Semimodularer Synthesizer mit Sahnehäubchen
U-He ACE ist ein semimodularer Software-Synthesizer mit virtuell-analoger Klangerzeugung. Er stammt aus der Byteschmiede von Urs Heckmann, der mit dem eher auf digitale Synthesearten spezialisierten Zebra einen der wohl innovativsten Synths der letzten Jahre programmiert hat. Nun geht es „back to the roots“, der ACE entspricht den kleinen analogen Modularsystemen der 70er Jahre, wie sie z.B. Roland gebaut hat.
ACE steht für „Any Cable Everywhere“, das heißt, zwischen Audio- und Modulationssignalen wird wie bei einem analogen System nicht unterschieden und es lässt sich jeder Ausgang in jeden Eingang routen. Dabei werden alle Signale mit mindestens der doppelten Frequenz der Sample-Rate des Hostprogramms abgetastet, die Oszillatoren werden sogar mit 500-fachem Oversampling betrieben.
Beim ACE kann man alles Modulierbare auch mit Audiofrequenzen modulieren, beispielsweise Filter-Cutoff und -Resonanz, Pulsweite bei den Oszillatoren, Mixerpegel und so weiter. Außerdem sind die Modulationsquellen schnell, die Hüllkurven machen „Knack“ und nicht „Schwupp“, die LFOs sind sogar als vollwertige Oszillatoren einsetzbar.
Das hat natürlich seinen Preis, ACE ist sehr prozessorhungrig. Auf der höchsten Qualitätsstufe verfrühstückt er die Gigahertz wie Appetithäppchen. Dafür ist der Klang fast frei von digitalen Unreinheiten. Auch wurden die Module nach dem „true analog modeling“-Prinzip programmiert, also mit analogen Nichtlinearitäten, Übersteuerungsverhalten etc., was natürlich ebenfalls rechenintensiv ist.
Technische Daten
Software Synthesizer Plugin mit virtuell-analoger semimodularer Klangerzeugung
Formate: VST (Windows XP), VST/AU/RTAS (MacOS X 10.4), kein Standalone
Systemvoraussetzungen: VST2-kompatible Host-Software, Prozessor mit SSE2-Befehlssatz bzw G4.
Stimmenzahl: Abhängig von PC-Prozessor und der gewählten Qualitätsstufe.
Effekte: Zwei plus Equalizer
Installation und Freischaltung mit Codenummer verliefen kurz und schmerzlos.
Bedienung und Oberfläche
Die Größe des ACE-Fensters kann in sieben Schritten von 512×288 bis zu kinoformatigen 2560×1440 Pixel geändert werden.
Die Soundqualität lässt sich in vier Stufen einstellen, auf „good“ und „accurate“ kann man aus einem 3GHz-Rechner 6-8 Stimmen holen. Auf „standard“ und „draft“ sind viel mehr möglich, wobei die obere Grenzfrequenz aber deutlich beschnitten wird. Für die meisten Sounds reicht standard aber aus.
Auf der ersten Edit-Page befinden sich die Module. Mittig ist ein Oszilloskop platziert, das das Ausgangssignal anzeigt. Für Feineinstellungen ist es wirklich nützlich und für das Verständnis der Klangsynthese sehr förderlich, leider hapert es noch ein wenig mit der Auto-Synchronisation, man muss bei hoher Auflösung oft manuell nachregeln.
Die Knöpfe lassen sich auch per Mausrad drehen und bei gehaltener Shift-Taste hat man Feineinstellung (die leider nicht per Rad). Mit einem Doppelklick stellt man sie zurück auf Default, Rechtsklick auf einen Regler öffnet das MIDI-Learn-Popup.
Die zweite Edit-Page beherbergt den Mapping-Generator, das Unisono- und Micro-Tuning sowie einige Circuit-Bending- und Tweak-Einstellungen.
Auf der dritten ist das Patch-Managemant untergebracht, übersichtlich, einfach und großformatig. Die Patches kann man mit den Up/Down-Tasten der PC-Tastatur schnell durchprobieren. Nur der Kontrast könnte etwas besser sein.
Zunächst präsentiert sich der ACE ganz aufgeräumt, er ist unter der Haube vorverkabelt und man kann ohne Strippen loslegen. Neue Verbindungen werden einfach per drag&drop von Buchse zu Buchse gezogen und unterbrechen die vorhandenen, ein Ausgang kann in beliebig viele Eingänge geroutet werden. Die Kabel versperren natürlich den Blick auf Anzeigen und Regler, deshalb kann man sie mit Rechtsklick auf irgendein Kabelende transparent/dünn schalten oder ganz ausblenden, auch die Farbe ist mit Linksklick auf das Kabelende frei wählbar.
