Massivbauweise für das Radio- und Podcaststudio
Broadcast-Mikrofone werden – auch dank des Podcast-Booms – immer beliebter. Weshalb wir bemüht sind, nach und nach die diesbezüglichen Lücken in unserer Testdatenbank zu schließen und auch schon mal etwas ältere Modelle durch unsere Prüflabore zu schicken; natürlich nur, wenn diese heute auch noch angeboten werden. Wie zum Beispiel das Audio Technica BP40, das bereits seit Ende 2015 auf dem Markt ist. Das war zu einer Zeit erschienen, als die Konkurrenz noch eher überschaubar war und aus etablierten Mikrofonen wie dem Rode Broadcaster oder dem Shure SM 7B bestand; die lagen allesamt im Bereich > 300,- Euro, der Billig-/Lowcost-Sektor war da noch nicht übermäßig bestückt. Wie schlägt sich das BP40 gegen die Platzhirsche? Und kann es denn nach fünf Jahren überhaupt noch gegen die inzwischen zahlreichen Mitbewerber bestehen?
Sicher verpackt und merkwürdiges Druckwerk
Das Audio Technica BP40 kommt absolut sicher verpackt in einer passgerechten Schaumstoffhülle, das hält jeden Weitwurfwettbewerb überambitionierter Paketzusteller locker aus. Ebenfalls ausnehmend gut gepolstert ist die beiliegende Transporttasche Marke „Herrenhandtasche/Kulturbeutel“ – kein Vergleich zu den sonstigen mitgelieferten Behältnissen; damit lässt sich das Mikrofon tatsächlich sorgenfrei mit auf Reisen nehmen. Die passende Klemme (AT8483) für die Stativbefestigung hat Audio Technica auch gleich mit eingepackt (5/8 Zoll mit 3/8 Zoll Reduziergewinde).
Das mitgelieferte Druckwerk dagegen belustigt und verwirrt: Neben einem Faltblatt mit den technischen Daten (das gleich doppelt vorliegt, aber gleichzeitig darauf verweist, dass man aus Umweltschutzgründen die Daten in anderen Sprachen doch bitte von der Webseite herunterladen möge) findet sich da auch eines in kyrillischer und chinesischer Schrift zum Audio Technica AT4060a sowie zwei US-amerikanische 5-Jahres-Garantien. Vielleicht ein versteckter Hilferuf eines Packers in China? Wer weiß.
Intermezzo: Die BP-Familie von Audio Technica
Das BP40 ist das einzige dynamische Großmembranmikrofon speziell für Broadcast-Anwendungen von Audio Technica. Die übrigen Vertreter der BP-Familie sind Spezialisten, wie zum Beispiel Richtrohr-Mikrofone für Aufnahmen aus großer Entfernung (BP28, BP28L) – die der Hersteller auf seiner Webseite tatsächlich unter dem Begriff „Richtrohrgroßmembrankondesatormikrofon“ führt und damit Scrabble-Träume wahr macht, dazu dann Stereo-Shotgun-Mikrofone (BP4027, BP4029, BP4071, BP4073) – alles eher Mikrofone für den Einsatz beim Film.
Für den Podcast-/VoiceOver-Bereich empfiehlt Audio Technica ansonsten seine deutlich älteren Modelle AT2020 (2005) oder AT2035 (2008), Kondensatormikrofone mit Nierencharakteristik, die aber nicht speziell für diese Art Anwendung konzipiert worden waren und sicher erst nachträglich in diese Schublade geschoben worden sind. Somit bleibt das BP40 das einzige echte Spezialmodell.
Technische Spezifikationen
Das Audio Technica BP40 ist ein dynamisches Großmembran-Broadcastmikrofon mit der Richtcharakteristik „Hyperniere“. Das hat zwar (gegenüber der meist verwendeten Nierencharakteristik) zum einen den Vorteil, dass die frontale Empfindlichkeit etwas höher ist, wodurch auch weitere Entfernungen zur Schallquelle möglich sind; hinzu kommt eine stärkere Richtwirkung mit einem Einsprechbereich von ca. 100 Grad, was das BP40 dann etwas unempfindlicher macht, wenn es von der Seite aus angequatscht wird. Zudem ist auch der Aufnahmebereich hinter dem Mikrofon etwas ausgeprägter, was wiederum zwar die Erfassung von mehr Frequenzen erlaubt, andererseits aber auch die Empfindlichkeit bei Geräuschen aus dem hinteren Bereich etwas erhöht. Den Frequenzbereich gibt der Hersteller mit 50 – 16.000 Hz an (zum Vergleich: Shure SM 7B: 50 – 20.000 Hz, Rode Broadcaster: 20 – 20.000 Hz), die Empfindlichkeit mit -48 dB, die Impedanz mit 450 Ohm.
