Massiver Klassiker mit gutem Sound für tolle Sprachaufnahmen
Mit dem Shure SM7B liegt ein dynamisches Sprechermikrofon vor mir auf dem Tisch, das es klanglich in sich hat und gehobene Ansprüche zufriedenstellen soll. Es wird „endfire“ besprochen und passt damit hervorragend, aber nicht nur ins Broadcast-Studio und eignet sich bauartbedingt auch für Videoproduktionen. Doch heißt es nicht, Großmembran-Kondensatormikrofone seien besser und wenn ja, warum eigentlich?
Diese Frage lässt sich nicht so einfach und pauschal beantworten, weil verschiedene Faktoren über ein Ja oder Nein entscheiden. Für Großmembran-Kondensatormikrofone gilt, dass sie sehr empfindlich und rauscharm sind, weniger Verstärkungsleistung und dafür Phantomspeisung benötigen, jedoch im Frequenzgang tendenziell weniger neutral abgestimmt sind. Sie klingen direkt, eher wärmer und verleihen der Stimme mitunter einen seidigen Charakter, durch die hohe Empfindlichkeit zeichnen sie dafür alles im Raum und darüber hinaus auf.
Dazu gehören nicht nur störende Raumreflexionen, sondern auch der gefürchtete Laubbläser vor dem Fenster oder die lautstarken Nachbarn im hellhörigen Mietshaus, weshalb eine gute Raumakustik oder gar eine Sprecherkabine obligatorisch für den guten Ton sind. Andernfalls müsste man das Ergebnis nachbearbeiten, das wiederum kann je nach Tools und Händchen auch zu Lasten einer natürlichen Klangqualität gehen. Grundsätzlich sollte wie auch bei der Fotografie gelten, dass man am Motiv ansetzt und mögliche Probleme direkt bei der Aufzeichnung vermeiden sollte. Kann man die Raumakustik hingegen nicht optimieren oder Sprachaufzeichnungen generell nur in unruhigen Umgebungen erstellen, führt eigentlich kein Weg an dynamischen Sprechermikrofonen vorbei.
Das in diesem Fall getestete Shure SM7B ist deutlich unempfindlicher gegenüber Raumreflexionen und störenden Einflüssen, muss dafür aber auch direkt besprochen werden und benötigt eine höhere Verstärkungsleistung und rauscharme Preamps. Von der Abstimmung kann es Sprache gut in Szene setzen und ist vergleichbar mit typischen Reportagemikrofonen, die man im Außeneinsatz quasi in jeder Situation bei Wind und Wetter einsetzen kann. Immerhin soll jeder Take akustisch verständlich sitzen, manches lässt sich eben nur einmal aufzeichnen. Auch ist nicht jeder Sprecher zugleich mit der Tontechnik vertraut, weshalb solide Werkzeuge für bestimmte Anwendungen ihre absolute Daseinsberechtigung haben.
Vor dem Test steht natürlich die Recherche, denn meine Erfahrungen besonders mit Shure sind zugegeben etwas dürftig, selbst den Klassiker SM58 habe ich nie besessen. Bis auf die dynamischen Kapseln sind sich das Shure SM7B und SM58 jedenfalls nicht ähnlich, auch wenn das SM7B vor allem in Amerika eine feste Größe in vielen Studios sein soll.
Dass das in Europa nicht so ist, liegt vermutlich an der Preispolitik. Aktuell liegt das SM7B bei rund 360,- Euro und ich meine mich zu erinnern, dass es vor wenigen Jahren noch deutlich teurer gehandelt wurde. Demnach verwundert auch die wertige Verarbeitung nicht, die durchaus professionellen Ansprüchen genügt. Das Shure SM7B wird grundsätzlich als Sprechermikrofon gehandelt, was nicht zugleich auch heißt, dass es nicht auch für Gesang taugen könnte. Immerhin deutet der zweite Windschutz darauf hin, dass man es auch etwas exzessiver beschreien kann. In diesem Test möchte ich mich jedoch auf die Kernkompetenz beschränken, was nicht zuletzt auch an meinen nicht vorhandenen Gesangskünsten liegt.
Das Shure SM7B im Überblick
In Styropor gebettet erreicht mich das massive Mikrofon, das seitlich in der Halterung fest verschraubt ist. Das Gesamtgewicht des soliden Mikrofons beträgt 766 g, der Korpus ist 19 cm lang und der Durchmesser beträgt ohne Halterung rund 5,5 cm im hinteren Teil. Durch die seitlichen Schrauben und je nach Montagewinkel verändert sich die Höhe entsprechend, die Gesamtkonstruktion wirkt absolut hochwertig verarbeitet. Im Lieferumfang befinden sich ein normaler Windschutz und ein weiterer aus Schaumstoff vom Typ A7WS, der den Klangcharakter jedoch etwas verändert und die an sich schon gute Unempfindlichkeit verbessert.
