspeichern und sie dann bequem in ein neues Projekt einzufügen. Die Mix Box bietet 70 Effekte aus den Kategorien Amps, Channel Strip, Delay, Distortion, Dynamics, EQ, Filter, Modulation, Saturation und Reverb. Presets werden noch mal in Unterkategorien wie Vocals, Drums, Guitars, Synth usw. unterteilt.
Hier wird wirklich jeder musikalische Bereich abdeckt, der notwendig ist, um musikalische Ereignisse zu verfeinern.
Natürlich können Presets in den seltensten Fällen individuelle Feinabstimmungen ersetzen. Anfänger bekommen mit den Presets eine gute Ausgangslage geliefert und Profis werden die Presets wahrscheinlich sofort modifizieren.
Am meisten macht es aber Spaß, seine eigene Effektketten zu kreieren. Im Fußball gilt, dass jeder Zuschauer der beste Bundestrainer ist und im Audiobereich mache natürlich nur ich die besten Presets. Es macht unglaublichen Spaß, mit den 70 Effekten zu experimentieren und neue Ausdrucksmöglichkeiten zu finden, die man vorher nie gehört hat.
Wie ist die Mixbox aufgebaut?
Wenn man Mixbox öffnet, wird man mit einem leeren Rack konfrontiert. Manche Hersteller stellen ein Basic-Preset zur Verfügung. Ein leeres Rack entspricht viel mehr meiner Herangehensweise. Ich finde es ehrlich gesagt anmaßend, wenn der Hersteller zu wissen meint, was ich mit seiner Software machen möchte. Danke IK-Multimedia für das weiße Blatt Papier.
Die graphische Darstellung orientiert sich an der Realität. Das heißt, es sind Bohrungen für Schrauben vorhanden, obwohl man kein Effekt im Rack verschrauben muss und anscheinend tummeln sich im Hintergrund auch irgendwelche Kabel und Steckplätze, die wir nicht benutzen oder bestücken müssen.
An den Bohrungen für die Schrauben ist der Lack abgenutzt und ich versichere dem Leser hiermit hoch und heilig, dass ich immer virtuelle Gummischeiben als Unterlage für die Schrauben nutze, damit es nicht zu Lackschäden an diesen Stellen kommt.
Über jedem Rack-Platz befindet sich ein Menü, aus dem man eines der 70 Effekte auswählen kann. Ein Rack-Platz lässt sich mit dem entsprechenden Schalter auch deaktivieren. Das ist sehr praktisch, um herauszufinden, welcher Effekt in der Kette besonders hörenswerte oder verabscheuungswürdige Signale erzeugt.
Links und rechts sind LED-Meter angebracht, die Aufschluss über das Ein- und Ausgangssignal liefern. Sehr gut um zu überprüfen, ob der Eingang vielleicht zu leise ist oder das Signal durch die Effektkette in unangemessener Weise zu leise oder zu laut wird. Mit den zugehörigen Fadern ist es möglich, das Eingangssignal und Ausgangssignal nachzuregeln.
Wer die Mixbox zum ersten Mal öffnet, blickt nur auf 4 Rack-Plätze, obwohl ich weiter oben von doppelt so vielen gesprochen habe. IK-Multimedia hat sich dafür entschieden, dass man das Rack ein- und ausklappen kann, um auf dem Bildschirm Platz zu sparen.
Acht Effekte auf einer Spur sind doch schon ganz schön viel und man kann da schon von einer kleinen Effekt-Orgie sprechen. Vier Slots sind für die meisten Anwendungen ausreichend und praxisnahe.
Sehr schön ist die Funktion, mit der man Dry /Wet-Fader pro Rack-Slot einstellen kann. Nicht immer möchte man den Effekt in voller Stärke auf das Signal wirken lassen. Manchmal ist wenig Effekt ausreichend, um dem musikalischen Signal Glanz zu verleihen.
Links unten befindet sich ein kleiner Button, der nach Drücken ein Menü pro Effekt-Slot öffnet. Hier werden die Presets für die Effekte geladen und abgespeichert. Es ist also nicht nur möglich, ganze Rack-Konfiguration zu speichern, sondern auch Einstellungen pro Effekt. IK-Multimedia hat offensichtlich mitgedacht und möchte dem Musiker so viel Flexibilität wie möglich bieten. Einfache, aber effektive Bedienung erfreut den Benutzter und damit die Benutzung.
