Günstige Kiste für den guten Ton
Nun ist es soweit! Nachdem das Musikhaus Thomann bereits eine große Gesangskabine unter der Eigenmarke t.akustik Vocal Booth mit Erweiterungssatz zum moderaten Preis angeboten hat, gibt es mit der t.akustik Vocal Head Booth jetzt eine kompakte Alternative zur schwedischen ISOVOX Vocal Booth V2. Zwar nicht zerlegbar und von den Abmessungen irgendwo zwischen der ersten und zweiten Version, dafür jedoch zum halben Preis. Ich habe ein Exemplar auf den Prüfstand – Verzeihung, den Boxenständer gehievt und möchte die spannende Frage klären, was die t.akustik Vocal Head Booth im Tonstudio-Alltag zu bieten hat.
Meine persönliche Vorgeschichte
Im Jahr 2015 war ich vermutlich einer der Early Adopters der ISOVOX Vocal Booth. Eher zufällig beim Googeln auf der Suche nach einer Lösung, einen Teil des Raums für Sprachaufnahmen zu optimieren, fand ich genau das Richtige: Die akustische Abschirmung des Kopfes, kompakt und im Zweifel trag- und verstauber. Die ISOVOX erschien mir als genialer Schachzug und meine Begeisterung schrieb ich in einem meiner ersten Artikel für AMAZONA.de nieder. Zwar war sie keinesfalls perfekt, aber mit dem richtigen Mikrofon gut nutzbar.
In den Kommentaren schrieb ein User, dass der Preis viel zu hoch sei und das könne man viel günstiger und besser nachbauen. Okay, die ISOVOX sah wirklich etwas amateurhaft aus und mein Angebot, diese gegen ein Selbstbauprojekt einzutauschen, ging zumindest niemand ein. Ich habe sie später zu Gunsten des Nachfolgers inklusive Lewitt LCT-450 einem Bekannten verkauft, der als Redakteur beim Hessischen Rundfunk arbeitet und damit zum Neid seiner Kollegen viele Wortbeiträge zuhause einspricht. Das Mikrofon wurde mir vom Entwickler Phillip Olson empfohlen (inzwischen gibt es mit dem IsoMic auch ein eigenes) und spielte vor allem mit aktiviertem Lowcut in der ISOVOX besser als mein damaliges RODE NT2-A.
Mit der ISOVOX Vocal Booth V2 erschien 2017 die verbesserte Version mit deutlich professionellerem Charme. Sie ist zusammenlegbar und kann in der optionalen Tasche bzw. dem Trolley verstaut werden und die Seitenteile sind für Videoproduktionen abnehmbar. Das Mikrofon sitzt weiter hinten und lässt sich nun in der Höhe verstellen, gut für größere Halterungen und Sprechermikrofone. Auch das Problem des Hitzkopfs im Innern wurde durch größere Abmaße verbessert und die Resonanzfrequenz verschob sich etwas nach unten, so dass meine Ergebnisse weniger kartonhaft, aber dennoch etwas voluminös klangen. Die Vorderseite wurde nun mit einer Klappe anstelle eines Akustikvorhangs verschlossen, das Außenmaterial zog dafür mehr Staub an. Durch die Länge nahm sie mir allerdings zu viel Platz im Raum weg und so habe ich sie zu Gunsten eines gerichteten Sprechermikrofons an eine Band in meinem Umfeld verkauft, die damit ihr drittes Album produzieren wollten.
Die t.akustik Vocal Head Booth und der Aufbau
Mit diesen Vorerfahrungen geht es direkt zur t.akustik Vocal Head Booth von Thomann, die mit 399,- Euro weniger als die Hälfte der ISOVOX Vocal Booth V2 kostet. Ein Vergleich mit dem Original ist daher unumgänglich, zumal der Markt von ähnlichen Produkten quasi kaum existiert.
Fürs Protokoll: Die Kiste der Vocal Head Booth ist knapp über 60 cm breit und hoch sowie über 80 cm lang.