Dieser ist auch als Ersatz separat erhältlich. Es scheint, man habe das Mikrofon auch für den Außeneinsatz gerüstet, ich würde diesen Windschutz im Alltag nicht einsetzen. Das XLR-Kabel wird nach unten hin vor dem Stativgewinde mit 5/8 Zoll rausgeführt. Mikrofon und Halterung bilden eine untrennbare Einheit, so sind Buchse und Mikrofon durch ein festes Kabel miteinander verbunden. Dass die Buchse nach unten zeigt, vereinfacht die feste Montage auf einer Tischplatte oder auch kopfüber an einem Galgen und sorgt für eine saubere Kabelführung. Im Lieferumfang befindet sich als weiteres ein Reduziergewinde auf 3/8 Zoll und eine Abdeckplatte für die rückseitigen Einstellmöglichkeiten.
Die dynamische Tauchspulenkapsel des Shure SM7B hat eine Nierencharakteristik und bildet den nominalen Frequenzgang von 50 Hz bis 20 kHz ab, das ist für Sprache mehr als ausreichend. Die Empfindlichkeit wird mit -59 dB angegeben, die Impedanz mit 150 Ohm. Die Kapsel ist intern entkoppelt und geschirmt gegen elektromagnetische Einflüsse und verfügt über eine optionale Präsenzanhebung und Bassabsenkung.
Die Schalter für diese beiden Funktionen befinden sich vertieft auf der Rückseite und müssen mit einem spitzen Gegenstand bemüht werden. Dabei erschließt sich nicht so ganz, wo die Wirkung eintritt, nachmessen kann ich dies leider nicht und in den technischen Angaben ist diesbezüglich nichts zu finden. Von meinem Höreindruck scheint dieses Mikrofon weniger linear aufgestellt zu sein und orientiert sich von der Abstimmung eher im sprachlichen Bereich. Die Bassabsenkung arbeitet offenbar bis über 200 Hz und scheint nicht so steilflankig, sie greift aber effektiv ins Klanggeschehen ein. Vorwiegend soll sie Rumpelgeräusche reduzieren, das klappt hervorragend und die Stimme klingt dadurch schlanker. Die Präsenzanhebung wirkt irgendwo im Bereich von 5 bis 10 kHz und verleiht der Stimme etwas mehr Durchsetzungskraft, das kann vor allem für Voiceover-Anwendungen nützlich sein. Ohnehin hängt es stark vom Sprecher und der Stimme ab, in wieweit die Einstellungen passen, hier ist ohnehin Ausprobieren gefragt.
Hat man erst einmal die bevorzugten Parameter gefunden, lässt sich die beiliegende Platte mit den vormontierten Schrauben vandalensicher montieren. Das ist für den vollprofessionellen Einsatz sicherlich ein Zugewinn, generell hätte ich es aber lieber gesehen, dass man dann vielleicht die Schalter auch hätte weiter hervorstehen lassen können. So ist es für das spontane Experimentieren etwas fummelig, aber so viel einzustellen gibt es schließlich auch wieder nicht. Dass die Schalter an sich versenkt sind, schützt sie ohnehin schon vor versehentlichem Verstellen.
Das Shure SM7B in der Praxis
Wie bei Tauchspulenmikrofonen dieser Art üblich, erfolgt das Besprechen ins Rohrende. In der Praxis erweist sich die Kabelführung als sinnvoll, mein Stativ ist allerdings nicht ganz für diese Art von Mikrofonen geeignet. Grundsätzlich finde ich das aber vom Handling pfiffig gelöst, so dass sich das Mikrofon beispielsweise auch für die ISOVOX Mobile Vocal Booth V2 gut eignet und sich das Kabel direkt aus der Kabine führen lässt, das wirkt im Ergebnis sehr aufgeräumt. Dass man die Verbindung fest am Mikrofon montiert hat, stellt aufgrund der Zugentlastung kein Problem dar. Erstens wird man das SM7B ohnehin nicht aus der Schwenkhalterung entfernen, zweitens ist das Kabel steif genug und sicher im Korpus montiert. Man müsste sich schon extrem ungeschickt anstellen, um es zu beschädigen.
