Audiophiler Weichzeichner ohne Ecken und Kanten
Inhaltsverzeichnis
Es gibt Testobjekte, da freut man sich als Autor schon im Vorfeld diebisch auf die anschließenden Foren-Schlachten, die selbsternannte Fachleute und Experten in die Runde schmeißen, um sich gnadenlos in bester Troll-Manier Inkompetenz bzgl. pro oder contra des Testgerätes vorzuwerfen. Je nachdem, aus welchem Lager man gerade kommt. Ein solch polarisierendes Testgerät liegt bei mir heute auf dem Studio-Arbeitsplatz, der Tegeler Audio Manufaktur TSM Tube Summing Mixer, der in Konzeption und Einsatzbereich als klares Nischenprodukt beste Vorraussetzungen für eine breit gestreute Diskussion auf allen Ebenen bietet.
Konstruktion des Tube Summing Mixers
OK, was macht eigentlich ein Summierer und warum stellt er einen Streitpunkt in der Audio-Szene dar? Letztendlich greift die Frage tief in die teils mit schweren Vorurteilen behaftete Grundsatzdiskussion „was ist besser, analog oder digital“ ein, womit wir schon mitten im großen Pool des Halbwissens sitzen. Jeder professionell arbeitende Künstler, Techniker oder Produzent wird diese Frage keiner Synapse würdigen, denn sie kann niemals ernsthaft beantwortet werden. Auf beiden Audio-Ebenen und selbst in ihrer Kombination sind alle Qualitätsstufen von ganz erbärmlich bis hinauf zur absoluten Spitzenklasse vertreten. Von daher gibt es kein generelles Besser oder Schlechter.
Was man jedoch eindeutig mit den Adjektiven besser oder schlechter bewerten mag, ist das Erreichen eines bestimmten Klangs, den man im Kopf geformt hat und nun versucht, diesen mit seinem Equipment zu erreichen. Nahezu überall findet man den Anspruch, in der letzten Bearbeitungsstufe einen möglichst dichten und „fetten“ Sound zu generieren, bevor es in die finale Wandlung des Signals geht. Was früher Bandsättigung und Röhrenkompression konzeptionell bedingt ganz von alleine mitbrachten, wird heute von verschiedenen Plug-ins übernommen, die abhängig von der Qualität der programmierten Algorithmen diese Aufgabe von lausig bis brillant absolvieren.
Genau hier setzt der Tegeler Audio Manufaktur TSM Tube Summing Mixer an, der mittels seiner Röhrenbauweise einem digitalen Signal den Stempel der analogen Arbeitsprozesse aufdrückt, was sich in der CPU der DAW laut Puristenmeinung nicht wirklich emulieren lässt. Das Konzept besagt, dass das Zusammenführen mehrerer Einzelspuren auf analoger Ebene einen anderen Klang erzeugt als auf rein digitaler Ebene oder anders gesagt, „esoterischer Mumpitz gegen wärmeres Obertonverhalten“. Das wird spannend!
Hinter jeder Firma steckt zumeist ein federführendes Gesicht, das die Kernkompetenz des Unternehmens bündelt. Im Fall der Tegeler Audio Manufaktur ist es Michael Krusch, der wie viele seiner Kollegen seine Karriere mit dem Nachbau legendärer Studio-Preamps und Kompressoren startete. Angesiedelt in Berlin-Tegel erklärt sich der Firmenname von selbst. Geliefert wird das Gerät übrigens in einer schmucken Holzkiste, wie man sie sonst nur im Weinversand vermuten würde.