Wenn man auf den kleinen Button in der rechten unteren Ecke drückt, öffnet sich ein Mixer. Mit diesem ist es möglich, das Signal pro Kanal zu regeln und mit einem weiteren Button in diesem Fenster kann man die Slots auf Solo stellen. Sehr nützlich, um den Einfluss der Effekte zu bestimmen.
Wie schlagen sich die Effekte?
70 Effekte sind ganz schön viel und deshalb wird es in diesem Test darum gehen, einen Überblick über die Effekte zu gewinnen, damit der Leser sich ein Bild von der Software machen kann. Wer es genauer wissen möchte, dem empfehle ich die Demoversion auszuprobieren.
Channel Strip
Channel Strips haben den Vorteil, dass sie mehrere Funktionen verschiedener Geräte zusammenfassen. Oftmals findet man im Channel Strip eines Mischpults einen Mikrofonvorverstärker, EQ und Kompressor.
Wenn man mit solch einem Mischpult arbeitet, ist es unumgänglich, dass man durch die Kombination dieser Elemente einen besonderen Sound entstehen lässt, der in vielen legendären Aufnahmen verewigt und unsterblich gemacht wurde.
IK Multimedia fährt mit dem EQ-81 gleich sehr schwere Geschütze auf. Es handelt sich dabei um eine Emulation des Neve 1081, eine Mischung aus Preamp und Equalizer. Das lädt natürlich direkt dazu ein, den hauseigenen DAW Channel Strip auf den Müll zu werfen und den EQ-81 zu benutzten. Man wird tatsächlich nicht enttäuscht. Der EQ-81 greift äußerst differenziert in das Klangbild ein.
Das Eingangsignal bekommt einfach mehr Kraft und Saft, damit es sich im Mix besser durchsetzen kann. Man könnte es mit einem Silberschein vergleichen, der ohne so einen EQ einfach nicht vorhanden ist.
Ein weiteres Schmankerl ist der Channel Strip, welcher bei der SSL 4000er Serie ausgeliehen wurde (ich spekuliere auf ein G). Ja, mit der Hardware nicht vergleichbar. Es ist aber ein unglaublicher Luxus, dass wir heutzutage die Möglichkeit haben, diese Tools nutzen zu dürfen. Auch wenn sie sich nur dem Klang annähern.
Der Dritte im Bunde hört auf dem Namen EQ Comp und ist nach meiner Ansicht bei Universal Audio entliehen. Traditionell setzt man diesen gerne für die Stimme ein. Er dickt das Eingangssignal sehr gut an. Das machen die anderen auch, aber EQ Comp macht mit einigen wenigen Handgriffen einen mörderischen Druck. Nach meiner Ansicht klingt mit diesem Tool das Signal größer und schöner, als es in Wirklichkeit ist. Man könnte auch von Photoshop Sound sprechen.
Die Mixbox Filter
Wer schon mit Sample Tank gearbeitet hat, dem werden die Filter sofort bekannt vorkommen. Hinter den Buchstaben M, C, R, und O befinden sich tatsächlich die Anfangsbuchstaben der Filterlegenden, welche man vermutet.
Die Filter wurden mit den typischen Merkmalen ihrer Vorbilder versehen. Nicht nur der Sound, sondern auch ihre Gestaltung lässt Rückschlüsse auf ihre synthetischen Vorbilder zu. Eine coole Idee, die Filter aus den Synthesizern herauszuoperieren und sie als Effekte nutzen zu können.
Arturia setzte diese Idee auch mit der Fx-Collection um und in ihren Versionen sind die Filter mit einem Step-Sequencer ausgestattet. In dieser Hinsicht geben sich die IK -Multimedia Filter spartanischer, aber da es sich um Effekte eines Racks handelt, ist es kein Problem, Filtereffekte zu erschaffen.
Sie sind vielleicht sogar etwas komplexer und individueller als die Arturia Effekte, weil dem Nutzer 8 Slots zur Verfügung stehen. Wie wäre es also z. B. mit einem Filter-Delay, das über Kompressor und Reverb verfügt?
