Tasten, Sounds, Speaker & App
Neben dem vor einigen Wochen bereits getesteten ES 920 hat Kawai mit dem ES 520 gleichzeitig ein deutlich günstigeres E-Piano vorgestellt: Über 400,- Euro weniger muss man aktuell für den kleineren Bruder investieren. Da stellt sich natürlich die Frage: An welchen Stellen hat Kawai hier und da abgespeckt? Welches Piano ist das vermeintlich bessere? Nach einem genaueren Blick auf das ES 520 werden wir es hoffentlich wissen.
Schwarz und weiß – klassisch schick
Wie auch das ES 920 bietet Kawai das ES 520 in den zwei Farben Schwarz und Weiß an. Ausgeliefert wird das Piano mit einem Notenständer sowie einem passenden Haltepedal. Mit dabei sind auch das externe Netzteil, das für den Betrieb des Pianos notwendig ist sowie ausführliche und gut geschriebene Handbücher in mehreren Sprachen.
Modern und schick zugleich hat Kawai das ES 520 designt. Wer nicht immer auf das klassische Schwarz zurückgreifen möchte, bekommt mit dem weißen Modell eine zusätzlich Option, die dazu sehr edel aussieht. Auf der leicht nach vorne geneigten Bedienoberfläche hat Kawai alle Bedienelemente möglichst zentral positioniert. Alles ist gut zu erreichen und gut ablesbar. Zentraler Blickpunkt ist das OLED-Display, das die wichtigsten Informationen wie Sound-Name, Parameter und globale Einstellungen ausreichend groß darstellt. Das Menü ist klar strukturiert und ermöglicht es, Einstellungen schnell vorzunehmen.
Die Verarbeitung macht einen sehr guten Eindruck und das ES 520 steht seinem größeren Bruder ES 920 in diesem Bereich in nichts nach. Das Kunststoffgehäuse ist sauber gefertigt und zusammengebaut, alle Bedienelemente sitzen fest in ihren Verankerungen und lassen auf eine lange Lebensdauer hoffen. Die Maße des Pianos belaufen sich auf 134 x 14,5 x 37,5 cm (L x B x T), das Gewicht liegt bei angenehmen 14,5 kg. Die 2 kg Unterschied zum ES 920 werden vermutlich aufgrund der anderen Tastatur zustande kommen.
Wer das ES 520 ausschließlich zu Hause bzw. im stationären Einsatz (Musikschule etc.) nutzt, kann auf die optional erhältlichen Erweiterungen in Form eines Holzunterbaus (Kawai HM-5 B/W) sowie einer 3-fachen Pedalleiste (Kawai F-302 B/W) zurückgreifen. Mit diesen beiden wird das ES 520 zum vollwertigen Digitalpiano.
Klangerzeugung
36 anstatt 38 Sounds wie beim ES 920 bietet das ES 520 Piano. Ein weiterer Unterschied ist die Art des Samplings, denn kommt beim ES 920 die Harmonic Imaging XL Technik zum Einsatz, setzt Kawai beim ES 520 auf Progressive Harmonic Imaging. Auch wenn das zunächst einmal nach einem Abstieg klingt (und in der Realität vermutlich kürzere Loops und weniger Velocity-Stufen bedeutet), kann ich selbst im direkten Vergleich keine Unterschiede ausmachen. Für mich klingen die Sounds des ES 520 sehr gut und sie lassen sich sehr dynamisch spielen.
Schön ist, dass das ES 520 wie auch sein Bruder über den Virtual Technican verfügt. Ist man mit den Preset-Sounds des Pianos nicht zufrieden, lässt sich der Klangcharakter des Kawais hierüber detailliert anpassen. Dämpfer- und Saitenresonanz möchte ich da nur stellvertretend erwähnen – 15 Parameter lassen sich insgesamt nach den eigenen Vorstellungen justieren.
Acht A- und sechs E-Pianos, fünf Orgeln, vier Harpsichords und Mallets, acht Mal Streicher und Chor sowie fünf Bässe bietet das ES 520. Gegenüber dem Sound-Repertoire des ES 920 fehlen zwei A-Pianos, die beiden des SK-5 Flügels. 36 Sounds sind jetzt nicht all zu üppig, aber dafür stimmt die Qualität der Sounds. Durch die Bank weg bekommt man hier tolle A- und E-Pianos, gute Orgeln und Streicher. Ob man Harpsichord und Mallets wie Marimba oder Vibraphone benötigt, hängt natürlich stark vom Einsatzgebiet ab. Kontra- und E-Bässe runden das Klangspektrum gut ab.
