Winter is coming
Zugegeben – die Überschrift mit der Game of Thrones-Anspielung ist vielleicht etwas platt, aber wenn man das Pearl Export Drum Set im Matt White-Finish zum ersten Mal sieht, denkt man unweigerlich an Schnee und Winter. „Weiß ist ja das neue Schwarz“ hat mir vor Kurzem jemand gesagt. Egal – mit Weiß ist man auf jeden Fall gut angezogen. Das gilt auch für Drum-Sets.
Geschichte
Das Pearl Export Drum-Set ist eine erfreuliche Konstante im Programm von Pearl. Ansonsten muss man, besonders bei der Masters-Serie, schon aufpassen, wenn man bei den ständigen Namens- und Kürzel-Änderungen den Überblick behalten will (ich sage nur MMX, MLX, MBX, MMG, MRV …). Ein Export ist ein Export ist ein Export. Basta. Da weiß man, was man bekommt, nämlich ein ordentliches Einsteiger-Set zu einem vernünftigen Preis. Und das schon seit Jahrzehnten. Natürlich hat sich auch im preislichen Einsteigerbereich einiges getan und so hat ein Export Set Jahrgang 2020 auch den Anspruch, einfach ein gutes Drumset für kleines Geld zu sein. Da schauen wir doch mal genau hin.
Technik
Unser Testset hat die Größen 22×18, 10×07, 12×08, 16×16 und eine 14×5,5 Snare. Hochmodernes Standard Rock/Pop/Gospel/Funk/Und-alles-außer-Jazz-Besteck. Das Folienfinish nennt sich Matt White und ist wirklich schick. Nicht ganz unempfindlich gegen schmutzige Finger, aber auf weiße Sachen muss man ja immer etwas Acht geben.
Die Kessel sind eine 6-lagige und 7,5 mm starke Mischung aus Pappel und asiatischem Mahagoni. Das Holz hat eine leicht rötlich-braune Färbung und wird auch als innere Lage genutzt, was auch wieder sehr hübsch aussieht. Die Felle sind – wie in dieser Preisklasse üblich – REMO UT: klare einlagige Felle auf den Toms, ein Coated auf der Snare und Powerstroke-Klone mit Dämpfungsring auf der Bassdrum.
Erste Überraschung beim Auspacken der Bassdrum: Pearl liefert zu jedem Export-Drum-Set ein Dämpfungskissen mit. Bravo! Und ein Frontfell mit Loch. Applaus, Applaus! Denn mal ehrlich: Kein Mensch spielt so ein Kit mit ungedämpfter, geschlossener Bassdrum. Gut gemacht, Pearl! Und wo wir gerade bei der Bassdrum sind – die Spannreifen sind auf der Außenseite so exakt geformt, dass sie perfekt in die weichen Gummi-Inlays (auch das noch!) der Claws passen. Ganz ehrlich – das habe ich bei Sets dieser Preisklasse noch nie gesehen.
Zusätzlich zum Set haben wir einen kompletten Hardware-Satz mit HiHat, Snare und 2 Beckenständern der 800er Serie, eine 930er Demonator Fußmaschine sowie einen Sabian SBR Beckensatz mit 14er HiHat, 16er Crash und einem 20er Ride erhalten. Dazu später mehr.
Die gesamte Hardware an den Kesseln ist sauber verchromt und macht technisch einen zuverlässigen Eindruck. Die einzigen Punkte, die mich gestört haben, betreffen die Tom-Halte-Rosetten auf der Bassdrum. Erstens sind die Schrauben, die die Tom-Arme festhalten, etwas klapprig und schwergängig, weil die Aufnahme für die TT-Arme nicht Kunststoff-gefüttert sind und zweitens sind sie zum Spieler hin positioniert. Das mag von vorne vielleicht besser aussehen, ist aber unpraktisch. Vom Drumhocker aus kommt man nicht gut dran, weil meistens die Toms im Weg sind und wenn man drankommt, sind sie so schwergängig oder manchmal sogar verklemmt, dass man sowieso aufstehen und sie von vorne bedienen muss. Da könnte man auch überlegen, sie gleich von vorne zugänglich zu machen. Wenn man dann aber die Toms endlich richtig positioniert hat, bleiben sie auch da und wackeln nicht.