Doch von den 10 Filtern wurden bis jetzt nur 4 erwähnt. Die anderen Filter liefern tatsächlich die typischen Modulationen, welche man tagtäglich im Studio braucht. Wir finden also neben den Legenden ein Filter mit Envelope, ein Filter mit LFO und ein Multifilter. Diese Filter erinnern nach ihrem Aussehen an Moogfooger-Effekte. Sie verfügen alle über eine Flankensteilheit von 6, 12 und 24 dB.
Das Multifilter ist besonders interessant. Es verfügt nur über einen Regler für Cutoff und Resonance. Die Möglichkeit, den Anteil von Highpass, Lowpass, Bandpass und Notch gleichzeitig zu bestimmen, ist großartig! Normalerweise ist man in der Lage, nur einen Filtertyp zu wählen. Frequenzbänder mit dem Filter zu verbiegen, ähnlich wie mit einem EQ, erzeugt einen unglaublich fetten und satten Sound.
Zusätzlich findet sich ein Wah-Pedal für den Gitarristen und ein Formant Filter. Das Formant Filter erinnert mit seiner weißen Gestaltung und gewählten Schrifttyp an die Synthesizer von Modor Music.
Amp-Sektion
Es befinden sich 9 Amps in dieser Effektsektion. Hier muss man mir meine begrenzten Kenntnisse als Gitarrist verzeihen. Ich bin mir der Probleme von Latenzen, welche durch virtuelle Effekt-Racks für Gitarristen erzeugt werden, bewusst. So empfindlich wie ein Gitarrist bin ich aber nicht.
Selbstverständlich kann eine virtuelle Umgebung keinen Marschall Amp ersetzen. Die Originale sind aber auch riesig und in modernen Projektstudios nicht immer flexibel einzusetzen. Virtuelle Amps ersparen Mikrofonierung und so lassen sich schnell mal ein paar Spuren einspielen.
Gelernte Gitarristen werden mit den Namen American Vintage, Tube Lead, Cabinet, Flexi, Jazz Amp 120, Modern Tube Lead und SVT Classic etwas anfangen können. Dazu gesellt sich noch ein simpler, aber effektiver Preamp. Der Gitarrist hat die Wahl, Amps aus verschiedensten musikalischen Anwendungsbereichen und Geschmäckern zu verwenden.
In der Darstellung des American Vintage Amps erkenne ich eindeutig einen Fender Amp und bilde mir auch ein, diesen einigermaßen beurteilen zu können. Ja, das klingt schon so, wie man sich den typischen Rock der 70er vorstellt. Angezerrt, aber nicht zu viel, nicht so satt und mächtig wie ein Marschall Amp, aber in der Lage das Können eines ausgezeichneten Gitarristen zu verstärken. Erinnert halt irgendwie an Eric Clapton.
Besonders gut gefällt mir, dass man die Möglichkeit hat, die Cabinet Size der meisten Amps zu verändern. Andere virtuelle Amps konzentrieren sich meines Wissen nur auf die Emulation der Amp-Sektion. Cabinet Size ist kein esoterischer Regler, der kaum Klangveränderung bewirkt, sondern greift wirklich in das Klanggeschehen ein, verändert das Signal.
Unterschiede zwischen den Amps sind durchaus wahrnehmbar, so ist der Jazz Amp 12 mittenbetont, so wie man das eben von den großen Jazz-Aufnahmen oder Künstlern wie z. B. George Benson kennt.
Mit dem SVT-Classic werden auch Bassisten angesprochen. Er liefert nach meiner Meinung eine sehr gute Kompression. Modern Tube Lead brüllt natürlich und verzerrt das Signal sofort sehr schön in einer energischen warmen Art und Weise.
Alle Amps verfügen über ähnliche Funktionen. Es ist möglich, in die Höhen und Bässe einzugreifen, Gain zu bestimmen und Presence einzustellen. Hier und da findet sich auch ein Regler für Reverb oder andere Effekte. Das ist vom Amp und seinen Funktionen abhängig. Natürlich ergibt im Jazz Amp ein Chorus und Vibrato mehr Sinn als im Modern Tube Lead.
Delay-Sektion
IK-Multimedia stellt 3 Delays zur Verfügung, die sich im Studioalltag bewährt haben. Dazu gehört ein digitales Delay, die Emulation eines Tape-Delays und die Kombination eines Delays mit einem Reverb.
