Spannung mit MPE
Volt ist der neuste virtuell analoge, MPE-fähige Synthi von Numerical Audio. Im App-Store beeindruckte die One-Man-Show schon 2016 mit seinem Einstieg in die iOS-Musikwelt, dem RP-1 Delay. Seitdem sind noch ein nicht minder beeindruckender Hall RF-1 und ein Chorus-Effekt VC-1 hinzugekommen.
Volt ist ein achtfach polyphoner, virtuell analoger Synthie. Als Schwingungsform zur Klangerzeugung gibt es Dreieck und Rechteck für den alleinigen Oszillator, der zwar per Waveshaping umgeblendet, für den Suboszillator aber nur umgeschaltet werden kann. Weißes Rauschen kann bei Bedarf hinzugemischt werden.
Unterstützt werden die zwei von einem LFO, der den Waveshaper, die Pulsbreite der Rechteckschwingung und die Frequenz des Oszillators gleichzeitig modulieren kann. Ebenso kann die Modulationshüllkurve auf die Pulsbreite einwirken.
Der LFO bietet die fünf Schwingungsformen, Sinus, Sägezahn, Reckteck, Dreieck und Sample & Hold und zwei Dezimalstellen hinter dem Komma und zwei Frequenzbereiche. Für „Modulation“ reicht er von 0,01 Hz bis 10 Hz und für „Audio“ von 0,1 bis 100 Hz. Die Anzeige wird aber in der derzeitigen Version nicht angepasst. Der Full-Range-Keytrack arbeitet auf Basis des Suboszillators, was sich besonders für harmonischere FM-Sounds eignet.
Der „Sync“-Parameter bezieht sich auf den LFO-Reset, der standardmäßig immer frei läuft. Ist „Key“ aktiviert, wird der LFO bei jedem Tastenanschlag zurückgesetzt, während BPM den LFO zum Host-Tempo synchronisiert. Ein sonst nicht sehr verbreiteter Parameter zum Einblenden des LFOs ist auch vorhanden.
Die Hüllkurven für Verstärker und Modulation bieten neben dem üblichen ADSR-Satz auch noch einen Regler für die Reaktionsempfindlichkeit der MIDI-Anschlagstärke.
Ist der „Latch“-Taster aktiv, re-triggert der Envelope nach Beenden der Decay-Phase, wodurch man die Hüllkurve als quasi-LFO verwenden kann. Ist BPM Sync aktiviert, wird der Re-trigger der Hüllkurve immer zum Host-Tempo synchronisiert.
Das Multimode-Filter basiert auf einem SEM-Modell mit 12 dB Flankensteil und kann stufenlos zwischen Tiefpass, Bandsperre und Hochpass übergeblendet werden. Q steht normalerweise für den Gütefaktor eines parametrischen EQ-Bandes, doch ist hier speziell die Resonanz gemeint. Das Filter ist nicht oszillationsfähig und die Filtersättigung ist auch ehr in den gemäßigten Zonen zu Hause, klingt dafür aber sehr natürlich, rund und klangunterstützend.
Auch dem Filter steht der LFO zur Verfügung und moduliert den Q-Faktor, den Cutoff und den Filtermodus. Auf die letzteren Beiden kann die Hüllkurve ebenso gleichzeitig einwirken.
In der Effektsektion gibt es Chorus, Echo (Delay) und Reverb und sind, wie Kai es uns schon mit seinen Effekt-Apps bewiesen hat, erstklassig. Die internen LFOs können nur beim Echo auf die BPM-Zahl synchronisiert werden, ansonsten laufen sie frei bzw. bei Hall ist die interne Frequenz des LFOs derzeit fix.
Volt ist einer von einer Handvoll Synthesizern auf iOS, die MPE unterstützen. Daher sind wohl auch die zehn Modulationsziele von Pressure (bei MIDI: Aftertouch und) und Slide (bei MIDI: Pitchwheel) und dem Modulationsrad sehr umfangreich ausgeführt und außerdem sind alle Ziele gleichzeitig anwählbar.
Die gängigen MPE-fähigen Controller von Roli (Seaboards und Blocks) oder Linnstrument, aber auch von iOS-Apps wie Jordan Rudess‘ GeoShred / Control werden von ohne weitere Konfiguration unterstützt. Andere Controller wie etwa Touché oder weitere Apps müssen eventuell angepasst werden.
Die aktuelle Version 1.3.3 hat laut Kai noch Probleme, reguläres MIDI von MPE zu unterscheiden, was bei externen MIDI-Eingaben zu hängenden Noten führen kann. Regulärere MIDI-Eingaben werden derzeit nur auf MIDI-Kanal 1 unterstützt, während bei externen MPE-Engaben (via Seaboard, Linnstrument, Geoshred etc.) keine speziellen Einstellungen nötig sind.
Doch um MPE bei Volt zu benutzen, wird nicht unbedingt ein externer Controller benötigt. Die Bildschirm-Klaviatur versteht über die üblichen Eingaben hinaus auch „Glide“ und „Slide“. Das wird für viele zwar kein richtiger Ersatz für einen Hardware sein, aber ein guter Anfang ist es allemal, vor allem wenn man wie ich keinen MPE-fähigen Hardware-Controller besitzt.
Den Noteneingaben steht noch ein Arpeggiator zu Seite, mit den Modi „Rauf“, „Runter“, „Beides“, „Zufall“ und „Sequenz“. Besonders „SEQ“ wird bei Freunden des 80s Synthpop viel Zuspruch finden, könnte ich mir vorstellen.
Auch der Browser ist sehr gut gelungen und bietet neben der Einordnung in diverse Kategorien inklusive entsprechende Init-Sounds auch ein Extraliste für die Lieblings-Sounds. Die Sounds lassen sich zum Sichern und Austauschen auch in die iCloud laden.
In der Version 1.3.3 kam nun noch Unterstützung für MIDI-Programm-Change-Befehle hinzu, was nicht nur für das Einbinden von Volt als in ein Set sehr vorteilhaft ist, sondern generell bei Software viel zu sehr vernachlässigt wird. Noch besser ist die Möglichkeit, in den Einstellungen festzulegen, ob sich über die Program-Change-Befehle die Sounds aller Bänke auswählen lassen oder nur die aus der Favoritenliste. Das eröffnet noch einmal performative Vorteile und Möglichkeiten und man kann so einfach z. B. die Sounds austauschen, ohne die MIDI-Zuweisung ändern zu müssen.
In den Einstellungen wird nicht nur Ableton Link aktiviert, sondern auch die MIDI-Controller für die Parameter des Volt. Der ist nämlich komplett MIDI-fiziert.
Die Audiodemos haben ein Peak von unter -6 dBFS.
Bin jetzt seit ein paar Monaten mit Seaboard und iPad Pro am Experimentieren und muss sagen, da tut sich wirklich mal wieder was. Freue mich über jeden neuen Synth für das Brett, unterstützt es noch MPE, umso besser.
Ja, das mit der Beschriftung und Farbgebung, da stehe ich völlig hinter dir. Ich weiss nicht, was die Entwickler da manchmal reitet. Geht der Coolness Faktor verloren, wenn’s nicht hellgrau auf dunkelgrau ist? Und Platz für eine grössere Beschriftung wäre ja reichlich da.