Analog ist nicht out
Yamaha hat schon eine lange Tradition in Sachen Mischpultbau. Lange Zeit waren viele Unternehmen der Veranstaltungstechnik mit den großen Touring-Konsolen der PM-Reihe unterwegs. PM4000 und PM5000 waren zwei der Meilensteine, die oft vor oder neben der Bühne anzutreffen waren. Yamaha hat bei allem Erfolg seiner späteren Digitalmischpulte die analogen Pulte nie ganz vergessen. Für den ambitionierten Musiker gibt es seit vielen Jahren die erfolgreiche MG-Serie, die sich klanglich nicht vor anderen Mitbewerbern zu verstecken braucht. In ihrer mittlerweile dritten Generation bieten die Mischpulte der MG-Serie eine Fülle an Features, die kleinen Bands oder Alleinunterhaltern das Leben erleichtern. Yamaha hat die Serie um zwei neue Varianten erweitert. Zum Test stehen uns das Yamaha MG10XUF und sein Bruder MG12XUK zur Verfügung.
Yamaha MG10XUF und MG12XUK – alles neu?
Die beiden Produktbezeichnungen wirken vertraut und tatsächlich stellen das Yamaha MG10XUF und MG12XUK Varianten der bereits bekannten Produkte MG12XU und MG10XU dar. Vergleicht man MG12XU und MG12XUK, fällt zunächst das Fehlen der Fader beim letztgenannten Produkt auf. Bei genauerer Betrachtung fehlt auch der Aux-Weg. Das neue Yamaha MG12XUK ist also eine schlankere Variante des bereits bekannten Produkts. Anders verhält es sich beim Yamaha MG10XUF. Dieses besitzt im Vergleich zum MG10XU die dort vermissten Fader. Außerdem freuen wir uns über große beleuchtete „On“-Schalter zum Ein- und Ausschalten des Kanalzugs. Was den neuen Mischpulten ebenfalls fehlt, ist der alternative 1-2 Bus. Es gibt nun nur noch einen Stereo-Bus. Das waren, bis auf kleinere kosmetische Veränderungen, schon die wesentlichen Unterschiede. Gehen wir ins Detail.
Ein Mischpult ist ein Mischpult ist ein Mischpult
Kennst man eines, kennt man alle – so könnte man die Philosophie auf den Punkt bringen, die eigentlich hinter jedem Mischpult steckt. Yamaha macht auch hier keine Ausnahme und schon gar nicht innerhalb einer Mischpultserie. So finden wir beim Yamaha MG10XUF und MG12XUK ähnliche Ausstattungsmerkmale, die ihrerseits auch bei den anderen Mischpulten der MG-Serie zu finden sind wie auch bei den meisten analogen Pulten anderer Hersteller. Die Gemeinsamkeiten beider Pulte werden deshalb auch gemeinsam beschrieben.
Ab in den Kanal – Monokanäle
Ein typischer MG-Kanalzug beginnt mit einer Combo-Buchse für XLR- und Klinkenstecker (TRS). Ein schaltbares Hipass-Filter senkt bei Bedarf alles unterhalb von 80 Hz ab, starke Signale freuen sich über eine Abschwächung per PAD-Schalter um 26 dB. Weiter geht es zum Gain-Regler (weiß), der unser Eingangssignal ordentlich auf Touren bringt, sprich so verstärkt, dass im Pult ein vernünftiger Arbeitspegel vorherrscht.
Einige Kanäle sind mit einem One Knob-Kompressor ausgestattet. Je weiter dieser Regler (gelb) aufgedreht wird, desto stärker greift ein Kompressor ins Klanggeschehen ein und beschränkt die Dynamik. Um die sonst üblichen Parameter wie Threshold, Ratio, Attack, Release, Hold und Make-up Gain muss sich der Anwender hier keine Gedanken machen. Alles läuft programmabhängig und automatisch.
Wer bisher einen Schalter für die Phantomspeisung vermisst hat, wird in gleicher Reihe fündig. Rechts von den Reglern für die One Knob-Kompression befindet sich unterhalb der Gain-Regler der jeweils letzten zwei Mikrofonkanäle ein roter Schalter, der die Phantomspeisung für alle Mikrofonkanäle gleichzeitig schaltet. Eine rote LED signalisiert, ob die +48 Volt dort anliegen. Für ein Mischpult dieser Preisklasse ist es sicherlich in Ordnung, wenn die Phantomspeisung nicht getrennt für jeden Kanal schaltbar ist. Die Position des Schalters dürfte Einsteiger aber zunächst verwirren. Weiter geht’s auf unserem Streifzug den Kanal hinab.
Kommen wir zum 3-Band-EQ mit Festfrequenzen für Höhen, Mitten und Bässe. Die grünen Regler bestimmen jeweils das Maß der Verstärkung oder Absenkung um bis zu ±15 dB bei 10 kHz, 2,5 kHz und 100 Hz. Das sind übliche Frequenzen, mit denen die meisten Anwender gut zurecht kommen sollten.
