Pultec Klassiker im neuen Gewand
Wes Audio ist ein recht junger Hersteller aus Polen, der sich seit 2010 vorwiegend mit Nachbauten klassischer Studioelektronik beschäftigt. Dass auch eigene Ideen in die Produktion mit einfließen, zeigt der hier vorliegende Prometheus.
Wes Audio – Analog-Sound, Modern-Design
Das polnische Unternehmen bietet neben einer klassischen Linie auch die Geräte der „Next Generation“ an. Hier wird voll analoges Audio Equipment mit digitaler Steuerung geboten. Dabei setzt Wes Audio auf das selbst entwickelte ng-Format, das eine Steuerung über ein Plugin als VST2 und 3, AU und AAX erlaubt. Die 19“ Gerätschaften der Firma werden dabei mit USB oder Ethernet mit dem Studiorechner verbunden.
Für die Kassetten im API500 Format bietet Wes Audio mit dem Titan ein eigenes Chassis mit 10 Slots an. Aber auch in normalen Series 500 Racks können die Einschübe betrieben werden. Für die Software Steuerung findet sich hier eine Mini-USB-Buchse auf der Gerätefront.
Wes Audio erweitert übrigens mit ihrem ng500 Anschluss die Standard API500 Kontaktschiene am oberen Ende. So kann es mit den ng500 Kassetten Platzprobleme bei einigen wenigen API-Racks geben, ebenso können einige Module nicht ins Titan-Rack passen. Im ersten Fall können die Kassetten auch mit einem normalen Anschluss geordert werden. Für den zweiten Fall bietet die Firma den Service, vorab die Kompatibilität von vorhandenem Equipment zur Nutzung im Titan-Rack abzufragen.
Wes Audio Prometheus
Das EQ-Modul ist nach einer griechischen Gottheit benannt, die einen, sagen wir mal, etwas unglücklichen Karriereverlauf gewählt hat. Ob der polnische Gott das besser macht, wir werden sehen.
Der Prometheus ist ein passiver Equalizer, der sich klar am Pultec EQ P-1A orientiert, ohne diesen bis ins Detail zu kopieren. So ist das Modul, dass zwei Slots im Rack benötigt, stereo ausgelegt. Aber auch die Möglichkeit einer M/S oder Dual Stereo Bearbeitung ist gegeben. Röhren, wie im Original, sucht man vergeblich. Der passive Aufbau basiert auf einer Carnhill Drosselspule. Für eine röhrenähnliche harmonische Verzerrung ist THD in zwei Stufen implementiert.
Die Oberfläche ist klar strukturiert. Oben links befindet sich der Poti für die Ausgangsanpassung von -15 bis +15 dB. Daneben die Sektion zur Höhenabsenkung mit der Frequenzauswahl von 4, 8, 12 und 20 kHz und dem Cut Regler.
Die HF-Boost Abteilung darunter arbeitet mit den Frequenzen 2, 3, 4, 5, 8, 10, 12 und 16 kHz und bietet neben dem Boost-Poti auch eine Anpassung der Güte.
Ebenfalls drei Potis bietet der Tiefenfilter. Die Frequenzen 20, 30, 60, 100, 120 oder 250 Hz können gleichzeitig angehoben wie auch abgesenkt werden.
Alle Potis sind als Endlosvariante ausgeführt. Die Frequenzpotis zeigen die Einstellung mit grünen LEDs an, die restlichen Potis sind mit einem weißen LED-Kranz übersichtlich illuminiert.
Die untere Abteilung dient der Kanalverwaltung. Zwei große beleuchtete Druckschalter bieten die Auswahl des in Arbeit befindlichen EQs. Dazwischen sitzen sechs kleine Schalter mit Status-LED. Sie sind mit Bypass und der Anwahl von zwei Klangeinstellungen belegt, die untere Reihe schaltet die Einsatzbereiche Dual Mono, Stereo oder Mid/Side.
Die THD-Verzerrung ist in den Abstufungen Medium (1 %) und High (2,5 %) zuschaltbar. Neben dem Mini-USB-Port zeigen noch drei LEDs die Verbindung mit dem Software-Plugin und die Datenübertragung an.
Die Software
Im Karton mit dem Equalizer liegt nur das USB-Kabel mit ca. 2 m Länge bei. Bedienungsanleitung und Software werden von der Internetseite herunter geladen. Dabei handelt sich um eine Universal Installation für sämtliche ng-Produkte.
Bei der Installation wird durch den GConManager auch gleich die angeschlossene Device mit dem neuesten Firmware-Update ausgestattet.
Universal Installer sind nicht unbedingt mein Favorit, sammeln sich doch so viele Daten an, die schlicht nicht gebraucht werden. Wes Audio liefert allerdings auch gleich einen De-Installer mit, so lässt sich nach Testende auch alles wieder entfernen.
Ist die Software installiert und die Hardware mit dem Rechner verbunden, lassen sich Mono- oder Stereo-Instanzen in der entsprechenden Spur der DAW öffnen und mit dem Prometheus verbinden. Dabei wird die Oberfläche im Grunde 1:1 übernommen.
