Kleiner Controller ganz groß
Anfang des Jahres präsentierte Nektar zwei neue Controllerkeyboards und zielt damit auf all diejenigen ab, die es gerne kompakt und klein haben. Sei es im Studio oder unterwegs, manchmal benötigt man ja gar nicht die ultimative Kontrolle über DAW und Software-Instrumente, ein paar Tasten sowie die rudimentären Steuerungsfunktionen reichen oft ja sogar schon aus. So präsentieren sich die beiden Controllerkeyboards SE25 und SE49 doch – so viel sei vorweg genommen – der erste Eindruck trügt, mit diesen beiden Keyboards ist deutlich mehr möglich, als man zunächst annehmen mag.
Die äußeren Fakten von Nektar SE25 und SE49
Zum Test stand uns die kleinere Version der beiden Controllerkeyboards zur Verfügung. Diese umfasst 25 Tasten und misst 335 x 100 x 21 mm, das Gewicht liegt bei 400 g. Alternativ bietet Nektar das SE49 an. Dieses weist die Außenmaße 805 x 197 x 69 mm auf und ist mit 2,2 kg auch deutlich schwerer. Nicht nur hinsichtlich des Tastaturumfangs gibt es Unterschiede, auch technisch bietet das SE49 etwas mehr als sein kleinerer Bruder.
So bietet das SE49 beispielsweise sieben (vier User plus 3 Presets) anstatt drei Anschlagskurven für die Tastatur, ist nur mit vier anstatt sechs Buttons, aber dafür mit einem zusätzlichen 30 mm Fader, Pitchbend- und Modulationsrad ausgestattet und bietet einen 6,3 mm Klinken-Pedalanschluss. Beide Controllerkeyboards lassen sich über USB mit einem Computer verbinden. Während das SE25 über eine Micro-USB-Buchse verfügt, bietet das SE49 eine USB-B-Buchse. Beide sind class-compliant, d. h. unter Windows und OSX werden keine zusätzlichen Treiber benötigt. Als Systemvoraussetzung gibt Nektar alles ab Windows Vista aufwärts und OSX 10.7 an.
Die Verarbeitung des SE25 ist solide. Das Gehäuse besteht aus Kunststoff und ist sauber verarbeitet. Die Oberseite ist in schwarz gehalten, die Unterseite in Grau. Da ist das SE49 mit seiner knallig roten Unterseite etwas auffälliger, aber nur alleine wegen der Farbe werden sich wohl die wenigsten Käufer für das ein oder andere Keyboard entscheiden.
Bedienung des Nektar SE25 und SE49
Links der Tastatur befinden sich die bereits erwähnten sechs Buttons des SE25. Die oberen beiden sind mit Oct+/Oct- beschriftet und erlauben das Oktavieren der Tastatur um maximal vier nach unten und fünf Oktaven nach oben. Durch unterschiedliche Farben verdeutlichen die darüber-liegenden LEDs, wohin man die Tastatur verschoben hat, das gleichzeitige Drücken beider Okatvierungs-Buttons bringt die Tastatur wieder zur Nullstellung zurück.
Die nächsten beiden Buttons sind mit PB1 und PB2 beschriftet und lassen sich frei mit unterschiedlichen Funktionen belegen. Um dies zu tun, geht man über eine Tastaturkombination ins Setup und drückt dann eine Taste der Tastatur. Diese sind mit entsprechenden Funktionen/Parametern beschriftet. So lassen sich Pitchbend, Transponierung, Panorama, Volume, DAW-Track oder Instrument-Patch umschalten. Für die zwei zuletzt Genannten muss man allerdings eine DAW nutzen, für die es eine spezifische Nektar DAW-Integration gibt. Dazu später noch mehr.
Obwohl das Nektar SE25 über keinen Anschluss für ein Sustain-Pedal verfügt, muss man glücklicherweise nicht auf diese Funktion verzichten. Anstatt eines Pedals kann man beim SE25 die S-Taste aktivieren, dann werden die gespielten Noten auch nach dem Loslassen gehalten – alternativ lässt sich auf diesen Button auch die Modulation programmieren. Zunächst ist es natürlich etwas ungewohnt, die Sustain-Funktion über einen Button zu steuern, aber nach kurzer Eingewöhnungszeit funktioniert das sehr gut und reicht – vor allem im Hinblick auf die kleinen 25 Tasten des Keyboards – vollkommen aus. Ein Klavierkonzert von Rachmaninow werden wohl die wenigsten Nutzer auf dem Nektar umsetzen wollen.
