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Test: Sanken CU-44X MK II, Großmembran Zweikapsel-Studiomikrofon

Japanisches Understatement-Mikrofon

1. Juli 2020
sanken cu 44 II mk mikrofon test

Sanken CU-44X MK II, Großmembran Zweikapsel-Mikrofon

Sanken, ein japanischer Hersteller hochwertiger Mikrofone, fristet hierzulande ein Dasein als Geheimtipp (wenn überhaupt …) und ist neben Platzhirschen wie Neumann, Telefunken, AKG, Brauner, Schoeps oder der heimischen Konkurrenz von Audio Technica kaum jemandem ein Begriff.

Dabei werkelt die Firma bereits seit 1925 (seit 1959 unter dem jetzigen Namen) in Tokio an ihren innovativen Produkten. Erstaunlich auch, dass die doch recht ungewöhnliche Bauweise mit zwei übereinander angeordneten unterschiedlichen Kapseln für tiefe und hohe Frequenzen bereits 1982 mit dem CU-41 präsentiert wurde. Die neueste Entwicklung dieser interessanten Technik, das Sanken CU-44X MK II, ist nun der Gegenstand dieses Testes.

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Irgendwas scheint dran zu sein, schwärmt doch kein Geringerer als George Massenburg ziemlich von dem Vorgänger CU-44x, das noch ein externes Speisegerät zur Stromversorgung benötigte.

Im Test Sanken CU-44x Mk 2 BB

Lieferumfang und Verarbeitung

Das japanische Mikrofon wird zusammen mit einer passenden elastischen Aufhängung geliefert, wobei sich das Mikrofon in einer Kunststoffschachtel mit Schaumstoff-Formteilen und die Spinne in einer weißen Pappschachtel befinden. Schicke Holzboxen mit Samtpolstern kommen hier also nicht zur Anwendung, Zweckmäßigkeit und ein gewisses Understatement sind angesagt.

Ebenfalls schlicht und beinahe schon etwas langweilig wirkt das Design des lediglich 156 mm langen Mikros mit einem Durchmesser von 46 mm und einem Gewicht von 439 g.

Das ehrfürchtige Staunen, das andere, imposantere Gr0ßmembranmikrofone schon aufgrund eines mächtigen Erscheinungsbildes erzeugen können, wird sich hier bei niemandem einstellen, dafür sind das geringe Gewicht und die kompakten Maße beim Handling natürlich enorm vorteilhaft!

Im Test: Sanken CU-44 Mk 2 vs SM 57

Das Mikrofon ist mattschwarz gehalten, das Längenverhältnis vom sich dezent nach unten hin verjüngenden Korpus zum Mikrofonkorb ist etwa 50:50. Um die XLR-Ausgangsbuchse herum ist das Gewinde für die elastische Aufhängung gedreht, das Firmenlogo ist weiß auf den kräftigen Metallring, der den Korb mir dem Korpus verbindet, aufgedruckt und zeigt so die Einsprechrichtung an.

Recht spektakulär, weil ungewöhnlich, ist dann der Blick durch das Schutzgitter des Korbes auf die Membrankonstruktion: Die untere, für die tiefen Frequenzen ausgelegte Membran, sitzt in einer Art quadratischem Gehäuse, die darüber angebrachte, für die Höhen, hat einen etwas geringeren Durchmesser. Das Material für die Membrane ist Titan und soll dank einer speziellen Beschichtung extrem unempfindlich gegenüber Feuchtigkeit und Temperaturschwankungen sein. Irgendwelche schaltbaren Trittschallfilter oder Pegelabsenkungen hat das Testobjekt nicht zu bieten, die einzige Richtcharakteristik, die das Mikrofon  zu bieten hat, ist Niere.

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Im Test: Sanken CU-44 Mk 2 02

Diese ist jedoch ziemlich breit und bietet einen nahezu unveränderten Frequenzgang bis zu einem Aufnahmewinkel von 135 Grad! Das bedeutet, dass seitlich von der Null-Grad-Achse eintreffende Signale wie Reflexionen des Aufnahmeraums oder Übersprechungen benachbarter Schallereignisse mit dem beinahe gleichen Frequenzspektrum eingefangen werden wie das Hauptsignal, was die Aufzeichnungen akustischer Ereignisse besonders natürlich klingen lassen soll.

Zahlen und Diagramme

Es handelt sich beim Testkandidaten um ein übertragerloses Kondensatormikrofon. Die technischen Werte sind teilweise recht unspektakulär, wie zum Beispiel der Ersatzgeräuschpegel, der das Nebengeräuschverhalten beschreibt, der hier bei 15 dB (A-gewertet) liegt. Zum Vergleich bietet hier das TLM-103 von Neumann mit nur 7 dB einen deutlich besseren Wert, wobei das allerdings auch ein recht einsamer Spitzenwert ist und Nebengeräusche oder Rauschen beim Testkandidaten in der Praxis keinerlei Probleme bereiten.

