The Raster is back - V2 des Kult-Delays
Manchmal kommt es vor, dass man etwas zum Testen geliefert kriegt und sich denkt – nun gut, hier wäre vielleicht ein Abschluss in Ingenieurswissenschaften von Vorteil. Nun bin ich komplexen Pedalen alles andere abgeneigt – ich habe in der Vergangenheit vieles von Red Panda testen dürfen und für mich sind sie nach wie vor eine der spannendsten, wenn nicht sogar vielleicht die spannendste Pedalfirma überhaupt. Der Tensor hat einen festen Platz auf meinem Board und Pedale wie das Particle 2, Bitmap 2 oder Context 2 gehören einfach zur Creme de la Creme, lässt sich nicht anders sagen.
Doch bevor es ausgefallen wurde, begannen Red Panda ihre Karriere mit einem Delay-Pedal. Das Raster macht früh von sich reden – ein schlankes, hochflexibles Gerät mit interessanten Sounds und tollem Klangcharakter. Es war klar, dass Red Panda ihrem ehemaligen Steckenpferd die V2-Behandlung geben würden. Und es war klar, dass dies dann besonders komplex ausfallen dürfte. Das Raster V2 ist ein Delay-Pedal wie kein zweites, eine irre Performance-Maschine und zugleich ein experimentelles Kleinod.
Red Panda Raster V2 – Facts & Features
Kurz gesagt: Der Raster V2 ist ein digitales Delay mit einem Pitch-Shifter, einem Phase-Shifter, einem Frequency-Shifter – und das im Rahmen einer Feedback-Loop. Es können normale Repeats oder Reverse-Repeats gespielt werden, die jeweils einfach oder durchgehend geshiftet werden. Hinzu kommen Modulations-Optionen und raus kommt ein Pedal, das harmonisierte Delays genauso hinkriegt wie Chorus-Sounds, Arpeggios, Oszillationen und endlos dynamische Klangfelder.
Nicht schlecht, wa?
Wäre super, wenn man das gute Stück einfach anschließen und sofort loslegen könnte. Mitnichten! Damit ihr es einfacher habt als ich – denn, wer hätte es gedacht, das Raster V2 besitzt auch eine zweite alternative Bedienebene – werde ich für euch die Funktionen so einfach wie möglich runterbrechen und zum Schluss ein Fazit ziehen, ob so viel Komplexität für das gelieferte Soundpaket wirklich nötig sei.
Beginnen wir mit den Fußschaltern und den Kippschaltern: Tap- und Bypass, wobei Tap auch als Shift-Schalter funktioniert, der in Momentary- oder Latching-Modus versetzt werden kann. Die Shift-Modi des Gerätes sind dreifach, will heißen: Zum einen gäbe es da den Transpose-Modus (+/-12 Halbtöne), Detune-Modus, Phase/Frequency-Shift-Modus. Das würde durch Kippschalter Nummer abgedeckt. Der nächste Kippschalter, in der Mitte, kümmert sich um den Feedback-Modus: Reverse und Forward, jeweils mit Shift für einen Repeat oder sämtliche Repeats. Was heißt das? Dass das Feedback-Signal einfach einmal geshiftet wird oder eben endlos kaskadiert. Der dritte Kippschalter bezieht sich direkt auf die Delay-Zeiten und erlaubt es, die Delay-Zeit zu halbieren, zu normalisieren oder zu verdoppeln. Die Kippschalter über den zwei Fußschaltern sind lediglich zuständig für die Momentary/Latching-Modi. Will heißen, ob der Fußschalter die Funktion aktiviert, so lange man ihn gedrückt hält oder ob es einrastet.
Die linken vier Lichter stehen für eins der vier Presets, das ihr direkt auf dem Gerät speichern könnt. Per MIDI stehen euch 128 Preset-Slots zur Verfügung. Bei den rechten wird es schon ein bisschen komplizierter – hier geht es an die Modulationsriege des Pedals. Insgesamt gibt es sieben Schwingungsformen, aus denen man wählen kann. Von Sine über Triangle bis Ramp up und Envelope oder Random Steps ist alles dabei. Mit dem Wave-Knopf schaltet man durch und die Lichterkonstellation zeigt einem, was angewählt ist. Die zwei Regler darüber erlauben das Einstellen der Rate und des Depth-Parameters, den es klassischerweise bei allen Modulationen gibt. An dieser Stelle verlässt das Raster V2 von Red Panda klassisches Delay-Territorium und begibt sich in die Synthie-Welt. Denn die Repeats lassen sich hierüber in alle möglichen Soundflächen verwandeln, ganz in Abhängigkeit von den Reglern, die wir uns jetzt gesondert ansehen, sowie die alternativen Controls.
Red Panda Raster V2 – Digital Delay Machine
Die Regler des Pedals sind im Grunde nicht ungewöhnlich für ein Delay-Pedal. Schauen wir uns das mal an:
- Shift: Erlaubt es einzustellen, wie viel Pitchshifting passieren soll, von links bis zu -2 Oktaven bis rechts +2 Oktaven. Ist nur aktiv, wenn der linke Fußschalter in den Shift-Modus versetzt und aktiv ist und betrifft einen der drei oben genannten Shift-Modi.
- Feedback: Erlaubt es einzustellen, wie viele Repeats kommen sollen, wie sehr diese verzerren und oszillieren. Jenseits der drei Uhr Grenze ist endlose Selbstoszillation angesagt.
- Delay: Erlaubt es, die Delay-Zeit einzustellen.