Das Audio Technica BP40 unter der Lupe
Das BP40 erinnert von seiner runden Form her ein wenig an das Shure SM 7B, das ja ebenfalls auch ein „Frontbesprecher“ ist. Allerdings ist der Kapselbereich hier etwas kürzer und von einem 6,5 Zentimeter langen Gitter mit massiven Metallrahmen ohne äußeren Schaumstoffüberzug geschützt; der Popschutz ist dafür im Inneren des Gitters angebracht. Ob der was taugt, testen wir später.
Der gesamte Korpus ist aus mattschwarz lackiertem (Schwer-)Metall und damit extrem solide. So bringt es das BP40 bei einer Größe von 164 x 55 mm auf ein Gewicht von 632 Gramm (ohne Halterung) und ist damit noch eine Ecke kompakter als der Broadcaster-Konkurrent von Rode (577 g bei 167 x 65 mm). Praktisch: Der Korb vorne lässt sich bequem abschrauben, so dass man hin und wieder auch das Gitter von innen, vor allem aber auch den Popschutz – der aus etwa zwei Zentimeter dickem Schaumstoff besteht und vorne in den Korb eingelegt ist – reinigen kann.
Wer mal Mikros in Rundfunkstudios gesehen hat, die jahrelang (teilweise auch ohne Windschutz) im Nahbereich besprochen werden, wird diese Annehmlichkeit zu schätzen wissen. Zudem wird so die Sicht auf die dynamische Kapsel (Durchmesser 37 mm) freigelegt. Die hat eine „Floating Edge“ Konstruktion (eine Entwicklung von Audio Technica), die die Oberfläche der Membrane angeblich optimiert und deren Leistung maximiert. Außerdem soll die gegenläufig gewickelte Doppelspule (Brummkompensationsspule – noch so ein Scrabble-Traumbegriff)) Brummen unterdrücken, Stichwort: Interferenzen von Monitoren oder Netzteilen; das Prinzip kennen wir vom Gitarren-Humbucker.
Am unteren Ende befindet sich ein winziger Schalter für das Trittschallfilter (100 Hz / 6 dB / Okatve), für den man schon einen stabilen Fingernagel braucht. Aber gut, so oft muss man da nicht ran und außerdem verhindert das dann auch versehentliche Fehlbetätigungen. Ebenfalls am unteren Ende befindet sich der XLR-Anschluss inklusive Kerbe für die Verriegelung, so dass das angeschlossene Kabel nicht rausgerissen werden kann.
Die mitgelieferte ringförmige Halterung sitzt gut und kann über eine große Flügelschraube schnell und leicht verstellt werden. Damit ist sowohl eine Befestigung auf einem Stativ als auch eine hängende Befestigung an einem Galgen möglich.
Das Audio Technica BP40 ausprobiert
Nach all den Zahlen und Details: Entscheidend ist am Ende ja dann, wie ein Mikrofon klingt. Daher habe ich – wie gewohnt bei meinen Mikrofon-Tests – zwei Sätze aus einer unserer News mit verschiedenen Einstellungen (unterschiedliche Entfernung, mit/ohne zusätzlichen Popschutz, mit/ohne Trittschallfilter, zusätzlicher Bassanteil im PreAmp) eingesprochen und zum Vergleich auch einige Aufnahmen mit dem Rode Broadcaster gemacht. Die Technik: Mikrofon an DBX 286 PreAmp, über Mackie 802 VLZ Pult und NI Audio 8 DJ an PC. Recording Software: Sound Forge, die Dateien wurden damit anschließend nur auf ein einigermaßen identisches Volume gebracht, weitere Bearbeitungen erfolgten nicht.
Im ersten Durchgang überprüfe ich mal, wie sich das Audio Technica ohne zusätzlichen Popschutz schlägt. Immerhin hat das ja einen „internen mehrstufigen Windschutz für einen hohen Schutz gegen Poplaute, was es zum idealen Mikrofon für Radio- und Studioanwendungen macht.“ Zitat Hersteller Ende. Was nun genau an dem ca. zwei Zentimeter dicken Stück Schaumstoff mehrstufig ist, erschließt sich mir auf den ersten Blick nicht – erinnert mich ein wenig an den Filterschaumstoff vor meiner Teichpumpe, aber nun gut, Versuch macht kluch.
