Raffinierter FIlter und EQ in Einem
Eine kurze Übersicht zum Filterscape
Urs Heckman, den Entwickler von Filterscape, kennen einige Leser bestimmt schon von seinem Software-Synthesizer Zebra, der schon seit einiger Zeit auf dem Markt ist und bislang sehr begeistert aufgenommen wurde. Filterscape ist nun der nächste Wurf des Einmann-Unternehmens aus Berlin. Gleich drei Plugins bekommt man dabei im Paket geliefert, die alle auf der gleichen Idee beruhen, sich aber dennoch unterscheiden und für verschiedene Einsatzzwecke optimiert wurden.
Filterscape ist zunächst einmal ein Vierband-EQ, von dem man bis zu neun Snapshots erstellen kann um zwischen diesen zu morphen, sprich stufenlos zu überblenden, was interessante und dynamische Bewegungen im Frequenzbild verspricht. Hinzu kommen zwei äußerst variable Filter zur weiteren Klangformung und die Möglichkeit fast alles mit allem modulieren zu können. Dazu später mehr. Zusätzlich findet sich mit FilterscapeVA auch ein virtueller Klangerzeuger im Angebot, der den gleichen dynamischen, sprich morphbaren, EQ aufweist und zusätzlich zur Klangerzeugung mit zwei Oscillatoren plus Suboscillator aufwartet. Letzter im Bunde ist der Filterscape Q6, ein dynamischer EQ mit sechs, ebenfalls überblendbaren EQ-Bändern, dafür ohne Filtersektion. Dieser soll sich auch z.B. für De-essing und ähnlich klassische tontechnische Problemfälle eignen. Schauen wir uns die Kandidaten mal etwas genauer an.
Den größten (grauen) Teil der Oberfläche nehmen die beiden Filter auf der linken Seite ein. Beide bieten vier verschiedene Betriebsarten (LP, BP, Notchfilter und HP), der Clou ist, dass man zwischen allen vier Filtertypen blenden kann bzw. alle vier gleichzeitig nutzen kann. Zum Überblenden bzw. Modulieren zwischen den Filtertypen stehen unter anderem zwei Stepsequenzer, zwei LFO´s und vier Envelope-Follower zur Verfügung. Alle Modulationsquellen sind selbstverständlich synchron zum Hosttempo. Die Filter besitzen zudem ein eigenes Untermenü (SVF1, SVF2), in dem man die Einzelausgänge der einzelnen Filtertypen abgreifen, in der Lautstärke und im Panorama regeln und zusätzlich noch von einer der oben genannten Modulationsquellen modulieren lassen kann.
Außerdem stehen überall als Modulationsquellen noch ModWheel, BreathControl, PitchWheel und Expression zur Verfügung. Alle Elemente von Filterscape können übrigens über Midi-Learn einem externen Hardware-Controller zugewiesen werden und dann von diesem bequem bedient werden.
Der U-He Filterscape EQ
Zentrales Klanggestaltungsmittel ist in Filterscape wie bereits angedeutet ein vierbändiger EQ mit Morphfunktion. Filterscape funktioniert zwar auch bei deaktiviertem EQ, jedoch macht genau dieser den besonderen Reiz von Filterscape aus. Prinzipiell funktioniert er wie jeder andere EQ mit den Parametern Frequenz, Gain und Q (Güte). Allerdings lassen sich bis zu neun EQ-Einstellungen als so genannte Snapshots speichern und zwischen ihnen überblenden. Dafür steht ein eigenes Menü bereit.
Der Kreis mit den neun Buttons nimmt Bezug auf die bis zu neun möglichen Snapshots. Im darunter liegenden Menü kann man nun einstellen, ob und wie zwischen den Snapshots gemorpht wird. Man kann festlegen wie schnell und in welche Richtung sich das Rad bewegt oder das ganze auch von einer der bereits angesprochenen Modulationsquellen erledigen lassen. Den EQ selbst kann man entweder grafisch durch Anfassen und Verschieben der bunten Punkte editieren oder aber durch die entsprechenden Knöpfe.
Weiterhin gibt es ein globales Menü am unteren Rand des PlugIns.
Hier kann man ganz links die Verschaltung der einzelnen Einheiten umgruppieren um z.B. den EQ in den Feedbackweg des Delays zu legen oder ähnliche Spielereien. So führt zum Beispiel ein Umgruppieren schon zu dramatischen Sound l;nderungen, ohne dass man sonst einen Parameter ändern würde. Sehr interessant und bereichernd. Interessant auch die Möglichkeit, über den Random-Button innerhalb eines vorzugebenden Rahmens sämtliche Parameter per Zufallsgenerator zu ändern.