Im Grunde ergibt sich also – bis auf den SK-5 Flügelsound – ein sehr ähnliches Bild wie beim ES 920, klanglich steht das ES 520 dem größeren Bruder in (kaum) etwas nach. Sowohl für klassische Literatur als auch für modernere Stücke bietet das ES 520 die passenden Piano-Sounds. Die SK- und EX Grand Pianos klingen schön rund, lassen sich dynamisch spielen, das EX Piano klingt einfach deutlich heller und obertonreicher. Etwas kantiger und gleichzeizig moderner geht es mit Jazz Clean, Warm Grand, Pop Grand oder dem Upright weiter.
Bei den E-Pianos deckt sich die Sound-Auswahl 1:1 mit dem des ES 920, d. h. sowohl Rhodes- und Wurlitzer wie auch DX-Pianos sind mit an Bord. Mit den passenden internen Effekten versehen, klingen diese allesamt authentisch und lassen sich gut spielen.
Jazz, Drawbar und Ballad Organ heißen die Presets der Orgeln, hinzu kommen Principal und Church Organ für den Einsatz im kirchlichen Umfeld. Die Sounds präsentieren sich eher von der netten Seite, richtig verzerrt wird hier trotz der ansonsten lobenswerten Amp-Simulation nicht.
Die Streicher/Chor-Sektion beherbergt sowohl klassische Streicher-Ensembles, die sowohl eigenständig als auch im Layer mit den Pianos sehr gut funktionieren wie auch Synth-Pads. Die Bässe runden das Sound-Paket des ES 520 gut ab und lassen sich vor allem als Split gewinnbringend einsetzen.
Tastatur und Anschlüsse
Bei den Sounds gibt es kaum nennenswerte Unterschiede zum ES 920, bei den Tasten kommt dagegen eine gänzliche andere Tastatur zum Einsatz. Die Responsive Hammer Compact II präsentiert sich als gut spielbare Tastatur, die für sich genommen – und im Hinblick auf den Preisbereich – absolut passend ist und sich sehr gut spielen lässt. Ein guter Anschlag wird hier mit griffigen Tasten kombiniert, das passt sowohl für den Einsteiger als auch den fortgeschrittenen Spieler. Weniger Kraftaufwand ist notwendig, dazu bietet die Tastatur keine Druckpunktsimulation und die Anzahl der Anschlagsdynamikkurven ist auf vier (Light, Normal, Heavy, Off) beschränkt. Für ein Piano der unteren Mittelklasse bietet das ES 520 dennoch eine gute Tastatur, die uneingeschränkt empfohlen werden kann.
Hinsichtlich der Anschlüsse bietet das Kawai ES 520 alles was das Herz begehrt. Ein Stereoausgang in Form von zwei 6,3 mm Klinkenbuchsen sorgt dafür, dass das Piano ohne Probleme (bzw. Adapter) an eine externe Beschallungsanlage oder Aktivboxen angeschlossen werden kann. Das interne Lautsprechersystem (auf Wunsch abschaltbar) bietet mit 2x 20 Watt Leistung sowie seinem Bass-Reflex-System mit zwei 12 x 8 cm messenden Lautsprechern, ausreichend Power und bietet ein angenehmes und druckvolles Klangbild.
Darüber hinaus bietet das Piano zwei Kopfhöreranschlüsse (6,3 mm, 3,5 mm), einen AUX IN (3,5 mm Klinke), Pedalanschluss (alternativ der Anschluss der optional erhältlichen 3-fachen Pedaleinheit), USB-Port und ein MIDI-Duo. Ein zweiter USB-Port ist – leicht zugänglich von der Bedienoberfläche – neben dem Display angebracht. Hieran lassen sich USB-Speichermedien anschließen.
