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Test: Rupert Neve Designs Portico 5017, Mikrofonvorverstärker/DI-Box/Kompressor

Der High-End-Mobilist

24. August 2020
rupert neve designs 5017 preamp test

Rupert Neve Designs Portico 5017, Mikrofonvorverstärker/DI-Box/Kompressor

Der geschätzte Kollege Raphael Tschernuth hat sich in seinem Testbericht ausführlich dem Rupert Neve Designs 517 gewidmet, der eine technisch weitgehend identische Version des Gegenstandes dieses Artikels, dem Rupert Neve Designs Portico 5017, ist. Der einzige wirkliche Unterschied besteht darin, dass der 517 im API 500 Format gehalten ist und somit ein Gehäuse mit Stromversorgung zum Betrieb benötigt, während es sich beim 5017 um eine Standalone-Lösung handelt, die sofort einsatzfähig ist. Daher liegt der Preis des 517 (888,- Euro) auch unter dem des 5017, der für derzeit 1.130,- Euro den Besitzer wechselt.

Welchen Sinn ergibt also noch ein Testbericht zu quasi dem gleichen Gerät? Einerseits handelt es sich hierbei um einen echten Langzeittest, da ich mir das Gerät bereits vor 9 Jahren selbst gekauft habe und seitdem häufig und regelmäßig benutze (somit kann ich hier schon mal spoilern, dass es kein allzu negatives Testergebnis geben wird …), ich also echte Aussagen über die Langlebigkeit des Gerätes treffen kann. Andererseits wird bei diesem Test der Fokus gerade bei den Klangbeispielen mehr auf den speziellen Features des Gerätes, die dem Zusammenspiel von gleichzeitig mikrofonierten und per DI abgenommenen Signalen dienen, liegen.

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Lieferumfang, Verarbeitung und Ausstattung

Im Karton befindet sich der Preamp selbst, ein Schaltnetzteil, das die 12 Volt Betriebsspannung zur Verfügung stellt und ein gedrucktes, englischsprachiges Benutzerhandbuch.

Es handelt sich um ein kompaktes Desktop-Gerät in mit optisch ansprechend gerundeter Form und einer Farbgebung in Dunkelblau und Hellgrau. Die Maße sind, genau wie das Gewicht, überaus transportfreundlich und verleihen dem Zusatz „Portico“ in der Produktbezeichnung einen Sinn.

rupert neve designs 5017 test

Dichtgedrängt geht es daher auf dem vorderseitigen Bedienfeld des Gerätes zu, dennoch ist es den Designern durch geschickte Anordnung der Bedienelemente gelungen, eine komfortable Bedienung zu ermöglichen.

Zunächst finden wir ganz links zwei Klinkenbuchsen, „Instrument“ und „Thru“, die der DI-Box zuzuordnen sind. Durch den „Thru“-Ausgang wird das am „Instrument“-Eingang anliegende Signal unverändert wieder ausgegeben, beispielsweise um damit einen Instrumentalverstärker anzusteuern.

Direkt daneben befindet sich der rotfarbene Gain-Regler zum Instrumenteneingang, hier ist eine Verstärkung von bis zu 30 dB stufenlos einstellbar. Darüber gibt es eine mehrfarbige LED, die bei anliegendem Eingangssignal grün und bei Übersteuerungen rot aufleuchtet.

rupert neve designs 5017 test

Ganz rechts auf dem Bedienfeld befindet sich der ebenfalls rote Gain-Regler des rückseitigen Mikrofoneingangs, hier ist eine Vorverstärkung von bis zu 66 dB möglich, einstellbar in gerasterten 6-dB-Schritten. Auch hier hilft eine zweifarbige LED bei der Kontrolle des Signals.

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Die Besonderheit des Testkandidaten ist im Zentrum der Vorderseite angeordnet: Der Blend-Regler, der beide Signale stufenlos mischt, in Verbindung mit der darüber sitzenden „Variphase“-Regelung. Diese ist per Druckschalter aktivierbar, mit dem „Phase-Sweep“-Regler lassen sich Phasenauslöschungen, die unweigerlich auftreten, sobald man das gleiche Signal mehrfach aufnimmt, in den Griff bekommen. Die „korrekte“ Einstellung dieses Reglers kann nur durch Ausprobieren und Hören ermittelt werden, da gibt es praktisch keine „Standardeinstellung“, die immer funktioniert.