Klangerzeugung
Der ACE hat fest vorgegeben je zwei Oszillatoren, Filter, Amplifier, LFOs und Envelopes, dazu Noise, Mixer und ein paar Hilfsmodule. Das mag in den Augen verwöhnter Modular-Freaks nicht gerade reichhaltig aussehen. Beim ersten Anblick dachte ich, ich wäre schnell durch mit dem Test, aber weit gefehlt. Nicht nur die LFOs lassen sich als VCOs betreiben und umgekehrt, auch andere Module haben zusätzliche Funktionen.
Die VCOs
Sie sind unterschiedlich aufgebaut, VCO 1 hat neben Sägezahn und pulsweitenmodulierbarem Rechteck noch Dreieck und einen gleichgerichteten Sinus sowie mehrstufigen Suboszillator im Angebot, dafür gibt es bei VCO 2 eine FM/Ringmodulator/Sync-Abteilung. Beide können mit zufälligen Phasenwerten starten oder durch Tastenanschlag gesynct werden.
Eine Besonderheit der ACE-Oszillatoren ist das Tuning. Sie können ganz konventionell in Halbtonschritten gestimmt werden, aber auch in Hertz, Partial (Obertonreihe), Subharmonic (Untertonreihe) und synchronisiert zum Host-Tempo, was z.B. bei Einsatz als LFO von Nutzen ist. Ein Link zum Thema Untertöne findet sich am Ende des Tests.
Die Frequenz läßt sich sogar bis auf Null herunterschrauben, was theoretisch „Gleichstrom“ ergäbe, der bei den VCOs im Gegensatz zu den LFOs aber ausgefiltert wird.
Der Ringmodulator in VCO 2 ist fest mit dem Ausgang von VCO 1 verbunden und hat keinen zusätzlichen Eingang, was seine Funktionalität einschränkt. Aber der ACE hat in den Multiples noch weitere Ringmodulatoren versteckt.
Die Synchronisation ist nicht nur wie üblich „hard“ möglich, sondern auch „soft“ und es gibt einen Eingang für die Modulation der Sync-Hardness. Ein Eingang für andere Sync-Quellen wäre hier nach meiner Meinung sinnvoller.
Da Soft-Sync ein wenig geheimnisumwittert ist, hier eine kurze Erläuterung:
Der Slave-Oszi wird nicht bei jedem Wellenanfang des Masters zurückgesetzt, sondern nur, wenn die Phasenwerte beider Oszis zu einem einstellbaren Grad übereinstimmen. Beim Durchstimmen des Slaves wird auf Frequenzverhältnisse gesynct, beispielsweise 2:3 und es fallen auf X Durchgänge des Masters Y des Slaves.
Die Frequenzmodulation (Cross genannt) ist linear, was natürlicherweise erst mal ziemlich chaotische Frequenzgemische hervorbringt. Da das Ergebnis auch von der Wellenform abhängt, ist bei den auf analog getrimmten und je nach Tonhöhe unterschiedlichen Wellen des ACE auch erst mal nichts anderes zu erwarten, es sei denn, man hard-synchronisiert gleichzeitig.
VCO 2 kann nur von VCO 1 moduliert werden, das ist fest verdrahtet. Der Eingang neben dem FM-Regler dient der Amplitudenmodulation des FM-Signals, beispielsweise mit einer Hüllkurve, bei bipolaren Quellen wie einem VCO oder LFO wird ringmoduliert.
Ganz andere Ergebnisse erzielt man mit exponentieller FM, die dank des „All Cables Everywhere“-Prinzips mit ACE möglich ist. Dazu verbindet man den Ausgang eines Oszis mit dem Pitch-Modulationseingang des anderen. Hier ein Beispiel, bei dem ich die LFOs verwendet habe, da sie beide digital-exakte Wellen liefern können und bei den VCOs durch die Gleichstromfilterung unerwünschte Tonhöhenmodulationen entstehen.