Es gibt aber auch spektakuläre Werte, wie den Frequenzbereich, der bis 30 kHz hinauf reicht, mit einer leichten Anhebung oberhalb von 8 kHz oder der Grenzschalldruck von 140 dB, der es auch erlauben würde, einen Flugzeugstart aus nächster Nähe verzerrungsfrei einzufangen.Sanken CU-44 Mk 2 03 Im Test: sanken-cu-44-04

Besonders hervorzuheben ist hier sicherlich die schon erwähnte Richtcharakteristik mit dem vollen Frequenzgang über die gesamte breite Niere.

Sound & Praxis

Dank der für ein Großmembranmikrofon kompakten Maße lässt sich sehr gut damit arbeiten – nahezu überall findet sich ein Plätzchen, um das Mikrofon auszurichten, wobei die präzise gefertigte und gut einstellbare elastische Aufhängung ihren Teil dazu beiträgt. Hinzu kommt, dass es sich aufgrund der Eigenschaften seiner Richtcharakteristik als relativ dankbar beim Einfangen des Sweetspots verhält – die frequenzneutrale breite Niere ist da sehr komfortabel, eine gut klingende Position ist da recht schnell gefunden. Außerdem ist dieses Mikrofon dadurch auch ideal für die Aufnahme von unerfahrenen und nervösen Gesangskünstlern geeignet, die es nicht gewohnt sind, bei der Performance eine konstante Position vor dem Mikrofon zu halten.

In den folgenden Klangbeispielen habe ich in verschiedenen Abständen in das Mikrofon eingesprochen:

Auffällig ist der zwar vorhandene, aber verhältnismäßig dezente Nahbesprechungseffekt, also die zunehmende Betonung tiefer Frequenzen, je näher das Quellsignal zur Kapsel positioniert ist. Darüber hinaus steigert sich dieser Effekt gleichmäßig ohne, wie bei manch anderem Mikrofon, abrupt einzusetzen.

Dank des geringen Nahbesprechungseffektes eignet sich das Sanken auch ideal für die Nahmikrofonierung von Kontrabass. Hier hat man oft das Problem, dass einzelne Töne besonders herausstechen, was zu einer unausgewogenen Aufnahme führt. Anders hier, wo die Aufnahmen 10 cm vor dem Steg und aus 80 cm Entfernung erstaunlich ähnlich klingen:

Spektakulär klingt die Stahlsaiten-Akustikgitarre. Warme Bässe paaren sich mit feinaufgelösten, detaillierten Höhen und lebendigen Mitten. Ein beeindruckend natürliches, plastisches Klangbild ist das Resultat. Zum Vergleich die gleiche Performance, aufgenommen mit einem identisch ausgerichteten Neumann KM-184:

Der direkte Vergleich zeigt die Qualitäten des Testkandidaten sehr deutlich auf, ein KM-184 gilt ja nun nicht gerade als ungeeignet für Akustikgitarre, wird hier jedoch klar auf die Plätze verwiesen. Der berühmte Vorhang wird zur Seite gezogen …

Zugegebenermaßen ist natürlich der Anschaffungspreis für das Zweikapselmikrofons aus Japan um ein Vielfaches höher, das gilt jedoch ebenso für diverse andere hochwertige Großmembranmikrofone, denen ich (und da bin ich nicht der Einzige) trotzdem jederzeit das KM-184 vorziehen würde.

Auch die Nylonsaiten-Akustikgitarre wird mehr als adäquat eingefangen.

Seine Eignung für Streichinstrumente beweist das Sanken CU-44x mk II bei der Aufnahme eines Cellos:

Instrumentalverstärker lassen sich ebenfalls sehr gut mit dem japanischen High-Tech-Mikrofon aufzeichnen. Der Bassamp erhält wiederum durch die beschriebene Nahbesprechungscharakteristik trotz eines vintageartigen, etwas brillanzarmen Grundsounds eine gewisse Präzision im Bassbereich und am Gitarrenamp kann man sehr gut mit verschiedenen Mikrofonpositionen herumspielen und erhält immer sehr gut klingende Ergebnisse.

im Test: sanken-cu-44-05

Bemerkenswert nicht zuletzt die „Off-Axis“ Position, bei der die Kapsel nicht auf die Lautsprechermembran ausgerichtet ist, sondern in einem rechten Winkel dazu. Und irgendwie zaubert das an sich ja neutral klingende Mikrofon selbst aus dem recht schneidenden Grundsound des Amps ein angenehmes, fast schon schmeichlerisch-weiches Klangbild.

Auffälliges Merkmal der Aufnahmen mit dem Sanken CU-44X MK II ist deren Natürlichkeit. Meine anfängliche Skepsis, die Aufnahmen könnten zu steril oder „hifimäßig“ ausfallen, erweist sich als vollkommen überflüssig, das Gegenteil ist der Fall. Durch den weitgehend linearen Frequenzgang und die Richtcharakteristik wird ein ausgewogenes, natürliches Klangbild eingefangen, das ich so von noch keinem Mikrofon gehört habe und darüber hinaus sehr gut auf die Bearbeitung mit Equalizern anspricht.

Nur das Impulsverhalten bleibt, wenn auch nur minimal, hinter dem von guten Kleinmembranern oder Bändchenmikros zurück. Diese reagieren etwas flinker als der Testkandidat.