Bedienelemente und Anschlüsse des Tegeler Audio TSM
In Sachen Optik und Verarbeitung ist das in Deutschland gefertigte Gerät eindeutig in der Oberliga anzusiedeln. Jede Kante, jede Ecke, jedes Kabel ist sauber verlegt beziehungsweise verlötet. Zudem glänzt die Frontseite mit 2 großen VU-Metern und einem einzigen Pegelsteller, der den ausgehenden Pegel in 3 dB Schritten auf bis zu -15 dB absenken kann. Dazu noch einen massiven On/Off-Schalter und eine große Kontrollleuchte, fertig ist der gesamte Regel- und Kontrollapparat. Der eine oder andere mag die Rasterung gerade zwischen 0 und -3 dB als etwas zu grob ansehen, bei mir im Praxisbetrieb gab es diese Einschätzung nicht, insbesondere wenn das fertige Ergebnis nochmals einem externen Mastering-Prozess unterzogen wird.
Rückseitig stehen dem Tegeler Audio Manufaktur Tube Summing Mixer insgesamt vier D-SUB-Schnittstellen für die Eigangskanäle 1-32 zur Verfügung. Hinzu gesellen sich vier Stereo-Kanäle (33-40), die als Klinkenbuchsen ausgelegt sind sowie ausgangsseitig zwei Stereo-Ausgänge (2x XLR, 2x Klinke).
Im überschaubaren Feld der Summing Mixer befindet sich der Tegeler Audio Manufaktur TSM zwischen den rein passiven, preiswerten Varianten und den aktiven Vertretern, bei denen jeder Eingang eine eigene Verstärkerstufe hat, im Mittelfeld. Der TSM an sich arbeitet passiv, verfügt aber über einen speziell für seinen Einsatzbereich konzipierten Aufholverstärker, der auf Röhrenbasis arbeitet. Zum Einsatz kommen 2x ECC83 (12AX7), die als Doppeltriode gerade im Gitarrensektor in nahezu jedem Vollröhren- oder Hybrid-Verstärker zum Einsatz kommen.
Tegeler Audio Tube Summing Mixer TSM in der Tonstudio-Praxis
Schaltet man den Tegeler Audio Manufaktur TSM ein, informiert lediglich die LED auf der Frontseite über den Betriebszustand. Brummen oder flirren? Komplette Fehlanzeige, es herrscht Totenstille im Tonstudio. Sehr gut.
Was aber genau ist nun das Einsatzgebiet eines analogen Summierers? Etwas salopp formuliert würde „ein digitales Signal re-analogisieren“ es noch am ehesten beschreiben. Warum analog? Nun, verschiedene wissenschaftliche Messungen bzw. Untersuchungen belegen/behaupten, dass unser Gehör auf das Obertonverhalten einer analogen Signalführung, möglichst noch auf Röhrenbasis, „wohlwollender“ reagiert als auf eine rein digitale Signalführung. Insbesondere in der Summierung gehen verschiedene Frequenzen in der Überlagerung verloren, was im Endeffekt zu einem dünneren Klangbild führt als was im Normalfall an Signalfarbe ankommen müsste.
Eben diese Annahme/Aussage ist des Pudels Kern. Während das eine Anwender-Lager diese These vehement unterstützt, hält die andere Fraktion dies für blanken Unsinn bzw. es ist in einem Prozentsatz vorhanden, den man unmöglich noch heraushören kann. Ich für meinen Teil werde den Teufel tun und mich in diese Grundsatzdiskussion einmischen. Fakt ist jedoch, dass die Signale dank Eingangs- und Ausgangsübertrager und der oben genannten Röhrenschaltung dem anliegenden Signal eine klare Färbung hinzufügen. Das Audiomaterial verliert an Ecken und wird gerade im Mittenbereich deutlich stärker verdichtet als ohne die analoge Summierung.
Dabei ist es von großer Bedeutung, welche Signale am Summierer anliegen. Kurze, perkussive Klänge werden lediglich etwas entkantet und erfahren eine vergleichsweise geringe Veränderung im Klang. Flächen oder aber bereits stark verdichtetes Material erfährt hingegen eine deutliche Zunahme an Druck, es wird weicher und frequenzmäßig ausgewogener. Hier ist es natürlich fraglich, ob man bei einer synthetischen Pop-Produktion oder aber hartem Techno-Einsatz ein weicheres Klangbild überhaupt haben möchte. Hingegen bei traditioneller Musik, gerade aus dem Gitarrenbereich, kann der Tegeler Audio Manufaktur TSM seine Stärken voll ausspielen. Diese Stilrichtung verfügt von sich aus über ein starkes Angebot an Mittenfrequenzen, die sich hervorragend glätten und verdichten lassen.