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Die verschiedenen Arten der FM wären auch noch mal einen Artikel wert, da sie in vielen verschiedenen Varianten anzutreffen sind und die Nomenklatur nicht gerade sauber ist. Der Begriff „Crossmodulation“ z.B. bezeichnet genau genommen zwei Oszis, die sich gegenseitig frequenzmodulieren, was beim Cross-Parameter des ACE nicht der Fall ist.
Aber man kann es ja stöpseln, wenn auch „nur“ exponentiell:
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Die Filter
Sie sind identisch, Cutoff von Filter 2 lässt sich unabhängig betreiben oder hat dieselbe/gegenläufige Frequenz wie Filter1 und haben die Betriebsarten
Tiefpass mit 6/12/18/24 dB
Hochpass/Bandpass/Bandsperre
und einen Gain-Regler für die amtlich-analoge Filterübersteuerung.
Die Typen in obiger Reihenfolge mit je einem Sweep bei mittlerer Resonanz:
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Der Tiefpass und die anderen Filtertypen besitzen separate Ausgänge, sind also gleichzeitig verfügbar und man kann mit den beiden Filtern komplexe Verschaltungen realisieren. Bemerkenswert ist, dass alle Typen zur Selbstoszillation fähig sind, auch die Bandsperre!
Nicht nur Cutoff, sondern auch die Resonanz ist mit Audio-Frequenzen modulierbar. Das kann so schnell kein anderer.
Der Bereich der Resonanz vor der Selbstoszillation ist gut dosierbar und sehr gelungen. Im Zusammenspiel mit der Übersteuerung („Gain“) kann man hier wirklich wie mit einem analogen Filter arbeiten und zwar bis in die höchsten Frequenzbereiche. Zwischen Null-Resonanz und beginnender Oszillation sinkt der Pegel stark, ähnlich wie bei einem Moog-Filter.
Allerdings muss ich sagen, das Filter verhält sich wie ein analoges, es klingt aber ein bißchen zu neutral. Normalerweise würde ich ihm ein „sehr gut“ geben, aber da der ACE den Anspruch hat, ein high-end virtuell-analoger zu sein, muss er sich hier einen kritischen Blick gefallen lassen. Es mag mit meinen Hörgewohnheiten zusammenhängen, aber richtig prägnant oder fett klingt es nicht in meinen Ohren. Der analoge Schmutz fehlt mir genauso wie der digitale. Aber das ist letztendlich Geschmackssache und ja auch nicht immer erwünscht. Klar und brillant klingt es auf jeden Fall und jeder kann anhand der Soundbeispiele selbst urteilen.
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Das kann man allerdings auch ändern. Eine Prise Übersteuerung mit dem Gain-Regler und es hört sich schon anders an. Erst ohne, dann mit und zum Schluss mit asymmetrischer Verzerrung (siehe Kapitel Multiples):
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Das Resonanzverhalten lässt sich mit Modulation durch einen Oszi beeinflussen. Hier wird ein Sägezahn gefiltert und moduliert gleichzeitig die Resonanz:
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Und ein Highlight ist der „Crosstalk“-Regler auf der Tweak Page: Wenn man daran dreht, ändert sich der Soundcharakter drastisch. Ohne, wenig, viel und zum Schluss zusätzlich mit asymmetrischer Übersteuerung:
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Das muss man allerdings sorgfältig abstimmen mit Gain und Resonance.
Die drei Circuit-Bending-Parameter sind noch nicht erwähnt in der Anleitung, auf meine Nachfrage gab Urs Heckmann folgende Erläuterung:
„Crosstalk ist ein Übersprechen der Module untereinander. Im Grunde genommen bildet sich eine Feedback-Schleife, da die Filter wieder in die Oszillatorausgänge eingespeist werden und diese wieder durch die Filter laufen. Ist ziemlich komplex was da abläuft, als ob jemand den Synthie aufgeschraubt hätte und zufällig ein paar Drähte reingepackt hätte.“
Auf jeden Fall liefert es den nötigen analogen Schub. Sehr gelungen! Nur müsste der Crosstalk-Regler eigentlich neben die Filter, so muss man beim Abstimmen der Parameter immer die Page wechseln .
Mixer
Hier werden die VCOs und Noise plus eine weitere Quelle zusammengemischt. Die Eingänge neben den Reglern sind keine Mischer-, sondern Modulationseingänge. Man kann also den Mix von VCO 1/2 und die Pegel der anderen Eingänge amplitudenmodulieren.
Nur der untere Eingang ist ein zusätzlicher Input. Hier kann man z.B. wieder einen Filter einspeisen.