Ein weiterer Vorteil besteht auch darin, dass benachbarte Schallereignisse, die als Übersprechungen mit aufgezeichnet werden, ebenfalls gut klingen. Oft hat man ja das Problem, dass zum Beispiel auf einem Tom-Mikrofon noch ein Becken mit aufgezeichnet wird. Da das gemeine Nierenmikrofon, das für solche Aufgaben gerne genutzt wird, an den Rändern der Richtcharakteristik nur ein eingeschränktes Frequenzspektrum  haben, klingen diese Becken auf der Tom-Spur dann meist ziemlich bescheiden und machen dann im Mix viel Arbeit. Ein Problem, das bei dem Doppelmembranmikrofon aus Japan entfällt (wohl dem, der es sich leisten kann, solche Mikrofone vor Tomtoms zu platzieren …)

Aufgrund seiner herausragenden Klangeigenschaften ist der Testkandidat für mich ab sofort die erste Wahl, wenn es darum geht, ein Hauptmikrofon für ein Projektstudio zu empfehlen. Anscheinend gibt es kein Signal, mit dem das Sanken CU-44X MK II nicht zurechtkommt, meist bringt er die Quelle in vollendeter Ästhetik zu Gehör und vereinbart in für mich einzigartiger Weise eine präzise, naturgetreue Aufzeichnung des Schallereignisses mit einer gewissen schmeichlerischen Note, die aber  nicht schönfärberisch ist. Man hat nicht das Gefühl, dass hier klangliche Bestandteile fehlen, sondern vielmehr, dass die positiven Eigenschaften des Signals in den Mittelpunkt gerückt werden (verdammt, ich bin ein wenig verliebt).

Wenn man es sich leisten möchte, das Klientel nicht mit legendären Mikrofonen mit imposanterem Aussehen und großen Namen (die in dieser Preisklasse ja durchaus erhältlich sind) zu locken, sondern stattdessen auf nahezu universelle Einsetzbarkeit bei allen möglichen Signalen mit durchweg hochwertigen Ergebnissen setzt, sollte das Sanken CU-44X MK II unbedingt in Betracht ziehen.

Für mich das beste Mikrofon in dieser Preisklasse!

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Fazit

Das Sanken CU-44x Mk II verdient sich dank seiner Klangeigenschaften die volle Punktzahl. Wenn es im Mikrofonschrank einen Platz innehat, kommt es garantiert in jeder Produktion zum Einsatz, besticht es doch durch seinen natürlichen Sound, der die „Seele“ des Signals sehr gut einfängt und dabei keineswegs kalt-analytisch klingt.

Durch seine kompakte Größe lässt es sich gut platzieren, seine breite Niere mit nahezu vollem Frequenzumfang auch in den Randbereichen der Richtcharakteristik begünstigt sein gutmütiges Verhalten beim Finden des Sweetspots und verzeiht es auch, wenn die Signalquelle nicht starr vor dem Mikro verharrt.

Falls die Anschaffung eines Kondensatormikrofons in dieser Preisklasse ansteht, ist das Sanken CU-44X MK II auf jeden Fall ein ausführliches Antesten wert!

Plus

  • Klang
  • Handling
  • Verarbeitung
  • Praxiswert

Preis

  • 2.690,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    „Für mich das beste Mikrofon in dieser Preisklasse!“

    Watt? Kein Neumann, kein Brauner?

  2. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Wow! Tolles Mikrofon, danke für den Test. Ich kann Deine Begeisterung sehr gut nachvollziehen. Insbesondere der Upright und die Steelstring klingen grossartig aber man hört auch die anscheinend ziemlich breit gefächerte Einsetzbarkeit.

  3. Profilbild
    Franz Walsch AHU

    SANKEN ist schon lange kein Geheimtipp mehr. Der Hersteller hat eine breite Palette an spezialisierten Mikrofonen und bietet ungewöhnliche Lösungen wie z. Bsp. das
    »Sanken CSS-50«, ein Stereo Richtrohr-Mikrofon mit rechteckiger Kapsel, oder das »Sanken CMS-50, ein MS Stereomikrofon in sehr kompakter Bauform.
    Die Preise sind für die gebotene Qualität gerechtfertigt.
    Eine Preisliste und weitere Details findet man bei dem Deutschland Vertrieb »Gruppe3«.

  4. Profilbild
    dAS hEIKO AHU

    Ja, die Japaner hat man meist nicht auf dem Zettel.
    Das mag auch daran liegen, dass man sich, wie viele japanische Premiumhersteller, in bescheidenheit übt und gleichzeitig den Produkten die bestmögliche Verarbeitung angedeihen zu lassen. In den Mikrofonkoffern der ganz ganz Großen findet man aber meist, neben den Üblichen Verdächtigen, auch ein Sanken.
    Preislich ist das sicherlich ein teures Mikrofon. Gemessen an den anvisierten Gegnern aber eher als günstig einzuschätzen. Die japanische Philosophie hinter handwerklicher Arbeit lernt man gerne zu schätzen.

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