Interessant wird es beim SE25 beim nächsten Button, den Nektar unscheinbar mit S beschriftet hat. Dieser „Part Two“-Button ermöglicht es nämlich, mit einem einzelnen Knopfdruck auf ein zweites Setup des Keyboards umzuschalten. Nach dem Loslassen springt das SE25 dann wieder zurück auf das ursprüngliche Setting. Im knappen, aber gut geschriebenen englischsprachigen Handbuch, das dem SE25 in gedruckter Form beiliegt, wird beispielsweise erwähnt, dass man die Tastatur damit auf Knopfdruck zwei Oktaven höher schalten, transponieren oder auf einem anderen MIDI-Kanal ein zweites Instrument als Layer spielen kann. Klingt erst mal nicht so spannend, erweist sich aber bei entsprechender Vorbereitung der zwei möglichen Settings als sehr gut einsetzbar. Vor allem live, wenn man mit dem SE25 ein Software-Piano ansteuert, für die Bridge des Songs aber auf MIDI-Kanal 2 ein Synth-Pad liegen hat, schaltet man mit dem S-Button galant und vor allem schnell ins zweite Setup.
Tastatur des Nektar SE25
Klein ist die Tastatur des SE25 auf alle Fälle. Die einzelnen weißen Tasten messen gerade einmal 8,2 cm in der Länge und 1,9 cm in der Breite. Die schwarzen Tasten fallen entsprechend noch kleiner aus. Trotzdem war ich überrascht, wie gut man darauf spielen kann. Vor allem die 25-Tasten-Keyboards haben oft das Problem, dass der Anschlag recht ungenau ist und die Tastaturgeräusche aufgrund der kleinen, kompakten Gehäuse relativ hoch sind. Da bildet das SE25 glücklicherweise eine Ausnahme. Das Anschlagsverhalten ist sehr gut und die Tastaturgeräusche sind im niedrigen Bereich, sehr gut.
DAW-Einsatz mit Nektar SE25 und SE49
Mit den letzten Impact Controllerkeyboards hat Nektar bereits gezeigt wie viel Wert der Hersteller auf eine gute DAW-Integration setzt. Im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen beschäftigt Nektar eigene Leute, die sich nur um die perfekte Integration in die verschiedenen DAWs kümmern, d. h. man setzt nicht nur auf das gute (und alte) Mackie HUI-Protokoll, sondern programmiert hierfür eigene Software. Auf der Superbooth 2019 zeigte Nektar am Stand von Presonus, wie gut die Integration der Nektar-Keyboards in Studio One funktioniert.
Dementsprechend verwundert es nicht, dass Nektar diese oftmals sehr weitgehenden Integrationsmöglichkeiten auch mit den Controllern SE25 und SE49 umsetzen möchte. Hierfür muss man das Keyboard zunächst auf der Nektar Website registrieren und sich danach die passende Installationsdatei für die eigene DAW herunterladen und installieren. Derzeit werden folgende DAWs unterstützt:
- Bitwig
- Cubase/Nuendo
- Digital Performer
- FL Studio
- GarageBand
- Logic Pro
- Mixcraft
- Reaper
- Reason
- Sonar
- Studio One
An bekannten DAWs fehlen Ableton und Pro Tools.
Da SE25 und SE49 nur über wenige Bedienelemente verfügen, sind logischerweise nicht allzu viele Parameter steuerbar. Im Hinblick auf die Größe und den Preis der Controller ist das Gebotene aber definitiv sehenswert. So lassen sich die vier Buttons zunächst als Transportsektion nutzen, d. h. man kann die DAW starten, stoppen, vor- und zurückspulen. Alternativ lassen sich die Buttons aber auch auf die Funktionen Track und Patch programmieren. Hierüber steppt man dann von DAW-Kanal zu DAW-Kanal oder schaltet zwischen Patches eines Software-Instruments hin und her. Das Wechseln der Sound-Patches funktioniert allerdings nur bei hauseigenen Software-Instrumenten der DAW, nicht bei Plugins von Drittanbietern. Das SE49 bietet mit seinem zusätzlichen Fader dazu die Möglichkeit, die Lautstärke des aktuell gewählten Kanals zu steuern.
Die Programmierung der Funktionen geht dabei schnell von der Hand: beide Setup-Tasten (S- und 2-Taste) drücken, auf der Tastatur die Taste mit der gewünschten Funktion drücken, mit dem hohen C (Enter) bestätigen, fertig. Das geht nach dem ersten Blick in den gedruckten Quick-Start-Guide bzw. den zum Download angebotenen DAW-Setup-Guide im PDF-Format schnell von der Hand.
Neben dem Quick-Start-Guide werden SE25 und SE49 mit einem USB-Kabel sowie einer Lizenz für Bitwig 8-Track ausgeliefert.