Eine kleine Unstimmigkeit gibt es bei der Mix-Modulation. Wenn man dafür einen unipolaren Modulator (z.B. Hüllkurve) verwendet, wird von VCO 1 auf VCO 2 überblendet, bei einem bipolaren (z.B. LFO) wird VCO 1 amplituden-, VCO 2 aber ringmoduliert. Er wird somit nicht ausgeblendet, sondern invertiert. Gleiches gilt für die Modulationen von Suboszi und Noise.
Das will sich Urs Heckmann aber nochmal anhören, mit Bugfixes kann man rechnen.
Voice Mixer
Die beiden Ausgangsverstärker sind recht einfach gehalten, der Pegel kann nur mit einer Hüllkurve oder Gate gesteuert werden, Balance aber wieder mit anderen Quellen. Leider nicht mit Audiofrequenzen, wie ich feststellen musste. Urs Heckmann dazu:
„Die Pan-Modulation war eines der Features, die wirklich auf den letzten Drücker und nur auf Drängen der Sounddesigner reinkamen. Ich weiß nicht, ob ich da noch nachbessern kann, weil das Panning nicht mehr innerhalb der eigentlichen Synthebene liegt.“
LFOs
Sie sind wie erwähnt auch als vollwertige Oszillatoren verwendbar, bei beiden lässt sich der Pegel modulieren und die Phasenlage einstellen, bei LFO 1 ist letztere modulierbar. Kundige Soundtüftler dürften hier hellhörig werden und in der Tat ist er ein Phase-Modulation-Oszi, also ein DX7-FM-Operator (die „Frequenzmodulation“ von Yamaha ist in Wirklichkeit Phasenmodulation, wieder ein Fall von FM-Begriffsklitterung). Leider hat er nur Sinus als Wellenform, eine ziemlich unnötige Einschränkung.
Somit ist der ACE auch in der Lage sehr digitale Sounds zu erzeugen und er ist einer der wenigen Synths mit drei Varianten der FM.
Stellt man LFO 1 auf 0 Hz, wird er zum Sinus-Waveshaper, mit dem man Wellen der Oszis verbiegen oder Modulationssignalen eine völlig andere Form geben kann.
Im Sample&Hold-Modus kann man LFO 1 für das bekannte Zufallsmuster einsetzen. Dazu füttert man den S&H-Eingang mit Rauschen. Der Phase-Regler bekommt dann eine Slew-Rate-Funktion und glättet die Stufen zu Rampen. Das kann man auch mit anderen Wellen machen, im Audiofrequenzbereich wird LFO 1 so zum Samplerate-Reduzierer.
LFO 2 ist einfacher gehalten, hat aber als Wellenformen Sinus, Dreieck, Sägezahn und Rechteck sowie die frei editierbare Wellenform des Map-Generators der Tweak-Page (s.u.).
Damit sind die beiden LFOs so ziemlich die vielseitigsten, die mir je untergekommen sind. In der Tat ist der ACE „more than meets the eye“, wie es in der Anleitung steht.
ADSR
Die Hüllkurven sind tatsächlich nur Hüllkurven und sonst nichts. Man kann sie aber als Impulsgeneratoren für „Key Clicks“ wie bei elektromechanischen Orgeln oder für Percussion-Sounds zweckentfremden.
Für Percussionsounds auch sehr geeignet ist der Snap-Modus, bei dem die Attack-Phase linear wird und Decay exponentieller. Das kann man mit dem Oszilloskop sogar sichtbar machen, wobei die Gleichstromfilterung die Form der Hüllkurven allerdings ein wenig verzerrt:
Schnell genug für synthetische Drumsounds sind sie auf jeden Fall:
Das Sustain hat eine Rise-Fall-Funktion. Normalweise bleibt der Sustain-Level ja, wie er ist, solange man den Ton hält, hier kann er mit einstellbarer Geschwindigkeit steigen oder fallen. Die Differenz zum anfänglichen Sustain-Level stellt man mit Fall/Rise-Range auf der Tweak-Page ein.
Die Pegel der Hüllkurven sowie ihre ADR-Zeiten kann man mit MIDI-Controllern oder Key Follow steuern oder mit wiederum einer Hüllkurve. Dadurch kann man u.a. noch andere Rampen-Formen erzielen.