Erwähnenswert ist ebenfalls, dass sich die Klangfärbung nicht auf den Höhen- oder Bassbereich auswirkt. Ausfälle, wie eine Höhenabsenkung oder mangelnder Punch unter 100 Hz, sind also nicht zu befürchten. Man sollte jedoch im Hinterkopf behalten, dass sich preislich zum eigentlich Verkaufspreis des Summierers auch noch die Anschaffung einer oder mehrerer Wandler von guter bis sehr guter Qualität hinzugesellt. Das zu summierende Signal möchte ja auch erst einmal aus der DAW heraus geführt werden, was bei Ausschöpfung aller Eingangsmöglichkeiten am Tegeler Audio Manufaktur TSM zu einer Herausforderung werden kann.


Interview mit Michael Krusch von Tegeler Audio
Im Anschluss an den Test des TSM haben wir die Chance genutzt, dem Geschäftsführer der Tegeler Audio Manufaktur, Michael Krusch, ein paar Fragen zu stellen.
Amazona.de: Michael, was war eure Idee hinter dem Tube Summing Mixer?
Michael Krusch: Die Philosophie hinter unserem Tube Summing Mixer ist:
- Er muss klingen. Kein cleanes Gerät, sondern Übertrager und Röhren, die etwas Positives zum Gesamtklang hinzufügen, wie alle unsere Geräte. Gut abgestimmt, also auch kein Röhrenverzerrer, sondern den vergoldenden, hochwertigen und veredelnden Röhrenklang, den man so liebt.
- Total Recall. Gemischt wird in der DAW, summiert im TSM. Keine Aufweichung des Summiererkonzepts durch Regler in den Kanälen u.ä. Ein Drehschalter, um den Gesamtpegel ans Setup anzupassen. Ins Rack einbauen, verkabeln und nicht mehr anfassen.
Wenn Kunden nach Aux-Wegen o.ä. fragen, empfehlen wir, mal über ein richtiges Pult nachzudenken. - Massig Eingänge. Wobei selbst üppige 16 Stereokanäle auch irgendwann voll sein können.
Amazona.de: Analoge Summierung ist bei unseren Lesern nicht ganz unumstritten. Wie seht ihr selbst diese Diskussion?
Michael Krusch: Bei der Diskussion analoges Summieren vs. In-the-box halten wir uns eher raus. Was immer für jemanden funktioniert, ist richtig. Leider wird die Diskussion zum Teil von Leuten geführt, die nie beide Varianten im Vergleich ausprobiert haben.
Da es theoretisch keine Unterschiede im Summieren gibt, ist ja nur eine Addition, darf es ihn in der Praxis auch nicht geben. Auch Wasser besteht immer aus H2O, trotzdem schmeckt es überall anders.
In den letzten Jahren haben viele gemerkt, dass Plug-ins doch nicht der Weisheit letzter Schluss sind und benutzen wieder vermehrt Hardware. Auch zu sehen an den vielen Hardwaresynths, die es inzwischen wieder gibt. Meine Empfehlung an jeden: Probier es aus. Vielleicht entdeckst du ja was Neues.
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Für mich würde sich einfach die Preis/Leistung nicht lohnen, dafür ändern analoge Summiere schlichtweg viel zu wenig am Signal. Dann lieber einen neuen Synth oder wenn es analoge Schaltungen sein sollten, einen EQ oder Kompressor, der mehr mit dem Signal macht, als ein Summierer und richtig auffällig färbt.