Eine Besonderheit bieten die beiden neuen ES-Stagepianos mit der Möglichkeit, einerseits den Kopfhörertyp auszuwählen – je nachdem ob man einen offenen, halboffenen oder geschlossenen Kopfhörer einsetzt – und darüber hinaus auch eine Einstellung hinsichtlich der Räumlichkeit des Klangs vornehmen kann. Die Einstellungen für den Kopfhörertyp sind:
- Normal (Grundeinstellung): Die Kopfhöreroptimierung ist ausgeschaltet
- Open: Optimiert den Klang für offene Kopfhörer
- Semi-open: Optimiert den Klang für halboffene Kopfhörer
- Closed: Optimiert den Klang für geschlossene Kopfhörer
- In-Ear: Optimiert den Klang für lose im Ohr getragene In-Ear-Kopfhörer
- Canal: Optimiert den Klang für den Hörkanal abdichtende In-Ear-Kopfhörer
Tatsächlich ergibt sich je nach Kopfhörer ein unterschiedliches Klangbild (während des Tests kamen ein AKG K812, ein Sennheiser HD-25 Light und ein Superlux HD330 zum Einsatz) und zusammen mit der Möglichkeit, den Sound mit Forward, Normal und Wide von „in the face“ bis „sehr offen und mit viel Raumklang versehen“ einzustellen, bieten diese Features eine sehr gute Möglichkeit, den Klang an das eigene Equipment anzupassen und länger ermüdungsfrei zu spielen.
Effekte und Recorder
Das ES 520 bietet eine Vielzahl von Effekten. Unterteilt sind diese in die drei Blöcke Reverb, Effects und Amp. Jeweils durch längeres Drücken gelangt man in das entsprechende Menü, in dem man im Falle der Halleffekte beispielsweise zwischen sechs Presets wählen kann. Auf Wunsch lassen sich auch die Intensität sowie die Hallzeit beeinflussen.
Der zweite Block „Effects“ bietet 16 Presets, darunter Effekte wie Delay, Chorus, Rotary, Phaser etc. Vor allem für die E-Pianos und die Orgeln bieten sich diese an, die Qualität ist sehr gut. Gleiches gilt für die Amp-Simulation, bei der man zwischen S.Case I und II und L.Cabinet wählen darf. Feinjustieren kann man diese über den virtuellen Drive-Regler, den Gesamtpegel und den Equalizer (Low, High).
Den internen Recorder hat Kawai gegenüber dem ES 920 deutlich abgespeckt. Lediglich MIDI-Dateien lassen sich aufzeichnen, davon auch „nur“ drei Songs mit jeweils einer Spur. Auf WAV- und MP3-Aufnahmen muss man hier also verzichten.
Bluetooth, Registrierungen und Rhythmen
Eine Bluetooth-Funktion darf bei einem aktuellen E-Piano natürlich nicht fehlen. Auch Kawai setzt diese zusammen mit den passenden Apps beim ES 520 ein. So kann man nach Kopplung mit dem eigenen Smartphone oder Tablet seine Lieblingslieder zum ES 520 streamen und über dessen Lautsprechersystem abspielen und live dazu spielen. Auch die Steuerung des ES 520 kann über Smartphone/Tablet vorgenommen werden. Die App ist für Android und iOS erhältlich, weitere Informationen findet ihr hier.
Um die Liebingseinstellungen für spätere Nutzungen abzuspeichern, bietet das ES 520 die Möglichkeit, bis zu 28 Registrierungen anzulegen. Hierin speichert das Piano alle Informationen bzgl. Soundauswahl, Effekte, Transpositionen, Splits, Layer etc. Auf Wunsch können diese über USB auch ausgelagert werden.
Zu guter Letzt bietet das E-Piano noch 100 Rhythmus-Patterns, die man entweder als Jam-Begleitung oder als Metronom-Ersatz heranziehen kann. Stilistisch ist die Bandbreite recht groß, so dass neben klassischen 8- und 16-Beat-Patterns, Shuffle-Rhythmen, Walzer und Co. mit an Bord sind. Nicht zu vergleichen mit den Features aktueller Entertainer-Keyboards, aber als gelegentliche Begleitung absolut passend.
Bluetooth Midi wäre doch wenigstens eine Erwähnung wert gewesen.
Für mich mittlerweile ein KO Kriterium bei solchen E-Pianos, wenn sonst schon seit Jahren nix weltbewegendes mehr an Features kommt.