Weiter findet man in der Global-Sektion einen Mixer für die beiden Filter und ein Delay.
FilterscapeVA
FilterscapeVA basiert auf dem gleichen Konzept wie Filterscape, sprich es beinhaltet die identische EQ-Sektion und wurde außerdem um zwei Oscillatoren plus Suboscillator sowie einige weitere nützliche Dinge wie einen Appregiator und einen Chorus ergänzt.
Als Wellenformen kommen neben den Standardwellenformen auch andere außergewöhnliche zum Zuge, die ich so noch nicht gehört habe und die an Wavetables erinnern.
(An dieser Stelle herzlichen Dank an Urs Heckman für die ausführlichen Beschreibungen. Es hat schon was für sich, wenn man dem Entwickler eines Plugins, mit dem man gerade arbeitet, bei Fragen einfach eine Mail schreiben kann und diese auch prompt und sorgfältig beantwortet bekommt!)
FilterscapeVA´s Wellenformen im Einzelnen
– V Analog
Dies sind praktisch 5 Wavetables, zwischen denen per Warp-Regler überblendet werden kann:
00.00 – nasale Wellenform
25.00 – Obertonreihe nur aus geraden Obertönen
50.00 – Sägezahn
75.00 – Dreieck, etwas abgerundet
100.00 – Sinus
Die Zahlen beziehen sich auf die Stellung des Warp-Reglers.
– Glassy
Eine Wellenform, die aus 2 – 32 formatähnlichen, gleichmäßig verteilten Spitzen im Spektrum aufgebaut ist. Der Warpregler setzt die Anzahl der Spitzen.
– Sine Stacks
Ähnlich den Zugreglern bei einer Orgel durchfährt der Warpparameter verschiedene Kombinationen von Sinuswellen in unterschiedlichen Oktavlagen.
– Odd Peak
Eine Casio CZ-mäßig klingende Wellenform, halb Sägezahn, halb Sinus, mit einer heftigen „Spitze“. Der Warpparameter bestimmt die Symmetrie der Wellenform.
– Bright Air
Ähnlich wie ein pulsweitenmodulierbares Rechteck, allerdings mit konstant lautem Grundton.
– Ripple 8/14/20
8, 14 oder 20 Sinusschwingungen, deren Amplitude vom Beginn des Wellenformzyklus zum Ende hin abnimmt. Auch hier regelt Warp die Symmetrie, d.h. die Welle kann nach vorne hin zusammengestaucht werden.
– Feedback
Die Wellenform wird erzeugt durch einen Sinus, der sich selbst phasenmoduliert. Der Warpparameter bestimmt die Intensität des Feedbacks. Bei Werten zwischen 0.00 (Sinus) und etwa 30.00 erhält man den typischen Sägezahnklang, den man von FM Synthesizern her kennt.
Wie man das aber so programmiert, dass man aliasingfrei zwischen den verschiedensten Wellenformen überblenden kann, bleibt Geheimnis des Entwicklers. Klar geworden sein dürfte jedoch, welche Vielfalt an Grundsounds einem hier zur Verfügung gestellt werden, zumal man ja wie gesagt permanent zwischen all diesen Grundwellenformen modulieren bzw. überblenden kann.
Links oben mischt man nach Belieben den Suboscillator und Noise hinzu. Weiterhin stehen zur Klangformung noch drei Envelopes zur Verfügung. Neben den EQ´s steht noch ein weiteres Filter mit Cutoff, Resonance und Drive zur Verfügung, das wahlweise als Highpass, Lowpass oder Bandpass arbeiten kann.
In der abschließenden Main-Sektion gibt es einen Amplifier mit Volume, Panorama und der Möglichkeit, einen der drei Envelopes für die Klanggestaltung zu wählen. Im Global Menü gleich daneben wählt man den Modus, in dem FilterscapeVA betrieben werden soll. Es stehen zur Auswahl: Poly, Retrigger, Legato und Appregiator. Auch das Delay aus dem Filterscape finden wir hier wieder, zusätzlich noch einen einfachen Chorus.
Der U-He Filterscape Arpeggiator
Schauen wir uns noch mal kurz den Appregiator an:
Mit seiner Hilfe lassen sich spielend leicht sequenzerartige Sounds erstellen. Er bietet auf Wunsch bis zu 16 Steps, wobei sich die Dauer für jeden einzelnen Step individuell in Notenlänge einstellen lässt. Außerdem kann man die Triggergeschwindigkeit bestimmen und die Sequenzen auf Wunsch auch rückwärts laufen lassen. Alles in allem eine sehr inspirierende Sache.