Sicher verpackt ist die t.akustik Vocal Head Booth allemal, eine metallene Mikrofonhalterung und ein magnetisches LED-Licht begegnen mir als Erstes. Einen Boxen-Hochständer muss man sich noch besorgen, das Musikhaus Thomann bietet aber auch ein Set mit Roadworx-Stativ an.
Für den Test stehen mir nur einfache Modelle von den Thomann-Hausmarken Fun Generation und ein Millenium mit Rundsockel zur Verfügung.
Die stabilen Styropor-Seitenteile schützen die Vocal Head Booth gut, einzeln betrachtet ist das Konstrukt gar nicht so schwer. Unten ist ein 35 mm Flansch für die Stativmontage angebracht, hier erfreue ich mich über zwei positive Aspekte. Zum einen ist das Rohr länger und so wackelt die t.akustik Vocal Head Booth im Gegensatz zu beiden ISOVOX-Modellen beim Anstoßen nicht, hier setzt man nämlich auf einen kurzen, bündig in die Grundplatte eingelassenen Flansch.
Thomann hat außerdem eine Halterung mit Fixierungsschraube gewählt, die zwar den Lack des Stativs beschädigen kann, aber dafür einen festen Sitz der Sprechbude garantiert und sich auch nicht mehr versehentlich dreht. Der Abstand von Flansch bis zur Rückseite beträgt um die 16 cm.
Die Mikrofonplatte ist rechteckig und hat einen abnehmbaren Stab mit 3/8“-Gewinde. Diesen schraubt man in das Mikrofon und steckt das andere Ende in den Flansch der Halterung. So lässt es sich um 5 cm in der Höhe verstellen und mit der rückseitigen Schraube wird der Haltestab fixiert.
Bombenfest ist das nicht und das Mikrofon kann sich trotzdem noch drehen, aber im Betrieb ist das weniger entscheidend. Eingeschoben wird das Ganze dann hinten zwischen Grundplatte und ausgeschnittener Schaumkonstruktion. Obwohl sich das Mikrofon notfalls in der Tiefe verstellen lässt, sollte man es bis zum Anschlag nach hinten schieben, denn nur dann steht es sicher.
Dass das Mikrofon locker in der Box steht, hat natürlich Vor- und Nachteile. Es steht zwar sicher und kann nicht verrutschen, dadurch lässt es sich aber auch schnell entnehmen und austauschen. Hätte man Wechselplatten, wäre das für Sänger mit verschiedenen Mikrofonansprüchen eine tolle Sache.
Beim Transport der Box sollte man hingegen nie vergessen, das Mikrofon vorher zu entnehmen und zwar auch dann, wenn man die Vocal Head Booth im Raum verschiebt. Wer auf Nummer sicher gehen will, könnte die Platte mit Klettbändern fixieren.
Fehlt als Letztes noch die Leuchte mit vormontierter Magnetplatte, der keine Batterien beiliegen. Batterien herausgesucht, ab in die Leuchte und oben an der Platte anheften und fertig ist die Kabine.
Dokumente können dank eines Magnets an der hinteren Wand befestigt werden. Weil die Leuchte sicher hält, kann sie auch nicht rausrutschen. Bei der ISOVOX setzt man auf Osram/Ledvance LedStixx, die bei der ersten Version in einer Halterung lag und bei der zweiten in Schlaufen, da reichte ein Anstoßen und die LED-Rolle befand sich irgendwo auf dem Boden. Die Leuchte der t.akustik Vocal Head Booth nutzt zwar nur eine LED, leuchtet die Rückseite aber gut genug aus und dürfte deutlich sparsamer im Verbrauch sein, von der Lichtfarbe ist sie auch weniger kühl.
Wem sie dennoch nicht ausreicht, könnte sich auch um eine Flächenleuchte oder LED-Strips bemühen. Der Platz hinter dem Mikrofon genügt durchaus für ein leichtes Display oder Tablet, größere Mikrofone und Windschirme könnten für Sichtbehinderung sorgen. Ich würde A4-Ausdrucke im Querformat empfehlen.
