Neue Features für SPL’s Mastering-Kompressor
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Mit dem SPL Iron v2 Röhren-Kompressor bringt das am Niederrhein ansässig Unternehmen Sound Performance Lab eine weitere Revision seiner Produktpalette heraus. Nachdem bereits der De-Esser, Transient Designer oder MTC mit kleineren oder größeren Veränderungen neu aufgelegt wurden, hat nun auch der Iron Mastering-Kompressor ein technisches Update erhalten.
Dabei bleibt das bewährte Konzept des Iron v1 unberührt, schließlich hat er sich in den vergangen 8 Jahren dank seiner hohen Qualität in vielen Tonstudios etabliert. Die Neuerungen betreffen vor allem die Sidechain-Sektion, darüber hinaus kommen ab Werk nun Wathen CryoTone Röhren zum Einsatz.
Der Fokus dieses Testberichts liegt auf den Anwendungsmöglichkeiten der neuen Sidechain Filter-Settings, wer gerne mehr Details über die grundsätzlichen Eigenschaften des SPL Iron erfahren möchte, sollte vorab den Artikel von Axel Ritt zu dem Vorgängermodell lesen:
Los geht es trotzdem erst mal mit einer Zusammenfassung der Ausstattungsmerkmale und Funktionen des Gerätes.
SPL Iron v2 auf den ersten Blick
Der SPL Iron gehört zur Gattung der Röhren-Kompressoren, die auch als Variable Mu Kompressoren bezeichnet werden. Im Gegensatz zu Opto-, FET- oder VCA-Schaltungen, regelt eine sich in Abhängigkeit zum Programmmaterial verändernde Bias-Spannung die Verstärkung der Röhren und sorgt so für die Dynamikreduktion. Das Ergebnis hat meistens einen behutsamen, weichen Klang mit einer hohen Transparenz, weswegen auch heute noch alte Rundfunkkompressoren aus den 50er-Jahren so beliebt sind.
Genau diese Geräte inspirierten SPL Gründer und Mastermind Wolfgang Neumann, einen eigenen Röhrenkompressor mit Mu-Metall-Transformatoren zu entwickeln. Für diesen Zweck kombinierte er traditionelle Technologien mit viel modernem Know-how. Dazu zählt beispielsweise SPLs bewährte 120-Volt-Technologie für einen größeren Headroom, eine aufwendige Relaisverknüpfung zur einfachen Steuerung beider Kanäle oder die Rectifier-Sektion, eine komplexe Gleichrichterschaltung, die flexiblere Regelzeiten ermöglicht.
All das bleibt auch bei dem SPL Iron v2 unverändert, ebenso wie sein beeindruckendes Format (19 Zoll Breite, 4 HE und 30 cm Einbautiefe) und das stolze Gewicht von 11 kg. Wahlweise ist dieser Bolide in Schwarz oder, so wie das Testgerät, in Rot erhältlich. Zusätzlich kann bei der dunklen Ausführung zwischen einer komplett schwarzen Front oder einer schwarz-silbernen Variante mit gelb unterlegten VU-Metern entschieden werden.
Die Verarbeitung ist in gewohnter SPL-Qualität äußerst hochwertig und auch alle Bedienelemente hinterlassen einen soliden und langlebigen Eindruck. Allein die beiden großen, gerasterten Threshold-Regler und die zwei runden Bypass-Taster, die wohl am häufigsten verwendet werden, laden regelrecht zum Zugreifen ein. Generell hat der SPL Iron v2 eine überaus gelungene Haptik, das Interface ist sehr übersichtlich gestaltet und der Abstand zwischen allen Drehschaltern und Reglern großzügig dimensioniert, wodurch sich schnell ein guter Arbeitsfluss entwickelt.
Die Bedienelemente des Röhrenkompressors
Beide Kanäle des SPL Iron v2 sind mit separaten Reglern ausgestattet, so dass sich der Röhren-Kompressor nicht nur für Stereo- und Dual-Mono-, sondern auch für Mid/Side-Anwendungen eignet. Um gleichmäßige Stereokompressionen zu erzeugen, muss der Link-Modus aktiviert werden, wobei die Regelelemente des rechten Kanals die komplette Steuerung des linken Kanals mit Ausnahme der Ein- und Ausgangsverstärkung übernehmen. Dank dieses besonderen Features fällt der Abgleich der Einstellungen äußerst überschaubar aus, was im Studioalltag Zeit erspart.
