Schwergewichtig aus Großbritannien
Großmembranmikrofone mit Kondensatorkapsel gehören zur Standardausstattung eines jeden Studios. Wer ein Heimstudio einrichtet, wird meistens zu Beginn mit einem geringeren Budget auskommen müssen und versuchen, im Dschungel der günstigen Mikrofone ein Allround-Modell zu finden, mit dem sich die meisten Aufgaben erfüllen lassen. Der britische Hersteller Sontronics hat mit dem Sontronics STC-2 Pack eventuell genau das Richtige im Programm.
Sontronics – Mikrofone aus Großbritannien
Gegründet im Jahr 2004 vom Musiker Trevor Coley, der zuvor bereits für SE Electronics gearbeitet hat, wurden die ersten Kondensatormikrofone bereits Anfang 2005 auf der NAMM Show in Los Angeles vorgestellt. Diese wurden zu einem großen Erfolg, und das Wachstum von Sontronics ist seither ungebrochen. Britisches Engineering, gepaart mit chinesischer Fertigung, ist das Erfolgsrezept, um konkurrenzfähige Produkte mit guter Klangqualität in niedrigen Preisklassen herzustellen. Die etwas teureren Produkte von Sontronics sind hingegen „Made in Britain“. Das von uns getestete Sontronics STC-2 Studiomikrofon gehört zum klassischen Lineup und ist in Chrom und Schwarz erhältlich.
Sontronics STC-2 Pack
Das Mikrofon Sontronics STC-2 besitzt ein sehr stabiles und schweres Gehäuse. In das Metall ist das Firmenlogo eingraviert. Ein stabiles Gitter schützt die 1“-Membran im Inneren des Mikrofons. Die Richtcharakteristik ist Niere, die Empfindlichkeit beträgt 20mV/Pascal. Der maximale Schalldruck wird mit 125 Dezibel angegeben, der Frequenzgang reicht laut Hersteller von 20 Hertz bis 20 Kilohertz. Eine schaltbare Vordämpfung um 10 Dezibel ist ebenso enthalten wie ein Low Cut-Filter bei recht tiefen 75 Hertz.
Im Inneren des Mikrofons finde ich nach dem Abschrauben des Sockels eine sehr sauber verlötete Platine mit der Elektronik vor.
Die goldbedampfte Membran des Mikrofons ist bei passendem Lichteinfall auf den Mikrofonkorb gut zu sehen. Sie sitzt nicht ganz in der Mitte der Vertikalen. Beim Ausrichten des Mikrofons sollte das gegebenenfalls berücksichtig werden.
Wie bei Kondensatormikrofonen üblich, benötigt das Mikrofon eine Phantomspeisung von 48 Volt. Auffällig ist das hohe Gewicht von 625 Gramm für das Mikrofon. Zusammen mit der Spinne zeigt meine Waage satte 1,228 Kilogramm an. Das ist sogar mehr, als im Datenblatt vom Hersteller angegeben.
Neben der sehr stabilen Spinne gehört ein Poppschutz zum Lieferumfang, der direkt an der Spinne befestigt wird. Über zwei Gelenke lässt sich dessen Distanz zum Mikrofon etwas variieren. Ansonsten bietet das Bundle noch eine einfache Mikrofontasche sowie ein XLR-Kabel. Die knapp bemessene Kunststofftasche ist allerdings kaum geeignet, das Mikrofon sicher zu schützen. Was dem Bundle ebenfalls fehlt, ist ein vernünftiges Datenblatt. Die Infos zum Mikro findet man nur auf der Herstellerseite. Stattdessen liegt eine allgemeine Beschreibung zum Thema Studiomikrofon sowie ein Prospekt mit allen verfügbaren Modellen bei.
Frequenzgang des Sontronics STC-2
Auf der Website von Sontronics findet sich ein Frequenzdiagramm. Da die Darstellung in meinen Augen etwas auf der y-Achse verzerrt aus sieht, habe ich eine eigene schnelle Messung angefertigt. Diese entspricht dem Herstellerdiagramm ganz gut, besitzt aber nicht eine ganz so drastische Höhenanhebung wie dort dargestellt. Das Mikrofon verhält sich trotz der sehr geringen Glättung von 1/48 Oktave laut Diagramm sehr linear im Bereich zwischen 250 Hertz und 5 Kilohertz. Ab 5 Kilohertz beginnt eine allmähliche Anhebung, mit einem Peak bei 10 bis 12 Kilohertz. Oberhalb von 10 Kilohertz geht es dann steil abwärts. Die Höhenanhebung ist ein typisches Charakteristikum vieler Membranen aus chinesischer Fertigung. Auch im Bassbereich findet sich eine marginale Anhebung.
Praxistest des Sontronics STC-2 Pack
Für den Test habe ich mehrere Sprachaufnahmen mit dem Sontronics STC-2 durchgeführt. Dabei kam die mitgelieferte Spinne zum Einsatz und neben dem zugehörigen Poppschutz auch ein Poppfilter von K&M (hier geht’s zu unserem großen Vergleichstest Wind- und Pop-Schutz). Verglichen habe ich das Mikrofon außerdem mit dem günstigen SE Electronics X1 S. Das Ergebnis hört ihr in den Hörbeispielen.