Delays werden mittlerweile sehr gut digital abgebildet und IK-Multimedia machen keine Ausnahme. Das Tape-Delay und das digitale Delay lassen sich zum Tempo synchronisieren.
Das Reverb Delay ist eigentlich mehr ein Reverb, welches nur sehr kurze Delays erzeugen kann. Diese eignen sich optimal dafür, Drums einen interessanten Charakter zu liefern. Mit diesem Delay allein kann man schon fast die Gated-Drums von Phil Collins reproduzieren. Die kurzen Delays erinnern eigentlich eher an ein Reverb und ich frage mich, warum IK-Multimedia es nicht der Reverb-Abteilung zugeordnet hat. Man wird daran erinnert, dass Reverbs und Delays nicht so weit auseinanderliegen.
Der Musiker muss entscheiden, welches Delay am besten seinem Charakter entspricht. Natürlich produziert das Tape-Delay schöne Verzerrungen und ist auch in der Lage, akzeptables Eiern zu reproduzieren. Das digitale Delay überzeugt mit einem Klang, der das Signal kaum verfärbt. Schön sind auch die verschiedenen Möglichkeiten, der Raumaufteilung, wie mono, links/rechts usw.
Saturation
Die Saturation-Sektion ist ein bisschen spannender. Hier findet man Effekte, die man nicht so oft bei Herstellern von Audiosoftware findet.
Der Phonograph, übrigens eine Erfindung von Thomas Edison, erzeugt wirklich Rauschen und Kratzen, dass es eine Freude ist. Damit lassen sich sehr schnell historische Aufnahmen herstellen, die man vielleicht für Hörspiele und Filme braucht.
Sat X eignet sich sehr gut dafür, das Signal anzuheben und anzuzerren. Er betont je nach Einstellung die Obertöne sehr gut und kann deswegen Töne aus dem Signal kitzeln, die man vorher nicht gehört hat.
Die Emulation des Kassettenlaufwerkes gibt sich am unauffälligsten. Mit ihm kann man das Signal mit einem leichten Hintergrundrauschen belegen. Dies wird den meisten reichen. Es ist in der Lage, einen leiernden Motor oder ein abgenutztes Band zu emulieren. Die Regler Flutter und WOW klingen nach meiner Meinung ein bisschen künstlich. Am besten hört man diesen Effekt, wenn man ihn mit dem trockenen Signal mischt. Dadurch entstehen interessante Saturation-Effekte. Dieser Effekt ist eine ideale Ergänzung für das Tape-Delay, weil es dann rauscht. Lustig ist der Blick auf die drehenden Rädchen der Kassette, wenn der Effekt aktiv ist.
Distortion
Die Distortion-Sektion verfügt über 5 Modelle. Wichtig für alle Gitarristen, die es krachen lassen wollen. Für Synthesizer-Freaks, die sich im Hardcore, ACID, Industrial, Noise bewegen, ebenfalls nicht unwichtig. Die Module nennen sich Overscream, Distortion, LO-Fi, Overdrive und Crusher. Ihre Namen halten, was sie versprechen: Right in your Face.
Ob jetzt Overscream besser klingt als Distortion, Overdrive oder Crusher, wage ich nicht zu beurteilen. Das Signal wird ja hauptsächlich in den roten Bereich gefahren. Daher bleibt es dem individuellen Geschmack überlassen, welchen Signalverlust und welchen Noise-Anteil man bevorzugt.
LO-Fi zeigt sich graphisch im 8 Bit Design und genau das vermisse ich bei diesem Effekt, die Veränderung der Bitrate. Ob dies mit dem Regler Lofi geschehen soll, ist mir nicht ganz klar, da ich hier nicht wirklich 8 Bit Sound erzeugen konnte.
Es klingt eher wie ein angezerrtes Bandpassfilter. Es erzeugt also hervorragend ein billiges und plärrendes Küchenradio, aber C64-oder Nintendo Sound höre ich nicht. Ist aber toll für jeden DJ-Effekt: Vom Küchenradio zu vollem Frequenzbrett faden und der Tanzboden bebt. Kann man gut in Madonnas „Music“ hören. Pink Floyds „Wish You Were Here“ verwendet diesen Effekt auch.