Der nun folgende FX-Regler (weiß) bestimmt den Anteil des Signals, der zum integrierten Effektprozessor der SPX-Klasse geschickt wird.
Zu guter Letzt durchläuft alles noch den Pan-Regler (rot) für die Verteilung im Stereo-Panorama.
Das Yamaha MG10XUF verfügt als nächste Station über große beleuchtete On-Schalter, auf die das MG12XUK leider verzichten muss. MG10XUF Anwender freuen sich außerdem über Fader, das MG12XUK muss mit Drehreglern auskommen.
Seitenkanal – Stereo-Kanäle
Die Stereokanäle der MG-Mischpulte sind nicht ganz so üppig ausgestattet wie die Monokanäle. So fehlt das Mittenband des EQs und auch auf einen Kompressor oder Gain-Regler muss verzichtet werden. Dafür gibt es neben den Klinkeneingängen in zwei Stereokanälen Cinch-Anschlüsse (RCA). So darf auch mal schnell ein HiFi-Gerät mit derlei Ausgängen angeschlossen werden. Im Heimstudio ist das bestimmt öfter mal der Fall.
Effekthascherei
Im Master-Block der beiden Mischpulte springt zunächst einmal das Effektgerät ins Auge, denn so ganz trocken ist auch blöd und deshalb verfügen beide MGs über einen DSP der bekannten SPX-Klasse. Neben den üblichen Algorithmen wie Hall, Plate, Room, Stage, Ambience und Early Reflections gibt es Gated Reverbs, Delays, Vocal Echo, Chorus, Flanger, Phaser, Tremolo, Auto Wah und abgedrehtere Sachen wie Radio Voice, Distortion oder Pitch Change. Ein festgelegter Parameter pro Algorithmus ist per Regler änderbar. Das passt. Insgesamt 24 Effekte sind verfügbar. Auf Speicherplätze oder mehr Einflussmöglichkeiten muss in dieser Preiskategorie freilich noch verzichtet werden. Doch das kreiden wir nicht an. Das Yamaha MG10XUF verfügt über einen Fader für den FX Return-Weg, das MG12XUK dementsprechend über einen Drehregler.
Auf Sicht
Damit wir nicht ganz blind durch die Gegend laufen, bringen beide MGs zwei schön lange LED-Ketten im Master-Block mit. Sieben LEDs verkünden uns den anliegenden Pegel am Master oder, leider nur beim MG10XUF, den PFL-Pegel. Der PFL-Pegel (PFL steht für Pre Fader Listening) ist der Pegel, der im Kanalzug vor dem Kanalfader anliegt, er ist also unabhängig von der Stellung des Faders. Der Abgriff ist aber Post-Gain und Post-EQ, also nach dem Gain-Regler und dem EQ. Er wird deshalb auch zur Aussteuerung genutzt. Hinweis: Jeder Griff zum EQ ändert den Pegel im Kanalzug. Absenkungen verringern den Pegel, Anhebungen erhöhen ihn.
Ich habe noch ein MG 124 cx als Keyboardmischer, das früher im Probenraum auch für die Gesangsanlage gute Dienste geleistet hat. Ich kann nur bestätigen, dass die Yamaha-Pulte sauber verarbeitet sind und gut klingen. Gerade auch der 1-Knopf-Kompressor ist ein willkommenes Feature, das viele Konkurrenzpulte in dieser Preisklasse nicht bieten.
Das design könnte Man Aber etwas updaten, schaut sehr altbacken aus finde ich.
Mich stört an einem Pult, wenn die Ein- und Ausgänge an der Oberseite sind. Auch Audiokabel unterliegen den Gesetzen der Schwerkraft und so ist ein Kabelbruch in Steckernähe deutlich wahrscheinlicher als bei rückseitigen Anschlüssen.
Ja, das ist in der Tat ein Problem. Problematisch sind rückseitige Anschlüsse aber, wenn man das Mischpult in ein Rack einbauen möchte. Mackie ist damals mit dem Rotopod den einzigen vernünftigen Weg bei seiner 1604-Serie gegangen. Da war man flexibel. Andere würden vielleicht wieder argumentieren, dass man so die Anschlüsse wenigstens sehen kann, wenn man etwas ein- und ausstecken möchte. Man kann es ohnehin nur falsch machen :-)
@Markus Galla Hallo Markus,
wie wäre es mit einer gut beschrifteten Patchbay ;-) Jetzt könnte man argumentieren, das sei übertrieben. Nur ich find halb und normalisierte Patchbay schon praktisch. Musst nicht immer ans Pult zum umstecken, kannst schnell den Signalfluss ändern usw. Und dann gibts es ja noch abgewinkelte Stecker. Muss nicht immer Sommerkabel sein, aber gerne robuster.
@TobyB TobyB: „wie wäre es mit einer gut beschrifteten Patchbay“
So ist es.