Wie bei Variable Mu Kompressoren üblich, lässt sich mittels der Threshold-Potentiometer nicht nur das Maß der Kompression, sondern auch das Kompressionsverhältnis festlegen – sprich je stärker der Iron v2 zugreift, desto höher fällt die Ratio aus. Zusätzlich nimmt die Einstellung der Bias-Vorspannung der Röhren (Low, Mid und High) Einfluss auf die Intensität der Kompression. Das VU-Meter zeigt die Dynamikreduktion an, ebenso lässt sich damit aber auch der Ausgangspegel kontrollieren.
Mit dem Attack- und Release-Regler wird das Ein- und Ausregelverhalten bestimmt, dessen zeitliche Länge in Abhängigkeit zu den sechs verschiedenen Rectifier-Charakteristiken variiert. Dadurch ergibt sich eine große Vielfalt an Möglichkeiten, so dass die Attack-Zeit des Iron v2 ungefähr von 0,1 bis 220 ms reicht, während die Release-Werte eine Spanne von etwa 20 bis 5000 ms haben.
Der Ein- und Ausgangspegel lässt sich jeweils im Rahmen von +/-12 dB anpassen, wobei die einzelnen Stufen in 2 dB Schritte unterteilt sind. Neben dem obligatorischen True-Bypass besitzt der Iron ein weiteres, innovatives Feature: Die automatische Bypass-Funktion aktiviert und deaktiviert in einem individuell festlegbaren Intervall den Schaltkreis des Kompressors, wodurch der Anwender das unbearbeitete und komprimierte Signal vergleichen kann, ohne das Gerät zu betätigen. Das ist überaus komfortabel, da beim Hören nicht einmal der „Sweetspot“ der Abhöre im Studio verlassen werden muss.
Um den globalen Charakter des High- und Lowends schnell verändern zu können, hat SPL hinter dem Kompressionspfad einen passiven Equalizer in der Verstärkerstufe integriert. Dieser bietet zwei verschiedene Presets: „Air“ sorgt für eine Anhebung von jeweils 2 dB in den Höhen und Bässen, während „Tape Roll-Off“ mit einem flachen, entspannten Hoch- und Tiefpassfilter beide Bereiche – in Ahnlehnung an das Klangverhalten einer Bandmaschine – abrundet.
Die Anschlüsse des SPL Iron v2
Auf der Rückseite des Iron v2 sind sämtliche Anschlüsse untergebracht. Für die Audioverbindung nutzt SPL zwei symmetrische Ein- und Ausgänge von Neutrik im XLR-Format, die auch für die neuen Send- und Return-Buchsen des Sidechain verwendet werden – hierzu aber gleich mehr. Neben der Kaltgerätebuchse zur Stromversorgung des internen Netzteils, ist die Sicherung und ein Schalter zum Anwählen der Betriebsspannung von 230 oder 115 V eingebaut. Darüber hinaus gibt es noch einen Ground-Lift-Schalter, um gegebenenfalls Brummschleifen beheben zu können.
Die drei neuen Ausstattungsmerkmale des SPL Iron v2 Röhren-Kompressors
Rein optisch lässt sich der Unterschied zwischen der ersten und zweiten Version des SPL Iron anhand des Frontpaneels nicht erkennen. Lediglich das Seriennummernschild und die Sidechain-XLR-Anschlüsse auf der Rückseite verraten, dass es sich um die neuste Auflage handelt.
In den folgenden drei Punkten hat SPL den Iron überarbeitet:
- Während die erste Version nur unsymmetrische Sidechain-Eingänge besaß, ist die neue Version mit symmetrischen Sidechain-Inserts inklusive Send- und Return-XLR-Buchsen ausgestattet.
- Die etwas speziellen, internen Filter-Presets für den Sidechain des Vorgängers sind gegen einfachere Standards, wie zum Beispiel Tief-, Hoch- und Bandpass, ausgetauscht worden.
- Die neue Auflage ist mit Wathen CryoTone 12AX7-WCM Long-Plate-Röhren bestückt.
