Installation der Software
Bevor man mit dem Roli Seaboard Rise beginnen kann, muss man sich zunächst registrieren, um im zweiten Schritt Software und eine ausführliche Bedienungsanleitung herunterzuladen. Mit zum Paket des Seaboard Rise gehört die Software Equator, ein Software-Synthesizer, der laut Hersteller perfekt auf das Seaboard abgestimmt ist. Denn viele Funktionen, die das Seaboard Rise bietet und vom Spieler umgesetzt werden können, werden von den gängigen Programmen nur eingeschränkt bis gar nicht unterstützt. Stichwort fünf Expression, polyphones Pitch Bend und Aftertouch. Denn so interessant das Seaboard aufgrund seines Aussehens und seiner Funktionen auch sein mag, letztlich muss es sich im Alltag bewähren, mit den aktuellen Software Programmen kompatibel und vor allem einfach spielbar sein.
Die Installation der Software geht einfach von der Hand. Auf dem Computer werden das Roli Dashboard und die Equator Software installiert. Wie im Handbuch beschrieben, starte ich zunächst das Dashboard. Hier lassen sich neben den fünf Expressions (Strike, Glide, Slide, Press und Lift) auch die Aufgaben und Befehle der Fader, des Pedals und dem X/Y-Pad einstellen. Einstellungen, die man hier vornimmt, bleiben auch nach dem Ausschalten des Geräts erhalten. Das Seaboard verfügt nämlich über einen internen Akku, der laut Hersteller bei voller Kapazität rund 10-11 Stunden ununterbrochenen Spielspaß verspricht.
Kompatibel ist das Roli Seaboard Rise sowohl mit OSX (ab 10.8) als auch Windows 7, 8 und 10. Die Verbindung kann entweder per USB-Kabel oder per Bluetooth hergestellt werden. Bluetooth funktioniert allerdings nur, sofern der Computer kompatibel zu Bluetooth LE ist und OSX 10.10 darauf läuft. Auch das iPad kann natürlich mit dem Seaboard genutzt werden.
Sobald de groben Einstellungen vorgenommen sind, startet man die Software Equator. In der Übersicht des Software Synthesizers finden sich zunächst die gleichen Kurvendiagramme wie im Dashboard. Je nachdem welche der fünf Expressions gerade aktiv sind, fährt ein gelber Punkt über die Linie des entsprechenden Diagramms.
Darüber hinaus präsentiert sich Equator wie ein klassischer Software Synthesizer. Als Klangquelle stehen Sample 1-2, OSC 1-3, Noise und FM zur Verfügung, zwei Filter, fünf Hüllkurven plus eine komplette Effektsektion tun ihr übriges, um den Sound von Equator zu bestimmen. 60 Presets sind bereits vorprogrammiert, aber durch den einfachen Aufbau kann hier jeder sofort rumschrauben und eigene Klänge bauen bzw. die bestehenden überarbeiten. Die Presets sind in etwa gleich auf die Sparten elektronische Klänge und Nachbildungen akustischer Instrumente verteilt. Wie vom Hersteller versprochen, sind diese Preset Sounds bereits alle auf die Fähigkeiten des Seaboard Rise abgestimmt. Sobald also eine der fünf Expressions durch Handbewegung steuert, verändert sich augenblicklich der Sound.
Das Roli Seaboard Rise in der Praxis
Während meine ersten Versuche, das Roli Seaboard Rise zu beherrschen, noch ziemlich nach Kinder-Geklimper klingen, geht es nach etwas Eingewöhnungszeit recht gut vonstatten. Die Abstände der Keywaves sind zunächst sehr gewöhnungsbedürftig, aber man sollte sich von Anfang an darauf einstellen, eben nicht wie auf einer herkömmlichen Tastatur zu agieren. Hier kommen ganz andere Bewegungen zum Tragen, als man es bisher gewohnt ist. Natürlich drückt man jede Keywave runter, aber das ist bei Weitem nicht alles. Durch Drücken, Ziehen, Gleiten und sogar geübtem Loslassen der Taste ergeben sich unterschiedlichste Klangeindrücke. Und das, obwohl ich zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht mal die zusätzlichen Fader oder das X/Y-Pad mit hinzugenommen habe.
Gleichermaßen muss man seine Finger allerdings feiner und genauer bewegen als auf einer normalen Tastatur, denn Ungenauigkeiten werden schnell vom Seaboard enttarnt und führen gerne zu schrägen Tönen.
Wer denkt, dass das Seaboard Rise ausschließlich für elektronische Sounds und Klangmodulationen bestimmt ist, wird dank der 60 Presets von Equator schnell eines Besseren belehrt. Akustische Instrumente leben von ihren unterschiedlichen Artikulationen/Spielweisen, die in aktuellen Sample Librarys zumeist über Keyswitches umgesetzt werden. Hinzu kommen Expression und Modulation, was alles zusammen genommen gut funktioniert, aber live – wenn überhaupt – nur mit viel Übung und genauen Bewegungsabläufen umgesetzt werden kann.
Das Roli Seaboard Rise ist dank seiner vielfältige Ausdrucksformen da deutlich besser für geeignet. Unterschiedliche Velocity-Stufen zum Triggern von Spielweisen sind da nur der Anfang, durch Gleiten und Ziehen kann man aber auch Dynamik und Ausdrucksstärke viel intuitiver steuern, was sogar erstaunlich schnell zu guten Resultaten führt. Beispiele sind da u.a. ein Slide nach unten auf einem Kontrabass oder das Vibrato bei Streichern, was durch eine Vorwärtsbewegung auf einer Keywave gesteuert wird.