Und grade bei Tegeler würde ich andere Geräte finden, die mich viel mehr interessieren würden, für etwas mehr Geld würde ich den Creme RC sicherlich dem Summierer vorziehen, da kann ich den Klang dann auch aktiv mit den Reglern ändern.
Da ist der Axel so schön auf Krawall gebürstet, und nun ruiniert er alles mit einer self-unfulfilling prophecy 😩
Analoges Summieren ist ein heisses Eisen mit viel Stoff zum diskutieren.
Es bürgt für bestmögliche Qualität, die auch etwas kostet, da 32 hochwertige AD und DA Wandler noch dazu kommen.
Ob sich das dann klanglich lohnt muss jeder selbst entscheiden bzw hören.
Ein schlechter Mix wird dadurch sicherlich nicht besser.
Durch 64 Bit Summierung in heutigen DAWs werden Rundungsfehler bei der digitalen Addition im Mix auch bei vielen Spuren auf ein Minimum reduziert. Etwas Röhre beim Mastering kann die gewünschte Glättung verbunden mit der Schmeichelung für unser Ohr auch ganz gut erreichen.
Aber schön dass es solche Geräte, wie von Tegeler, gibt um sich audiophil austoben zu können.
@Spectral Tune Du brauchst bis zu 32 (bzw. bei diesem Gerät 40) DA-Wandler und nur 2 AD-Wandler.
@tob4545 Stimmt ! Danke für die Korrektur 🙂
Klingt interessant, danke für den Test.
Die Geräte von der Tegeler Audio Manufaktur sind schon von sehr guter Qualität . Besitze selber den VTRC und Creme . Wer es sich leisten kann wird mit hervorragenden analogen Klang belohnt .Für mich macht es einen großen Unterschied , ob ich in the Box oder mit echtem analogen Gerät arbeite . Aber das muß jeder für sich selber herausfinden , da gehen die Meinungen ja bekanntlich auseinander .
Ein Thema zum nächtelangen Diskutieren. Den Tegeler Summierer hatte ich neben dem Creme auch schon auf der Liste….
Seit Jahren schlummert hier ein Günstig-Summierer (Empfehlung eines recht erfolgreichen Produzenten) unverkabelt im Rack. Bislang fahre ich aber mit meinen hardware-Synth-Aufnahmen, die extern immer ein Pedal, EQ, Distortion oder Saturator auf die Mütze bekommen, recht gut. Die analogen Färbungen sind zu Genüge da, deshalb spare ich mir das externe Summieren und somit eine weitere Wandlung bisher. Wir werden sehen, das Thema ist bei mir noch nicht vom Tisch (dank Artikel wie diesem;))
Wenn du den günstigen Summierer nicht angeschlossen hast, ist das Thema doch schon längst vom Tisch😉. Gerade bei Summierer ist halt viel Vodoo dabei, aber meine Ohren hören keinen Unterschied.
@torsten rausch Ich denke, man sollte nichts unversucht lassen;)
Zumal es ja in meinem Fall “nur“ ein aufraffen und umverkabeln bedeutet.
Zeitmangel, akut Zeitmangel.
Ich bin gespannt, wann aus angeblichen Klima- und Umweltschutzgründen Röhrenverstärker verboten werden – sauber eingefädelt über die EU, was dann leider, leider in nationales Recht umgesetzt werden muss.
Ich summiere gerne mit meinem SSL SiX Analogmischpult. Die klanglichen Auswirkungen sind wirklich schwer in Worte zu fassen, aber nachvollziehbar sind sie allemal. Der Tegeler klingt aber wirklich interessant. Schöner Test – Danke!
Jörg
@Jörg Hoffmann Hi Jörg,
würde mich tatsächlich interessieren, wie Du das praktisch realisierst: Kann mir im Moment nur vorstellen, dass man nacheinander Gruppen Busse analog summiert – aber eben nicht den gesamten Mix mit 20 oder 30 Spuren.