Modulation
Ich liebe Effekte, die durch Modulation Leben in das Signal bringen. Ständige Modulation macht das Signal auf natürliche Art lebendig. 17 Effekte befinden sich in dieser Sektion. Dazu gehören Standards, wie verschiedene Variationen von Flanger, Chorus, Ensemble, Tremolo, Rotary und Phaser. Diese Effekte wurden schon 27000-mal beschrieben und IK-Multimedia hat auch in ihren Versionen alles richtig gemacht. Wer auf den Spuren von Jean Michel Jarre oder Cream wandert, wird hier fündig werden.
Viel interessanter sind die Effekte AM- und FM-Modulator und Slicer. Der Slicer zerhackt das Signal mit Hilfe von 50 rhythmischen Variationen, die man sich aussuchen kann. Schön wäre es gewesen, wenn man diese selbst einzeichnen kann. Trotzdem ist es möglich, die gewählte rhythmische Variation zu verändern, indem man das Tempo der Modulation vorgibt und den Effektanteil bestimmt. Selbstverständlich ist dieser Effekt zum Tempo synchronisierbar oder frei einzustellen. Schön, um Drums zu zerhacken und aus Pads chordartige Strukturen zu generieren.
Mit dem AM und FM Modulator kann man sich eine Frequenz im Frequenzspektrum zwischen 40 Hz und 14,5 kHz des Eingangssignals aussuchen. Die gewählte Frequenz wird anhand einer Sinusschwingungsform moduliert. Dadurch können aus Bassdrums Kirchenglocken werden. Selbstverständlich kann der Effektanteil bestimmt werden. In extremen Einstellungen wirkt der Effekt wie ein Highpass-Filter, aber viel verzerrter. Ein sehr unterhaltsamer Effekt, weil selbst eine superanaloge 808 Kick plötzlich nach glockigen DX7 E-Piano klingen kann.
Reverb
In der Reverb-Sektion bildet IK-Multimedia die wichtigsten technischen Entwicklung in der Geschichte der Hallräume ab. Alle haben ihre Berechtigung und haben mit ihrem Sound Musikgeschichte maßgeblich mitgeprägt.
Da darf ein Plate, Spring-, Convolution- und Digital-Reverb nicht fehlen. Klingt Spring-Reverb metallisch? Ja! Kann Plate den Eindruck erzeugen, als würde man in einem Flugzeughangar stehen? Aber sicher!
Bei allen Reverbs lässt dich der Effektanteil, Pre-Delay, Größe, Decay und Färbung einstellen. Natürlich gibt es hier und da Variationen, so verfügt die Plate über ein Highpass-Filter. Ambience, Inverse, Hall und Room sind digitale Reverbs, die speziell auf eine bestimmte Aufgabe zugeschnitten wurden, die sich im Namen finden.
Besonders erwähnenswert ist das Inverse Reverb, weil mit ihm schöne Rückwärts-Effekte hergestellt werden können. Diese wirken sehr überzeugend auf Stimmen. Natürlich besonders in Horrorfilmen, wenn mal wieder jemand durch einen Bildschirm in eine andere Dimension gezogen wird. Aber auch für rhythmische Signale lassen sich interessante Variationen erzeugen, die schon fast als zusätzliche Percussion-Spur gelten können, wenn man sie auf Drums anwendet.
EQ
Nun wird es Zeit in den Frequenzen aufzuräumen. Nicht ist schlimmer, wenn Signale um das gleiche Frequenzspektrum konkurrieren. Im schlimmsten Fall kann es zu Auslöschungen kommen, was bedeutet, dass Spuren an Kraft verlieren und die ganze musikalische Idee den Bach runtergeht. Ein Frequenzmatsch gilt es zu verhindern!
Wenn man konkurrierende Frequenzen auf einer Spur zurücknimmt, schafft man Platz für Spuren, die sie wirklich brauchen und für den Track wichtig sind. Vielleicht gibt es Songs, in denen die HiHat eine zentrale Figur einnimmt, aber für die meisten Tracks ist es nicht notwendig, dass sie mit ihrer geballten Kraft ihrer Frequenzen in Konkurrenz zu anderen musikalischen Elementen steht.