Vom Format gefällt mir die Bauform des SM7B fürs Sprechen besser, als wenn man hinter einem dichten Windschirm sitzen muss. Für normale Anwendungen reicht der schlankere Windschutz locker aus, der sich passgenau über die Röhre schieben lässt und den Anschein macht, als sei er fest mit dem Mikrofon verbunden. Die massive Version ist vermutlich primär für Gesang oder den eventuellen Außeneinsatz gedacht. Schön aber, dass er beiliegt, manche Hersteller lassen sich diesen Luxus immerhin extra bezahlen.
Wie bereits in der Einleitung geschrieben, zeigt sich auch hier, dass mehr Verstärkungsleistung nötig ist. Mein RODE NT1 ist am Audiointerface AI-1 entsprechend kräftiger, weshalb auch der Rauschabstand beim Shure SM7B etwas geringer ausfällt. Theoretisch kann man dies hören, praktisch ist das gemessen am Einsatzzweck absolut unproblematisch und die Stimme kann sich sehr gut durchsetzen. Jedoch ist anzunehmen, dass eine bessere Verstärkung noch etwas mehr aus dem SM7B herausholen kann.
Klanglich überzeugt mich das Mikrofon mit einer detailreichen, tonal guten Abstimmung und einfachen Handhabung, wenn man es direkt bespricht. Schon bei 10 bis 20 cm Sprechabstand fällt die Lautstärke ab, das ist der Unempfindlichkeit geschuldet und andernfalls würden Raumreflexionen deutlicher hervortreten. Dabei klingt die Stimme immer recht gleichmäßig und auch dann, wenn man sich etwas aus dem Fokus des Mikrofons bewegt. Die seitliche Dämpfung kann ebenfalls überzeugen, so dass sich auch mehrere Mikrofone parallel in Gesprächsrunden einsetzen lassen, was mit Großmembran-Kondensatormikrofonen nicht funktionieren würde. In folgendem Klangbeispiel habe ich es mit meinen eigenen Mikrofonen verglichen.
Vielleicht erscheint für manch einen der Preis im ersten Moment etwas hoch. Rechnet man aber die Raumoptimierung gegen, die man für ein RODE NT1 benötigen würde, relativiert sich dies wieder etwas. Im Umkehrschluss ist ein besserer Preamp von Vorteil, vielleicht kann eine Röhre klanglich noch etwas aus dem SM7B herausholen. Wer Podcasts mit geringem Aufwand und guter Sprachverständlichkeit produzieren möchte oder Videos nachvertonen will, sollte sich das Shure SM7B in jedem Fall genauer anschauen.
Wir haben diese Mikro bei unseren Aufnahmen für die Band als Gesangsmikrofon eingesetzt. Ich kannte es bis dahin nicht wirklich und habe erst nach den Aufnahmen mitbekommen das es eigentlich für Sprecher sein soll. Es hat aber ganz vorzüglich funktioniert da wir alle unsere Takes Live eingespielt haben.
Bei den Gesangs-Overdubs haben wir es einfach drauf gelassen, der Technicker meinte passst super zu meiner Stimme. Dazu muss gesagt werden wir machen Garage Rock und bei den teueren Mikros hatte er wohl Angst das wir die kaputt schreien ;-)
Mein Fazit zu diesem Mikro:
Einfache Handhabung
Funktioniert auch wenn die Akustik nicht ganz perfekt ist hervorragend
Für laute Rockstimmen optimal
Dürfte beinahe unzerstörbar sein
Ich würde es auf jeden Fall wieder nehmen, bzw. mir selber kaufen fürs Homestudio
Das ist tatsächlich eines der wenigen Mics, wo der Preamp einen entsprechenden Unterschied ausmacht.
Sehr guter Artikel zu einem vor allem in Amerika und England häufig genutztem Mikro. Prominenteste Vertreter und u.a. Michael Jackson, Bono u.a.
Ich selbst nutze das Mikro, wenn ich an den Keyboards komponiere und Ideen für Melodien in der Gesangsstimme entwickle. Das Sprachbeispiel macht deutlich, dass ein seitliches Besprechen zu einen Lautstärkeabfall führt. Dieser hilft mir nervende Tastengeräusche weitgehenst zu unterdrücken. Diese Unterdrückung habe ich bislang noch mit keinem meiner anderen wesentlich teuerpreisigen Mics hinbekommen.
Danke für den Artikel!
Das SHURE SM7B ist ein echter Klassiker. In den USA wird es häufig in Kombination mit einem Universal Audio LA-610mk2 oder UA 6176 verwendet…vor allem bei Rap (Sprache) oder Gospel (oft sehr lauter Gesang).
Ich verwende viele unterschiedliche Mikrofone u.a. auch das SM7B. Zeitloser Klassiker der aber erst mit Cloudlifter, guter Kompression + Limiting sowie etwas EQ hier und dort richtig großartig klingt.