Ramp Generator
Er kann als lineare AHD-Hüllkurve mit Gate-unabhängiger Hold-Zeit dienen oder als LFO. Mit „Rest“ stellt man die Pausenlänge zwischen den Wiederholungen ein, bei Maximalstellung gibt es nur einen Durchlauf. Auf der Tweak-Page kann man ihn zum Host-Tempo synchronisieren.
Er ist eine prima Ergänzung zu den anderen Modulationsquellen des ACE und auch er kann als Impulsgenerator benutzt werden.
Multiples
Sie haben gleich ein ganzes Bündel an Funktionen. Zum einen sind sie modulierbare Signal- oder Modulationsmischer und -Crossfader, daneben kann man sie aber auch für Amplituden- und Ringmodulation einsetzen. Die linke Hälfte eines Multiples ringmoduliert die Inputs 1 und 2, die rechte Hälfte amplitudenmoduliert 3 und 4 mit dem Modulationssignal.
Mischt man Gleichstromhaltiges (ADSR, Controller oder +5V) mit anderen Signalen, kann man z.B. den Ausgang eines LFOs von bipolar auf unipolar (also von +/- auf nur positiv) ändern und die oben erwähnte VCO-Balance im Mixer modulieren wie vorgesehen. Mit Audiosignalen plus Gleichstrom kann man die Filter in asymmetrische Übersteuerung fahren. Das verringert ungeradzahlige Obertöne und klingt meist besser.
Beim wilden Herumstöpseln ist es mir ein paar Mal passiert, dass ich Feedbackschleifen mit einer Verstärkung größer als 1 zusammengebastelt habe. Das quittierte der ACE verständlicherweise mit Aussetzern. Die verschwanden aber nicht mehr und ein Neustart des Hosts war nötig. Da sollte man also etwas bedacht hantieren.
Was mir beim ACE fehlt, ist ein einfacher Inverter. Eigentlich ist er unnötig, da die Modulationsintensitätsregler diese Aufgabe übernehmen, aber einige Eingänge sind ungeregelt, darunter die der Multiples. Mit den Multiples kann man zwar invertieren, aber dann sind sie belegt. Und für z.B. die Balance-Modulation mit Audiofrequenzen, die im Voice Mixer ja nicht funktioniert, bräuchte man beide.
Die Tweak Page
Sie wirkt ein wenig zusammengewürfelt, ist aber ein Leckerbissen für Tüftler. Hier kann man Microtuning-Tabellen laden (mitgeliefert werden in Version 1 leider keine) und das Unisono verarzten. Im Gegensatz zu den meisten anderen Synths hat der ACE keinen Uni-Detune-Parameter, sondern jede Unisono-Voice lässt sich einzeln bis zu plus/minus 24 Halbtöne verstimmen. Damit kann man imposante Stack-Sounds erzeugen, als Spaßbremse erweist sich aber die hohe Prozessorlast. Da hilft nur, die Soundqualität auf eine niedrigere Stufe zu stellen oder einen wirklich schnellen Rechner zu kaufen…
Der Mapping Generator ist ein vielseitiges Tool. Hier kann man mit der Maus und/oder anderen Funktionen Werte einzeichnen und auf verschiedene Weise nutzen, z.B. als Wellenform im LFO 2. Der Ausgang der Map steht auch für Modulationszwecke zur Verfügung. Sie kann mit einem Controller durchfahren werden, mit einer Hüllkurve, aber auch mit Notenwert oder Velocity.
Man kann also z.B. einer Hüllkurve einen ganz anderen Verlauf geben, ein nichtlineares Key Follow herstellen, eine Velocity-Charakteristik oder Zufallsmuster. Interessant ist die Betriebsart „Alternate“, hier wird bei jeder gespielten Note ein Schritt weiter geschaltet.
Die Map kann geglättet oder quantisiert werden, sie hat 2-128 Schritte, es gibt eine copy/paste-Funktion und weitere mit Rechtsklick erreichbare Makros. Sie ist zwar nicht gerade analog, aber eine wirkliche Bereicherung für den ACE. Die vielen Möglichkeiten, die sie bietet, hat man nicht so schnell ausgeschöpft.
Das Circuit-Bending erspart einem die Mühe den ACE „aufzuschrauben“ und die „Hardware“ zu manipulieren.
Crosstalk ist im Filter-Kapitel beschrieben, eine Art Feedback.
