Wundermittel für alles
Seit 2016 arbeitet die skandinavische Firma Oeksound um Gründer Olli Erik Kerskinen an der Entwicklung algorithmusbasierter und innovativer Technologien in Plugin-Form. Bereits bester Bekannt- wie Beliebtheit erfreuen sich die beiden Plugins, die Oeksound bisher in ihrem Repertoire hatte, Spiff und Soothe. Auf diesen Lorbeeren wurde sich allerdings ganz offensichtlich nicht ausgeruht, denn der Hersteller brachte kürzlich Soothe 2 auf den Markt. Was das nach wie vor sehr handliche Plug besser macht und was seine Qualitäten sind, lest ihr hier bei uns im Test. Für diejenigen, denen die Plugins aus dem Hause Oeksound noch kein Begriff sind, empfiehlt sich ebenfalls das Schmökern dieses Artikels.
Die Basics – Oeksound Soothe 2
War die erste Version von Soothe bereits in der Lage, basierend auf dem Spektrum des Eingangssignals, selbstständig inharmonische Mitten- und Höheninformationen herauszufiltern, so kann Soothe 2 nun das komplette Frequenzspektrum „aufräumen“. Auf den ersten Blick wie ein dynamischer Equalizer erscheinend, passt Soothe jedoch sein Wirken auf der spektralen Ebene selbstständig an. Über ein klassisch parametrisch anmutendes Equalizer Layout lässt sich lediglich bestimmen, wo im Fluoreszenzspektrum das Plugin wie stark wirken soll.
Es analysiert und beobachtet demnach selbstständig die Resonanzen und Aussteuerungen und stimmt diese mit dem Frequenz- und Amplitudenniveau des anliegenden Signals ab. Mit dem wie ein Sidechain-Equalizer wirkendes Filter bestimmt man nun, an welcher Stelle das Signal reduziert werden soll. Dadurch, dass Soothe 2 permanent das komplette Spektrum im Blick hat, wird eine möglichst lineare und organische Reduktion der inharmonischen Frequenzen gewährleistet. Dass nun das komplette Frequenzspektrum vom Wirken des „Unterdrückers“ abgedeckt wird, ist jedoch nicht die einzige Neuerung am Plugin.
Laut Hersteller wurde Soothe 2 komplett neu aufgesetzt und gecodet, ein kompletter Rewrite des Plugins soll vonstatten gegangen sein. Auf den ersten Blick fühlt man sich direkt zuhause, wenn man mit Version 1 vertraut ist. Auf den zweiten nimmt man es dem Hersteller aber dann auch mit Leichtigkeit ab, dass hier viel Hand angelegt wurde.
Abgesehen vom vollen Frequenzspektrum stehen nun auch Attack- und Release-Parameter zur Bestimmung der Reaktionsschnelligkeit des Plugins bereit – genial, um das Plugin besser auf transientenreichem Material einsetzen zu können und ein genialer Mehrwert, da man sich so noch mehr Anteile des originalen Signals erhalten kann, in einem aber auf extreme Art und Weise aufräumen kann.
Gab es früher nur die Möglichkeit, den Effekt über Dry/Wet parallel zu fahren, gibt es nun also noch Attack und Release – und nicht nur das: Auch einen Sidechain-Input gibt es jetzt, der sich genial und vielseitig einsetzen lässt. Ihr mischt gerade an einer Pop-Produktion – der Gesang muss richtig deftig sitzen? Einfach die Vocals als Sidechain-Input angewählt – Soothe2 macht dann genau da im instrumentalen Playback Platz, wo er benötigt wird – und nirgendwo anders.
Hinzu kommt, dass das Plugin nun zwei grundlegend verschiedene Processing-Modes beinhaltet: Soft und Hard.
Soft produziert weniger Artefakte, spricht dafür aber auch weniger aggressiv auf das Eingangsmaterial an. Hat man wirklich grausame Aufnahmen vor sich liegen, so lohnt ein Klick auf „Hard“, mit diesem Modus Operandi lassen sich im wahrsten Sinne des Wortes Berge versetzen – hiermit kann man sogar die grausamste Handyaufnahme aller Zeiten aufräumen und hörbar machen. Sehr beeindruckend und unfassbar nützlich nicht nur im musikalischen Bereich, auch für die Postproduction und den Sprachschnitt.
Der verbaute „Wirkungs-Equalizer“ kommt nun mit neuen Optionen für die Bänder daher, anderen Slopes und einem Tilt-Band. Eine weitere große Neuerung ist, dass sich das Plugin nun auch in M/S betreiben lässt und sich Kanal-Link und Wirkungsbalance entweder im ganzen oder sogar pro EQ-Band einstellen lassen. Soothe, anfänglich ein extrem nützlicher Utility-Underdog, ist somit in Rekordzeit erwachsen geworden.
Das größte Schmankerl kommt zum Schluss: Trotz aller Mehrfunktionen benötigt Soothe 2 im Vergleich zum Vorgänger ganze 40 % weniger CPU-Leistung – das hört man gerne – und bestätigt sich auch beim Test im Studio. Auch alles andere hier besprochene bestätigt sich ausdrücklich in der Praxis.