Ich weiß nicht, was diese Produktpolitik soll. Ich hab selbst ein Nektar-Keyboard und bedaure mittlerweile den Kauf. Klar, die Grundfunktionen (Taste drücken) sind da, und ein paar Extratasten für die DAW auch. Eine „DAW-Integration“ ist kein Verkaufsargument, die Konfiguration kann man auch selbst erledigen. Dass Aftertouch fehlt und selbst der Anschluss für ein Sustain-Pedal eingespart wurde, lässt mich wirklich fragen, wo die Grenze beim Sparen erreicht sein wird? Fehlen beim nächsten Modell die schwarzen Tasten und sind nur mit gedrückter SHIFT-Taste erreichbar?
Gerade für live sind doch Aftertouch (gibt eine Hand frei) und ein Sustain-Pedal immens wichtig.
@bluebell Das große hat ja den sustainanschluss.
Macht der bei dem kleinen Sinn?
Ich denke nicht.
Aber es wird immer mehr gespart das stimmt.
Nur noch Mittelklassegeräte bieten eine Midi DIN buchse.
@bluebell Ja, dass Aftertouch immer weniger vorkommt, finde ich auch extrem nervig. Ist bestimmt ein Centartikel. Zumindest beim Channel AT. Roli bringt gerade per Kickstarter ein neues 2-Oktaven Keyboard, sogar polyphoner Aftertouch. Wie beim Seaboard mit fehlender oberer C-Taste, dadurch aber mit einem oder 2 Tastaturen erweiterbar. Wird glaube ich wie beim Block magnetisch angeklickt. Nein diesmal mit „normalen“ Tasten. Dafür aber (wahlweise?) so bunt, dass viele es nicht ernst nehmen werden.
Das SE49 habe ich gespielt, war mir sehr sympatisch. Ich hätte es auf der Stelle gekauft, aber ohne AT, no way. Genauso bei leichten, großen Tastaturen, ich glaube, es gibt keine einzige mit 76 oder 88 Tasten, die leicht, kompakt und günstig ist und dazu noch Aftertouch hat. Ich meine, dass Pianisten nicht wissen, wozu das gut sein soll, Schwamm drüber, aber die würden so eine Tastatur sowieso nicht anfassen.
@Tai Nein. Aftertouch ist kein Centartikel. Wie kommst du darauf? Für Channel aftertouch muss mindestens ein Widerstand unter der kompletten Tastatur sein, der auf die Stärke des Tastendrucks reagiert und das entsprechend überträgt. Für key/polyphonic aftertouch brauchst du solche Widerstände individuell für jede Taste. Dass das erhebliche Kosten bedeuten kann, sollte klar sein. Und da haben wir noch nicht darüber gesprochen, dass die Firmware des Keyboards auch noch so programmiert sein muss, dass die Daten auch übertragen werden. Also auch einiges an Zeit- und Personalaufwand, der auch bezahlt werden muss.
@Everpure Ein Widerstand pro Taste, das würde bei einem Centartikel bleiben. Ich habe schon Tastaturen gesehen, bei denen ein druckempfindliches Band unter der ganzen Tastatur lief. Die Firmware ist kein Argument, die wird nicht jedesmal neu geschrieben. Ist ja nicht so, dass ich nicht mehr bezahlen würde als 69, aber das ständige Weglassen von Aftertouch finde ich einfach Mist. Das soll ein Masterkeyboard sein, das geht für mich nicht ohne.
@Tai Ich habe keine große Lust, das jetzt total auszudiskutieren. Aber glaubst du wirklich, dass uns alle Keyboard-Hersteller volle Kanne abzocken, weil es kein Keyboard mit aftertouch (und normal großen Tasten) gibt, dass unter 200€ kostet? Ich bleibe dabei: das ist kein Centartikel und wird genau deshalb bei den günstigen Budget-Keyboards eingespart.
Deswegen ist ja trotzdem völlig okay, wenn das für dich nichts ist. Für viele andere ist es offensichtlich ausreichend, ohne aftertouch auszukommen.
@Everpure Interessant aber, dass ein günstiger synth wie die bass Station 2 aftertouch hat und der prologue zb nicht.
@Numitron Da brauchts clevere Ingenieure, dann klappt das auch.
@bluebell Vielleicht ist dann so ein 69€ Keyboard einfach nichts für dich? Ich kann mir gut vorstellen, dass es sehr viele Hobbymusiker gibt, die ein sehr kleines Budget haben und vielleicht auch nicht die super Klaviervirtuosen sind. Für genau die ist so ein Teil.
Die anderen können dann ab 100€ ein Arturia Keystep (auch kleine Tasten) oder ab 200€ diverse 49 Tasten Keyboards verschiedener bekannter Hersteller (Novation, Alesis, Akai, M-Audio, Roland) nehmen.
@Everpure na wenigstens hat bis jetzt noch niemand beklagt, dass für diesen hohen Preis noch nicht mal ’ne Klangerzeugung dabei ist ;-)
@SynthNerd Oder ein 16 spuriger Sequencer!
@Everpure ..oder ein Display (wofür auch immer)