Der Röhren-Kompressor im Tonstudio
Nach wie vor handelt es sich bei dem SPL Iron v2 um einen Kompressor, der schon auf Grund seiner Vielfalt an Regelmöglichkeiten eine längere Einarbeitungsphase benötigt. Wenn vor allem die Wechselwirkungen der Bias- und Rectifier-Einstellungen verinnerlicht sind, erschließt sich auch erst sein enormes klangliche Potential. Dieses ist natürlich prädestiniert für Mastering- und Gruppenanwendungen, da seine edle, subtile Kompression für eine überaus angenehme Verdichtung sorgt. Neben seiner Funktion als Glue-Kompressor eignet sich der Iron v2 aber genauso zur Bearbeitung von einzelnen Spuren, wie zum Beispiel Gesang, Bass, Gitarre, Streicher oder Schlagzeug, bei denen das Maß der Dynamikreduktion auch gerne mal kräftiger ausfallen darf.
Bereits ohne Kompression verleihen die Röhrenschaltungen und Mu-Metallkern-Transformatoren eigentlich jedem Signal einen edleren Klang. Dieser macht sich vor allem durch dezent abgerundete Transienten, ein beeindruckend straffes Lowend, ein weicheres Topend und mehr Tiefe bzw. Transparenz bemerkbar.
Darüber hinaus sind auch die zwei passiven Equalizer-Presets ein praktisches Mittel, um schnell die Höhen und Bässe zu verändern. Gerade bei Anhebungen zeigt sich der äußerst klare und nüchterne Charakter des Equalizers, da er besonders in den oberen Frequenzen kein „Schönfärber“ ist. Das heißt, eine Tonmischung mit ausgeprägten Höhen kann mit dem Air-Setting auch schnell übertont werden. Wiederum lässt sich mit diesem Preset, bei der Verwendung des Iron als Mix-Bus-Kompressor, auch ein kompletter Equalizer ersetzen. Viele Tontechniker nutzen gerne für die Summe ihrer Mixes ein Setup mit einer dezenten Kompression und nur einer leichten Anhebung der Höhen und Bässe.
So viel zu den bewährten Eigenschaften des Iron – wie eingangs erwähnt, liegt der eigentliche Schwerpunkt dieses Testberichtes aber auf den neuen Features, die nun genauer betrachtet werden:
Bei der 1. Version des Iron war nur ein unsymmetrischer Sidechain-Eingang pro Kanal vorhanden, weswegen bei der Verwendung eines Hardware-Equalizers das zu bearbeitende Material vor dem Eingang des Iron gesplittet werden musste, um das Filter separat speisen zu können. Dank des neuen Send-Weges des Iron v2 ist diese Prozedur nicht mehr erforderlich, da er das am Eingang anliegende Quellmaterial bereits vor dem Kompressionspfad abgreift. So lässt sich bequem ein Equalizer einbinden, dessen gefiltertes Signal wiederum in den Return-Weg läuft und anschließend als Träger-Signal für frequenzselektive Kompressionen dient. Das ist wirklich ein überaus praktisches Feature, da es zusätzliche Kabelwege und Signal-Teiler erspart.
Auch die zweite Neuerung bezieht sich auf den Sidechain, allerdings dieses Mal auf die internen Filter-Presets. Offensichtlich waren die „wilden“ Frequenzkurven der ersten Version für die meisten Anwender zu speziell, so dass SPL sie gegen einfachere Standard-Settings ausgetauscht hat:
Bei dem EQ 1 Lowpass-Filter liegt den Fokus des Kompressors auf dem Bassbereich, während das EQ 2 Highpass-Filter genau das Gegenteil bewirkt und die tiefen Frequenzen unberührt lässt – gerade dieses Setting dürften wohl die meisten Tontechniker bei der ersten Version vermisst haben.
Das Bandpass-Filter des EQ 3 Presets konzentriert sich wiederum auf die Mitten und unteren Höhen. Schließlich gibt es noch eine spezielle Filterform, die Wolfgang Neumann speziell entwickelte, um zu scharfe Tonmischungen schnell in den Griff zu kriegen. Viele Mastering-Engineers kämpfen in der heutigen Zeit häufig mit semiprofessionellen ITB-Mixes, die eine viel zu stark ausgeprägte Präsenz haben. Das EQ 4 Setting nimmt den Bereich zwischen 500 und 1000 kHz weitestgehend aus dem Detektorpfad, greift dafür aber deutlich stärker in den oberen Mitten um 2 kHz ein, womit sich solche Problem-Mixes gut bändigen lassen.