Einige Erweiterungen bietet die Softwaresteuerung, so ist links oben ein In und Out Meter dargestellt. Ebenso wird ganz unten grafisch die eingestellte EQ-Kurve dargestellt. Die Presets wurden um einen dritten Eintrag erweitert. Das Kopieren der Kanal-Settings ist auch am Gerät möglich, in der Software geht es aber schneller und bequemer.
Natürlich kann die Software auch Daten in der DAW aufzeichnen, aber Überraschung: Durch touchsensitive Potis ist das auch von der Hardware aus möglich.
In der Praxis
Bevor wir nun zum Praxisteil kommen, muss ich hier zwei ganz dicke Dankeschöns los werden. Mitten im Test hat leider bei meinem 500er Rack Heritage OST-4 das externe Netzteil kapituliert. Das kann mal passieren, aber a) wusste ich nicht, ob das wirklich der Fehler ist und b) habe ich beim großen Musikalienversandhaus keinen Ersatz im Sortiment finden können.
In meiner Not habe ich eine E-Mail direkt zum technischen Support von Heritage in Spanien geschickt und innerhalb von 24 Stunden eine Antwort vom Gründer persönlich mit der Bestätigung bekommen, dass wohl das Netzteil das Problem ist. Gleichzeitig wurde mein Hilfegesuch zum deutschen Vertrieb S.E.A. geleitet, wo ich sofort vom Support die Nachricht erhielt, ein Netzteil wäre am Lager und schon auf dem Weg zu mir.
48 Stunden nach dem Defekt konnte es also schon weitergehen. Deshalb an dieser Stelle nochmals vielen Dank an P. Rodriguez in Madrid und M. Hasken in Emsbüren.
Wie gut arbeitet nun der Prometheus? Gerne wird der passive EQ auf Drums und Beats eingesetzt, also starten wir damit. Zunächst hören wir einen Beat unbearbeitet, dann wird der Bassbereich bei 30 Hz recht stark geboostet und wenig gecuttet. Gleichzeitig gibt es eine schmalbandige Anhebung bei 5 kHz und einen Cut, der bei 12 kHz sitzt.
Wir hören, wie schön sich der Klang formen lässt. Auch eine hohe Musikalität ist gegeben, der EQ klingt auch bei starken Eingriffen immer stimmig.
Das Handling ist einfach nur angenehm. Die Potis laufen schön schwergängig, die LED-Kränze leuchten bei Bedienung durch ihre Berührungssensitivität stärker auf. Die klare Gliederung der einzelnen Bänder ist prima gelöst und erleichtert zusammen mit der weiß/schwarz Farbgebung das intuitive Arbeiten. Alle Einstellungen werden sofort von der Hardware in die Software übertragen und umgekehrt.
Was dem Wes Audio Prometheus fehlt ist Röhrenverzerrung, die ein Original Pultec bieten kann. Dafür haben sich die Entwickler THD eingebaut, eine Verzerrung der 2. Harmonischen. Anhand eines Naturdrum Beats hören wir uns das mal an. Zuerst wieder die unbearbeitete Spur, dann eine Version mit EQ, zum Schluss dieselbe Einstellung, aber mit zusätzlich THD.
Mit den einfachen Mitteln des Prometheus lässt sich aus den Oldschool Motown Drums schnell ein moderner Drumsound erzielen. THD setzt nochmals zusätzliche Akzente und holt den Beat mehr nach vorn.
Nun wollen wir mal hören, wie der passive EQ in der Stimmenbearbeitung funktioniert.
Auch hier schlägt er sich gut und kann die Aufnahme schnell in eine andere Richtung biegen.
Hardware gegen Software
Vom Pultec Design gibt es natürlich auch unzählige Software Emulationen. Drei davon nehme ich nun mit dazu und vergleiche sie mit dem Prometheus. Das wären der PuigTec EQP1A von Waves, UAD steuert den Pultec EQP-1A Legacy mit bei und auch im Native Instruments Sortiment findet sich mit dem Enhanced EQ ein entsprechender Vertreter.
Da der Prometheus und auch der Enhanced EQ einige Erweiterungen zum klassischen Pultec Design erfahren haben, wähle ich Frequenzbänder aus, die bei allen Probanden vorhanden sind.
Erstaunlich ist die unterschiedliche Herangehensweise der drei Software EQs. Der Waves macht fette Bässe, die allerdings etwas hart geraten. Der reduzierte Höhenbereich gelingt sehr gut. Das ist auch beim UAD-Plugin so, hier sind die Bässe aber etwas tiefer und runder. Gefällt mir persönlich einen Ticken besser. Etwas enttäuschend klingt der Native Instruments EQ. Der Bassboost will nicht so recht gelingen und die Höhen klingen zu hart. Vielleicht braucht er einfach extremere Einstellungen. Optisch finde ich den Enhanced EQ sehr gelungen, da er sich vom Vorbild löst und so klarer definierte Bereiche bietet.
Zum Schluss hören wir unseren Hardware EQ. Er gibt allen Bereichen eine weiche Betonung und lässt mehr Dreidimensionalität zu. Für mich ganz klar der Gewinner, da er einfach am analogsten klingt. Dem kommt der UAD von den Software Konkurrenten am nächsten.
Ich mach kein Mastering mehr ohne diesen EQ. Durch Plugin-Steuerung und damit verbundene Recall Funktion ist es vermutlich DER Gamechanger für mich.