Preiswerter PA-Einstieg für den Proberaum
Es gibt Testberichte, da fällt es einem wirklich schwer, nicht bereits schon im ersten Satz wie ein alter Sack im Sinne von „Opa erzählt vom Krieg, wir hatten ja nichts“ zu klingen, aber der Test des Thomann Practice Room Bundle 2 ist wahrlich so einer. Wir reden von einer kompletten Proberaum Gesangsanlage für unter 600 Euro. Wenn ich daran denke, was ich vor 40 Jahren für eine entsprechende Anlage hätte ausgeben müssen, geschweige denn, mit was für einem Gerümpel wir damals Vorlieb nehmen mussten. Sei’s drum, ich konnte mich dennoch sehr gut im Profimusikgeschäft behaupten (vielleicht sogar wegen des Gerümpels?), verspüre aber schon einen Hauch von Neid, mit wie wenig Geld man heutzutage bereits eine komplette Anlage an den Start bekommt. Ob diese Beschallungsanlage auch den Ansprüchen eines aufstrebenden Newcomers gerecht werden kann, soll dieser Test zeigen.
Die Komponenten des Thomann Practice Room Bundle 2
Bei dem Thomann Practice Room Bundle 2 handelt es sich um mehrere Komponenten, die allesamt aus den verschiedenen Hausmarken des Musikhauses Thomann bestehen. Anders wäre dieser Ladenpreis auch nicht umsetzbar. Fängt man bei Null an, macht ein Bundle durchaus Sinn, da zum einen die einzelnen Komponenten aufeinander abgestimmt sind und zum anderen der Gesamtpreis zumeist niedriger ist als die Summe der einzelnen Komponenten.
Das Thomann Practice Room Bundle 2 besteht nunmehr aus folgenden Produkten:
2x the box PA 15 DSP Aktiver Fullrange-Lautsprecher
the t.mix xmix 1202 FX USB 12-Kanal Mischpult
2x the t.bone MB85 Beta Dynamisches Mikrofon
Fun Generation Speaker Stand Pair Boxenständer-Set
2x Fun Generation Mic Stand Mikrofonstativ mit Galgen
4x Fun Generation MIC 5 Mikrofonkabel
Im Prinzip haben wir es mit einer 2-fachen Gesangsanlage zu tun, wobei die Mischpult-Funktionen und insbesondere die Leistung der beiden Aktivboxen weit über die Eckdaten einer Gesangsanlage hinaus gehen. Allerdings ist das System weit von einer echten PA entfernt, wer also glaubt, mit dieser Anlage Clubs mit 200 Personen beschallen zu können, sollte sich eines Besseren belehren lassen. Generell sollte man sich immer vor Augen führen, dass das Bundle nicht umsonst den Namen „Practice Room“ in seiner Bezeichnung trägt. Dies bedeutet einmal aufbauen und dann erst einmal lange Zeit in dieser Position belassen. Für den ständigen Transport, respektive Auf- und Abbau sind mehrere Komponenten des Bundles nicht geeignet.
Da es sich um ein Bundle handelt, gehen wir daher auch direkt in den Praxisteil über, da das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten einen deutlich höheren Stellenwert hat als eine Detailanalyse der einzelnen Komponenten. Von klein nach groß:
Die Fun Generation MIC 5 Mikrofonkabel
Das Fun Generation MIC 5 Mikrofonkabel hat eine Länge von 5 m und liegt preislich ungefähr bei einem Drittel des Preises, was ein durchschnittlicher Anbieter für ein vergleichbares Kabel aufruft. Klanglich können keine Unterschiede wahrgenommen werden, aber in Sachen Mechanik der Stecker und Geschmeidigkeit des Kabelmantels muss man bei diesem Preis erwartungsgemäß ein paar Abstriche machen.
Der Mantel wirft ein paar Wellen, die Verriegelungen der Female-Stecker sind nicht 100 % sauber gefräst, aber für den Einsatz im Proberaum dürften die Kabel bei sauberer Verlegung einen ordentlichen Job machen. Inwieweit die Kabel vor Kabelbruch geschützt sind, kann nur die Praxis zeigen.
Die Fun Generation Mic Stand Mikrofonstativ mit Galgen
Mit 7,90 Euro beträgt der Einzelpreis des Fun Generation Mic Stand Mikrofonstativ mit Galgen gerade einmal ein Sechstel eines „vergleichbaren“ Produktes von Branchenprimus König & Meyer, was allerdings auch schnell klar wird, wenn man das Stativ in die Hand nimmt. Natürlich kann man es normal aufbauen und auch entsprechend benutzen, allerdings sollte man keinerlei Ansprüche an die mechanische Belastbarkeit stellen. Die Rohrdurchmesser mögen ähnlich sein, der Metallanteil ist es nicht. Einmal versehentlich auf das Dreibein getreten und das Rohr biegt sich durch oder ein Kunststoffteil bricht.