Der Ein-Knopf-Kompressor mit regelbarer Einsatzschwelle („Threshold“) samt zugehöriger, bei einsetzender Kompression gelb leuchtender LED, ein schaltbares Klang-Preset namens „Silk“ sowie schaltbare Phasenumkehr und Tiefpassfilter bei 80 Hz für den Mikrofoneingang komplettieren die opulente Ausstattung des Gerätes. Zumindest die, die auf der Vorderseite des Gerätes zugänglich ist.

Anschlüsse

Rückseitig befinden sich neben dem schon erwähnten Mikrofoneingang noch Schiebeschalter für Phantompower des Mikrofonkanals und ein Groundlift für den DI-Kanal.

RND Portico 5017 03 test

Auch einen Power-Schalter kann man hier finden, den Anschluss für das mitgelieferte Netzteil und zwei Ausgänge, einen XLR-Ausgang, der alternativ das reine Instrumenten- oder das Blendsignal ausgibt sowie einen Stereoklinkenausgang, der das Mikrofonsignal oder das Blendsignal liefert.

Damit nicht genug, auch im Inneren des Gerätes kann man mit internen Jumpern noch Einstellungen vornehmen: Ein Jumper entscheidet über den Modus des Gerätes, alternativ zum „Single-Channel-Mode“, der einen Mix beider Signale an den Ausgängen bereitstellt, kann man einen „Dual-Channel-Mode einstellen, der beide Signale getrennt ausgibt.

Der zweite Jumper ändert die Zeiten der Kompression. Hier hat man die Wahl zwischen „Fast“, was Attack- und Release-Zeiten von jeweils 40 Millisekunden bedeutet und „Slow“, wo Attack bei 100 und Release bei 350 Millisekunden liegen.

RND Portico 5017 Jumper

Ich empfinde es als echtes Ärgernis, dass sich diese beiden nicht gerade unbedeutenden Einstellungen nur sehr mühsam über das Versetzen von Jumpern im Inneren vornehmen lassen. Das bedeutet immer Gehäuseschrauben lösen, Gehäuse öffnen, den Jumper versetzen (was ein ziemliches Gefummel ist, so ein Jumper ist doch recht zierlich) und dann alles wieder zurück!

Das ist nichts, was man „mal eben schnell“ erledigt – wohlmöglich während der Session mit dem Künstler im Studio. Gerade beim Kompressor, der eigentlich wirklich gut klingt, ist das sehr unschön. Auf der Rückseite wäre schon noch Platz für zwei entsprechende Knöpfe oder Schalter gewesen.

Ansonsten kann ich zur Verarbeitung nur Positives sagen. Die Haptik aller Bedienelemente ist ausgesprochen hochwertig, alles funktioniert auch nach 9 Jahren noch wie am ersten Tag, kein Poti knistert beim Regeln, nichts! Um der Wahrheit die Ehre zu geben, ist mir das Gerät auch schon zweimal von seinem Platz auf dem Studiorack in etwa 1,3 Meter Höhe auf den harten Studioboden aus Holz gesegelt, das Ergebnis hiervon sind zwei Macken im Fußboden, es handelt sich hier also um ein ausgesprochen zuverlässiges und robustes Gerät!

Sound & Praxis

Das erste Klangbeispiel gehört, wie eigentlich immer bei meinen Preamp-Tests, meiner gesprochenen Stimme über ein Neumann TLM 103 im Vergleich zu meinem „Referenz-Preamp“, dem ULN-2 von Metric Halo. Das Mikrofonsignal wird dabei gesplittet und gleichzeitig über beide Preamps aufgenommen. Das Signal des Rupert Neve Designs Portico 5017 wird dabei über den zweiten Wandler des ULN-2 geschickt.