Osc Cap Failure simuliert Kondensator-Lecks bei den VCOs und ihre Wellenformen werden verändert, die Grundwelle wird abgeschwächt und der Höhenanteil bleibt. Das ist phasenneutrales Equalizing und gut geeignet, um z.B. Flächensounds zu entdröhnen.
Slop bewirkt eine zufällige Modulation der Parameter, die bei analogen Synths hitzeanfällig sind, speziell die Tonhöhen von VCOs und Filtern. Will man nur die VCOs leicht eiern lassen, kann man Drift bei den Operation Settings aktivieren.
Operation Settings
Ein virtuell-analoger Synth braucht natürlich einen anständigen Mono-Modus. Und der ist hier auch sehr analog implementiert, wahlweise mit Legato- oder Re-Trigger. Außerdem lässt sich der ACE auch duophonisch spielen, dabei wird er zu zwei Synths: Die tiefere Note bekommt VCO/VCF/LFO/ADSR Nummer 1 zugeteilt, die höhere die Module mit Nummer 2.
Pitchbend ist up/down getrennt einstellbar und das Portamento (hier: Glide) lässt sich von Rate auf Time umstellen – prima, an sowas wird viel zu selten gedacht. Glide 2 gilt für LFO, VCF und VCO mit Nummer 2 und arbeitet relativ zu Glide 1. Auch das Poly-Portamento ist brauchbar, mit dem Range-Parameter kann man es sogar „abkürzen“.
Effekte
Sie sind ein wenig Brot und Butter, Chorus/Phaser sowie Delay und 2-Band Equalizer. Aber sie klingen gut und sind stereo, das Delay lässt sich zum Host-Tempo synchronisieren.
Alternativen
ACE ist nicht der einzige VA-Synth ohne Einschränkungen beim Verkabeln, aber die meisten bieten nicht das Oversampling von Signal- und Modulationsquellen, bieten weniger Parameter für Audio-Modulation an, sind nicht so gut anti-aliased oder kosten ein Vielfaches. Zu erwähnen wären hier u.a. die Modular-Emulationen von Arturia, Way Out Ware Timewarp2600 und Martin Fays VAZ modular. ACE ist preiswert, klingt gut und kommt einem echten analogen System schon sehr nahe.
Zum Schluss noch ein Potpourri mit Presets aus der mitgelieferten Soundbibliothek:
Ein toller Testbericht, finde ich. Gut geschrieben, die Möglichkeiten und auch Schwächen gut ausgelotet und dargestellt, dazu die passenden und erläuternden Klangbeispiele und alles auf den Punkt gebracht. So muss ein Test sein. Vielen herzlichen Dank.
@BA6 Danke, hört man gerne :)
Kleiner Nachtrag: Lineare FM produziert nicht immer chaotisches, es gibt vielmehr verschiedene Arten davon, wie bei logarithmischer FM auch. Zusammen mit Yamaha-FM komme ich insgesamt auf sechs FM-Varianten…
Heckmann ist eine echt coole Nummer. 69.-, da kann man nicht meckern. Die Prozessorlast ist mMn auch das entscheidende Manko. Aber wenn man mit reduzierter Last (mittlere Quali) den Song aufbaut und mit hoher Qualität abmischt, notfalls über Freeze oder offline, dann ist das durchaus ein gangbarer Weg. Guter Test
@Tai Genau, solche Maßnahmen helfen, wenn auch nicht im Live-Einsatz. Bei Monster-Stack-Sounds muss man allerdings die Soundqualität sehr runterschrauben, und dann wird der Klang bei höheren Frequenzen arg verfälscht und lässt sich nicht mehr korrekt beurteilen… dann muss man wohl doch Kleingeld lockermachen für den Power Mac Quatro ;-)
Warum wird eigntlich immer die hohe CPU-Last bemängelt? Qualität hat seinen Preis. Wenn der ACE wie ein C64 Soundchip klingen würde, aber nur einen Bruchteil der Last verbrauchen würde, gäbe es auch Gemecker.
Weil man die CPU Last im Rahmen halten KANN. Es erfordert höhere Programmierarbeit. Damit Kosten, aber angesichts des Preises darf man das Argument hier nicht bringen. Würde das Plug 250.- kosten und diese Last erzeugen, fände ich das überhaupt nicht gut. Dann erwarte ich, dass optimiert wird. Ja, ich finde das ist eine berechtigte Forderung.