Darüber hinaus begeistern mich einige Feinheiten, wie der angebrachte Halter für einen Kopfhörer. Das hat mich bei der ISOVOX immer genervt und ich habe ihn einfach in die Booth legen müssen. Rechts unten befindet sich eine runde Aluminiumstange, hier könnte man einen Windschirm befestigen oder eine Klemmhalterung für Smartphones, der Fantasie sind im Prinzip kaum Grenzen gesetzt. Eine kleine Ablagefläche für Audiorecorder oder ähnliches hätte ich noch gutgefunden, so ein Kleinmixer könnte durchaus hinpassen. Die Bewegungsfreiheit genügt durchaus, um den Rekorder neben das Mikrofon zu legen oder ihn stattdessen anzubringen.
Technisches zur t.akustik Vocal Head Booth
Die Basis bildet eine schwarz lackierte MDF-Platte, sie ist rund 45 cm breit und 35 cm tief. Der Rest besteht aus 40 mm PET Polyestermaterial, sprich recycelten Kunststoffflaschen. Im Gegensatz zur ISOVOX wird hier also nicht auf mehrschichtigen Akustikschaum gesetzt.
So lag es nahe, die Verwindung des Materials zu überprüfen und ich konnte zumindest mit festerem Druck die Platten nicht eindrücken. Das ist sehr gut und gilt insgesamt für die Verarbeitung der t.akustik Vocal Head Booth. Die Grundplatte ist ebenfalls mit PET-Material beschichtet, die Seitenteile sind hinten mit Logos verziert und halten die Vorder- und Deckplatte zusammen. An manchen Stellen schimmert Klebstoff durch und erklärt, wie die Teile zusammen halten.
Im Innern offenbaren sich die elementaren Unterschiede zur ISOVOX, die im hinteren Teil einen dicken Schallschluckpuffer verbirgt. Ein weiterer Unterschied findet sich in der Form, die ISOVOX ist aus akustischen Gründen kein Quader und oben gerundet, die Rückseite der t.akustik Vocal Head Booth ist deshalb oben leicht nach vorne geneigt.
Im vorderen Teil sind die Seiten etwas keilförmig, damit die Schultern Platz finden, die ISOVOX setzt hingegen auf halbrunde Aussparungen. Das hatte zur Folge, dass man unbeabsichtigt an die Box stoßen kann, das passiert bei der t.akustik Vocal Head Booth nicht. Dafür ist sie nach vorne offener, zumal auch die hochschiebbare Vorderseite kürzer geraten ist. In wieweit sich das akustisch auswirkt, werden wir noch prüfen.
Die vordere Platte wird durch zwei an den Seiten angeklebte Schienen gehalten und lässt sich auf Wunsch hochschieben oder ganz abnehmen. Dadurch wird die Belüftung verbessert – und gehen wir von reiner Sprache aus, genügt der Platz im Innern.
Sänger haben mir allerdings berichtet, dass sie sich mitunter vor dem Mikrofon bewegen wollen, in diesen Fällen sind solche Lösungen eher unpraktisch.
Konkret hat man innen 45 cm Platz in der Breite und 41 cm in der Höhe, die jedoch von der montierten Höhe der Box abhängt. So kann man das Mikrofon niedriger und die Box selbst höher montieren und hätte dann etwas mehr Freiraum. Außen beträgt die Breite rund 53 cm, die Höhe beträgt 1 cm mehr und mit 70 cm Tiefe ist sie 10 cm kürzer als die ISOVOX V2. Innen an der Unterkante sind rund 59 cm Platz in der Tiefe.
Noch ein Wort zum Boxenständer: Dreibeinstative nehmen komplett ausgeklappt die meiste Stellfläche ein. Der Vorteil liegt im absolut sicheren Stand, der Nachteil in den Stolperfallen durch die ausladenden Beine. Die besten Erfahrungen habe ich aber mit dem Gussrundsockel des Millenium-Stativs gemacht, zwar nichts für den Transport, aber dafür mit bodennahem Schwerpunkt.