- Blend: Dry-/Wet-Sounds können hier in Verhältnis zueinander gesetzt werden.
Die anderen zwei Regler kümmern sich wie erwähnt um das Verhalten der Modulationssektion. Jetzt ist es nichts Neues zu wissen, dass bei Red Panda die Interaktionen zwischen diesen Reglern sehr spannend und ungewöhnlich ausfallen kann. Speziell, wenn die Oszillation jenseits der drei Uhr Grenze des Feedback-Schalters steht, kann mit dem Delay-Regler beispielsweise viel getan werden, um die Texturen zu verändern. Noch ein paar Worte zu den alternativen Controls:
Wer den Alt-/Wave-Knopf gedrückt hält, kann jetzt pro Regler eine weitere Palette an Sounds einstellen bzw. den Stereo-Modus feintunen. Obacht – zwei separate Klinkeneingänge für Stereo-Ausgang gibt es nicht, da muss schon ein Y-Kabel her. Aber Blend zum Beispiel kann alternativ die links-rechts Balance des Stereo-Klangbildes einstellen. Feedback verwandelt sich in einen Tone-Regler und erlaubt es, von dunklem, schwelendem Klangbild hin zu einem höhenbetonten und Attack freudigen Klangbild alles abzudecken. Auch die links-rechts Balance der Shift-Parameter kann hier für Stereo fein eingestellt werden sowie die LFO-Balance und die Modulation-Balance – alles mithilfe des ALT-Buttons.
Red Panda Raster V2 – die Sounds des Delay Pedals
Also – das Red Panda Raster V2 ist ein massiv umfangreiches Delay-Pedal. Es vereint so ziemlich alles in sich, was ein Delay-Pedal ausmachen könnte. Ist das Ganze zu viel des Guten? Wie intuitiv ist das alles, wie klingt es?
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In Sachen Intuition ist bei der Bedienung nicht viel zu machen – das Raster V2 lässt sich on the fly nur schwer verstehen. Ein Blick ins Handbuch ist quasi unumgänglich – und sollte das bei einem Delay-Pedal wirklich der Fall sein? Fakt ist: Der Raster V2 ist wie so ziemlich alles im Red Panda Katalog experimentell ausgelegt. Wer sein Tape-Delay sucht, sein Digital-Delay mit dem Shimmer-Modus oder eine süße kleine analoge Kiste – weiterziehen bitte. Das Raster V2 ist für alle gedacht, die in Sachen Delay etwas Einzig- und Neuartiges suchen.
Es ist gar nicht so leicht, ein Werkzeug wie das Raster V2 einzuordnen. Es wäre sicher ein leichtes zu sagen: Experimental Delay Numero X. Ich habe das Gefühl, das geht nicht weit genug. Es ist ein Performance-Tool, das ungefähr genauso gelernt werden kann wie ein eigenes Instrument. Es bedarf ein bisschen Logik und viel Zeit, aber man realisiert – wer für die Effekte des Pedals gezieltes Timing einsetzt mithilfe eines Expression-Pedals und eines MIDI-Controllers, kann hier Ungeahntes rausholen. Am sinnvollsten ist es, das Gerät ähnlich wie einen Whammy auf Steroiden zu behandeln und nicht wie ein experimentelles Digital Delay. Damit will aber auch zum Ausdruck gebracht werden: Meine Güte, einfach ist das Gerät nicht. Und es dauert, bis man Sounds findet, die annehmbar sind und selbst da gebietet es sich: weniger Töne spielen und dem Raster V2 den Rest überlassen.
Wir haben nichtsdestotrotz erstmal einfach reguläres Delay und Reverse Delay eingespielt, um die digitale Klarheit des Sounds hervorzuheben – keine Sperenzchen, sondern purer Digital Delay-Sound.
Nun holen wir die Shift-Funktion dazu und spielen jeweils mit Transposition (nicht benannt), Frequency und Detune. Hierbei wird das Feedback immer wieder reversed, mit Time gearbeitet – jeden Arbeitsschritt im Detail zu erläutern, würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Die leicht körnigen Repeats sind das Trademark von Red Panda. Speziell mit dem Detune lassen sich atmosphärisch dichte Einheiten schaffen, während der Frequency-Modus vor allem für Experimente geeignet ist. Die Klangdichte und die Menge an Texturen sind schon einfach sensationell.
Holen wir die letzte Variable rein in die Raster-Gleichung: Modulation. Ab hier wird es tatsächlich bisweilen abgefahren und ich kann nur betonen: Das Ganze braucht Zeit und selbst dann dürften die Ergebnisse vielen zu experimentell sein. Aber die Shift-Funktionen mit unterschiedlichen Schwingungsformen zu vermischen, bringt Sounds zustande, die, da bin ich mir sicher, kein anderes Delay-Pedal auf dem Markt hinkriegt. Bisweilen gilt auch hier: Man muss dem Red Panda Raster V2 den Raum lassen, zu viele Töne und es verwandelt sich ruckzuck alles in klanglichen Matsch. Will niemand, braucht niemand. Besonders erfreulich: Raster V2 kann MIDI-Clock empfangen. Dadurch lassen sich die Sounds der LFOs und die Schwingungsformen perfekt timen. Als Abschluss ein Hinweis auf die Oszillation, demonstriert bei Beispiel Nummer 5 – so gehört sich das! Anstatt des Gefühls, dass einem das Pedal jederzeit um die Ohren fliegen könnte, entzieht das Raster mit jedem Oszillationszyklus untenrum unmerklich ein paar Prozente, so bleibt das alles beherrschbar und trotzdem mächtig.