Ein Schlagzeuger wird dazu seine eigene Meinung haben wie jeder Musiker, der in einer Band um Platz und Aufmerksamkeit im Frequenzband und Mix buhlt. Auswüchse dieses Machtkampfes kann man auf Metallicas „And Justice For All“ nachhören. Unzählige Videos und Interviews beschäftigen sich damit, wo auf dieser Aufnahme der Bass geblieben ist.
IK-Multimedia stellt dem Musiker 4 Equalizer zur Verfügung. Da findet man mal wieder einen Klassiker aus einem britischen Pult sowie einen graphischen und parametrischen Equalizer. Welchen EQ man benutzen möchte, bleibt hier dem persönlichen Gusto überlassen und hat sicher auch was mit der persönlichen Arbeitsweise zu tun.
Der graphische Equalizer verfügt über 10 Bänder. Mit dem British EQ kann man in Bässe, Höhen und tiefe Mitten und hohe Mitten eingreifen und zusätzlich die Lautstärke regeln. Der parametrische und vintage sind einfacher gestaltet und es lässt sich nur in 2 Bänder eingreifen. Alle EQs klingen sauber. Es kommt einfach darauf an, was man mit ihnen machen möchte und deswegen lässt sich das Einsatzgebiet schwer verallgemeinern.
Dynamik
Die Dynamik in Aufnahmen resultiert nicht nur durch das Zusammenspiel der Musiker, sondern kann auch durch den Mix forciert werden. Aus diesem Grund gibt es Kompressoren, mit welchen verschiedene Formen der Dynamikbearbeitung möglich sind.
Ich persönlich bin ein großer Fan der Sidechain-Kompression. Dabei moduliert ein Eingangssignal die zu komprimierende Spur. Wenn das Eingangssignal ein Signal erzeugt, schlägt die Kompression zu. So erzeugt man sehr einfach eine pumpende Bassdrum. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Bassdrum als Eingangssignal die zu komprimierenden Spuren so stark komprimiert, dass ein akustischer Effekt entsteht, der an pumpen erinnert.
Sicher hat IK-Multimedia sich hier aus ihrem reichhaltigen Fundus aus der T-RackS Collection bedient, was die typische orange Farbe klar verdeutlicht, welche ganz klar ein Hinweis auf IK-Multimedia Werkzeuge ist. Aber da ist auch ein schwarzer Kompressor, der ganz stark an ein Gerät der Firma Universal Audio erinnert. White 2A dürfte in Gestaltung und Schrifttyp auch den einen oder anderen hellhörig werden lassen.
Zu meiner Freude befindet sich auch ein Bus-Compressor im Lieferumfang. Ein De-Esser zur Beseitigung zischender S-Laute ist immer hilfreich. Ein Limiter hilft dabei, dass Signale einen gewissen Pegel nicht überschreiten und trotzdem ihre Lautheit behalten.
Alle Werkzeuge erledigen ihre Aufgaben mit Anstand. Auch hier ist es schwierig zu bestimmen, welches Werkzeug hervorzuheben ist. Es kommt immer ganz auf die Aufgabe an, die man zu bewältigen hat. Hervorzuheben ist, dass auch die Kompressoren sehr übersichtlich gestaltet und damit eher einfach zu verstehen sind. Gerade Anfängern wird dies dabei helfen, sich einfach und effektiv in die Bedienung von solchen komplexen Tools, wie Kompressoren einzuarbeiten. Die Komplexität der Mixbox wird durch die Kombination der Effekte hergestellt.
Praxis
Die Handhabung der Software ist wirklich simpel und lässt sich total einfach bedienen. Die Software ist quasi selbsterklärend. Da die Effekte so fein säuberlich sortiert sind (ich wünschte, ich hätte diese Ordnung auch mit meiner Hardware), findet man den gewünschten Effekt sehr schnell.
Die Effekte eignen sich natürlich sehr gut, um Aufnahmen oder Instrumente aufzupeppen. Aber ich würde ihr Potenzial als Sounddesign-Tools nicht unterschätzen. Besonders die Modulatoren machen deutlich, wie viel Ideenreichtum IK-Multimedia besitzt und ich würde mich darüber freuen, wenn sie davon in der Zukunft mehr zeigen könnten.
Natürlich spielt die Reihenfolge der Anordnung im Rack eine große Rolle. Der Studio-Nerd bekommt eine große Palette an Möglichkeiten geliefert, um seinen individuellen Signature-Sound zu erschaffen.