Weil die t.akustik Vocal Head Booth vergleichsweise leicht ist, passt beides sehr gut zusammen. Sicher ist das zum Teil eine Geschmacksfrage, aber grundsätzlich sollte man schwere Stative bevorzugen.
Wie klingt nun die t.akustik Vocal Head Booth?
Die Wirkung einer solchen Konstruktion lässt sich am Besten in akustisch ungünstiger Umgebung prüfen, also ab mit ihr ins Badezimmer. Der Olympus LS-P4 Audiorecorder dient mir in der Einstellung Mono als Mikrofon, das mich innerhalb und außerhalb aufzeichnet.
Zunächst fällt auf, dass gemessen an der Raumakustik die Aufnahme in der t.akustik Vocal Head Booth schon beruhigter ist, aber im Vergleich hätte man es mit beiden ISOVOX-Modellen aus zwei Gründen einfacher. Zunächst würde aufgrund der rückseitigen Dämmung weniger Schall in den Raum abgegeben, was zugleich die Reflexionen mindert. Dann ist da noch die etwas offene Frontseite, die ebenfalls etwas von Nachteil ist und den stärkeren Raumschall zurück in die Box eindringen lässt. Hören wir zum Vergleich mein Klangbeispiel aus dem ISOVOX Mobile Vocal Booth V2 Test.
Zurück in meinem Musikzimmer mit RODE NT1000 zeigt sich ein deutlich besseres Bild, wie im folgenden Beispiel zu hören ist.
Auch wenn die t.akustik Vocal Head Booth im Vergleich zu einem Reflexionsfilter deutlich besser wirkt und der definierte Raum im Innern für einen guten Sound sorgt, kommt es dennoch zu leisen und hörbaren Rauminformationen auf der Aufzeichnung. Hier wieder das Problem der fehlenden Dämmung, so dass auch in diesem Fall der Raum durch meine Stimme stärker angeregt wird und die Reflexionen frontseitig in die Box eindringen können. Dies hört man interessanterweise nicht, wenn man selbst in der Box steht und hat mich im Nachgang etwas überrascht.
Hierbei ist auch die Preisdifferenz zum patentierten Original mit einzubeziehen, Kompromisse sind da einfach unumgänglich. In jedem Fall macht man mit dem Kauf absolut nichts falsch und im Zweifel muss man eben selbst ausprobieren.
Für lauten Gesang würde ich eher zur ISOVOX Mobile Vocal Booth V2 tendieren, bei reinen Sprachaufnahmen wäre die t.akustik Vocal Head Booth in den meisten Fällen sicher ausreichend. Die Differenz zu einem Reflexionsfilter ist nicht ganz so hoch und der unbestrittene Vorteil liegt im definierten Raum. Eventuell lässt sich auch noch was nacharbeiten, beispielsweise durch aufgebrachte Textilien.
Abschließend noch ein kurzer Zusammenschnitt beider ISOVOX-Modelle im selben Raum, zu Beginn hört man auch die etwas kartonhafte Note.
Aus PET Flaschen handgefilztes Dämpfungsmaterial passend zum Alugrau des dezent nachhaltigen Apples im Homestudio. Recycelter Kommentar zu recyceltem Artikel. Das ist nicht euer Ernst. Im September hat Amazona schon dazu geschrieben. Ist wohl die Folge der Chip Krise. Es gibt keine verfügbaren Geräte mehr zu testen.
Hatten wir nicht bereits etwas Ähnliches am 22.09.2021?
https://www.amazona.de/t-akustik-stellt-vocal-head-booth-vor-mobile-sprach-und-gesangskabine/
Vielleicht hätte man stattdessen diese beiden Artikel zusammenfassen können?
Das andere war eine NEWS, das hier ist ein TEST! ;)