Sympathisch war mir auch die Opti-Loc Tom-Halterung. Sie hält die Hängetoms stabil, lässt sie trotzdem schwingen und ist optisch angenehm unauffällig. Die Spannreifen sind einfache, dreifach geflanschte Stahlreifen mit 1,6 mm Stärke. An der Snare-Drum finden wir eine einfache aber solide Throw-Off-Abhebung, die stressfrei funktioniert.
Der Hardware-Satz macht ebenfalls einen soliden Eindruck. Die Schrauben funktionieren sauber, nichts wackelt oder wirkt billig. Natürlich sind bei der Roadtauglichkeit Abstriche zu machen, aber zum hundertfachen Auf- und Abbauen sind die 800er Ständer auch nicht gedacht.
Einzige kleine Kritik: Die Filze auf den Beckenständern sind zu hart und zu dick. Sie lassen die Kunststoff-Isolationen kaum durchscheinen und wenn man die Plastikschraube nur etwas zu weit dreht, halten sie die Becken zu fest und lassen sie kaum noch schwingen. Apropos Becken: Der Beckensatz war mit einer Transport-Verschraubung zusammengehalten, die nur mit schwerem Gerät (Rohrzange) zu lösen war. Das ist mir auch noch nicht untergekommen.
Export-Sound
Kommen wir zum spannenden Teil. Wie klingt ein Export-Drum-Set anno 2020. Einfache Antwort: gut! Die Bassdrum erzeugt ein ordentliches Pfund, die Snare klingt knallig und hat eine gute Teppichansprache, die Toms klingen warm und melodisch. Die innere Mahagoni-Lage der Kessel scheint dem Sound eine gute Portion tiefe Mitten zu verleihen, verglichen mit einem älteren Export mit reinen Pappel-Kesseln, das mir zum Vergleich zur Verfügung stand. Was mich überrascht hat ist, wie gut das Set schon mit den Remo UT Fellen klingt. Da kann zwar mit besseren Fellen noch einiges rausgeholt werden, aber auch so liefert das Export einen schönen Sound. Für den Soundcheck habe ich auf verschiedene Stimmungen verzichtet. Niemand stimmt so ein Set „jazzig“ und hoch. Auf den Audiobeispielen hört ihr das Set in einer tiefen (BD + Floor Tom) bis mittleren Stimmung (Snare und Hängetoms), die meiner Meinung nach dem Set auch am besten steht.
Die Becken können da leider nicht mithalten. Sie klingen blechern und nicht gerade inspirierend. Für Anfänger mag das noch genügen, sie sollten jedoch schleunigst gegen bessere getauscht werden.
Die Audiobeispiele sind mit folgendem Equipment gemacht worden:
- Overheads: 2x AKG C214
- Kick: Audix D6
- Presonus Interface, MacBook Pro, Studio One
Die Beispiele 1 und 2 sind ohne Effekte, in Beispiel 3 habe ich das Set mal mit etwas EQ und Kompression aufgeblasen. Nur zum Spaß!
Ein ready-to-use-Schlagzeug guter Qualität für unter 800 Euro ist schon ordentlich für ein Markenprodukt. Abstriche an der Hardware sind da in einem gewissen Rahmen zu akzeptieren. Schließlich soll das ja nicht DAS Schlagzeug sein, das 2 Mal die Woche auf un wieder abgebaut wird.
Mein ersten Set war deutlich schäbiger ;-)
Wenn man seinem Nachwuchs ein ordentliches Instrument kaufen möchte und mehr als 400-500 Euro hat, macht man sicher kaum etwas falsch. Allein schon, weil Eltern selbst meist kaum Ahnung haben und weil Kesselsätze meißt verlockend klingen, aber die Hardware und gescheite Becken den Preis gleich mal verdoppeln können. So hast halt alles was der Trommler braucht. Noch Sticks dazuu und gut is.
@dAS hEIKO Da hast du völlig recht, hEIKO. Andererseits sind es – gerade bei der Hardware – manchmal echt nur Kleinigkeiten, die die Hersteller ohne viel Aufwand und ohne die Preise anzuheben, noch verbessern könnten. Und darauf weisen wir in Test eben hin.
Beim ersten Beispiel hab ich irgendein Werkzeug vor Augen.
;-)