FilterscapeQ6:
Der FilterscapeQ6 ist das am einfachsten gehaltene Plugin des Bundles. Er bietet lediglich vier Envelope Follower, die sich nach dem eingehenden Audiomaterial richten und dem besagten EQ. Allerdings bietet er hier im Gegensatz zu seinen Kollegen ganze sechs statt nur vier Bänder. Selbstverständlic h finden wir auch hier die Möglichkeit, Snapshots zu erstellen und zwischen ihnen zu morphen.
Die Envelopes bieten noch eine weitere Spezialität. Man kann sie per Knopfdruck in einen Modus versetzen, in dem sie als Attack-Hold-Release Envelope funktionieren. Was nichts anders bedeutet, als dass sie in diesem Fall wie ein Gate funktionieren. Sprich, sobald das Eingangssignal einen vorher eingestellten Treshold überschreitet, wird der Envelope getriggert, und zwar solange, bis der Input-Level wieder unter den Wert des Treshold fällt. Ein mögliches Einsatzgebiet wäre zum Beispiel, den Q6 als De-esser bei Sprachaufnahmen einzusetzen, und das funktioniert dann in der Praxis auch ganz gut.
Das U-He Filterscape in der Praxis
Nach dem Download von der Webseite www.filterscape.com laufen alle drei Plugins zunächst im Demomodus. Kauft man die Plugins auf der gleichen Seite, so bekommt man einen Freischaltcode, gibt diesen ein und fertig. Ab sofort kann man die Plugins in seinem Lieblingssequenzer einsetzen. War Filterscape zunächst nur als Audio Unit für Mac OS X erhältlich, so hat sich in dieser Hinsicht zwischenzeitlich Einiges getan. Noch während ich an diesem Test saß, erhielt ich zum einen das erste Update auf Version 1.1 mit zahlreichen Detailverbesserungen und Bugfixes sowie die Nachricht, dass Filterscape zwischenzeitlich auch in einer VST-Version sowohl für Mac OS X als auch für Windows vorliegt. Wohlgemerkt wir sprechen hier immer noch von einem 1-Mann-Unternehmen! Respekt.
Erster positiver Eindruck: für Plugins von solcher Komplexität (vor allem Filterscape und FilterscapeVA) brauchen die Testkandidaten erstaunlich wenig CPU. Auf meinem Testrechner (iBook G4, 933 Mhz mit Logic 7.1) waren mehrere Instanzen überhaupt kein Problem, und das bei niedrigster Latenz. Sehr schön.
Nächster Pluspunkt: die Presets. Gleich mehrere hundert davon liefert u-he gleich mit, sie zeigen eindrucksvoll die Möglichkeiten der Filterscape-Familie auf.
Nun, ich bin begeistert von Filterscape. Filterscape macht einfach Spaß, inspiriert und lädt zum Rumschrauben an den vielen Parametern ein. Die Presets sind ein sehr guter Einstieg und ebenso Ausgangspunkt für eigene Kreationen. Sehr hilfreich ist auch der Randomparameter, wenn man beim Soundbasteln nicht weiterkommt, einfach ein paar Mal den Random Knopf drücken und schon hat man die Ausgangsbasis für einen neuen Sound.
Seine Stärken spielt Filterscape vor allem bei Sounds aus, die sich bewegen sollen, sprich Flächen, die sich im Rhythmus zum Song verändern sollen oder auch Drumloops, denen man neues Leben einhauchen will. Das Morphing der EQ-Snapshots bringt dabei eine neue Variante ins Spiel, mit der man zum Beispiel auch Wah-artige Sounds, wie man sie von Gitarristen kennt, gut umsetzen kann.
Den Grundklang würde ich bei allen drei Plugins als klar und tendenziell digital bezeichnen, was nicht heißt, dass es kalt und schrill klingt, jedoch wurde offenbar darauf verzichtet, zum x-ten Mal dem Klang eines analogen Synths nachzueifern.
Zwar laden alle drei Plugins zum Ausprobieren und sofortigen Gebrauch ein, jedoch macht es hier wieder einmal Sinn, einen Blick in das ausführliche Handbuch (in PDF-Form und auf Englisch) zu werfen, das sehr detailliert alle Parameter und Möglichkeiten erläutert. Ein dickes Lob auch hierfür. Manche Spezialitäten und Verschaltungsmöglichkeiten erschließen sich einem nun mal bei so einem komplexen Tool nicht von selbst, und es wäre schade, sie ungenutzt zu lassen.