Zitat: „Die vorpolarisierte Kardioit-Kapsel des Shure SM7B hat eine Nierencharakteristik…“
Dieser Satz zeigt exemplarisch, dass der Autor keine Ahnung von Mikrofonen und deren Technik hat.
Vorpolarisierte Kapsel? Ernsthaft? Bei einem dynamischen Mikrofon? Da hat wohl jemand Elektret-Kondensatormikrofone mit dynamischen Mikrofonen verwechselt. Elektret = vorpolarisiert. Und „kardioit“ und „Nierencharakteristik“ sind das Gleiche, eine Dopplung daher im Satz. Peinliche Inkompetenz. Entsprechend wertlos ist auch dieser „Test“.
Wer ein taubes Sprechermikrofon sucht, kann auch gleich das SM58 nehmen. Zum Preis des SM7B bekommt man vier SM58! Und das wäre in der beschriebenen unprofessionellen Umgebung genauso für Sprache geeignet.
Wer nen ordentlichen Klang will, bekäme mit einem deutschen Klassiker für weniger Geld allerdings deutlich mehr geboten: Sennheiser MD421. Und dieses Mikrofon ist wirklich universell einsetzbar.
@Radionerd Lieber Radionerd. Der Stil Deines Kommentars ist, was Aufgeregtheit, Unhöflichkeit und Sekundärexpertise angeht, leider typisch für das Netz heutzutage.
Natürlich hast Du vollkommen Recht, was die technische Fehlbeschreibung durch den Autor des Tests angeht. Kann man aber eben auch durchaus netter formulieren ohne inhaltliche Einbußen hinnehmen zu müssen.
Ich empfehle außerdem den Versuch, einen Sprecher oder Sänger mit vier SM58 gleichzeitig auf einer Spur gut aufzunehmen. Da wird es schnell unpraktisch und enttäuschend. „Professionell“ wird es, wenn man ein Mikrofon nimmt, das unter bestimmten Bedingungen gegenüber vier SM58 noch ein paar Dinge bewerkstelligt wie gute Körperschallentkopplung, eine anderes Impulsverhalten, so etwas wie „mehr Bauch“, oder auch andere ästhetische Faktoren über einen breiteren Bereich hinweg.
Natürlich ist das MD421 hervorragend und zu Recht ein absoluter Klassiker. Das war Michael Jackson mit einem SM7 aber auch. So sagt es jedenfalls die Legende.
Bezichtige nun also seine Toningenieure bitte nicht der Unprofessionalität.
Das hätten sie gewiss nicht verdient. Fünf SM58 hätten die sich nämlich auch noch leisten – und wahrscheinlich sogar mit gutem Ergebnis aufnehmen können.
Herzlichst.
@dts … dabei ist die Erklärung so einfach wie logisch: Beim Korrekturlesen nicht über diesen Satz gestolpert. Weder ich, noch das Lektorat und ich habe es jetzt der Redaktion mitgeteilt.
@Stephan Merk Zur Klarstellung: Bei der Bezeichnung „Lektor“ fühle ich mich unwohl, richtig wäre „Korrektor“, denn ich bin ausschießlich für Rechtschreibung, Interpunktion und Grammatik zuständig, alles andere fällt in den Verantwortungsbereich des Autors und/oder Redakteurs.
@Dirk Matten Oh Sorry, weil bei den Mails steht immer „durch Lektorat freigegeben“.
@Stephan Merk Eben – und darum hätte ich es lieber, wenn im Impressum und an weiteren Stellen „Korrektor“ stünde.
Das Shure SM7b kann man in tausenden Podcasts anhören. Neben der massiven Optik fällt eine gewisse Neigung zu Popgeräuschen trotz Schaumstofffilter auf. Die Sprache klingt warm, füllig, gut verständlich, aber nicht sehr natürlich. Wegen der niedrigen Ausgangsspannung ist ein sehr guter Mikrofonpreamp nötig oder eben die 100 Euro oder mehr für einen Booster. In Summe ist man da bei gut 500 Euro. Für mich passt das Preis/Leistungsverhältnis nicht, verstehe aber Shure aus betriebswirtschaftlichen Gründen, dass sie den immer noch anhaltenden Hype bedienen. Das Teil ist eine Gelddruckmaschine.
Immer wieder wird Michael Jackson als User auf dem Album Thriller genannt – klingt erstmal vielversprechend. Allerdings war Quincy Jones Aufnahmekette sicherlich vom Feinsten und eigentlich könnte Michael Jackson auch in ein Behringer Mikro singen – das wäre immer noch phänomenal:-) Spielt keine Rolle, so eine Werbung ist unbezahlbar für Shure.