„Jetzt könnte man argumentieren, das sei übertrieben.“
Ich habe ein Rack mit zwei 48er Neutrik-Patchbays. Eine, an der alle meine Instrumente hängen und bei bedarf von der zweiten Patchbay abgegriffen werden. Die zweite leitet die Signale an ein 16er Audio-Interface und ein 24er Pult weiter. Ist das übertrieben? Vielleicht, aber mir vereinfacht es die Arbeit ungemein.
Hallo Ted,
ich betrachte das ja aus einem praktischen Gesichtspunkt. Ich habe auch 2 Neutrik Patchbays. Zum einem musst nicht immer am Mischer und Racksummierer rummachen und du bist wahnsinnig flexibel mit so einer Patchbay. Deswegen finde ich das auch nicht übertrieben. Und für mich macht es das produzieren auch ungemein einfacher..
@TobyB Ja, natürlich. Eine Patchbay ist eine prima Lösung. Es stellt sich aber auch die Frage, ob die Zielgruppe das alles braucht. Da sind wahrscheinlich die oben angelegten Anschlüsse genau richtig und auch im Studio wird dann eher nur das kleine Yamaha-Pult stehen und nicht noch eine Tonne an Outboard, Synthies usw. Da bleibt dann wahrscheinlich auch alles ohnehin fest verkabelt. Und bei einem so kleinen Live-Pult ist oben drauf auch praktisch, weil das Verkabeln erheblich schneller geht.
@Markus Galla Markus Galla: „Es stellt sich aber auch die Frage, ob die Zielgruppe das alles braucht.“
Da hast Du natürlich recht. Wer ein Kompaktpult braucht, wird es in der Regel nicht an eine Patchbay hängen. Ich habe als Probe- und Bühnen-Mixer einen 12-Kanäler und käme nicht im Traum auf die Idee, eine Patchbay vorzuschalten.
Dass die Verkabelung schneller geht, wenn die Anschlüsse oben sind, glaube ich ehrlich gesagt nicht. Gerade bei kleinen Pulten ist es ja ziemlich egal, ob man die Stecker in das liegende Pult steckt oder das Pult zum Verkabeln kurz anhebt, um gut an die hinteren Anschlüsse zu kommen. Der genannte Zeitvorteil besteht m. E. nur bei großen Pulten, um die man bei rückseitigen Anschlüssen herumgehen muss.
Was ich noch zum Rackeinbau eines Pultes sagen wollte: Wenn die Anschlüsse vorne, vertikal über den Potis und Fadern sind, werden die Kabel bei der Bedienung zwangsläufig im Weg sein.
Einigen wir uns darauf, dass alle Varianten ihre Vor- und Nachteile haben. Ich ziehe die eine aus den genannten Gründen vor.
@Markus Galla Markus Galla: „wenn man das Mischpult in ein Rack einbauen möchte“
Da bin ich konservativ. Ein Pult ist ein Pult und ein Rack-Gerät ist ein Rack-Gerät. Und gerade im Rack möchte ich die Anschlüsse nicht auf der Front.
„argumentieren, dass man so die Anschlüsse wenigstens sehen kann“
Diese Argumentation käme bestimmt von einigen – einigen, die beim Mischen auf die Anschlüsse schauen, statt auf die Fader. Gibt es sicherlich alles.
Ist sicher auch eine preisfrage. Wenn alles auf einer seite ist, ist die Produktion billiger. Siehe volcas und behringer model d und neutron.
Ist denn die Wahrscheinlichkeit bei dir schon mal zur Tatsache geworden? Soweit ich mich zurück erinnern kann, hatte ich bis jetzt nur Pulte mit obenliegender Nocken.. ähh Buchsen. :-)
Ich hatte bis jetzt noch keinen Kabelbruch am Steckerende, höchstens im Stecker. Bei Kabeldicken von min. 5mm mit Isolierung seh ich kein Problem. Zumal durch den 180° Bogen nach unten die Zugentlastung eher entlastet wird, als bei einem Kabel das direkt mit 90° nach unten hängt.
Den letzten Defekt hatte ich in Form einer abgebrochenen Lötöse im Stecker. So’n Schrott. :-/
Weil symmetrisch, dachte ich die Endstufe wäre kaputt.
wolftarkin: Auch wenn Du mich nicht direkt ansprichst, da Du weder meinen Namen nennst, noch auf „Antworten“ bei meinem kommentar geklickt hast, bilde ich mir ein, dass folgende Frage an mich gerichtet ist.
„ist denn die Wahrscheinlichkeit bei dir schon mal zur Tatsache geworden? “
Darauf ein klares Ja. Ich hatte bereits mehrmals Kabelbrüche, trotz hochwertiger Kabel mit extra langer Zugentlastung. Und dass die Zugentlastung bei 180° weniger beansprucht wird als bei 90° ist ein Irrtum, es ist umgekehrt.
Also für meinen Sub-Mix auf der Bühne NUR Mixer mit obenliegenden Anschlüssen. Da sehe ich sofort wo was hingeht und Kabelbrüche hatte ich auch in den letzten 15 Jahren noch niemals deswegen. Also „Daumen hoch“ für die Yamahas von meiner Seite.
Aber sicher wer’s nicht mag… :)