Unverändert kann der Iron v2 natürlich auch ohne Sidechain-Filter betrieben werden.
Bei der ersten Version des Iron kamen noch Röhren des slowakischen Herstellers JJ Electronic zum Einsatz. Laut SPL hat deren Qualität allerdings über die Jahre abgenommen, so dass die Selektion sehr aufwendig wurde und am Ende von 1000 Röhren nur 160 Auserwählte übrig blieben.
Der Iron v2 ist nun auf CryoTone 12AX7-WCM Long-Plate-Röhren von Wathen angepasst, die nicht nur vorselektiert geliefert werden, sondern auch wesentlich langlebiger sind. Grundsätzlich haben diese in den USA produzierten Röhren eine niedrige Arbeitstemperatur, ein geringes Eigenrauschen und einen hohen Dynamikumfang. Inwieweit sich der Klang des Iron v2 durch die Wathen CryoTone Röhren verändert hat, konnte während dieses Tests nicht festgestellt werden, da kein Vergleich mit der ersten Version möglich war. SPL selbst beschreibt den Klang der neuen Röhren als ein bisschen „smoother“, aber weitestgehend vergleichbar mit den Vorgängern von JJ Electronic.
Klangbeispiele
Die Eigenschaften der neuen Filter-Presets werden nun anhand von zwei verschiedenen Beispielen demonstriert. In beiden Fällen ist zunächst das unbearbeitete Signal zu hören, daraufhin eine Version mit Kompressor ohne Sidechain-Filter und schließlich noch die vier verschiedenen Filter-Presets. Je nach Setting verändert sich natürlich die Intensität der Kompression, die entsprechend angepasst wurde, um eine gleichmäßiges Maß der Pegelreduktion zu erhalten.
Alle Aufnahmen können wahlweise im WAV-Format (44,1 kHz, 24 Bit) oder als MP3s (320 kBit/s) aufgerufen werden.
Drum-Bus
Bei dem ersten Klangbeispiel handelt es sich um Schlagzeugaufnahme, die ursprünglich für den Test des Undertone Audio MPDI-4 und MPEQ-1 von Christoph Eggener eingespielt und mit dem Gyraf Audio G14-S Equalizer nachbearbeitet wurde.
Die klangliche Veränderung durch den SPL Iron ist deutlich zu hören und auch die Unterschiede der Filter-Presets lassen sich einfach erkennen:
Einstellung: Rectifier Ge 220 nF, Attack ca. 9 ms, Release ca. 30 ms, Link on, Tube Bias High, durchschnittliche GR 0,5 – 1,5 dB, max. GR 2 dB
Mix-Bus
Das zweite Beispiel zeigt ein Mix-Bus-Signal aus dem Electro-Genre. Wie zuvor sind alle verschiedenen Filter-Presets zu hören, allerdings fällt die Bearbeitung wesentlich subtiler als bei dem ersten Beispiel aus, zusätzlich ist das Air-Setting aktiv. Um die Unterschiede besser wahrnehmen zu können, empfiehlt sich eine erhöhte Abhörlautstärke.
Einstellung: Rectifier GE 1mF, Attack ca. 30 ms, Release ca. 150 ms, Link on, Air Bass on, Tube Bias Mid, durchschnittliche GR 1-2 dB, max. GR 3 dB
Infos zu den Klangbeispielen:
Schlagzeuger: Christoph Eggener
Schlagzeug: Pearl Masters Custom Maple Shell
Cymbals: Custom Crash 16“, K Ride 20“, K Dark Crash Thin 14“, Oriental China Trash 16“, Sabian HHX 10“ Splash, Paiste 14“ Signature Dark Energy MK1 Hihat
Mikrofone:
Bass Drum: Electro-Voice RE 320 (Kick Drum Mode)
Snare: Shure SM 57
Overheads: 2x Sennheiser MKH 40
Close Ambiance: 1 x Sennheiser MKH 40
Room: 2x Sennheiser MKH 40
Vorverstärker: UnderToneAudio MPDI-4, MPEQ-1, Studer 962 (Room)
Nachbearbeitung: Gyraf Audio G14-S
Groovebox: Twisted Electrons Blast Beats
Vorverstärker: Studer 962
Audiointerface: RME Fireface 800
DAW: Logic Pro
Alle Klangbeispiele sind unbearbeitet, nur die Lautstärken wurden angepasst.