Im absoluten Nachbereich (ca. 5 cm, um den Nahbesprechungseffekt einzufangen) hat das BP40 augenscheinlich Probleme mit Plosivlauten. Was aber nicht ungewöhnlich ist, auch das Rode Broadcaster hat damit zu kämpfen. Aus der Entfernung kommt kaum ein interner Plosiv-Verhinderer damit klar. Zudem scheint mir der Klang (bei neutraler EQ-Einstellung des PreAmps) ein wenig sehr mittenbetont zu sein, was ja durchaus der Sprachverständlichkeit dienlich ist; ein kleines bisschen mehr an Bauch und etwas mehr Brillanz in den Höhen hätte es aber meiner Meinung nach schon sein dürfen – aber da hört jeder anders und hat auch andere Präferenzen. Was im Test auch auffiel: Beim empfindlicheren Rode musste ich die Regler am Pult gegenüber den Einstellungen des BP40 ein ganzes Stück runterdrehen, um nicht in den roten Bereich zu fahren.
Während das Rode Broadcaster schon aus 10 Zentimeter Entfernung auch ohne zusätzlichen Popschutz gut einsetzbar ist, hat das BP40 immer noch so seine Probleme. Auch nimmt der Tiefenanteil deutlich mehr ab als beim Rode.
Aus 20 cm Entfernung des Sprechers zum Mikrofon dann hat das Audio Technica BP40 dann zwar auch ohne zusätzlichen Schutz keine Plosiv-Störungen mehr zu verzeichnen, klingt dann aber doch arg dünn und nach oben und unten beschnitten. Was besonders im Vergleich zum Rode Broadcaster auffällt.
Mit zusätzlichem Popschutz ist das Audio Technica BP40 dann auch problemlos aus der Nahdistanz einsetzbar; allerdings schluckt der dann auch noch ein klein wenig der tiefen Frequenzen. Der Einsatz eines Windscreens statt eines Schaustoffüberzuges könnte da eventuell Abhilfe schaffen. Auch hier gilt dann natürlich wieder: Je größer der Abstand zum Mikrofon, desto mittiger wird der Klang beim BP40.
Nun mag man einwenden, dass der Vergleich mit dem Rode hinkt, weil das ja bereits einen Hochpassfilter eingebaut hat. Also schalten wir das Filter des BP40 ebenfalls zu und hören uns das Ganze noch einmal (wieder mit zusätzlichem Popfilter) an. Tatsächlich klingt das jetzt ein ganz klein bisschen differenzierter, ohne jetzt aber in meinen Ohren bahnbrechend neue Ergebnisse zu Tage zu fördern.
Die Aufnahmen bisher wurden in neutraler Enhancer-Einstellung am PreAmp gemacht. Versuchen wir mal, etwas mehr Bass hinzuzugeben, um dem sehr mittenbetonten Klang mehr Volumen zu verleihen:
Jetzt kommt auch der Nahbesprechungseffekt mehr zum Tragen – so gefällt mir persönlich das besser. Aber das ist – wie schon gesagt – auch ein wenig Geschmackssache.
Wie bei vielen dynamischen Großmembranmikrofonen muss man auch beim Audio Technica BP40 etwas vorsichtig sein, was Handgeräusche angeht; das Mikrofon gehört auf ein Stativ und sollte während der Aufnahmen möglichst nicht angefasst oder bewegt werden, da es da doch recht empfindlich ist.
Der japanische Hersteller Audio Technica ist ja nun kein Noname im Business. Aber wenn man mehr als 300 Euro für ein dynamisches Großmembranmikrofon aufruft, dann sollte man schon irgendwie Electro Voice RE20/320 als Referenz im Auge haben, die bei den allermeisten Radiostationen zu finden sind. Und zumindest das „Kleine“ bedient ja genau diese Preisklasse. Inwieweit dann ein etwaiger Klangabzug des RE320 doch zum Kauf des RE20 nötigt wäre dann natürlich schon ein Preispolitikum. Abder dann hat man nur ein Mal gekauft.
Für eine „naja-für-den-Preis“-Wertung sollte man mMn schon von einem VK deutlich unter 200 Euro reden.
@dAS hEIKO „Für eine „naja-für-den-Preis“-Wertung sollte man mMn schon von einem VK deutlich unter 200 Euro reden.“
So ähnlich hatte ich das ja auch ausgedrückt, als ich im Fazit schrieb: „Allerdings fällt es mir schwer, das BP40 zu dem Preis von aktuell 333,- Euro zu empfehlen.“
Danke für den Test. Für die Wachstumsbereiche, die beidem Mikro vorhanden sind, ist es das Geld nicht wert. Du hast dein Fazit sehr nett formuliert.