@Tai Also hat Urs beim Programmieren geschlampt um dadurch den Preis niedrig zu halten. Na da bin ich aber mal gespannt was er dazu sagt. Wenn er bei seinem Modularsystem auch so arbeitet muss der Rechner wohl erst noch gebaut werden der die Power bringt um ne Stimme zu erzeugen.
Ne, im Ernst. Ein Urs Heckmann weis wie man Plugins programmiert und es hat seinen Grund warum der ACE so leistungshungrig ist. In der Anleitung zu Zebra2 steht u.a. Was die Klangqualität angeht so macht Zebra praktisch keine Kompromisse. Alle digitalen
Algorithmen wurden sowohl für Geschwindigkeit als auch Klangqualität optimiert und wenn
man sich für eines der beiden entscheiden musste, dann fiel die Entscheidung immer für die
Klangqualität aus.
Meine Meinung. Entweder ein schneller Rechner oder ne Tischhupe kaufen.
Tja ich war auch etwas unschlüssig bei dem Punkt mit der Prozessorlast. Peter Grandl sagt, auf einem Power Mac Quatro hätte er garkeine Probleme ;-) ich habe ACE auf einem Athlon64 3200+ gefahren (low-cost rechner), da ist natürlich eher Schluss. Aber im Zweifelsfall gilt: Sound vor Stimmen. Was nützen einem 64 Voices, die vor sich hinmumpfen? Sowas gibts zuhauf, als freeware und teuer bezahlt.
Aber man kann auch mit einfachen Mitteln die Last reduzieren, zb nicht benötigte Module oder nicht mehr klingende Stimmen abschalten. Das kann der ACE nicht, alle laufen immer mit. Ein kleines Minus finde ich daher gerechtfertigt.
Sehr guter Bericht mal wieder! Bei „Plus“ fehlt eindeutig der Support, einen besseren als bei Urs wird man nirgendwo auf der Welt finden!
Nun einmal zur Prozessorlast. Glaubt mir, Urs hat alle seine Plugins so weit optimiert wie es eben geht.! Außerdem kann ich nicht ganz verstehen warum die Leute immer besser klingende Plugins wollen, die dann aber die Prozessorlast eines 10 Jahre alten Plugins haben sollen.
Ich bin jedenfalls beeindruckt vom ACE! Ich sollte vielleicht erwähnen das der einzige Grund warum ich ACE NICHT habe………..die Prozessorlast ist ^^
MFG
Dennis
Stimmt, die Produktpflege bei U-He ist prima. Wenig im Angebot, aber ständig verbessert.
Nicht wie bei einer gewissen Konkurrenzfirma, bei der nach Jahren in Version xx noch immer die Bugs der ersten beta rumkrabbeln…
Es ist richtig, auf den CPU-Verbrauch hinzuweisen, damit keiner auf die Idee kommt, den ACE live mit einem Netbook einzusetzen.
Es ist aber Blödsinn, den Verbrauch zu bemäkeln. Bezogen auf die flexible Struktur und die Tatsache, dass alles auf Audiofrequenz läuft, ist ACE sicher sehr effizient programmiert. Viel mehr ist da auch mit „mehr Programmieraufwand“ nicht drin – oder hat jemand ein Beispiel, wie das eine „grosse Firma“ mit „richtigen Programmieren“ besser macht (Vorsicht: Ironie)? Wenn man sich anhört, was so manches aktuell hochgelobte Plug-In (ich nenn jetzt keine Namen, um keine Flames zu provozieren) selbst bei Brot-und-Butter-Sounds frisst, nur um dann zu klingen wie ein 80er Synth bei 12bit und 32kHz, wundert man sich eher über die überschaubare CPU-last bei ACE.
@GeorgK Ich sehe das genau so. Die Softwareentwickler dürfen auf gar keinen Fall auf die CPU-Leistung der gerade aktuellen Rechnergeneration Rücksicht nehmen. Entscheidend ist die Qualität. Das technisch machbare immer wieder auszureizen sollte für meinen Geschmack oberste Priorität haben. Nur so wird eine Weiterentwicklung gefördert. Was gestern noch als CPU-Killer galt (z.B. Massive von NI) lässt uns heute kalt, angesichts der aktuellen Prozessoren. Klar schließt das automatisch eine große Gruppe von Usern aus die sich nicht ständig ein schnelleres System zulegen möchten oder können, aber es gibt ja auch genügend Software die diesen Umstand berücksichtigt. ;-)
@Tyrell Besser hätte man es nicht sagen können!