Aber natürlich gilt das Gleiche auch für den elektronischen Bereich, denn auch hier lassen sich dank der größeren Ausdrucksformen unterschiedlichste Modulationen in Echtzeit und vor allem mit einem Finger realisieren. Nicht zuletzt sind die Themen polyphones Aftertouch und polyphones Pitch Bending eine super Möglichkeit, noch besser Einfluss auf Tonhöhe bzw. Modulation zu nehmen.
Wie allerdings bereits erwähnt, steht und fällt der Erfolg des Seaboards zusammen mit der Einbindung in die gängigen DAWs bzw. der Steuerung von Software Synthesizern anderer Hersteller. Die Einbindung ist kein Problem, das Seaboard Rise wird ganz normal als USB/MIDI-Controller erkannt und kann zum Einspielen von Noten bzw. Steuern von MIDI Control Change Befehlen sofort genutzt werden. Bei den gerade erwähnten Themen polyphones Aftertouch und Pitch Bend wird es da aber schon schwieriger, denn das wird von den meisten Programmen nicht unterstützt bzw. sind viele Software Synthesizer überhaupt nicht polyphon.
Abhilfe schafft hier das Zusatzprogramm PolyThru App, das im Hintergrund mehrere Instanzen des Plug-ins lädt, die allesamt über eine Bedienoberfläche gesteuert werden und die vom Seaboard aus über unterschiedliche MIDI-Kanäle angesprochen werden. Im Test funktionierte das sehr gut, allerdings schoss je nach Plug-in auch gleich die CPU-Belastung in die Höhe. Dem Hersteller Roli kann man da keinen Vorwurf machen, letztlich bleibt nur die Hoffnung, dass die Möglichkeiten des Seaboards auch von anderen Herstellern erkannt und in neuen Produkten umgesetzt werden.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Die DAW Bitwig Studio dürfte hier für manche interessant sein. Seit Version 1.2 unterstützen die nämlich den MPE(MIDI Polyphonic Expression)-Standart, den sie zusammen mit Roger Linn (Entwickler u.a. des Linnstruments) entwickelt haben. Hier werden quasi einfach die 16 MIDI-Kanäle als 16 polyphone Voices verwendet – jede mit eigenem Pitchbend + Expressions.
In Bitwig Studio selber lassen sich die Noten inklusive polyphone Expressions dann nativ aufnehmen und auch bearbeiten.
Die in der DAW verwendeten VSTs müssen natürlich erst mal diesen Standart unterstützen,(was nur wenige tun, aber es gibt schon welche) aber ich will hier nur auf die Bitwig-internen Synthesizer/Sampler und das intuitive Modulations-Zuweisungs-System aufmerksam machen, mit dem sich die polyphonen Expressions superschnell auch ins eigene Sound- und Patchdesign einbinden lassen.
Eine wirklich innovative Tastatur und im digitalen Zeitalter passender Nachfolger des wohltemperierten Klaviers. Allerdings aufgrund der noch niedrigen Stückzahlen zu teuer (für mich), vor allem die Teile mit mehr Keys.
Richtig blöd ist, dass die schnurlose Übertragung zwischen Tastatur und Notebook via bluetooth nicht für Windows geht. Ein Nichtkaufargument für mich.
Ich habe schon einiges zum Thema Roli vs. LinnStrument kommentiert:
https://www.amazona.de/test-roger-linn-design-linnstrument-usbmidi-controller/10/
… und wollte hier noch anmerken, dass die Testkriterien für zwei ähnliche Geräte (beide MPE-basiert) nicht die gleichen sind, sodass das LinnStrument bei euch wesentlich schlechter abschneidet. Die Minuspunkte „hoher Preis“ und „nicht leicht erlernbar“ hat das Roli schließlich auch (LinnStrument: 1699€ für 200 Sensoren, Seaboard: 1250€ für 49 Tasten). Allerdings hat der Tester beim LinnStrument Audiofiles aufgenommen, die solche Schwierigkeiten dokumentieren (und noch nichtmal polyphonische Pitchbends benutzt), während hier nur Demovideos zu sehen sind.
Ich würde die Amazona-Redaktion daher bitten, bald einen gründlichen Vergleich der beiden Geräte unter gleichen Voraussetzungen zu unternehmen, um potentiellen Käufern die Entscheidung zu erleichtern.
Mir ist auch nicht klar, warum das Seaboard bei euch unter „Keys“ läuft, das LinnStrument aber unter „Beats“. Die Sensoren sind ja trotz des unterschiedlichen Layouts ähnlich.
Wäre interessant zu wissen, ob man auch direkt Hardware (Synths) ansteuern könnte.
Wie ich die neuen Entwicklungen jedoch einschätze, geht das nur über den Umweg eines Rechners bzw ipads.
Vielleicht reicht ja so’n Adapterkabel USB / MIDI?
Tja, ich werds wohl nie erfahren,
also das Teil kaufen und wieder verkaufen…
Wenn Du Hardware mit USB Host Anschluss hast, wie z.B. den Futuresonus Parva oder den NF-1m, dann kannst Du den Roli direkt anschließen. Ansonsten die einfachen USB MIDI Kabel gehen nicht, die sind nur als Verbindung zwischen einem USB Host (PC, Laptop) zu MIDI gedacht. Es gibt einige wenige Wandler von USB MIDI auf MIDI, wie z.B. Kenton MIDI USB Host. Siehe auch die Support Seiten von Roli für Details.
Du meinst doch wohl kaufen und behalten?
Der Fred ist uralt, ich weiss, aber:
@Chick Sangria „LinnStrument: 1699€ für 200 Sensoren, Seaboard: 1250€ für 49 Tasten“
Ist es nicht etwas unfair, beim Linn die Sensoren und beim Roli die Tasten zu zählen. Beim Seaboard dürften noch deutlich mehr Rezeptoren im Spiel sein.