Praxis – Verwendung und Nutzbarkeit
Kennt ihr das? Ihr wollt eine richtige Radiovocal, die absolut omnipräsent, „upfront“ und direkt klingt, setzt die Sängerin direkt vors Mikro, vielleicht sind da drei, vier Zentimeterchen Platz und ihr denkt „yes, das wird ein super sauberes Ergebnis“?
Die traurige Realität – so stellt es sich am nächsten Tag in der Nachbearbeitung heraus – ist allerdings hoffnungsloses Übersprechen und eine unangenehme, fast übersteuernde Überbetonung der oberen Mitten und harsche S-Laute. Einmal Soothe 2 draufgepackt mit schneller Attack und die jeweiligen Frequenzbereiche herausgesucht, schwups, sind die Inharmonischen schon einmal besiegt. Jetzt noch ein „Mü“ EQing hinterher und ihr seid alle Probleme los.
Das konnte allerdings auch schon Soothe in Version 1. Version 2 bewältigt nun auch folgendes Szenario souverän: Ihr nehmt einen Bass an der Amp-Membran auf? Oder einen gezupften Kontrabass in einem problematischen Raum? Mit dem Equalizer müsstet ihr so stark eingreifen, dass ihr euch von eurem Grundsignal eigentlich verabschieden müsstet, um es mischbar zu machen, weil in manchen Lagen tonale Resonanzen entstehen? Soothe 2 regelt das, und zwar auf möglichst organische und souveräne Weise, wenn nicht im „Soft“,, dann im „Hard“-Modus. Und wenn man dabei Transienten braucht, holt man sich die über eine Verlängerung der Attack-Zeit oder über das Fahren in parallel zurück.
Everything goes – selbst auf dem Master. Ihr seid im Mastering und benötigt ein möglichst natürliches De-Essing, weil ihr die Höhen der Songs so richtig schimmern lassen möchtet, das aber die Stimme auf dem Song nicht gut mitmacht? Einfach die jeweilige Frequenz im Equalizer „herausnotchen“ und frei nach Gusto pegeln – für diesen Anwendungszweck empfiehlt es sich dann allerdings, Oversampling und Qualität in den dafür eingebrachten Einstellungen ordentlich hochzuschrauben. Einstellbare Kanalverhältnisse in Stereo und M/S machen Soothe2 meiner Meinung nach nun auch offiziell zum „Mastering-Grade“ Tool.
Klangbeispiele
Die Beispiele 1 und 2 verdeutlichen die „Aufräumskills“ des kleinen Plugins, gerade für so einen Background-Bus ist Soothe 2 fantastisch einsetzbar.
Die Klangbeispiele 3 und 4 zeigen, Soothe 2 kann nun auch im schlecht aufgenommenen Bass vernünftig aufräumen.
5 und 6 zähmen eine wirklich grausame Vocal-Aufnahme auf eine Art und Weise, die sie (bis auf den Noisefloor) wirklich interessant klingen lässt.
7 und 8 verdeutlichen, wie Soothe 2 die Harshness von Drums auf dem Master ohne Attack oder Stabilitätseinbußen einfach komplett beseitigt.
9 und 10, „Pocketsoul“, ist ein Roughmix, der mit Soothe auf der Summe auf einmal extrem hörbar klingt.
11 und 12 verdeutlichen, wie man ein ge“amp“tes Rhodes von fiesen Harmonics befreien kann.
13 und 14: Vocal-Backgroundbus
15 und 16: Mittenzähmung der Leadvocal.
17 und 18: Fiese Proberaumaufnahme – achtet auf die Becken!
Dieses Plugin ist der Hammer, werde ich mir eines Tages besorgen ;)
Bei aller Liebe… aber ich kann dem Tool da nix abgewinnen. Macht mehr Sinn, penibel drauf zu achten, die Signale halbwegs sauber in den Rechner zu jagen. In den meisten Fällen (je nach Dichte des Arrangements) muss es ja nicht einmal perfekt sein. Die klassichen Werkzeige reichen für die Bearbeitung vollkommen aus. Vom Hocker hauen mich die mit dem Tool bearbeiteten Resultate auch nicht so wirklich.
Ich sehe das Tool als mehr als Retter, als als Mixing Tool. Ich bekomme oft fertig aufgenommenes Zugeschickt und muss dann schauen, wie ich damit klar komme. Gerade bei High Gain Gitarren hilft Soothe unglaublich oder bei speziellen Stimmen, wo meine Standard-De-Esser nicht funktionieren.
Eins der besten Plugins die es gibt. Mit solcher transparenz kann mann mit keinen anderem arbeiten. Ich habe damit das erste Iron Maiden bearbeitet damit ich es laut hören kann ohne das die Gittarren Resonanzen mir die ohren raushauen
@DrSpan Der Schmerz in deinen Ohren ist Teil der Kunst. Nimmst du ihn weg ist es nicht mehr das Gleiche.
Ok dann gibt es wohl keine schlecht produzierte alben und ich habe keine meinung.