Auch erklärt sich mir die Verwendung des „großen“ Gewindes von 5/8 Zoll anstatt des üblichen 3/8 Zoll bzgl. der Mikrofonhalterung nicht wirklich. Ja, die meisten Mikrofonhalterungen haben ein herausschraubbares Innengewinde, aber alle Mikrofonhalterungen haben von Haus aus ein kleines Reduziergewinde. Dieses Stativ eignet sich definitiv nur für einmal aufbauen und dann schön darauf achten, dass man es nicht wieder umbaut. Roadeinsatz: unmöglich.
Die Fun Generation Speaker Stand Pair Bodenständer-Set
Auch das Boxenständer-Paar muss den geringen Ladenpreis von nur 26,90 Euro inklusive Tragetasche durch einen hohen Plastikanteil wettmachen. Die Verarbeitung ist deutlich besser als im Bereich des Mikrofonstativs, allerdings wurde auch hier nur mit einfachsten Kunststofflösungen im Bereich der Verschraubung und Arretierung gearbeitet. Inwieweit diese Ständer dem Roadalltag trotzen können, wird nur eine entsprechende Praxis zeigen, für den Einsatz im Proberaum hinterlassen die Ständer einen ordentlichen Eindruck.
Das the t.bone MB85 Beta Dynamisches Mikrofon
Das the t.bone MB85 Beta konnte als Shure Beta 58 Klon insbesondere im Bezug auf seinen Ladenpreis von unter 40 Euro einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Einen weiterführenden Vergleichstest findest du unter diesem Link. Dies hat sich bis heute nicht geändert. Eine gute Kopie, der es etwas an der Feinheit des Originals fehlt, das aber ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis aufweist. Der von einigen Kollegen genannte unangenehme Geruch des Mikrofons ist mir nicht weiter aufgefallen. Die Stabilität ist ordentlich, der Nahbesprechungseffekt ausgewogen.
Das the t.mix xmix 1202 FX USB 12-Kanal Mischpult
Optisch kommt das Pult ein wenig „plastikeresk“ daher, auch die Haptik der durchweg in einfachem Kunststoff gehaltenen Regler und Schalter machen nicht unbedingt einen High-End Eindruck. Das Konzept des Mischers und vor allem der Klang sprechen hingegen eine andere Sprache. Zwar kann man bei einem Ladenpreis von 129 Euro nun wahrlich keine Neve Klangregelung bei den Filtern erwarten, dafür erfreut sich der gefühlte Tausendste Mackie Klon eines praxisgerechten Konzeptes, was deutlich über den reinen Proberaum-Einsatz hinaus geht.
Dank USB-Interface und rudimentären Control- und Main-Ausgängen können auch Proberaummitschnitte der einfachen Art mit dem Pult gefahren werden. Der Mischer vermittelt ein ausgereiftes Konzept, das bereits unzählige Male von vielen Kopisten übernommen wurde und als Standard im kleinen Analogbereich gehandelt wird. Die Filter klingen besser als erwartet, die Preamps erledigen ihre Arbeit dem VK entsprechend, nur die Ansprüche an die intern verbaute FX-Einheit sollte man nicht zu hoch ansetzen.
Die the box PA 15 DSP Aktiver Fullrange-Lautsprecher
Wenn ein Produkt des Thomann Practice Room Bundle 2 positiv aus dem Rahmen fällt, dann sind es die the box PA 15 DSP aktiven Fullrange-Lautsprecher. Verarbeitungstechnisch zwar wohlwollend formuliert im ganz einfachen Rahmen angesiedelt und von der Schraubfassung des 35 mm Flansches, der die Box auf dem passenden Hochständer fixieren soll, wollen wir wirklich nicht reden, überzeugen die Boxen mit einem Grundklang, der weit über den Ladenpreis von 189 Euro hinausgeht.
Die mit 800 Watt (700 Watt Tieftöner / 100 Watt Hochtöner) ausgestattete Box verfügt über einen wirklich guten, vor allem ausgewogenen Grundklang, der mittels der üblichen Verdächtigen in der DSP-Menüführung für ihr jeweiliges Einsatzgebiet hin optimiert werden kann. Music, Live, das basskastrierte Speech- und die bassüberladene DJ-Einstellung sind ebenso vertreten wie ein praxisnaher 3-Band Equalizer, der insbesondere im Höhen- und Bassbereich eine geschmackvolle Filtersektion offenbart, mit der ich in dieser Qualität nicht gerechnet hätte.
Zwar erfordern die 20 kg Gewicht einen beherzten Zugriff in der Haptik, allerdings dürfte die Verarbeitung auch den einen oder anderen Live-Einsatz verdauen können. Das System verfügt in der Tat über einen großen Headroom und produziert erst kurz vor der Leistungsgrenze unschöne Verzerrungen. Ein echter Überraschungssieger, insbesondere wenn man sich den aufgerufenen Ladenpreis vor Augen hält.