MFG
Dennis
@Tyrell Richtig. Vor 100 Jahren hat auch keiner daran geglaubt das einmal Menschen auf dem Mond wären. Die Entwicklung geht immer weiter und je besser die Rechner werden umso autentischer wird die Software klingen.
Nebenbei sei bemerkt das Urs einen Todesfall in der Familie hat. Wer möchte kann ihm in seinem Forum bei KVR was schreiben. Er würde sich bestimmt darüber freuen denn ein Elternteil zu verlieren steckt keiner so einfach weg.
@Tyrell Ich finde Massive ein gutes Beispiel, einige der NIs finde ich klasse, Massive gehört definitiv nicht dazu. Der frisst Leistung ohne Gegenleistung. Und in einem möchte ich widersprechen: ich finde es wichtig, die Leistung der durchschnittlichen Rechner zu beachten. Der durchschnittlich ausgestattete Musiker soll die Plugs ja auch kaufen.
@GeorgK Es würde CPU sparen, wenn man unbenutzte Module abschalten könnte, mausuell oder automatisch. Bei NI Reaktor ist das für mich inzwischen unverzichtbar und funzt prima, auch im VST-Betrieb.
Bei ACE läuft immer alles.
@h.gerdes Leider ist das nicht möglich. Ich möchte hier nichts mit Links zuspammen, aber hier ein paar sehr hilfreiche Informationen zu dem Thema: http://www.kvraudio.com/forum/viewtopic.php?t=285153 (englisch). Urs gibt wirklich alles um seine Plugins CPU freundlich zu halten, allerdings ist er nicht gewillt hier einen Kompromiss mit der Klangqualität einzugehen. Und das ist auch gut so.
MFG
Dennis
Ah ja, interessant! Zumindest kann man nicht behaupten, Urs hätte aus Zeitgeiz nicht optimiert. Wie es aussieht, ist ACE nicht sparsamer zu betreiben.
Ich will hier nicht mein Minus bis aufs Blut verteidigen, aber die CPU-Last schränkt die Verwendbarkeit halt etwas ein. Als Breitseiten-Stimmenwerfer ist er nicht so geeignet.
Die Demo macht schon süchtig. Für den Preis muss ich nicht lange überlegen. Weniger ist manchmal einfach mehr.;-)
Ich finde das extrem ansprechende GUI schreit geradezu nach einem Touchscreen oder besser gleich iPad.
@WattSekunde Noch mehr Spaß macht es mit einem Hardware-Controller, mit meinem Korg Legacy-MS20 kommt schon richtig Analogfeeling auf. Schade nur, daß man die Strippen nicht wie bei Korg per MIDI ziehen kann…
@h.gerdes Ja die Strippen (genauer jeder Eingang) sollten auch noch ein MIDI-Learn bekommen. Ein Eingang entspricht eigentlich nur einer Auswahlliste der möglichen Ausgänge.
@WattSekunde Das MIDI-Learn für die Kabel kann man mit etwas Geschick faken… dass die Kabelsteckplätze keine MIDI-Learn-Funktion haben, heißt ja nicht, dass es nicht geht ;-)
Einfach mal die com.u-he.ACE.midimap.txt in einem Texteditor aufmachen. Das ist nur ’ne Liste im Format
CC:Modul:Parameter
Wenn Du nun auch noch ein Preset im Texteditor aufmachst, kannst Du die meisten Kabel erraten und zuweisen, indem Du nach der Sektion für Module guckst, und dann nach dem entsprechenden Kabelslot. So ergibt z.B.
1:VCF1:FMSrc1
ein Zuweisung des ModWheels auf den ersten Modulationseingang von VCF1 (sehe gerade, die Eingänge der Filter sind auch FMSrc/FMDpt benannt… naja… muß man durch…)
Cheers,
;) Urs
@Urs Vielen Dank Urs.
Ich hab mich durchgebissen und es funktioniert alles bestens. Die Kurznamen zu finden ist etwas zeitraubend, die Mühe aber wert. ;-)
Ich bin immer wieder vom lebendigen Klang begeistert, wenn ich mit ACE arbeite. Der drückt alles was ich an (namhaften und teureren) VA-Synths im Plugin-Ordner habe, an die Wand. Außer DIVA – den kaufe ich mir auch noch, wenn die Konkurrenz ihre Produkte früher oder später nicht auf das gleiche Klangniveau updatet. ;-)