Die Unterschiede bei der Sprachaufnahme sind gering, aber vorhanden. Der Testkandidat steuert eine subtile Färbung bei, eine für Übertragerschaltungen typische „Rauheit“ (ich weiß nicht, wie ich es sonst beschreiben soll, manche nennen es „Wärme“).

Auflösung, Nebengeräuschverhalten und Dynamik sind auf dem hohen Niveau, das man von dem Namensgeber und Entwickler des Geräts erwartet.

Im folgenden Klangbeispiel kann man tatsächlich den Einfluss der „Silk“-Funktion hören, die dem Signal einige harmonische Verzerrungen hinzufügt und so eine Färbung erzeugt (laut Benutzerhandbuch: „adds nostalgic warmth and presence“). Ich habe im Laufe der Zeit ein wenig damit herumprobiert und meistens höre ich wirklich überhaupt keinen Unterschied, über das sehr präsenzfreudige TLM 103 kann man bei den „S“-Lauten aber durchaus einen Effekt wahrnehmen:

Eine Stahlsaitengitarre wird gleichzeitig mit Mikrofon (Neumann KM 184) und Pickup (dem werkseitig in der Gitarre verbauten Fishman Piezo) aufgezeichnet und anschließend mit den Features des Testkandidaten bearbeitet. Hier zunächst die beiden aufgenommenen Einzelsignale:

Nun werden beide Signale gemischt und mit dem „Phase-Sweep“-Regler bearbeitet. Zum Vergleich die Versionen ohne und mit Phasenkorrektur:

Meinem Erachten nach erfährt das Signal durch die Phasenkorrektur eine deutliche Veränderung, die zu einem verbesserten Klangbild führt. Das Ergebnis klingt natürlicher und offener, als es das bloße Mischen beider Signale ermöglicht.

Auch der Kompressor kann klanglich überzeugen. Hier arbeitet er im „Slow“-Modus auf der Stahlsaitengitarre mit angeschlagenen Akkorden („Strumming“). Diese ist mit Mikrofon und Pickup aufgenommen und mit dem „Phase Sweep“-Regler bearbeitet. Zum Vergleichen gibt es außerdem das Beispiel ohne Kompressor:

Geradezu prädestiniert erscheinen die Features des RND 5017 für das Recording von Elektrobässen. Hier ist es gang und gäbe, gleichzeitig das direkte Ausgangssignal des Instrumentes per DI-Box mit dem mikrofonierten Signal des Bassamps aufzunehmen und dann beide Signale zu mischen. So auch hier geschehen mit einem Jazzbass über den AER Amp-One Basscombo. Als Mikrofon findet das Neumann TLM 103 Verwendung, da es den Bassbereich sehr straff und konturiert einfängt.

Auch hier wird das gemischte dem zusätzlich phasenkorrigierten Signal gegenübergestellt:

Wieder ist ein deutlicher Unterschied hörbar. Meiner persönlichen Meinung nach profitiert auch dieses Signal von der Phasenkorrektur.RND Portico 5017 05

Was man sonst noch so mit dem Portico 5017 anstellen kann, wird in den folgenden beiden Beispielen demonstriert. Zunächst ist der interne Kompressor in der „Fast“-Einstellung auf dem phasenkorrigierten Basssignal zu hören, dann habe ich mir erlaubt, den Mikrofonvorverstärker als Sättigungstool zu missbrauchen, indem ich  ihn leicht übersteuert habe. Ich finde das Ergebnis wirklich überzeugend!

Der Kompressor klingt hier schön transparent und zupackend, durchaus gut zu gebrauchen!

Weiter geht’s mit dem über ein Neumann KM 184 mikrofonierten, dabei gleichzeitig über den Piezo-Tonabnehmer von der Firma Shadow im Stegflügel aufgenommenen Kontrabass.

Auch hier werden beide Signale mit dem „Blend“-Regler gemischt und dann mit dem „Phase Sweep“ -Regler optimiert. Abschließend ist das Mikrofonsignal mit dem Kompressor im „Slow“-Modus zu hören.