Auffallend ist, dass das Sontronics STC-2 relativ gezügelt in den Bässen klingt. Die schon im Diagramm gesehene Höhenanhebung fällt auch bei den Hörbeispielen auf. Die über weiten Strecken große Linearität des Sontronics STC-2-Studiomikrofons macht sich im Klang deutlich bemerkbar. Es gibt keine starken Färbungen, das Sontronics STC-2 ist ein eher neutraler Kandidat unter den Großmembran-Kondensatormikrofonen. Das kann einerseits genau das sein, was man sich als Heimstudiobetreiber von einem Allround-Mikrofon erwartet. Andererseits war ich beim ersten Kontakt doch etwas enttäuscht, da das sehr neutrale Klangbild, verbunden mit den zurückhaltenden Bässen und der Höhenanhebung, das Sontronics STC-2 im Vergleich zu anderen Mikrofonen etwas dünn klingen lässt. Es fehlt mir bei den Sprachaufnahmen an Wärme. Die Sprache klingt zwar kristallklar, aber für meine Begriffe etwas charakterlos.
Vergleicht man den Klang mit einem sehr günstigen SE Electronics X1 S-Großmembranmikrofon, fällt erst einmal ein deutlicher Unterschied hinsichtlich der Pegelfestigkeit und der Stärke des Ausgangssignals auf: Das SE Electronics X1 S verkraftet nämlich mit 140 Dezibel einen höheren Pegel und macht somit auch an lauten Drums oder vor einer Trompete eine gute Figur. Außerdem besitzt es eine größere Empfindlichkeit, sowie damit verbunden, bei gleicher Aussteuerung, einen höheren Pegel. Das kommt dem Rauschverhalten, das beim SE Electronics X1 S ohnehin schon sehr gut ist, zusätzlich zugute, da weniger verstärkt werden muss als beim Sontronics STC-2 -Studiomikrofon. Hinzu kommt, dass im direkten Vergleich die Sprache bauchiger klingt.
Das SE Electronics X1 S besitzt meiner Meinung nach etwas mehr Charakter als das Sontronics STC-2 Studiomikrofon. Dafür bildet es aber nicht so viele Details ab wie das Modell aus Großbritannien. Ich könnte mir deshalb das Sontronics STC-2 sehr gut für die Aufnahme von Akustikgitarren oder auch Becken am Schlagzeug vorstellen. Außerdem ist es sicherlich die richtige Wahl, wenn das Signal mit analogem Outboard vor der Aufnahme geformt wird, das charaktervoller agiert als der schnöde Preamp eines Interfaces und die digitale Bearbeitung innerhalb der DAW. Andererseits ist das Sontronics STC-2 Studiomikrofon für all diejenigen richtig, die aus Kostengründen nicht viele verschiedene Mikrofone kaufen können, sondern mit wenigen Allround-Mikrofonen zurecht kommen müssen. Ein deutlicher Vorteil des Sontronics STC-2 Studiomikrofons gegenüber dem SE Electronics X1 S ist aber die Verarbeitung. Während die Plastikschalter für Pad und Low Cut am SE Electronics X1 S extrem locker sitzen und sich schon bei der geringsten Berührung verstellen, haben die Metallkippschalter am Sontronics STC-2 Mikrofon einen deutlichen Widerstand und sehen sehr vertrauenserweckend aus.
Ich habe mehrere Vergleichsaufnahmen angefertigt und dabei auch den mitgelieferten Poppschutz mit dem sonst von mir verwendeten Modell von K&M verglichen. Es scheint mir, als würde der Sontronics Poppschutz die Bässe geringfügig mehr zügeln als das K&M Modell. Dafür verhindert das Sontronics Modell aber zuverlässig Poppgeräusche bei Plosiven, während der K&M Poppschutz diese immer noch geringfügig durchlässt. Sehr wichtig ist der Winkel, in dem das Mikrofon besprochen wird. Bei gerader Besprechung ist mir das Sontronics STC-2 etwas zu bassarm. Spricht man aus Sprechersicht eher gegen die Oberkante des Mikrofons, klingt das Mikrofon etwas voller. Das mag vielleicht daran liegen, dass die Membran innerhalb des Korbs etwas höher montiert ist als erwartet. Im Vergleich zum SE Electronics X1 S besitzt das Sontronics STC-2 einen weniger stark ausgeprägten Nahbesprechungseffekt. Das führt dazu, dass das Sontronics STC-2 gutmütiger auf Entfernungsänderungen vor dem Mikrofon reagiert als des SE Electronics X1 S.
Unterm Strich ist es nicht leicht, ein eindeutiges Urteil zu fällen. Beide Mikrofone machen innerhalb ihrer Preisklasse einen sehr guten Job, und wie bei allen Mikrofonen ist auch hier der Einsatzzweck entscheidend. Je öfter ich mir die Aufnahmen angehört habe, desto besser gefiel mir der Klang des Sontronics STC 2. Vielleicht ist es gerade sein unaufdringlicher Klang, mit dem es am Ende überzeugt? Ich bin auf eure Meinung gespannt. Bitte verzeiht mir den zusätzlichen Vocal in den Hörbeispielen, in denen ich versehentlich immer „Sonotronics“ statt Sontronics gesagt habe. Das ist mir leider erst später beim Schreiben des Artikels aufgefallen.
Habe das Sontronics jetzt seit knapp einem halben Jahr im Einsatz und bin glücklich damit.
Nutze es für Gesangsaufnahmen und kann bisher nicht feststellen, dass die Bässe hörbar leiden.
Der Detailreichtum ist für den Preis wirklich sehr gut.