Dank des Racks kann dieser ohne Probleme in die nächste Produktion transportiert werden. Da man aber auch die Einstellung pro Effekt speichern kann, hat man wirklich Total Control und Total Recall. Dahinter steckt natürlich die Idee, eine tolle Delay-Einstellung z. B. in einem Amp Setup mit einem Gitarristen zu verwenden. Also kombiniert man das Delay einfach mit Amps oder dem Vorverstärker.
Wenn man eine Produktion bearbeitet, die über mehrere Songs ein homogenes Klangbild besitzen soll, ist dies die einfachste Methode. In einer DAW kann man pro Effekt zwar auch Presets speichern, aber die Magie machen die Effektketten oder die Kombination von Effekten aus.
Sicher gibt es auch Lösungen, diese in einer DAW zu reproduzieren, z. B. als Default-Song-Setting, von denen ich kein großer Fan bin. Die Methode, welche IK-Multimedia anbietet, ist am einfachsten.
Das setzt natürlich voraus, dass man mit IK-Multimedia arbeiten möchte. Aber wo ist das Problem? Auch bei Software gilt: Wenn man das Werkzeug gefunden hat, mit dem man einfach und effektiv Ergebnisse erzielen kann, wird man dies auch benutzen, ohne nach links und rechts zu schielen. Weniger GAS heißt auch hier das Zauberwort und die Möglichkeiten der Klangwelten werden sich vor einem öffnen, wenn man seine Tools regelmäßig benutzt und sie dadurch aus dem Effeff beherrscht.
Es ist etwas ungewöhnlich und vielleicht auch schrullig, dass man alles in das Eurorack-Format gepresst hat. Auf dem Bildschirm wirkt diese Darstellung aber sehr übersichtlich und aufgeräumt. Ich kann mir vorstellen, dass die Amp-Gestaltung bei Gitarristen ein gewisses Schmunzeln erzeugt. Ich würde gern mal ein Hardware-Gitarrenverstärker im Eurorack-Format sehen.
Die Effekte bieten in ihrer Gesamtheit hauptsächlich Klassiker und Standards ab, die aufgrund ihrer übersichtlichen Parameter sehr einfach zu bedienen sind. Das Geheimnis ist es, diese Standards gemeinsam in etwas Komplexes zu verwandeln.
Dank der großen Bandbreite an Effekte hat man die Möglichkeiten, musikalisches Material klangtechnisch aufzupolieren oder eben die Effekte kreativ im Sounddesign-Prozess zu nutzen.
Die unglaublich vielen Presets aus allen möglichen Einsatzzwecken machen es dem Anfänger sehr einfach, sich in die Materie der Audiobearbeitung einzuarbeiten. Die Mixbox kann mit bis zu 8 Slots eine sehr komplexe Effektkette abbilden. Das muss sie aber nicht, auch mit einfachen Setups wird man hervorragende Ergebnisse erzielen.
Auch die Prozessorauslastung ist auf meinem System (Mac Mini 2018) äußerst moderat.
Wem das alles zu unprofessionell erscheint, kann auch auf T-RackS zurückgreifen. Die Werkzeuge aus der T-Racks Kiste verlangen ein sehr großes Verständnis für die Audiowelt und diese kann sehr schnell überfordern, weil man sehr viel falsch machen kann und dadurch unbefriedigende Ergebnisse erzielt.
Einfach und effektive einzusetzende Werkzeuge liefern oft die besseren Ergebnisse. Mit Zunahme von Wissen und Erfahrung wird man auch die Grenzen der Mixbox irgendwann erreichen, aber bis dahin wird sehr viel Zeit ins Land gehen.
Klangbeispiele
Zuerst hört man das cleane Signal, danach die Bearbeitung mit der IK-Multimedia Mixbox. Ich empfehle, unbedingt die Demo selber zu probieren.
Finde ich gut das IK das aus Syntronik „auskoppelt“. Aber dennoch musste ich beim Preis Luft holen. Die Optik ist sicher Geschmackssache.
Aus dem Text:
„Eine Kombination von Effekten als Presets abzuspeichern, ist heute nur sehr eingeschränkt bis gar nicht möglich…“
*hust* Cockos Reaper seit min. 10 Jahren *hust*