Die Phasenkorrektur bietet auch hier wieder klangliche Variationen, die sonst nicht machbar wären. Wenn es auch natürlich immer Geschmacksache ist, finde ich doch, dass die phasenkorrigierten Signale immer eine Spur natürlicher und runder klingen, so auch hier beim Kontrabass.

Sehr gut macht sich der Kompressor im „Slow-Modus“, der Bass wird so schön zum „Singen“ gebracht.

In den folgenden Beispielen ist ein Akai Rhythm Wolf zu hören, eine einfache analoge Groovebox, die parallel direkt über den Instrumenteneingang und durch einen angezerrten Röhrenamp geschickt wird, der mit einem Shure SM 57 aufgenommen wird.

Die Phasenkorrektur des gemischten Signals wird alle 2 Takte an- und ausgeschaltet:

Der übersteuerte Instrumenteneingang klingt ebenfalls nicht schlecht.

Kompression im „Fast“-Modus auf dem DI-Eingang:

Zu guter Letzt noch ein Beispiel mit deutlich stärker verzerrtem Röhrencombo. Das Ganze wird mit dem DI-Signal gemischt, phasenkorrigiert und mit dem internen Kompressor komprimiert.

Insgesamt präsentiert sich der Testkandidat als klanglich äußerst hochwertig und professionell, dazu kommen seine vielfältigen Möglichkeiten der Klanggestaltung bereits bei der Aufnahme, die man natürlich auch beim Mix nutzen kann. Eigentlich ein klarer „Best Buy“-Anwärter, wäre da nicht die Geschichte mit den Jumpern.RND Portico 5017 06

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Fazit

Der Rupert Neve Designs Portico 5017 vereinigt professionelle Audioqualität, reichhaltige, praxisgerechte Ausstattung und eine superrobuste Verarbeitung mit kompakter und transportfreundlicher Bauweise. Bedenkt man dazu, was der klangvolle Name des Herstellers für die Außenwirkung des eigenen Studios bedeuten kann, spricht vieles für eine klare Kaufempfehlung auch als erster „richtiger“ Preamp für ein Projektstudio.

Negativ schlägt allerdings die ausschließliche Erreichbarkeit wichtiger Funktionen über Jumper im Geräteinneren zu Buche, ich kann damit leben, wenn auch nur zähneknirschend.

Ansonsten kann auch aufgrund des wirklich attraktiven Preis-Leistungs-Verhältnisses nur zum Antesten geraten werden.

Plus

  • Verarbeitung
  • Ausstattung
  • Sound
  • Robustheit
  • dank kompakter Bauweise auch für mobilen Einsatz geeignet

Minus

  • einige Einstellungen nur per Jumper im Inneren erreichbar (s. Text)
  • Wirkung der Silk-Schaltung klanglich kaum hörbar

Preis

  • 1.130,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Lewis

    Hallo Christian, danke für den informativen Bericht, gute Sound-Beispiele. Eine Frage habe ich noch: Du schreibst: „… sowie einen Stereoklinkenausgang, der das Mikrofonsignal oder das Blendsignal liefert …“. Heißt das, der Portico gibt ein Stereosignal aus? Danke und viele Grüße!

  2. Profilbild
    Christian Spohn RED

    Hallo Lewis,

    danke für deinen Kommentar, die Formulierung ist in der Tat unglücklich bis missverständlich … Es handelt sich um einen symmetrischen Ausgang im Stereoklinkenformat an dem ein Monosignal anliegt.

    Grüße!

  3. Profilbild
    Green Dino AHU

    „Die Maße sind, genau wie das Gewicht, überaus transportfreundlich und verleihen dem Zusatz „Portico“ in der Produktbezeichnung einen Sinn.“

    Portico bedeutet doch Säulengang bzw. Säulenhalle^^ :D

    Ist sicher ein feines Gerät, aber wenn wie hier wichtige Funktionen nur über Jumper zu erreichen sind finde ich das immer schade und ich würde mir auch gut überlegen ob ich so ein Gerät überhaupt anschaffen würde.

    Einstellungen, die man einmal macht und dann so lässt, sowas kann ja über Jumper gelöst werden, aber doch keine Funktionen, die man im Betrieb umschalten möchte.

    Grüße

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